Die Republik Malediven
Rede und Antworten des Außenministers Russlands, Sergej Lawrow, bei einer gemeinsamen Pressekonferenz nach Verhandlungen mit dem Außenminister der Republik Malediven, Abdulla Shahid, am 25. Juni 2019 in Moskau
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Verhandlungen mit unseren maledivischen Kollegen verliefen konstruktiv und waren ziemlich ergiebig.
Trotz einer langen Geschichte der diplomatischen Beziehungen zwischen unseren Ländern, die bereits mehr als 50 Jahren zählt, ist Abdulla Shahid der erste Außenminister der Republik Malediven, der zu einem Besuch nach Russland kam. Wir sehen darin ein Zeichen des gegenseitigen Interesses an einer kontinuierlichen Entwicklung der bilateralen Verbindungen. Kennzeichnend ist, dass in Russland vor einigen Tagen bei Veranstaltungen des Verteidigungsministeriums die Verteidigungsministerin der Republik Malediven, Mariya Didi, anwesend war. Im Herbst erwarten wir den Tourismusminister dieses Landes, Ali Waheed, der an einer Session der Weltorganisation für Tourismus teilnehmen wird.
Wir besprachen ausführlich den Zustand und die Aussichten der bilateralen Wirtschaftskooperation. Wir verzeichneten eine angedeutete positive Dynamik des Handelsumsatzes, obwohl sein Umfang bislang sehr bescheiden ist. Wir verzeichneten das Vorhandensein einer stabilen Nachfrage nach russischen Landwirtschaftsprodukten, darunter Geflügelfleisch, in Malediven. Wir stellten das Interesse unserer Unternehmen an der Erweiterung der Lieferung der Meeres-Bioressourcen aus der Republik Malediven fest. Wir vereinbarten die Wege zur Aufnahme der entsprechenden Kontakte zwischen den Regierungen zu einer effektiven Entwicklung dieser Prozesse. Wir haben es auch vereinbart, die Handels- und Investitionsverbindungen auszubauen und zu diversifizieren, darunter unter Berücksichtigung des in der vergangenen Woche in Male stattgefundenen Internationalen Forums für Aussichten der Investitionen in die maledivische Wirtschaft, bei dem die russische Delegation anwesend war.
Wir sprachen über eine positive Praxis der Ausbildung der maledivischen Fachkräfte an den Hochschulen Russlands. Der Minister erzählte darüber, welche gute Karriere Absolventen unserer Universitäten in der Heimat machten. Das freut uns.
Wir sprachen über die Entwicklung des Tourismus. Wir stellten das Wachstum der Zahl der Reisen der russischen Staatsbürger in die Republik Malediven fest. Im vergangenen Jahr gab es ein bedeutendes Wachstum. In diesem Jahr dauert diese Tendenz an. Partner sicherten uns zu, dass sie hohe Aufmerksamkeit der Gewährleistung der Sicherheit ausländischer Touristen widmen werden.
Heute wurde ein weiterer Schritt in Richtung Vervollkommnung der vertragsrechtlichen Basis gemacht – es wurde ein Abkommen über visafreie Reisen für unsere Staatsbürger unterzeichnet, was die Erhöhung des Touristenstroms und die Entwicklung der Kontakte zwischen den Geschäftskreisen und in anderen Richtungen im Ganzen fördern wird. Wir haben es vereinbart, die Abstimmung mehrerer Projekte zu beschleunigen, darunter ein Abkommen zur Auslieferung und Übergabe der zur Haftstrafe verurteilten Personen.
Wir schnitten das Thema eines traurigen Vorfalls an, der sich im Juli 2014 am Flughafen Male unter der früheren Führung der Republik Malediven ereignete, als unser Staatsbürger Roman Selesnjow von US-Sicherheitsdiensten buchstäblich entführt wurde. Die russische Position zu dieser Frage ist bekannt – solche Akte der Willkür sind unzulässig. Wir sind der Regierung der Republik Malediven dankbar, die dieses Herangehen teilt.
Wir schätzten das Zusammenwirken zwischen außenpolitischen Diensten hoch ein. Wir haben einen Mechanismus der Konsultationen zwischen den Außenministerien, der sich auf das 2004 unterzeichnete Protokoll stützt. Wir haben es vereinbart, diese Konsultationen mehr regelmäßig zu machen. Wir erörterten ausführlich die Möglichkeiten der Festigung unserer Koordinierung in den Vereinten Nationen und ihren fachbezogenen Einrichtungen. Wir sind der Republik Malediven für die unveränderliche Unterstützung der russischen Initiativen, darunter über die Unzulässigkeit der Heroisierung von Nazismus, Vertrauensförderung im Weltraum, Verhinderung des Einzugs der Waffen in den Weltraum, Informationssicherheit und Kampf gegen Cyberkriminalität dankbar.
Zu den meisten Fragen der internationalen Tagesordnung haben wir naheliegende Positionen. Wir rechnen damit, dass sie nach den heutigen Verhandlungen, die ziemlich sachlich waren, noch naheliegender werden. Wie auch die Republik Malediven teilen wir die Wichtigkeit der weiteren Demokratisierung des internationalen Lebens, Entwicklung der zwischenstaatlichen Kommunikation auf Grundlage des Völkerrechts mit der Stütze auf die Prinzipien der UN-Charta. Wie auch die Malediven, sind wir an einer effektiveren Kooperation aller Staaten zum Kampf gegen zahlreiche Bedrohungen, darunter Terrorismus, Drogenkriminalität, andere Formen der organisierten Kriminalität und Problematik des Klimawandels, die von einer besonderen Bedeutung für die Republik Malediven ist, interessiert. Wir verhalten uns mit vollem Verständnis zu diesen Besorgnissen. Im Rahmen unserer aktiven Zusammenarbeit mit den Teilnehmerstaaten der UN-Rahmenkonvention zum Klimawandel im Rahmen des „Grünen Klimafonds“, zu dessen Spendern Russland gehört, werden wir die Republik Malediven bei der Lösung dieses ernsthaften Problems unterstützen.
Frage: Können Sie bitte die Verstärkung des Sanktionsdrucks auf den Iran kommentieren, von dem gestern die US-Seite sprach. Steht Washington im Kontakt mit Moskau in der iranischen Richtung? Bezeichnet Moskau solche Kontakte als Mechanismus zur Regelung bzw. Verbesserung der entstandenen Situation?
Sergej Lawrow: Wir haben Kontakte mit Washington zum Iran und anderen Problemen der Region, zur Situation im Persischen Golf, darunter im UN-Sicherheitsrat. In diesen Tagen weilt der Sekretär des Sicherheitsrats Russlands, Nikolai Patruschew, in Israel, wo auf Vorschlag des Premiers Israels Benjamin Netanjahu ein dreiseitiges Treffen unter Teilnahme seiner Kollegen aus den USA und Israel stattfindet. Die Gesprächspartner Nikolai Patruschews sind eindeutig darauf konzentriert, dass gerade der Iran ein Problem für die ganze Region ist, und gerade im Iran und seiner Politik die Erklärung aller negativen Prozesse, die sich hier entwickeln, steckt. Sie erklären den Iran zum Hauptland, das den Terrorismus in der ganzen Welt verbreitet. Die Amerikaner vergessen dabei jedoch, dass in ihrer eigenen Liste der Terrororganisationen (etwa 15) nur eine Organisation schiitisch ist, alle anderen bezeichnen in ihren Programmdokumenten den Iran als Feind. Deswegen, wenn die USA die Terrorbedrohung nach Ländern kategorisieren, würde ich empfehlen, zuerst auch in die eigenen Gesetze Blick zu gewinnen.
Frage: Ist Moskau mit den von der US-Seite im UN-Sicherheitsrat vorgestellten Beweisen der angeblichen Schuld Irans für den Angriff auf Öltanker befriedigt?
Sergej Lawrow: Was unsere Position betrifft, sind wir kategorisch gegen eine unbegründete Beschuldigung von jemandem. Wir sind für detaillierteste Untersuchungen aller Vorwürfe bezüglich des Angriffs auf die Tankschiffe im Mai und in diesem Monat. Nebelhafte Fotos, die von Amerikanern bereitgestellt wurden, nebelhafte Videos wurden als eindeutiger Beweis weder in Europa, Russland, noch in den USA wahrgenommen. Experten, die nicht in der Präsidialverwaltung der USA tätig sind, äußern ziemlich offene kritische Einschätzungen der vorgelegten Materialien.
Es soll auch daran erinnert werden, dass gestern im UN-Sicherheitsrat die Situation im Persischen Golf besprochen wurde, wonach eine Erklärung verabschiedet wurde, wo dringliche Versuche der USA, gerade die iranische Herkunft dieser Vorfälle hervorzuheben, nicht unterstützt wurden. Als das nicht geschafft wurde, versuchte der US-Vertreter die Formulierung durchzusetzen, dass an diesem Vorfall eindeutig ein „Staat“ beteiligt war. Das wurde auch nicht geschafft, weil keine Beweise vorliegen, dass dahinten ein Staat und nicht Gruppierungen stehen.
Wir sind über die Situation sehr besorgt. Weitere rein personifizierte Sanktionen, die gestern von der Administration von Donald Trump gegen die Führung Irans erklärt wurden, sind alarmierend und senden ein Signal darüber, dass sich die Situation nach einem sehr schlechten Szenario entwickelt. Das erinnert an das Jahr 2003, als im UN-Sicherheitsrat der damalige US-Außenminister Colin Powell mit einem bekannten Probierglas erschien, als die USA immer neue Sanktionen gegen Saddam Hussein, gegen den Irak im Ganzen verhängten. Wir erinnern uns daran, womit das endete. Nach einem Monat, im Mai 2003 erklärten die USA den Sieg der Demokratie im Irak. Machen sie wohl Schlussfolgerung, wie sich diese Demokratie in den vergangenen 16 Jahren zeigte.
Ich möchte meine Antwort mit einer Erinnerung abschließen, dass Russland einen alten Vorschlag hat, einen Dialog im Persischen Golf zwischen allen Anrainer-Staaten aufzunehmen, vor allem arabischen Monarchien, der Islamischen Republik Iran, denen ihre Nachbarn, die Arabische Liga, Organisation für Islamische Zusammenarbeit, ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrats, die EU helfen sollen – eine Art positive äußere Begleitung. Man soll damit aufhören, darauf zu hoffen, dass die Beziehungen zwischen den arabischen Golf-Staaten und dem Iran auf irgendeine andere Art außer Dialog, Vertrauensförderung und Transparenz geregelt werden können.
Frage: Ist Moskau mit dem PACE-Beschluss über die Teilnahme Russlands an der Session im Juni zufrieden? Wie wird in diesem Zusammenhang die Frage über ausstehende Schulden zu Mitgliedsbeiträgen gelöst?
Sergej Lawrow: Was die PACE betrifft, billigte sie gestern die Resolution, die vor allem Delegierte von Großbritannien und der Ukraine blockieren wollten, die mehr als 200 Änderungsanträge einreichten (keiner davon wurde gebilligt), um die Billigung dieses Dokumentes zu torpedieren und den Wunsch der überwiegenden Mehrheit der Mitgliedsstaaten des Europarats, Russland in die Parlamentsversammlung als vollberechtigter Teilnehmer dieser Organisation zurückzuholen.
Die Resolution wurde verabschiedet. Wir bezeichnen das als einen positiven Schritt. Wichtig ist, dass die Delegationen, die für diese Resolution abstimmten (ich wiederhole, es war die Mehrheit), eindeutig erklärten, dass die Rechte, die die Russische Föderation zurückbekommt, nicht bestritten werden können. Obwohl die Versuche andauern, diesen Prozess zu torpedieren. Sie werden auch heute und morgen fortgesetzt. Wir werden die Situation nach den Ergebnissen der PACE-Session beurteilen. Sie dauert noch. Es steht die Wahl des Generalsekretärs bevor. Nach Ergebnissen dieser Session können wir schon eine endgültige Schlussfolgerung machen.
Was die Frage über die ausstehenden Schulden gegenüber dem Europarat betrifft, wird sie gelöst, sobald endgültige Klarheit mit der Wiederherstellung unserer Rechte herrscht. Wir sagten das mehrmals. Eine vollständige Wiederherstellung der Rechte – und wir werden bereit sein, die Beiträge zu bezahlen, die wir wegen eines unannehmbaren, diskriminierenden Verhaltens zur Delegation der Föderalen Versammlung der Russischen Föderation einstellten.
Frage: Wird es geplant, die politischen Kontakte mit Georgien im Karassin-Abaschidse-Format, im Rahmen der Genf-Diskussionen bzw. Gruppe für Zollabkommen aufrechtzuerhalten? Stimmen Informationen, dass in der nächsten Zeit ein außerordentliches Treffen des Staatssekretärs, stellvertretenden Außenministers Russlands, Grigori Karassin mit dem Sonderbeauftragten des Premiers Georgiens, Surab Abaschidse stattfinden kann?
Sergej Lawrow: Politische Kontakte mit Georgien wurden von uns nie eingestellt. Der Karassin-Abaschidse-Mechanismus wurde rund 20 Mal in den Jahren nach dem 2008 durch Michail Saakaschwili entfesselten Krieg eingesetzt. Der Mechanismus ist ziemlich nützlich, wie auch die Genf-Diskussionen. Das ist das einzige Format, wo die Vertreter Georgiens direkt mit Vertretern Abchasiens und Südossetiens sprechen. Wir denken, dass prinzipiell wichtig ist, nicht nur dieses Format beizubehalten, sondern auch es aktiver nutzen, um sich zur Lösung der praxisorientierten Fragen zu bewegen. Dazu gehören die Verabschiedung einer umfassenden Vereinbarung über die Nichtanwendung der Gewalt, humanitäre und mehrere andere Fragen.
Bezüglich der Gruppe für Zollabkommen, meinten Sie wohl die Gruppe, die im Kontext des Beitritts Russlands zur WTO gebildet wurde, die bis vor kurzem in einem „Standbymodus“ war. Wir sind dafür, dass sie schnellstmöglich die Arbeit aufnimmt. Das ist in unserem Interesse, weil es eine Vereinbarung gibt. Wir wissen die Vermittlung zu schätzen, die die Schweizer Kollegen bei seiner Verabschiedung leisteten. Wir wissen die Vermittleranstrengungen zu schätzen, die die Schweiz bei seiner Umsetzung vorschlägt. Wir sind dafür, dass das schnellstmöglich beginnt. Da ist der Ball nicht auf unserer Seite. Die georgische Seite vermeidet aus irgendeinem Grund die Aufnahme der Tätigkeit dieser Gruppe.
Bezüglich der Informationen über ein geplantes außerordentliches Treffen zwischen Grigori Karassin und Surab Abaschidse, weiß ich nichts darüber. Wenn die georgische Seite solches Treffen abhalten will, werden wir bereit sein, solchen Antrag zu behandeln.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, dass Sie das Thema Georgien anschnitten, und die Kollegen aus den Medien darauf aufmerksam machen, dass aus irgendeinem Grund bei der Berichterstattung über diese Ereignisse eine prinzipielle Sache in den Schatten getrieben wurde – die Delegation der Russischen Föderation kam als Vorsitzender zu einer Sitzung der Interparlamentarischen Versammlung der Orthodoxie, die von Georgien seit mehreren Jahren angestrebt wurde. Alles andere, darunter die Wahl des Auftragungsortes (Parlament Georgiens), Unterbringung des Präsidenten der Versammlung, des russischen Abgeordneten Sergej Gawrilow, war nicht Improvisation, sondern wurde von Organisatoren gemacht, und zwar dem georgischen Parlament. Wenn ich in den Medien die Beschreibung dieser Ereignisse lese, klingt nur eine Phrase als Grund der Krise – Präsenz der russischen Delegation bei der Sitzung der Interparlamentarischen Versammlung der Orthodoxie im georgischen Parlament – das ist der Fall, wenn die Untertreibung schlechter als Lüge ist. Hier ist sehr wichtig, die Akzente richtig zu setzen.
Ich wiederhole, wir hören, wie der Regierungschef Georgiens Mamuka Bachtadse sagt, dass alle Gäste in Sicherheit sind. Doch man soll nicht daran vergessen, dass Sergej Gawrilow und die Mitglieder seiner Delegation ebenfalls Gäste waren, sie waren jedoch nicht in Sicherheit. Die Art und Weise, wie man sich zu den russischen Staatsbürgern in Georgien verhält, wird gar nicht durch die Erklärung der Präsidentin Salome Surabischwili gefördert, dass Russland „Feind und Besatzer“ ist. Sie provoziert ultraextremistische, nationalistische, antirussische Stimmungen, die sich darin zeigen, was wir auf den Straßen sehen. Wenn man sagt, dass man nicht auf einzelne Erscheinungen der antirussischen Stimmungen aufmerksam werden soll, wäre ich jedoch vorsichtiger bei dieser Frage, denn der Staatschef bestimmt die Politik, und das ist offen eine antirussische Politik.
Wir haben auch Befürchtungen dazu, dass unsere amerikanischen Freunde auch in diesem Fall alles Mögliche machen werden, um die Normalisierung der Beziehungen zwischen Russland und Georgien zu verhindern (sie war in den letzten Jahren offensichtlich zu erkennen). Einige Analysten machten darauf aufmerksam, dass einige Tage vor der Provokation, die im georgischen Parlament organisiert wurde, der Direktor von Biden Center Michael Carpenter in Tiflis weilte. Er arbeitete nicht nur hinter Kulissen aktiv, sondern trat auch öffentlich auf, rief dazu auf, sich nicht zu stark mit der Entwicklung der Beziehungen zu Russland zu befassen – das wurde direkt gesagt, in den Zeitungen, in den Medien. Dieser Aspekt darf natürlich nicht außer Acht gelassen werden.