Rede und Antworten auf Pressefragen des Außenministers Russlands, Sergej Lawrow, auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit den Außenministern Aserbaidschans und des Irans, Elmar Mamedjarow, und Mohammad Javad Zarif
Sehr geehrte Damen und Herren,
Es ist eben das erste Treffen der Präsidenten Russlands, Aserbaidschans und des Irans zu Ende gegangen. Vor allem möchte ich mich abermals im Namen der ganzen russischen Delegation bei unseren aserbaidschanischen Freunden für die Einladung bedanken, für diese Initiative, für ihre Gastfreundlichkeit und die hervorragende Organisation unserer Arbeit.
Wie Sie wohl wissen, haben unsere Staatsoberhäupter eine gemeinsame Deklaration unterzeichnet, an der wir in den letzten Wochen gearbeitet hatten. Gestern und heute fanden die Treffen der zuständigen Minister in zwei- und dreiseiteigen Formaten statt. Die wichtigste Bedeutung dieser Deklaration sehen wir darin, dass sie nach den inhaltreichen Verhandlungen über die Perspektiven der langfristigen Kooperation den ganzen Kreis von Möglichkeiten widerspiegelt, die sich dank dieser neuen Formate eröffnen: von der Zusammenarbeit an der politischen Koordinierung über das Zusammenwirken im Sicherheitsbereich und bis zu konkreten Projekten im Wirtschaftsbereich, vor allem im Verkehrswesen und der Energetik.
Im Kontext des beispiellosen Aufschwungs des internationalen Terrorismus, darunter der kriminellen Taten des „Islamischen Staates“ und der al-Nusra-Front, wird in der Deklaration besonderes Augenmerk auf die Notwendigkeit der Vereinigung der Bemühungen um die Terrorbekämpfung gerichtet. Russland ist überzeugt: Egal wie sich die Terroristen verstellen (erwähnenswert ist die jüngste Umbenennung der al-Nusra-Front zwecks Vermeidung der Bestrafung), muss die Weltgemeinschaft weiterhin konsequent gegen den Terror kämpfen, wobei der UN-Sicherheitsrat solche Versuche der Terroristen zur Selbstrettung überwachen und entsprechende Listen terroristischer Organisationen erneuern müsste.
Unsere Staatsoberhäupter haben vereinbart, einen dreiseitigen Mechanismus zu bilden, der verschiedene Kooperationsformate vorsehen würde: Gipfeltreffen, Außenministertreffen und Beratungen der zuständigen Minister.
Unsere Präsidenten haben auch die Verkehrsminister und Leiter der Eisenbahnunternehmen unserer Länder beauftragt, die Entwicklung des Verkehrskorridors „Nord-Süd“ westlich vom Kaspischen Meer zu erwägen. Die Energieminister haben ihrerseits Vorschläge zur Umsetzung von gemeinsamen Projekten bei der Förderung, Verarbeitung und beim Vertrieb von Kohlenwasserstoffen und Ölprodukten sowie im Bereich der Elektroenergetik zu machen.
Es wurde die Situation im Kaspi-Raum ausführlich erörtert, darunter unter Berücksichtigung der Ergebnisse einer im Juli in Astana stattgefundenen Beratung der Außenminister der Kaspi-Anrainerstaaten. Unsere Präsidenten haben sich für die baldmöglichste Vereinbarung der Konvention über den Rechtsstatus des Kaspischen Meeres ausgesprochen. Die Außenminister haben entsprechende Aufträge erhalten. Die Verhandlungen werden fortgesetzt – in diesem Jahr finden noch mehrere Gesprächsrunden statt. Es wurde auch beschlossen, die Vorbereitung des Fünften Kaspi-Gipfels zu beginnen, der in Kasachstan ausgetragen wird.
Nach Einschätzung der russischen Delegation wurden diese Verhandlungen, mit denen ein neues aussichtsreiches Kooperationsformat begonnen hat, zu einem wichtigen Beitrag zur Festigung der gleichberechtigten und allseitig nützlichen Kontakte zwischen unseren Staaten im Interesse unserer Völker. Sie werden bestimmt eine positive Rolle für die regionalen Prozesse spielen. Wir alle sind an der Festigung der Stabilität, an der Schaffung von Bedingungen für allseitig nützliches Zusammenwirken unserer Staaten interessiert.
Wir haben mit Dankbarkeit die Einladung der Islamischen Republik Iran angenommen, das nächste Gipfeltreffen samt einem Treffen der Außenminister in diesem Land stattfinden zu lassen.
Frage: Herr Lawrow, wie wichtig ist die heutige Sitzung für die Festigung der Beziehungen zwischen Russland und dem Iran, wenn man den strategischen Charakter dieser Beziehungen bedenkt?
Sergej Lawrow: Wir haben eben darüber gesprochen, welche Bedeutung die aktuelle Sitzung für die weitere Vertiefung der Kontakte zwischen den beteiligten Ländern sowohl in bilateralen Formaten als auch im dreiseitigen Format hat.
Heute haben ein Treffen des russischen Präsidenten Wladimir Putin mit dem Präsidenten des Irans, Hassan Rohani, und ein dreiseitiger Gipfel unter Beteiligung des aserbaidschanischen Präsidenten Ilcham Alijew stattgefunden. Bei den bilateralen Verhandlungen der Präsidenten Russlands und des Irans wurde das ganze Spektrum unserer Beziehungen besprochen. Es wurden auch konkrete Aufgaben bestimmt. Die Staatsoberhäupter stellten fest, dass die gegenseitigen Handels- bzw. Wirtschaftsbeziehungen trotz der schwierigen Bedingungen sich intensiv entwickeln. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres legte der Handelsumsatz zwischen Russland und dem Iran um 70 Prozent zu. Das ist eine beträchtliche Zahl. Es gibt aussichtsreiche Investitionsprojekte, die unser Zusammenwirken bereichern werden.
Es entwickeln sich humanitäre und kulturelle Verbindungen, politische und praktische Kooperation beim Kampf gegen Terrorismus, darunter in Syrien, auf Bitte der syrischen Führung. Das sind sehr wichtige Aspekte. Uns verbinden sehr ähnliche Richtungen der strategischen Partnerschaft mit unseren aserbaidschanischen Freunden, die ihrerseits enge Beziehungen zur Islamischen Republik Iran haben.
Haute haben wir gesehen, inwieweit übereinstimmend unsere Herangehensweisen zu mehreren Aufgaben sein können, die von unseren Ländern in der Wirtschaft, bei der Gewährleistung der Sicherheit, Entwicklung der humanitären Kooperation und beim Zusammenwirken in der außenpolitischen Arena in der Region und in internationalen Organisationen gelöst werden.
Ich denke, dass dies alles das Spektrum der Beziehungen zwischen Russland und dem Iran bereichert und ich bin davon überzeugt, dass dies ein Beitrag zu konkreten Ideen zur Entwicklung der Beziehungen sowohl zwischen Russland und Aserbaidschan, als auch zwischen Aserbaidschan und dem Iran sein wird.
Frage: Aus dem Donezbecken kommen ernsthafte Berichte, alarmierende Nachrichten über Beschuss und Zerstörungen. Welche Anstrengungen unternimmt jetzt das Normandie-Quartett zur Verbesserung dortiger Situation?
Sergej Lawrow: Wir sind darüber beunruhigt, was im Donezbecken geschieht. Es intensivierte sich der Beschuss, vor allem des zivilen Sektors, werden Krankenhäuser, Schulen, Kindergärten zerstört. OSZE-Beobachter stellen dies alles fest. Geschweige denn das Attentat auf den Chef der Volksrepublik Lugansk, Igor Plotnizki. Wir sind über das Wachstum der Zahl der Einheiten der ukrainischen Streitkräfte an der Trennungslinie und das Verschwinden der Waffen von Lagern beunruhigt. Das wird ebenfalls von OSZE-Beobachtern fixiert. Das alles geschieht vor dem Hintergrund der kriegerischen Rhetorik aus Kiew, unter anderem von einigen Beamten, sogar Drohungen, alle Maßnahmen zur Lösung der Probleme in Donezbecken zu unternehmen.
Doch das widerspricht natürlich dem „Produkt“ der Arbeit des Normandie-Formats, ich meine die Minsker Abkommen vom Oktober 2015. Bei dem damaligen Treffen in Paris, wie Sie sich erinnern, haben die Staats- und Regierungschefs Russlands, Frankreichs, Deutschlands und der Ukraine mehrere konkrete, in vielerlei Hinsichten sogar Kompromiss-Lösungen, praktische Lösungen vereinbart, die getroffen werden sollen, um vor allem den politischen Teil der Minsker Abkommen umzusetzen.
Der jetzige Ausbruch der verbalen und kriegerischen Aktivität widerspricht natürlich den Pariser Vereinbarungen, Minsker Abkommen, die ohnehin in einem trüben Zustand sind, was die Umsetzung der Verpflichtungen durch die ukrainische Seite betrifft.
Wir kontaktieren regelmäßig mit dem Normandie-Quartett, darunter auf der höchsten Ebene. Es gab einige Telefonkonferenzen. Wir stellen diese Fragen vor unseren Partnern – Deutschland, Frankreich und der Ukraine, nutzen auch die vorhandenen Kommunikationskanäle mit der Kiewer Führung. Die ukrainischen Partner schlugen vor, am Rande des G20-Gipfels im chinesischen Hángzhōu ein weiteres Treffen im Normandie-Format abzuhalten. Wir denken, dass das Normandie-Quartett die Verantwortung für die Umsetzung der in seinen Rahmen abstimmenden Lösungen tragen soll. Falls unsere deutschen und französischen Partner sowie chinesische Gastgeber zustimmen werden, dass am Rande des G20-Gipfels ein Treffen im Normandie-Format stattfindet, werden wir dazu bereit sein. Wir denken, dass dies sehr zeitgemäß angesichts der von mir zuvor Gesagten sein wird.