the United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland
Interview des Außenministers Russlands, Sergej Lawrow, für die Sendung „Hard Talk“ von BBC am 16. April 2018 in Moskau
Frage: In der vorigen Woche war die ganze Welt über die mögliche direkte militärische Konfrontation zwischen den USA und Russland beunruhigt. Was denken Sie: Wie nahe stehen wir tatsächlich vor einer solchen Entwicklung der Situation?
Sergej Lawrow: Ich denke nicht, dass wir so nahe stehen. Meines Erachtens haben unsere westlichen Kollegen diese Situation ausgelöst, die sich äußerst verantwortungslos verhielten. Sie warfen den syrischen Behörden die Anwendung von Chemiewaffen gegen friedliche Einwohner vor – und gleichzeitig auch uns als Verbündeten der syrischen Regierung. Dabei taten sie das, ohne abzuwarten, bis OSZE-Inspekteure den Ort des Zwischenfalls besichtigen. In Wahrheit wurden ausgerechnet in dem Moment, als die OSZE-Vertreter bereit waren, aus dem Libanon nach Syrien zu starten, wurden diese Schläge versetzt. Wie unsere Militärs erläuterten, funktioniert der Mechanismus zur Vorbeugung von spontanen Zwischenfällen (der so genannte „Deconflicting“-Mechanismus) ständig.
Frage: Ich möchte etwas präzisieren, und lassen Sie uns professionelle „Jargon-Begriffe“ vermeiden. Verstehe ich richtig, dass die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten Sie über die Vorbereitung der Schläge im Voraus informiert hätten, wobei Sie ihnen versichert hätten, dass es seitens Russlands keinen Gegenschlag geben würde?
Sergej Lawrow: Ich möchte nicht über einzelne Details der professionellen Kontakte zwischen unseren Militärs reden. Die russischen und amerikanischen Militärs haben einen Kommunikationsanal sowohl zwischen den Hauptstädten als auch unmittelbar in Syrien, wo sie über solche Fragen hochprofessionell sprechen. Sie verstehen sich bestens. Möglicherweise verstehen sie besser, als jemand sonst, wie gefährlich solche Affären sind.
Frage: Herr Lawrow, ist diese Krise noch nicht vorbei, nicht wahr?
Sergej Lawrow: Das hängt von den Kräften ab, die diese Krise ausgelöst haben.
Frage: Das lässt sich aus den Erklärungen Ihrer Diplomaten schlussfolgern. So erklärte Ihr Botschafter in den USA, dass diese Luftschläge nicht ohne Antwort bleiben würden. Wladimir Putin nannte sie „eine illegitime Agressionsaktion“. Die Welt will wissen: Was hat Russland vor?
Sergej Lawrow: Das war die Feststellung. Und die Folgen wird es zweifellos geben. Ich würde sagen, wir haben den letzten Rest des Vertrauens zu unseren westlichen Freunden verloren, dies es vorziehen, bei ihrem Vorgehen einer sehr merkwürdigen Logik zu folgen: „Strafe ohne Schuld gibt es nicht“. Zunächst bestraften sie uns für Salisbury, dann warteten sie, bis Scotland Yard die eigene Ermittlung beendet. Zunächst bestraften sie uns für Douma in Syrien, und dann warteten sie, bis die OPCW-Experten dorthin reisen und den Ort des Zwischenfalls besichtigen. Dieses westliche „Dreigespann“ geht also nach dem Prinzip vor: „Man hat Euch bestraft, also seid Ihr schuld“.
Frage: Über den von Ihnen erwähnten Zwischenfall in Douma und den „Fall Skripal“ werden wir mit Ihnen noch ausführlich sprechen. Aber zunächst möchte ich Sie über den Zustand unserer diplomatischen Beziehungen fragen. Die Ständige Vertreterin der USA bei der UNO, Nikki Haley, erklärte, die Vereinigten Staaten bleiben „in höchstem Bereitschaftsstand“. Was halten Sie von einer solchen Erklärung?
Sergej Lawrow: Ich denke, sie sollten zunächst bei sich zu Hause, in Washington, zu Recht kommen. Unseres Erachtens sollten solche Aussagen nur dem Obersten Befehlshaber oder der Militärführung vorbehalten sein. Die russischen und amerikanischen Militärs haben, wie ich schon sagte, ihren Kommunikationskanal zwecks Vorbeugung von Zwischenfällen. Aber das sind vertrauliche Informationen.
Frage: Sie sprechen von einem Vertrauensmangel. Genauer gesagt, Sie sprechen von völlig ausbleibendem Vertrauen.
Sergej Lawrow: Ich habe gesagt, dass wir den letzten Rest des Vertrauens verloren haben. Der Rest bedeutet noch nicht den absoluten Mangel.
Frage: Ich möchte noch eine sehr einfache Frage stellen: Wenn Sie, Russlands Außenminister, morgens aufwachen und auf Twitter lesen, dass der Präsident und Oberste Befehlshaber der USA Ihnen de facto droht und sagt: „Mach dich gefasst, Russland! Gleich werden unsere schönen, neuen und klugen Raketen fliegen!“ – was denken Sie darüber?
Sergej Lawrow: Ich denke darüber, dass der US-Präsident etwas auf Twitter geschrieben hat.
Frage: Und wie reagieren Sie auf seine „Tweets“?
Sergej Lawrow: Man erfährt alles aus der Praxis. Wir haben beschlossen, dass wir sehen werden, wie sich diese „neuen“, „klugen“ und „schönen“ Raketen während dieses Schlags zeigen. Nach unserer Einschätzung haben zwei Drittel der Raketen ihre Ziele nicht erreicht, weil sie erfolgreich abgeschossen wurden.
Frage: Aber Sie haben keine Beweise, nicht wahr?
Sergej Lawrow: Das Verteidigungsministerium Russlands präsentierte seine Schätzungen und ist bereit zu einer professionellen Diskussion über diese Frage.
Frage: Wir werden mit Ihnen noch über die Glaubwürdigkeit der Informationen, die alle Teilnehmer dieses Konflikts verbreiten, sprechen. Aber lassen Sie uns noch über die Diplomatie sprechen. Die britische Ministerpräsidentin Theresa May und der französische Präsident Emmanuel Macron betonten in ihren Erklärungen, das einzige Ziel dieses Einsatzes sei die Vorbeugung der weiteren Anwendung von Chemiewaffen durch die syrischen Behörden gewesen. Dieser Einsatz verfolgte nicht das Ziel, den Verlauf des Syrien-Konflikts irgendwie zu beeinflussen geschweige denn den Regimewechsel in Damaskus voranzubringen.
Sergej Lawrow: Das haben sie so gesagt.
Frage: Sind Sie damit nicht einverstanden?
Sergej Lawrow: Nein, wir sind nicht einverstanden. Ihre Sendung heißt „Hard Talk“, und wir brauchen „hard facts“ – also konkrete Fakten. Und all diese Aussagen über „highly likely“ sind einfach lächerlich.
Frage: Entschuldigung, aber was meinen Sie, wenn Sie „highly likely“ sagen? Die Feststellung der Experten, dass die Kräfte des Präsidenten Assad in Douma Chemiewaffen eingesetzt hätten?
Sergej Lawrow: Nein, wenn ich über „highly likely“ spreche, meine ich, dass dies eine neue Erfindung der britischen Diplomatie ist, hinter der Großbritannien sich versteckt, wenn es Menschen bestraft. Es erklärt, diese Menschen wären „mit einem hohen Wahrscheinlichkeitsgrad“ schuldig. Wissen Sie, bei Lewis Carroll, in seinem Buch „Alice im Wunderland“, gibt es eine Szene: Der König fragt: „Hören wir vielleicht zunächst den Geschworenen zu?“ Und die Königin schreit: „Keine Geschworenen! Zunächst das Urteil und dann der Beschluss der Geschworenen!“ Das ist eben „mit einem hohen Wahrscheinlichkeitsgrad“.
Frage: Gut, das ist Ihre Meinung. Lassen Sie uns jetzt darüber sprechen, was in Douma passierte. Aber zunächst möchte ich Ihnen eine sehr einfache Frage stellen: Russland tritt gegen die Anwendung von Chemiewaffen auf und glaubt, dass diejenigen, die Chemiewaffen einsetzen, bestraft werden sollten, nicht wahr?
Sergej Lawrow: Ist das eine Frage? Ich dachte, Sie wären viel besser über Russlands Position zu dieser Frage informiert. Sie stellen ja eine Frage, auf die die Antwort ganz offensichtlich ist.
Frage: Ja, alles ist tatsächlich offensichtlich – Sie haben ja alle entsprechenden Verträge unterzeichnet und teilen die Entschlossenheit der Weltgemeinschaft, das völlige Verbot von Chemiewaffen voranzubringen.
Sergej Lawrow: Noch mehr als das: 2017 haben wir unser Programm zur Entsorgung von Chemiewaffen in Russland beendet, und das wurde von der OPCW offiziell verifiziert. Das ganze OPCW-Exekutivkomitee begrüßte diesen Schritt. Und die USA haben leider ihre Verpflichtungen immer noch nicht erfüllt und verschieben dies immer wieder.
Frage: Gut, das sind alles offensichtliche Dinge, und wir verstehen sehr gut, wie Russlands offizielle Position zu dieser Frage ist. Aber Sie wollen doch in diesem Fall, dass die Personen, die für die Anwendung der Chemiewaffen in Douma verantwortlich sind (und sie wurden dort wirklich eingesetzt – dafür gibt es viele Beweise), bestraft werden, nicht wahr?
Sergej Lawrow: Moment, Moment. Sie jonglieren wieder mit Fakten. Es gibt keine Beweise dafür, dass am 7. April in Douma Chemiewaffen eingesetzt worden wären.
Frage: Aber Emmanuel Macron und andere Vertreter Frankreichs sagten klar und deutlich, dass sie über Aufklärungsangaben verfügen, dass Hubschrauber der syrischen Regierungstruppen über Douma geflogen wären. Sie haben Bilder von Gasbehältern, die im Ort des Angriffs gefunden haben. Außerdem wissen wir, dass die syrischen Behörden in den letzten Jahren mehrmals Chemiewaffen einsetzten.
Sergej Lawrow: Ich kann es mir nicht leisten, unhöflich über die Oberhäupter anderer Staaten (und natürlich auch über mein Staatsoberhaupt auch) zu sprechen. Sie zitierten eben die Spitzenpolitiker Frankreichs, Großbritanniens und der USA. Aber ehrlich gesagt, wurden alle Beweise, auf die sie sich berufen, in Massenmedien und sozialen Netzwerken gefunden. Zum Beispiel die Gasbehälter, die Sie eben erwähnten. Ich habe dieses Foto gesehen: Das Gasbehälter lag da auf einem Bett, das gar nicht gebrochen wurde, und das Fenster war nicht zerschlagen. Hören Sie, lassen Sie uns doch ernsthaft sein! Gut, erklären Sie mit bitte etwas: Warum musste man das Gebiet zerbomben, wenn OPCW-Inspekteure am nächsten Tag vor Ort erscheinen und alles klären sollten?
Frage: US-Vertreter in der OPCW sagt, es bestünden gewichtige Gründe, zu fürchten, dass Russland versuchen würde, in Douma die Indizien zu vernichten. Können Sie uns Ihrerseits versichern, dass Russland so etwas nicht tat?
Sergej Lawrow: Ja, das kann ich. Aber ich muss sagen, dass die Logik hier dieselbe wie die von Theresa May in Bezug auf Salisbury ist. Als wir Dutzende von Fragen stellten, als wir baten, eine gemeinsame Ermittlung zu organisieren, als wir nach dem Zugang zur Entnahme der Proben fragten, antwortete sie, sie würden unsere Fragen gar nicht beantworten, solange Russland alle ihre Fragen nicht beantwortet habe. Aber die einzige Frage, die sie an uns stellten war: „Erzählt uns, wie Ihr das alles arrangiert habt. Hat Wladimir Putin befohlen, diese beiden unglücklichen Menschen zu vergiften? Oder könnt Ihr Eure Chemiewaffenvorräte nicht mehr kontrollieren?“ Für jeden vernünftigen Menschen müsste in dieser Situation alles völlig klar sein. Aber lassen Sie uns zur Douma-Frage zurückkehren.
Frage: Ja, lassen Sie uns zu Douma zurückkehren und zur Frage, wem man glauben kann und wem nicht. Zunächst erklärten Sie, es hätte in Douma überhaupt keinen Zwischenfall gegeben. Dann veränderten Sie Ihre Position und sagten, da wäre tatsächlich etwas passiert, doch das wäre eine Inszenierung, die von irgendwelchen Ländern fabriziert worden wäre, die Russland hassen.
Sergej Lawrow: Es gab wirklich keinen Zwischenfall. Das war eine Inszenierung. Dabei wurden keine Chemiewaffen angewandt.
Frage: Glauben Sie, Großbritannien wäre mit dieser Imitation der Chemiewaffenanwendung in Douma verbunden?
Sergej Lawrow: Die Geschichte kennt ja einige solche Präzedenzfälle in den letzten Jahrzehnten. Was wir wirklich glauben (und unsere Geheimdienste könnten entsprechende Informationen ihren britischen Kollegen zur Verfügung stellen), ist…
Frage: Aber Sie sagen doch, Sie hätten unwiderlegbare Beweise dafür, dass dies alles Fälschung, „Fake“ und Inszenierung wäre. Sie sagen, damit wären irgendwelche Volontäre aus der Organisation „Weißhelme“ verbunden. Wo bleiben denn Ihre unwiderlegbaren Beweise?
Sergej Lawrow: Damit es unwiderlegbare Beweise gibt, sollten Experten den Ort besichtigen.
Frage: Wo sind unwiderlegbare Beweise dafür, dass die „Weißhelme“ unter Mitwirkung der britischen Regierung das alles organisiert hätten? Sie bezweifeln die Worte anderer. Aber kann man denn Ihnen glauben?
Sergej Lawrow: Ich sagte, dass die „Weißhelme“ bekanntlich nur auf dem von der Opposition, darunter von der al-Nusra-Front, kontrollierten Territorium handeln. Es ist bekannt, dass die „Weißhelme“ schon vor einem Jahr Alarm geschlagen hatten, als der angebliche Zwischenfall in Chan Scheichun ereignet hatte, wobei es sich von Anfang an um ein „Fake“ handelte. Alle wissen, dass die „Weißhelme“ von einigen Staaten finanziert werden, unter anderem von Großbritannien.
Frage: Aber diese Beweise sind doch auch nicht unwiderlegbar, nicht wahr?
Sergej Lawrow: Moment mal. Unwiderlegbare Beweise wofür?
Frage: Sie sagten, Sie würden über unwiderlegbare Beweise verfügen, dass irgendein Land, das Russland hassen würde (gemeint war Großbritannien), mit den „Weißhelmen“ an der Inszenierung des Zwischenfalls gearbeitet hätte.
Sergej Lawrow: Moment mal. Warum denken Sie, ich hätte damit Großbritannien gemeint? Sie sollten mir nicht zuschreiben, was ich nicht sagte. Ich sagte: „ein Staat, der in den ersten Reihen der antirussischen Kampagne handeln will“. Zitieren Sie mich bitte, ohne meine Worte zu entstellen, sonst ist das nicht gerade professionell.
Und wenn wir schon über unwiderlegbare Beweise sprechen, dann erklärten sich OPCW-Inspekteure bereit, die Ereignisse in Douma zu ermitteln. Sie kamen in den Libanon. Die syrischen Behörden teilten ihnen mit, dass sie Einreisevisa ausgestellt bekommen würden, sobald sie an der Grenze ankommen. Sieben Stunden später wurde gegen Syrien der Schlag versetzt. Warum sollte man das am Vortag der Ankunft der Inspekteure tun?
Frage: Wenn es sich herausstellt, dass die Regierungen Frankreichs, Großbritanniens und der USA Recht und Sie Unrecht hatten, und wenn der syrische Präsident Baschar al-Assad weiterhin Chemiewaffen einsetzen würde, wie er das 2013 in Gouta getan hatte, wo etwa 1000 Menschen ums Leben kamen, oder auch vor einem Jahr in Chan Scheichun (wie die Amerikaner und ihre Verbündeten sagen), wenn es sich herausstellt, dass sie alle Recht haben, und Sie sich geirrt haben, würden Sie zustimmen, dass Präsident Assad dafür bestraft werden sollte?
Sergej Lawrow: Wissen Sie, Sie hören mich offenbar nicht. Genauer gesagt, hören Sie mir gar nicht zu. Ich sagte eben, dass diese aggressive Aktion einen Tag vor der Ankunft der internationalen Inspekteure (soweit ich verstehe, es gab unter ihnen auch US-Bürger) im Ort des mutmaßlichen Zwischenfalls erfolgte.
Und jetzt dazu, was vor einem Jahr in Chan Scheichun passierte. Das war am 4. April. Einen Tag später rief mich US-Außenminister Rex Tillerson an und bat mich, dass wir mit den syrischen Behörden vereinbaren, dass sie internationalen Inspekteuren erlauben, den Stützpunkt zu besichtigen, von dem das Flugzeug abgehoben war, das angeblich die Giftbombe an Bord hatte. Am nächsten Tag sagten wir den Amerikanern, dass wir die Zustimmung eingeholt hatten. Sie antworten: „Danke, das ist nicht nötig“. Und einen Tag später versetzten sie ihren Schlag. Wir baten, dass OPCW-Inspekteure vor Ort erscheinen, doch man sagte uns, es wäre dort viel zu gefährlich und jedenfalls nicht nötig, weil die Briten und Franzosen schon alle nötigen Proben hätten. Dann wandten wir uns an die Briten und Franzosen mit der Bitte, uns zu erklären, wie sie die Proben in diesem so gefährlichen Ort holen konnten. Möglicherweise hätten sie gewisse Kontakte mit den „Weißhelmen“, die dieses Gebiet kontrollieren? Sie antworteten, dies wären vertrauliche Informationen. Also gibt es viel mehr Fakten, die wir klären wollen, und noch mehr legitime Fragen – nach den Fragen, die wir von den westlichen Spitzenpolitikern und Medien hören: „Wozu habt Ihr das getan? Warum habt Ihr Chemiewaffen in Großbritannien eingesetzt? Warum beschützt Ihr Assad?“ Und jetzt sagen sie, von diesen Erklärungen ausgehend: „Und wenn sich herausstellt, dass Sie sich irrten, was dann?“ Es ist ja sehr interessant.
Frage: Wir haben fast keine Zeit mehr, und ich muss Sie noch zu den Sanktionen befragen. Das US-Finanzministerium hat es vor, ein weiteres Sanktionspaket gegen russische Unternehmen und Privatpersonen bekanntzugeben, die mit den syrischen Militärs verbunden sein sollen. Wegen des früheren Sanktionspakets, das von den USA eingeführt wurde, sank der russische Fondsmarkt stark. Russland wurde in die Ecke getrieben.
Sergej Lawrow: Vielen Dank für das Mitgefühl. Doch machen Sie sich keine Sorgen, wir werden irgendwie durchhalten.
Frage: Der Fondsmarkt stürzte um zehn Prozent ab, der Rubel ist gegenüber Dollar gefallen.
Sergej Lawrow: Hatte es bei ihnen nicht schlechte Zeiten gegeben? Erinnern Sie sich daran, dass George Soros gegen ihren Fondsmarkt spielte und den Pfund stürzte? Sie drohen nicht einfach, jene zu bestrafen, die Kontakte mit der syrischen Regierung haben. Sie wollen de facto das ganze russische Volk dafür bestrafen, dass es eine „falsche“ Wahl bei den Präsidentschaftswahlen machte. Sie sagen, dass sie nie einfachen Menschen schaden würden, sondern nur Oligarchen, Politikern und Militärs, die die Welt angeblich destabilisieren. Das ist Lüge. Ihr wahrer Wunsch ist Probleme für hunderte Tausend Russen zu schaffen.
Frage: Das ist ihre wunde Stelle. Russland verfügt zwar über die stärksten Atomwaffen, von denen Russlands Präsident Wladimir Putin so schön redete, doch die russische Wirtschaft ist schwach und anfällig.
Sergej Lawrow: Ja, das ist so, und wir wissen darüber Bescheid. Doch unsere Wirtschaft erlebte viele Prüfungen, beginnend mit dem Zweiten Weltkrieg. Ich möchte ihnen zusichern, dass die Regierung und der Präsident die Notwendigkeit der Reformen begreifen, und gerade das wurde zum Hauptthema des ersten Teils der Botschaft des Präsidenten Russlands an die Föderalversammlung. Im zweiten Teil erzählte Russlands Präsident Wladimir Putin über die neusten Waffen und beendete seine Rede mit dem Gedanken darüber, dass wir immer zu einem Dialog auf Grundlage des gegenseitigen Respekts und Gleichgewicht von Interessen bereit sind.
Frage: Nun die letzte Frage. UN-Generalsekretär Antonio Guterres sagte vor wenigen Tagen, dass die Welt erneut von einem Kalten Krieg erfasst ist. Während es früher Mechanismen gab, die die Eskalation zwischen den USA und der Sowjetunion verhinderten, gibt es heute wohl keine solchen Mechanismen. Von solchen Schlussfolgerungen bekommt man Angst. Sie haben Ihren Posten bereits seit 13 Jahren inne. Kann man die jetzige Periode die schrecklichste Zeit nennen, an die Sie sich erinnern?
Sergej Lawrow: Was die Mechanismen betrifft, von denen Sie sprechen, ist einer von denen der Kommunikationskanal. Die Kommunikationskanäle zwischen Moskau und London wurden auf Initiative der britischen Seite geschlossen. Es wurden die Kontakte im Antiterrorbereich gestoppt. Der Dialog zwischen Militärs wurde lange zuvor gestoppt, jedoch wieder auf Initiative Londons. Der Russland-Nato-Rat hat de facto seine Tätigkeit gestoppt – ein sehr effektiver Mechanismus zur Förderung von Vertrauen und Transparenz bei Beziehungen. Die Nato will auf dieser Plattform ausschließlich die Ukraine besprechen. Die EU schloss bereits alle Plattformen und kommuniziert mit uns nur über Syrien und über einzelne andere Fragen.
Frage: Haben Sie den Eindruck, dass wieder ein Kalter Krieg begonnen hat?
Sergej Lawrow: Meines Erachtens ist es jetzt alles noch schlimmer, als während des Kalten Kriegs, weil es damals zumindest Kommunikationskanäle gab und es keinen so hysterischen Russlandhass gab. Heute sehen wir sozusagen ein Genozid via Sanktionen.
Frage: Sie meinen also, dass die Situation heute schlechter als während des Kalten Kriegs ist?
Sergej Lawrow: Ja, eben wegen der fehlenden Kommunikationskanäle. Es sind fast keine davon geblieben.
Frage: Die Situation wird also sehr gefährlich.
Sergej Lawrow: Es bleibt nur zu hoffen, dass dieser Gedanke auch ihren Landsleuten einfällt, darunter der Staatsführung.
Frage: Man kann sich kaum an einen anderen solchen Zeitpunkt in der Geschichte erinnern, als Russland so isoliert aussah. Ihr Land verwandelte sich in einen Außenseiter. Im Sommer wird Russland die Fußball-Weltmeisterschaft austragen. Der Außenminister Großbritanniens, Boris Johnson, verglich sie bereits damit, wie Adolf Hitler 1936 die Olympischen Spiele in Berlin empfing.
Sergej Lawrow: 1938, also nach diesen Olympischen Spielen, gab es ein Fußballspiel zwischen Großbritannien und Deutschland. Sie können im Internet ein Foto von diesem Spiel finden, auf dem vor dem Spiel sowohl deutsche, als auch britische Fußballspieler ihre Arme zum Nazigruß heben.
Frage: Was meinen Sie damit?
Sergej Lawrow: Ich habe nicht vor, Boris Johnson zu erörtern. Wir haben mit ihm bereits während seines jüngsten Moskau-Besuchs gesprochen. Möge er sich unterhalten.
Frage: Unsere Zeit ist zu Ende. Herr Lawrow, vielen Dank für die Teilnahme an der Sendung HARDtalk.
Frage: Wir haben fast keine Zeit mehr, und ich muss Sie noch zu den Sanktionen befragen. Das US-Finanzministerium hat es vor, ein weiteres Sanktionspaket gegen russische Unternehmen und Privatpersonen bekanntzugeben, die mit den syrischen Militärs verbunden sein sollen. Wegen des früheren Sanktionspakets, das von den USA eingeführt wurde, sank der russische Fondsmarkt stark. Russland wurde in die Ecke getrieben.
Sergej Lawrow: Vielen Dank für das Mitgefühl. Doch machen Sie sich keine Sorgen, wir werden irgendwie durchhalten.
Frage: Der Fondsmarkt stürzte um zehn Prozent ab, der Rubel ist gegenüber Dollar gefallen.
Sergej Lawrow: Hatte es bei ihnen nicht schlechte Zeiten gegeben? Erinnern Sie sich daran, dass George Soros gegen ihren Fondsmarkt spielte und den Pfund stürzte? Sie drohen nicht einfach, jene zu bestrafen, die Kontakte mit der syrischen Regierung haben. Sie wollen de facto das ganze russische Volk dafür bestrafen, dass es eine „falsche“ Wahl bei den Präsidentschaftswahlen machte. Sie sagen, dass sie nie einfachen Menschen schaden würden, sondern nur Oligarchen, Politikern und Militärs, die die Welt angeblich destabilisieren. Das ist Lüge. Ihr wahrer Wunsch ist Probleme für hunderte Tausend Russen zu schaffen.
Frage: Das ist ihre wunde Stelle. Russland verfügt zwar über die stärksten Atomwaffen, von denen Russlands Präsident Wladimir Putin so schön redete, doch die russische Wirtschaft ist schwach und anfällig.
Sergej Lawrow: Ja, das ist so, und wir wissen darüber Bescheid. Doch unsere Wirtschaft erlebte viele Prüfungen, beginnend mit dem Zweiten Weltkrieg. Ich möchte ihnen zusichern, dass die Regierung und der Präsident die Notwendigkeit der Reformen begreifen, und gerade das wurde zum Hauptthema des ersten Teils der Botschaft des Präsidenten Russlands an die Föderalversammlung. Im zweiten Teil erzählte Russlands Präsident Wladimir Putin über die neusten Waffen und beendete seine Rede mit dem Gedanken darüber, dass wir immer zu einem Dialog auf Grundlage des gegenseitigen Respekts und Gleichgewicht von Interessen bereit sind.
Frage: Nun die letzte Frage. UN-Generalsekretär Antonio Guterres sagte vor wenigen Tagen, dass die Welt erneut von einem Kalten Krieg erfasst ist. Während es früher Mechanismen gab, die die Eskalation zwischen den USA und der Sowjetunion verhinderten, gibt es heute wohl keine solchen Mechanismen. Von solchen Schlussfolgerungen bekommt man Angst. Sie haben Ihren Posten bereits seit 13 Jahren inne. Kann man die jetzige Periode die schrecklichste Zeit nennen, an die Sie sich erinnern?
Sergej Lawrow: Was die Mechanismen betrifft, von denen Sie sprechen, ist einer von denen der Kommunikationskanal. Die Kommunikationskanäle zwischen Moskau und London wurden auf Initiative der britischen Seite geschlossen. Es wurden die Kontakte im Antiterrorbereich gestoppt. Der Dialog zwischen Militärs wurde lange zuvor gestoppt, jedoch wieder auf Initiative Londons. Der Russland-Nato-Rat hat de facto seine Tätigkeit gestoppt – ein sehr effektiver Mechanismus zur Förderung von Vertrauen und Transparenz bei Beziehungen. Die Nato will auf dieser Plattform ausschließlich die Ukraine besprechen. Die EU schloss bereits alle Plattformen und kommuniziert mit uns nur über Syrien und über einzelne andere Fragen.
Frage: Haben Sie den Eindruck, dass wieder ein Kalter Krieg begonnen hat?
Sergej Lawrow: Meines Erachtens ist es jetzt alles noch schlimmer, als während des Kalten Kriegs, weil es damals zumindest Kommunikationskanäle gab und es keinen so hysterischen Russlandhass gab. Heute sehen wir sozusagen ein Genozid via Sanktionen.
Frage: Sie meinen also, dass die Situation heute schlechter als während des Kalten Kriegs ist?
Sergej Lawrow: Ja, eben wegen der fehlenden Kommunikationskanäle. Es sind fast keine davon geblieben.
Frage: Die Situation wird also sehr gefährlich.
Sergej Lawrow: Es bleibt nur zu hoffen, dass dieser Gedanke auch ihren Landsleuten einfällt, darunter der Staatsführung.
Frage: Man kann sich kaum an einen anderen solchen Zeitpunkt in der Geschichte erinnern, als Russland so isoliert aussah. Ihr Land verwandelte sich in einen Außenseiter. Im Sommer wird Russland die Fußball-Weltmeisterschaft austragen. Der Außenminister Großbritanniens, Boris Johnson, verglich sie bereits damit, wie Adolf Hitler 1936 die Olympischen Spiele in Berlin empfing.
Sergej Lawrow: 1938, also nach diesen Olympischen Spielen, gab es ein Fußballspiel zwischen Großbritannien und Deutschland. Sie können im Internet ein Foto von diesem Spiel finden, auf dem vor dem Spiel sowohl deutsche, als auch britische Fußballspieler ihre Arme zum Nazigruß heben.
Frage: Was meinen Sie damit?
Sergej Lawrow: Ich habe nicht vor, Boris Johnson zu erörtern. Wir haben mit ihm bereits während seines jüngsten Moskau-Besuchs gesprochen. Möge er sich unterhalten.
Frage: Unsere Zeit ist zu Ende. Herr Lawrow, vielen Dank für die Teilnahme an der Sendung Hard Talk.