Krasnodar Territory
Rede des Außenministers Russlands, Sergej Lawrow, bei der Podiumsdiskussion zum Thema „Gesellschaft und Weltpolitik“ im Rahmen der 19. Weltfestspiele der Jugend und Studenten am 16. Oktober 2017 in Sotschi
Liebe Freunde,
vor allem möchte ich Sie alle bei den Weltfestspielen der Jugend und Studenten begrüßen. Wir hatten den Vorschlag zur Organisation der Diskussion zum Thema „Gesellschaft und Weltpolitik“ mit großem Interesse wahrgenommen, zumal Russland schon immer für einen fairen und offenen Dialog über jegliche, selbst sehr schwierige und zweifelhafte Fragen der internationalen Tagesordnung plädierte. Ein solcher offener, kameradschaftlicher Dialog ist besonders für junge Menschen wichtig.
Zum Festival sind viele Tausende junge Menschen aus aller Welt gekommen. Das ist eine hervorragende Möglichkeit, einander besser kennen zu lernen, weitere Kontakte zwecks Förderung des Vertrauens und der Verständigung zwischen Ländern und Völkern anzuknüpfen. Das ist die gute Möglichkeit, das auszugleichen, was Politikern auf „erwachsener“ Ebene vorerst nicht gelingt.
Ich bin sicher, dass die Festspiele für Sie zu einem richtigen Fest werden, wobei Sie neue Freunde finden können. Natürlich kann ich Ihnen raten, besonderes Augenmerk auf die Sehenswürdigkeiten Sotschis zu richten – der Stadt, die sich als internationales Sport-, Diskussions-, Tourismus-, Kultur- und Bildungszentrum etabliert hat.
Was die Situation in der Welt angeht, so bleibt sie schwierig und kaum vorhersagbar. Etliche alte, auf Eis gelegte Konflikte bleiben ungeregelt. Gleichzeitig entstehen neue Herausforderungen an die Sicherheit, und vor allem geht es um den beispiellosen Aufschwung des internationalen Terrorismus, der absolut alle Staaten der Welt bedroht.
Es gelingt verschiedenen Ländern vorerst nicht, sich im Interesse der effizienten Bekämpfung der für uns alle gemeinsamen Gefahren wirklich zu vereinigen. Der Hauptgrund besteht unseres Erachtens darin, dass manche Regierungen nur ihre eigenen geopolitischen Interessen verfolgen – auf Kosten der kollektiven Arbeit – und von Krisen und Konflikten profitieren wollen. Es wird immer öfter auf die Methoden zum „Export“ des Staatsaufbaus, zum Aufzwingen verschiedenen Ländern von für sie fremden Werten und Reformierungsrezepten zurückgegriffen, ohne dass dabei ihre Traditionen und nationalen Besonderheiten berücksichtigt werden. Die Anwendung der Militärgewalt unter Umgehung des UN-Sicherheitsrats, einseitige Sanktionen, die exterritoriale Anwendung von nationalen Gesetzen – das alles verletzt sehr stark die Autorität des Völkerrechts. Manche Länder, die durchaus begründet eine Wiederholung des „jugoslawischen“, „irakischen“ oder „libyschen Szenarios“ auf ihrem Territorium fürchten, bemühen sich um den Ausbau ihrer Militärkraft, und zwar um jeden Preis. Daraus resultieren aber das gefährliche Wettrüsten und das Risiko der unkontrollierten Verbreitung von Massenvernichtungswaffen. Sehr beunruhigend ist der nachhaltige Verlust des gegenseitigen Vertrauens, das sich nur schwer wiederherstellen lässt.
Leider werden diese negativen Tendenzen wegen des Beschlusses der USA zum faktischen Austritt aus dem Gemeinsamen allumfassenden Aktionsprogramm zum iranischen Atomprogramm und wegen Washingtons Drohungen zur militärischen „Lösung“ des Problems der Halbinsel Korea noch zulegen.
Die Entstehung von immer neuen Problemen spricht davon, dass die Versuche zur Festigung des unipolaren Modells der Weltordnung gescheitert sind. Alle haben sich inzwischen überzeugen können, dass man mit einseitigen Handlungen globale Probleme unmöglich lösen kann. Bei den internationalen Beziehungen geht es um einen dermaßen komplizierten Mechanismus, dass er aus einem Zentrum einfach nicht gelenkt werden kann.
Die globale geopolitische Landschaft verändert sich intensiv. Immer neue Länder plädieren für die Entwicklung des internationalen Lebens auf Basis von wirklich demokratischen und gerechten Prinzipien. Immer neue Wirtschaftszentren (und solche gibt es auf allen Kontinenten) übernehmen die Verantwortung für die Förderung der Stabilität in ihren Regionen. Die Etablierung der polyzentrischen Architektur der globalen Verwaltung ist keine Willkür einer einzigen Kraft, sondern die objektive Realität, die die kulturelle und zivilisatorische Vielfalt der modernen Welt, die Entschlossenheit der Völker zur Aufrechterhaltung ihrer Eigenständigkeit und zur selbstständigen Bestimmung ihrer eigenen Entwicklungswege widerspiegelt.
Dennoch versucht eine kleinere Gruppe von westlichen Ländern, die ihre Dominanz aufrechterhalten wollen, diesen objektiven und natürlichen Prozess zu behindern. Es entsteht ein paradoxes Bild: Die Länder, die sich selbst für musterhaft demokratisch halten, treten gegen den Pluralismus in der Weltpolitik auf und unterdrücken dadurch die demokratischen Werte.
In diesem Sinne ist das Beispiel der USA kennzeichnend aus der historischen Sicht. Die Nation, die von ihren Gründungsvätern auf Basis der Ablehnung des Imperialismus, auf Basis der Ideale der Demokratie, Gleichheit, Gerechtigkeit und Oberhand des Gesetzes aufgebaut wurde, will man in einen Staat verwandeln, der kriegerisch und intolerant zum Andersdenken sowie bereit wäre, das Völkerrecht zu verletzen.
Die internationalen Beziehungen befinden sich auf einer wichtigen Kreuzung: Entweder wird die Welt endgültig ins Chaos bzw. Instabilität versinken, oder wird es endlich gelingen, die Konfrontation zu überwinden und sich auf gemeinsame, gegenseitig respektvolle Arbeit auf Basis des Prinzips der gleichen und unteilbaren Sicherheit im Interesse des Wohlstands und Gedeihens der ganzen Menschheit zu einigen.
Russland plädiert definitiv für den zweiten Weg – den einzig möglichen Weg zum erfolgreichen Widerstehen den zahlreichen Gefahren der Gegenwart. Wir verfolgen in den internationalen Angelegenheiten kein Ziel, jemandem Schäden zuzufügen. Wir werden auch weiterhin die Werte der Wahrheit und Gerechtigkeit konsequent verteidigen, die Interessen anderer Länder respektieren und nach allseitig akzeptablen Kompromissen suchen. Wir werden weiterhin die friedliche, nachhaltige und zukunftsorientierte Tagesordnung in der internationalen Arena vorantreiben und als Garant der globalen Stabilität auftreten. Wir werden das gleichberechtigte und allseitig nützliche Zusammenwirken mit allen Ländern ausbauen, die dazu bereit sein werden – sowohl im bilateralen als auch in verschiedenen multilateralen Formaten. Als Beispiele dafür dient die Arbeit solcher neuen Vereinigungen wie BRICS, SOZ und EAWU, in deren Rahmen Entscheidungen auf Konsensbasis und unter Berücksichtigung der Interessen jedes Mitglieds getroffen werden.
Wir stellen die Entwicklung von Jugendformaten der Kooperation im Rahmen der SOZ und der BRICS zufrieden fest. Das wird die langfristige Nachhaltigkeit der Arbeit dieser Organisationen sichern. Trotz der antirussischen Stimmungen in einem Teil des westlichen Establishments sind wird zum fairen Zusammenwirken mit den USA, der EU und der Nato bereit – aber eben zum fairen Zusammenwirken, das sich auf die Suche nach einer Interessenbalance stützen würde. Wenn man ausgerechnet so vorgeht, kann man Erfolg haben.
Übrigens hat auch die G20, wo die westlichen Länder, Russland und verschiedene Entwicklungs- bzw. Schwellenländer vertreten sind, ein großes Potenzial, das den Prozessen der Entwicklung der polyzentrischen Weltordnung entspricht.
Wir legen sehr viel Wert auf die Vertiefung der Kooperation mit der Zivilgesellschaft, mit russischen und ausländischen Non-Profit-Organisationen, unter anderem auch mit jugendlichen Organisationen dieser Art. Wir begrüßen die Teilnahme von jungen Menschen an der internationalen Tagesordnung, die Interesse daran haben, die wichtigsten Probleme in den Griff zu bekommen. Wir sehen darin einen wichtigen Faktor der Vertrauensförderung in der internationalen Arena. Wir sind immer bereit, Ihre Einschätzungen zu hören und Ihre Initiativen zu unterstützen.
Liebe Freunde, bald werden Sie die Verantwortung für die Situation in ihren Heimatländern und auch in der internationalen Arena übernehmen. Davon sprach gestern der russische Präsident Wladimir Putin ausführlich. Von Ihnen hängt ab, dass die Zukunft unserer Welt fröhlich, prosperierend, stabil und sicher für alle ist.
Ich hoffe, dass die Teilnahme an den Festspielen nützlich für Sie sein wird – sowohl aus professioneller als auch aus der rein menschlichen Sicht. Hoffentlich werden Sie hier neue Freunde finden. Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Arbeit und alles Gute.
Frage: Wie bewertet die Russische Föderation die Situation in Katalonien?
Sergej Lawrow: Wir betrachten dies als innere Angelegenheit Spaniens. Wir hören Aufrufe zum Dialog, Ankündigungen zur Bereitschaft, solch einen Dialog zu führen, darunter aus Barcelona. Ich bin der Ansicht, dass das der einzige Weg zur Behandlung der infolge des Referendums entstandenen Situation ist. Ich hoffe, dass der Dialog beginnt und eine Lösung im Rahmen der Verfassung Spaniens gefunden wird, auch unter Berücksichtigung dessen, dass alle Bürger des spanischen Staates bequem, in Sicherheit und im engen Kontakt miteinander leben werden. Ich sehe keinen anderen Weg.
Frage: Könnten Sie bitte die Schaffung des internationalen Strafrechtes im Rahmen der UNO als mögliche Alternative zum Internationalen Strafgerichtshof, der nicht der Organisation angehört, kommentieren? Ich nahm an der Entwicklung dieses Projektentwurfs teil, jetzt ist er fast fertig. Ich würde gern den Kommentar der lebenden Legende hören. Was denken Sie über die Alternative für den Internationalen Gerichtshof im Rahmen der Friedensgerichte, die bei der Stationierung des Friedenkontingents ins Leben gerufen würden. Sie wären dann eine Alternative, mit der Kosten zur Ausübung der Rechtspflege auf den Territorien der Konfliktseiten verringert werden könnten.
Sergej Lawrow: Um dies zu kommentieren, soll ich vom Wesen der Initiativen über das internationale Strafrecht und die internationalen Gerichte wissen. Auf Grundlage nur eines Begriffes oder einer Bezeichnung dieser oder jener Idee ist es schwierig, sachliche Kommentare abzugeben. Wenn Sie vorschlagen, die Friedensgerichte im Rahmen der Einsätze zur Aufrechterhaltung des Friedens ins Leben zu rufen, so bezweifle ich, dass das eine gute Idee (dies ist meine erste Empfindung) ist. Es sieht dann so aus, dass Friedensstifter die Funktion der Aufrechterhaltung des Friedens gleichzeitig erfüllen und urteilen, wie diese Funktion von denjenigen eingehalten wird, die sie bevormunden. Hier kann der Konflikt der Interessen beobachtet werden.
Es gab Beispiele für Sondergerichte ad hoc, die vom UN-Sicherheitsrat nicht im Rahmen der Friedenseinsätze ins Leben gerufen wurden, sondern dafür, um die Schuldhaftigkeit konkreter Personen in Konflikten zu klären. Insbesondere funktioniert bis heute noch der Internationale Gerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (obwohl er schon längst geschlossen werden soll) und der Internationale Gerichtshof für Ruanda. Der Gerichtshof für das ehemalige Jugoslawien bewies ernste Voreingenommenheit und Einseitigkeit. Etwa 80 Prozent der da eingeleiteten Akte richteten sich gegen Serben und die Akte, die in Bezug auf andere Nationalitäten eingeleitet wurden, wurden nie zu Ende gebracht. Der aktuelle Ministerpräsident der Republik Kosovo, Ramush Haradinaj, war Militärverbrecher. Er wurde wegen Militärverbrechen angeklagt und wegen mangelnder Beweise freigelassen, weil alle eingeladenen Zeugen auf geheimnisvolle Weise verschwunden waren oder sich weigerten, auszusagen. Es ist ein Beispiel aus aktueller Praxis. Aber wenn Sie Ihre Arbeiten für internationales Strafrecht und Friedensgerichte an das Außenministerium Russlands richten, werden wir sie behandeln und darauf reagieren.
In der ersten Reihe sitzt eine „Kontaktperson", die Sie darauf ansprechen können – der Ratsleiter der jungen Diplomaten, Konstantin Kolpakow. In diesem Rat gibt es zudem ein Projekt, das mit der analytischen Arbeit der jungen Studenten verbunden ist.
Frage: Könnten Sie bitte die Schaffung der einheitlichen kodifizierten Quelle des Strafrechtes im Rahmen der UNO anstelle des angelsächsischen Rechtssystems kommentieren?
Sergej Lawrow: Ich verstehe, dass es das angelsächsische Rechtssystem gibt, es gibt das römische Recht, aber, um auf die Frage, was ich über die konkrete, neue und weitgehende Initiative denke, zu reagieren, muss ich sie erstmal kennenlernen und nicht nur wissen, wie sie in Ihren Werken heißt.
Frage: Wie ist Ihrer Meinung nach die Rolle und Stelle Russlands in zehn Jahren? Wie ist die Rolle der Jugend in diesem zukünftigen Russland? Was soll die Jugend zum heutigen Zeitpunkt tun und was nicht, um in einem prosperierenden zukünftigen Russland zu leben?
Sergej Lawrow: Das ist die Frage für einen lebensbejahenden, philosophischen Roman.
Ich bin überzeugt, dass die Rolle Russlands in zehn Jahren sehr wichtig sein wird. Wir hoffen, dass in zehn Jahren die Tendenz zur Multipolarität (und das ist eine objektive Tendenz) zur Geltung kommen wird, wenn auf verschiedenen Kontinenten neue starke Wirtschafts- und Finanzmächte erscheinen, und mit dieser Stärke kommt ein politischer Einfluss. Ich denke, dass diejenigen, die es versuchen, sie zu stoppen und das einseitige Dominieren beibehalten wollen, zu jener Zeit etwas klüger sein und nicht gegen den Strom der Geschichte gehen werden.
Einer der Pole der multipolaren Welt wird zweifellos Russland sein, das um sich Verbündete, vor allem die Nachbarn, um sich vereinigen wird. Es geht auch um die Nachbarn des Groß-Eurasien-Projekts, das der Präsident Russlands, Wladimir Putin, vorgeschlagen hat und die Entwicklung der Beziehungen zwischen der EAWU und der euroasiatischen Integration, zwischen dieser Integration und der chinesischen Initiative „Ein Gürtel, eine Straße“ mit der Heranziehung der SOZ und der ASEAN-Teilnehmerstaaten vorsieht. Wir haben einen Kontinent, und diese Prozesse könnten sich in der Perspektive auf die EU ausdehnen, die bereits zu verstehen beginnt, dass alleine und ohne Partnerschaft mit Russland die Europäische Union ihren Einfluss in der Wirtschaft und der Weltpolitik konsequent verlieren wird. Darüber sagte vor einigen Tagen der EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bei einer Veranstaltung.
Was die Rolle der Jugend in Russland in zehn Jahren betrifft, so werden Sie etwas erwachsener sein, eben um zehn Jahre. Ich hoffe, dass Sie die vorhandenen und bereits zusätzlich entstehenden sozialen „Lifte“ nutzen können, indem Sie Ihre Talente zeigen. Damit es geschieht, soll sich die Jugend ihrem natürlichen Lebenszyklus nicht widersetzen, und ihr werdet in zehn Jahren erfolgreich sein.
Frage: Ich empfinde einen riesigen Stolz darauf, dass man unseren Außenminister nicht nur in Russland, sondern auch in der ganzen Welt kennt. Erzählen Sie bitte, ob junge Fachkräfte innerhalb Ihres Amtes willkommen sind? Wie alt ist der jüngste Experte, der derzeit im Außenministerium Russlands arbeitet?
Sergej Lawrow: Das ist eine gute Frage. Junge Fachkräfte sind bei uns nicht nur willkommen, sondern wir könnten ohne sie nicht überleben, wie eine beliebige lebendige Struktur, die aus den Menschen besteht, die erwachsener werden und ausgewechselt werden müssen. MGIMO-Rektor Anatoli Torkunow, wird bestätigen, wenn ich sage, dass das Außenministerium Russlands jährlich etwa Hundert Absolventen einstellt (in diesem Jahr sind es 115), 85 Prozent schlossen die Universitäten MGIMO, MGU, MGLU, SPBGU und DWFU ab. Das ist jedes Jahr so. In den ersten Jahren meiner Arbeit auf diesem Posten waren es Frauen, die mehr als die Hälfte der von uns angestellten Mitarbeiter bildeten. Der Frauenanteil bei der letzten Aufnahme in den Personalstand des Außenministeriums Russlands lag bei etwa 45 Prozent.
Zu meiner Schande weiß ich nicht, wer bei uns im Ministerium die oder der jüngste ist. Wahrscheinlich muss man diese Informationen haben, wenn man mit diesen jungen Mitarbeitern auch kommuniziert. In den vergangenen zehn Jahren haben viele eine gute Karriere gemacht, und sie bekleiden allmählich immer höhere Posten.
Kommen Sie!
Frage: Die deutschen Geschäftskreise treten gegen die Verlängerung der Sanktionen ein, weil Russland einer der größten Kaufkunde der deutschen hochwertigen Technik ist. Ich habe ein Praktikum bei einem solchen Unternehmen gemacht, das wegen Sanktionen leider geschlossen wurde. Wie soll die aktive deutsche Jugend zur Verbesserung oder Normalisierung der Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Russland beitragen?
Sergej Lawrow: Uns wird vorgeworfen, dass wir uns in die Wahlen der USA, Deutschlands, Frankreichs, Schwedens einmischen. Sie wollen, dass wir uns auch in Ihre Wirtschaft einmischen?
Aber jetzt im Ernst – diese Vorwürfe gegen unser Land, dass wir an allem schuld seien, sind absurd. Sie haben Recht in Bezug auf die Sanktionen - das ist ein zweischneidiges Schwert, das wie Bumerang diejenigen schlägt, die diese Sanktionen einführt. Das ist das Gesetz der Wirtschaft: Wenn du trotz Anforderungen des freien Marktes und WTO-Normen künstlich die Wirtschaftsbeziehungen einschränkst, so hat derjenige, gegen den du das tust, das volle Recht, das Gleiche zu tun, egal ob symmetrisch oder asymmetrisch. Dass der Warenumsatz, der noch vor kurzem bei mehr als 400 Mrd. Euro lag, um das Doppelte fiel, ist das direkte Ergebnis nicht nur der Weltkonjunktur, Öl- und Gaspreise, sondern auch der eingeführten Sanktionen, gegen die wir Gegenmaßnahmen ergreifen mussten.
Immer mehr Politiker, Unternehmer laut sagen, dass dies über alle erdenklichen Grenzen hinausgeht, dass man zu einer normalen Koexistenz zurückkehren muss. Solche Stimmen sind besonders stark in Italien, Frankreich, Deutschland und in einer ganzen Reihe anderer Länder. Ich bin der Ansicht, dass der Verstand die Oberhand gewinnt.
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Sergej Lawrow (ergänzt nach Franco Frattini): Ich möchte den Dialog fortsetzen. Franco Frattini sagte, dass wegen der Mechanismen, auf deren Grundlage die EU funktioniert, Italien im Alleingang die Einführung der antirussischen Sanktionen nicht verhindern konnte. Herr Franco ist mein Freund und wird mir nicht übelnehmen, aber das gleiche sagten mir auch mehrere andere Minister – meine Kollegen. Das heißt, wenn sie sich vereinigt und gesagt hätten, dass das nicht dem in der EU existierenden Konsensprinzip entspricht, wäre jetzt die Situation womöglich eine andere. Ich sage das jetzt nicht, um die Nicht-Akzeptanz der Position dieses oder jenes Landes zu äußern. Ich will nur sagen, dass, wenn unsere zahlreichen Freunde in der EU bitten, sie zu verstehen, dass sie „dafür“ sind, aber in der Europäischen Union das Prinzip der Solidarität und des Konsenses, herrscht, so befindet sich nach meiner Ansicht der Kompromiss in der Diplomatie, Politik und dem Leben immer irgendwo mittig zwischen den Extrempositionen.
Es gibt wohl in der EU mehrere Länder, die Russland dafür überhaupt nicht bestrafen wollten, was sich auf der Krim in vollem Einvernehmen mit der Willensäußerung des Krimvolkes und des Beschlusses des Obersten Rats der Krim, der nach Verfassung der Ukraine gewählt wurde und vom Gesichtspunkt des ukrainischen Gesetzes bei der Durchführung des Referendums völlig legitim war, ereignet.
Sicher gab es, gibt es, wird es in der EU russophob eingestellte Länder geben, wir alle wissen, was das für Regierungen sind, und ich bin der Ansicht, dass diese russophobe Minderheit hin und wieder bestraft werden muss. Aus irgendeinem Grunde drückte die Europäische Union die Solidarität mit der Position der aggressiven Minderheit aus. Jetzt ändert sich das.
Franco Frattini erwähnte auch die Wahlsprüche der Parteien, die derzeit bei den Wahlen in Europa gewinnen. Ihnen wird sicher vorgeworfen, dass sie sich vor den Karren von Russland spannen lassen, und dass wir uns überall einmischen. Nichtsdestoweniger bin ich überzeugt, dass die Objektivität die Oberhand gewinnen wird, und Europa wird sich endlich bewusst, dass sie selbständig handeln und nicht den Tipps von Übersee folgen soll (zumal widersprechen sich die Tipps von Übersee gegenseitig). Die EU soll sich vor allem um eigene Interessen kümmern.
Frage: Welche Rolle können die Partnerschaftsbeziehungen von Städten bei der Entwicklung der internationalen Jugendbeziehungen spielen? Können wir - die Jugend - irgendwie dazu beitragen, damit jede kleine Stadt Russlands ihre wirtschaftlichen, politischen, kulturellen und sportlichen Beziehungen im Ausland verbessern kann?
Sergej Lawrow: Natürlich, es gibt die Bewegung der Partnerschaftsstädte, sie entwickelt sich. Wir haben viele Partnerschaftsstädte in Italien. Derzeit nehmen immer mehr Städte Partnerschaftsbeziehungen mit der Krim auf. Dieser Prozess gewinnt an Fahrt.
Wenn Sie im Gebiet Moskau ein Interesse an der Information darüber haben, wo Sie ihre Partnerschaftsstädte finden könnten, so glaube ich, dass man sich an diejenigen wenden muss, die Geschäfte mit den Partnern aus dem Ausland führt. Das ist das sicherste Fundament. Auf dieser Grundlage kann man beginnen, Delegationen auszutauschen, darunter Jugend-Delegationen, Beziehungen zwischen den Universitäten aufzunehmen. Das ist eine sehr zukunftsweisende Bewegung, wir werden sie allerlei unterstützen.
Frage: Sie haben heute mehrmals verschiedene regionale Plattformen für Zusammenarbeit, darunter die EAWU, erwähnt. Ich habe ein besonderes Interesse an dieser Union, da Kirgisien der Mitgliedsstaat ist. Wie sehen Sie die Entwicklung der EAWU: eine qualitative – durch die Schaffung von effektiven einheitlichen Märkten, die ohne Einschränkungen und Barrieren funktionieren, oder eine quantitative – durch den Beitritt von neuen Staaten zu dieser Union?
Sergej Lawrow: Das eine schließt nicht das andere. Auf dem Plan der EAWU steht vor allem eine weitere Bewegung in Richtung Abhebung von allen Barrieren sowie Gewährleistung der Bewegungsfreiheit für Waren, Kapitalien, Dienstleistungen und Arbeitskraft. Zweitens wird jetzt die Frage behandelt, ob die Union zuerst durch das Beobachterinstitut erweitert wird. Die Staatsoberhäupter, die sich hier vor kurzem versammelt haben, haben vereinbart, die Vorbereitung der Verordnung über Beobachter zu beschleunigen. Mit dieser Verordnung können sich diejenigen der Tätigkeit der Union anschließen, die den Beitritt zur Union im Visier haben.
Frage: Haben die Ereignisse der „arabischen Revolution“ von 2011 einen Einfluss auf die Beziehungen Russlands mit den Ländern der Region?
Sergej Lawrow: Als der sogenannte „arabische Frühling“ begonnen hat und im Westen alle davon begeistert waren, dass das Volk Demokratie will und gegen die Diktatoren rebellierte, wurde diese Euphorie wahrhaftig mit den Erklärungen seitens einiger Politiker im Westen und in der Region begleitet, dass die Russische Föderation bei ihrem Schutz der Souveränität der autoritären Staaten ihre Anhänger sowie die Unterstützung im Nahen Osten und in Nordafrika verliert.
Mit der Zeit wurde klar, dass der „arabische Frühling“ eine kolossale Zerstörung trug. Die Region versank in Chaos. Zwecks des Sturzes der Staatsoberhäupter der autoritären Regimes, wie von Saddam Hussein (obwohl das noch früher war, aber aus jener Erfahrung wurde nichts gelernt) oder Muammar al-Gaddafi, wurden der Irak und Libyen in ihrer Staatlichkeit einfach untergraben. Jetzt versuchen sie mühevoll die irakische territoriale Integrität aufrechtzuerhalten, die libysche wiederherzustellen. Solche Versuche beobachten wir jetzt in der Arabischen Republik Syrien.
Russland geriet nicht in Panik, dass wir damals auf die Ereignisse, die mit der Einmischung von außen und öffentlicher Stimmungsmache verbunden waren, keinen Einfluss ausüben konnten. Nichtsdestoweniger arbeiteten wir mit sämtlichen Konfliktseiten zusammen, und wir tun das weiter jetzt im Irak, in Libyen, Syrien und Jemen. Wir sind wahrscheinlich das einzige Land, das mit sämtlichen Konfliktteilnehmern in Kontakt steht.
Franco Frattini erwähnte in seiner Rede Libyen. Wir treffen uns in der Tat sowohl mit denjenigen, die Tripolis leiten, als auch mit denjenigen, die sich in Tobruk, Benghazi und Misrata befinden. Ich sage Ihnen, dass das syrische Beispiel wahrscheinlich ein Musterbeispiel ist, weil sämtliche Oppositionelle, darunter extrem radikale, zu uns kommen und mit uns kommunizieren.
Das, was wir jetzt durch unsere Militärs mit den Bewaffnungsgruppen „auf Boden“ die Schaffung der Deeskalationszonen, Waffenruhe, rasante Verringerung der Gewalt, Lieferung der humanitären Hilfe vereinbart haben, spricht dafür, dass wir in einer beliebigen Situation mit jeder real existierenden Kraft - ob politischer oder militärischer - arbeiten können.
Ich kann mich nicht daran erinnern, dass jemand seit dieser Zeit den Gedanken wiederholt hätte, dass Russland seinen Einfluss verloren habe. Im Gegenteil glaube ich, dass der Einfluss größer wurde. Vielleicht klingt das unbescheiden, aber das höre ich von unseren Gesprächspartnern.
Frage: Im Kaukasus gibt eine „Perle“ – das Kaspische Meer. Das ist der größte See der Erde, und wir alle machen uns Sorgen um seine Ökologie. Das Kaspische Meer ist von Aserbaidschan, Turkmenien, Kasachstan, dem Iran und Russland umgeben. Sind irgendwelche umfassende Maßnahmen für die Aufrechterhaltung seiner Ökologie geplant? Wenn ja, wann kann das umgesetzt werden?
Sergej Lawrow: Es funktioniert bereits die Rahmenkonvention für den Schutz der Meeresumwelt des Kaspischen Meers. Zudem wird an der Konvention für den Schutz von Bioressourcen der Kaspischen Meers gearbeitet, obwohl sich dieser Prozess etwas in die Länge gezogen hat. Noch 2010 schlug der Präsident Turkmenistans auf dem 3. Gipfeltreffen der fünf Anrainerstaaten des Kaspischen Meeres in Baku vor, das Moratorium über das Fischen von Stören zu verhängen. Alle waren dafür, aber nach dem Gipfeltreffen ging die praktische Arbeit nur langsam voran. Ich werde nicht ins Detail gehen, alle haben Nuancen in ihren Positionen. Später wurde ein Beschluss gefasst, diesen Beschluss in der allgemeinen Konvention für den Schutz von Bioressourcen zu verankern. Leider läuft diese Arbeit immer noch, aber es gibt keine Zweifel daran, dass die Frage aktuell ist, und es notwendig ist, diese brüchige Meeresumwelt zu schützen.
Das gleiche ist auch auf die russische Position in Bezug auf die Idee der Verlegung der transkaspischen Pipelines durch den Kaspisee zurückzuführen. Im Gegensatz zum Schwarzen Meer ist die Meeresumwelt des Kaspischen Meeres sehr brüchig. Bevor die Entscheidung über diese Pipeline gefallen wird, ist es notwendig, den Einfluss dieser Projekte auf die Umwelt sorgfältig durchzuarbeiten. Wir werden diese Position fördern.
Frage: Wie bewerten Sie die russisch-ägyptischen Beziehungen? Werden sie sich im Bereich Wirtschaft und Politik entwickeln?
Sergej Lawrow: Ich bin sehr optimistisch eingestellt, was unsere Beziehungen mit Ägypten betrifft. Wir haben einen sehr engen politischen Dialog, regelmäßige Kontakte auf höchster Ebene, auf Ebene der Außenminister, Wirtschaftsminister, Verkehrsminister. Fast alle Mitglieder der russischen Regierung stehen in Kontakt mit Ägypten. Wie Sie wissen, fördern wir eine ganze Reihe wichtiger Projekte, darunter die Schaffung der russischen Industriezone in Ägypten, die die gemeinsamen Projekte in der Industrie, in verschiedenen Sektoren und der ägyptischen Wirtschaft ziemlich umfassend fördern und Arbeitsplätze schaffen wird.
Der gegenseitige Handel wächst, Ägypten ist einer der wichtigsten Abnehmer unseres Getreides, das für die Aufrechterhaltung der sozialen Verpflichtungen der ägyptischen Führung sehr wichtig ist. Wir haben eine sehr enge Zusammenarbeit auf dem Gebiet der regionalen Angelegenheiten und Probleme der Regelung von Krisen. Ägypten trug maßgeblich zur Schaffung der Deeskalationszonen in Ost-Ghouta und Homs in Syrien bei. In Kairo fanden die Kontakte mit den Vertretern der bewaffneten Opposition statt, mit denen diese Vereinbarungen erzielt wurden. Wir arbeiten sehr eng mit Ägypten zu Libyen zusammen, wir begrüßen die vermittelnden Bemühungen, die Ägypten zusammen mit Algerien und Tunesien für die Förderung eines nationalen Dialogs in Libyen unternimmt.
In der UNO haben wir im Rahmen des Sicherheitsrats, in dem Ägypten derzeit als nicht-ständiges Mitglied vertreten ist, eine dichte Koordination. Vor kurzem haben wir die Initiative Ägyptens unterstützt, das den Projektenwurf der umfassenden Rahmen für die Bekämpfung der Terrorideologie eingebracht hat. Im Endeffekt wurde dieser Projektentwurf bei unserer aktivsten Unterstützung verabschiedet. Solche Beispiele kann man ja unendlich aufzählen.
Frage: Jedes Jahr finden auf vielen Plattformen in Tschechien Gedenkveranstaltungen über die Ereignisse von 1968 statt, als die Panzer eingeführt wurden. Will Russland auf irgendeine Weise diese Frage regeln, da dies die Beziehungen zwischen der russischsprachigen Bevölkerung und den Tschechen stark beeinflusst? Ich höre oft von den Nachrichten, dass Russland die Schulden verschiedener Ländern erlässt. Sagen Sie bitte, warum?
Sergej Lawrow: Was 1968 betrifft, so kann ich mich nicht erinnern, dass jemand von unseren Partnern aus der Tschechischen Republik auf Ebene des Präsidenten, Ministerpräsidenten oder Außenministers dieses Thema in den Kontakten mit den Kollegen in der Russischen Föderation angeschnitten hat. Ich glaube, wir haben diese Seite bereits hinter uns gebracht. Derzeit haben wir keine Hindernisse daran, mit der Tschechischen Republik beiderseitig vorteilhaft zusammenzuarbeiten. Die Historiker sollen unbedingt dieses Datum im Kopf behalten und weiter diskutieren, wie es war, wie es dazu kam und was getan werden muss, damit ähnliche Situationen in der Zukunft nicht entstehen. Die Historiker müssen sich damit befassen, das finde ich absolut richtig.
Was die Schulden betrifft, so haben wir keine Schulden der Tschechischen Republik erlassen, wenn ich mich nicht irre.
Frage: Alle wissen, dass das ossetische Volk sehr viel litt – das ist Beslan, das sind Ereignisse von 08.08.2008. Ist die Vereinigung der beiden Ossetien – Nordossetien und Südossetien im Rahmen des russischen Staates möglich?
Sergej Lawrow: In der Sowjetunion, wie Sie wissen, gab es das schon. Es gab ein einheitliches Ossetien, und später wurde es mit einer willkürlichen Entscheidung in zwei Teile getrennt. Damals wurde viel was aus einer Republik in eine andere übergeben, darunter die Krim, ohne sich dabei um die Einhaltung der sowjetischen Verfassung Sorgen gemacht zu haben. Ich gehe davon aus, dass die Republik Südossetien derzeit als unabhängiger Staat anerkannt ist. Die russischen Friedenstruppen und die russische Armee haben damals auf unmittelbare Weise geholfen, zu verhindern, dass der ehemalige Präsident Georgiens, Michail Saakaschwili, mit Gewalt das territoriale Problem löst, wie er es nannte, trotz der OSZE-Beschlüsse und der dort stationierten russischen, ossetischen und georgischen Friedensstifter. Wir werden allerlei respektieren und die Souveränität Südossetiens durch unsere engsten Beziehungen zu verteidigen helfen.
Frage: Im Rahmen unseres Internationalen Filmfestivals „0+“ rufen wir einen alternativen Filmfonds ins Leben. Das sind Kurz- und Spielfilme, in denen allgemein menschliche Werte, wie Familienwerte und die internationale Zusammenarbeit vermittelt werden. Die Wirklichkeit von heute sind jedoch Kriege und die Atmosphäre des Konfliktes. Welche Maßnahmen werden auf Weltebene unternommen, um die Werte und das Verständnis popularisieren, dass die humanistische Herangehensweise an das Leben und Zusammenwirken mit anderen Ländern sehr wichtig ist. Wie können wir, unser Ideenteam und die Organisation sowie andere junge Leute, die vielleicht keinen Bezug zum Kino, jedoch zu dieser Herangehensweise an die allgemein menschlichen Werte und zu den ideenreichen Projekten haben, daran teilnehmen?
Sergej Lawrow: Das ist eine sehr umfangreiche Frage. Zum ersten Mal wurde der Begriff „allgemein menschliche Werte“ bei der Perestroika verwendet. 1988 war ich in der Gruppe der Personen, die damit beauftragt wurden, die Rede des Präsidenten der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, für die UN-Generalversammlung zu verfassen. Die Aufgabe, die vor uns von der Führung des Außenministeriums der Russischen Föderation gestellt worden war, bestand darin, dass in dieser Rede unbedingt die Sachlage mit der Teilnahme der Sowjetunion an allerlei internationalen Verträgen und Abkommen unbedingt analysiert und angekündigt wird, dass wir in Bezug auf jene Verträge, an denen wir nicht teilgenommen haben, jetzt Mitglieder sein werden. Die Aufgabe war es nicht, zu analysieren, ob wir das brauchen oder nicht, warum wir daran nicht teilnehmen und welche Gründe das alles hat. Diesmal soll es von allem universell unterstützt werden, wir müssen uns diesen Verträgen und Abkommen bloß anschließen. Darüber hinaus wurden die allgemein menschlichen Werte damals als Notwendigkeit interpretiert, der westlichen Deutung des Völkerrechtes, vor allem des humanitären Rechtes und des Völkerrechtes im Bereich der Menschenrechte zuzustimmen. Ich bin der Ansicht, dass Menschenrechte natürlich ein allgemein menschlicher Wert in jener Art sind, in der zu diesem Problem der Konsens im universellen Maßstab erreicht wurde. Das ist vor allem die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948. Das, was man uns jetzt versucht, unter der Marke „Menschenrechte“ zu verkaufen, ist gar kein universell abgestimmter Wert. Das sind Werte, sagen wir, vor allem der westlichen Zivilisation. Gerade sie fordert von allen auf aggressive Weise jene Normen zu befolgen, die in letzter Zeit in den neoliberalen politischen und öffentlichen Systemen entstanden sind und bei weitem nicht immer und auch sehr oft den Werten des Christentums, zumindest des orthodoxen, obwohl ich überzeugt bin, auch des katholischen Christentums und den Werten des Islams, Buddhismus und Judaismus widersprechen. Deshalb ist es sehr wichtig, wenn Sie „allgemein menschliche Werte“ sagen, das soll gemeint werden.
Da ich mich mit der Außenpolitik befasse, so würde ich die Geschäftsfähigkeit, Fähigkeit zur kollektiven Arbeit und Fähigkeit, die Vereinbarung zu erzielen und sie zu erfüllen, in den Vordergrund stellen.
In diesem Zusammenhang werde ich eine kleine Abschweifung machen. Wir haben mit den USA zu Syrien bei der Administration von Barack Obama sehr eng zusammengearbeitet, wir haben die Internationale Unterstützergruppe für Syrien ins Leben gerufen, der sich sämtliche äußere Akteure angeschlossen haben – und diejenigen, die Baschar al-Assad unterstützt haben, und diejenigen, die seine bösartigen Gegner unterstützt haben. Bis heute funktionieren die zwei ins Leben gerufenen Zweckgruppen: eine für die Waffenruhe in Syrien, die andere für humanitäre Fragen. Es wurde eine kollektive Arbeit geführt, und nach den Ergebnissen des Gesprächs des Präsidenten der Russischen Föderation, Wladimir Putin, mit dem Präsidenten der USA, Barack Obama, (auch der ehemalige US-Außenminister John Kerry und ich waren dabei und haben unsere Unterschrift gesetzt) im September 2016 in China haben wir vereinbart, wie wir die Bekämpfung des Terrors in Syrien gemeinsam koordinieren. Alles wurde ausführlich festgelegt, und das war eine sehr zukunftsweisende Vereinbarung. Das einzige, was die Amerikaner machen mussten, dass diese Vereinbarung in Kraft tritt — die bewaffnete Opposition, die mit ihnen nicht zusammenarbeitet, von den Terrorgruppen, vor allem von „Dschabhat al-Nusra“, zu trennen. Sie haben das nicht machen können, und bis heute schonen die Teilnehmer der US-Koalition die „Dschabhat al-Nusra“. Es gibt viele Hinweise dafür, dass sie für den Fall geschont wird, um zum „Plan B“ zu übergehen, wenn es sein muss, – dem Plan eines gewaltsamen Sturzes des syrischen Regimes. Wir haben also vereinbart, aber die Geschäftsfähigkeit hat nicht funktioniert.
Das gleiche betrifft das Atomabkommen mit dem Iran. Vor zwei Jahren wurde das Atomabkommen erreicht, das jetzt vom UN-Sicherheitsrat gebilligt wurde. Die ganze Welt begrüßte es. Jetzt tritt Washington aus dem Abkommen aus.
Es gibt Nordkorea, das jetzt mit der Situation um den Iran 2005 verglichen wird. Auch wie im Fall mit dem Iran-Atomabkommen wurde ein Atomabkommen mit Nordkorea getroffen – es handelt sich um das Problem der Koreanischen Halbinsel. Alle haben damit begonnen, dieses Abkommen umzusetzen. Aber kurz nach dem Schluss des Abkommens führte Washington im Alleingang einseitige Sanktionen ein und begann, irgendwelcher Bank in Macau hinterherzujagen, das angeblich irgendwelche Transaktionen mit Nordkorea durchgeführt haben soll. Anstatt zu versuchen, die Situation zu klären, haben sie sofort die Sanktionen eingeführt. Nordkorea sagte, dass es unter diesen Bedingungen nicht zusammenarbeiten wird, dass alle vertragsunfähig sind. Ich rechtfertige Pjöngjang nicht. Pjöngjang benimmt sich provokatorisch, indem es gegen alle Resolutionen des UN-Sicherheitsrats grob verstößt. Aber wenn man auf den Dialog in dieser Etappe verzichtet und am Beispiel des Austritts aus dem iranischen Atomprogramm zeigt, dass die Abkommen nichts wert sind, dann wie kann man damit rechnen, dass Nordkorea an den Verhandlungen interessiert sein wird.
Ein Beispiel für die Nicht-Vertragsfähigkeit ist die ukrainische Regelung. Die Februar-Abkommen von 2015 wurden von allen begrüßt und einstimmig im UN-Sicherheitsrat gebilligt. Ihre Umsetzung wird wegen der Unfähigkeit oder Unlust der ukrainischen Behörden, ihren Teil in Sachen politische Reformen, vor allem Sicherheitsgarantien der Bevölkerung im Donezbecken, zu erfüllen, gebremst. Die ukrainischen Behörden begründen es damit, dass die Bevölkerung im Donezbecken den Staatsstreich nicht unterstützt hat. Denn dieser Teil des Donezbeckens hat nicht das andere Territorium der Ukraine angegriffen, sondern sie wurden angegriffen, da sie zu Terroristen erklärt wurden. Das gibt es nicht. Sie wollten nur, dass sie nicht miteinbezogen werden. Sie haben gesagt, dass sie den Staatsstreich nicht anerkennen und darum gebeten, Ihnen Zeit zu geben, sich mit der entstandenen Situation zu befassen. Die ukrainischen Behörden versuchen immer noch, ihnen Terrorismus vorzuwerfen und gegen sie gerichtlich vorzugehen, obwohl sie ihre Unterschrift darunter gesetzt haben, dass es für alle Teilnehmer dieser Ereignisse eine Amnestie geben soll. Es soll auch einen Sonderstatus dieser Territorien geben, der in der Verfassung verankert ist, und es sollen auch Wahlen geben, die unter den Bedingungen, die zwischen Kiew und diesen Territorien vereinbart werden, stattfinden. Aber das wird sabotiert. Hier ist wieder diese Frage über die Vertragsfähigkeit, darunter die Vertragsfähigkeit Deutschlands und Frankreichs, die zusammen mit uns den Minsker Maßnahmenkomplex unterzeichnet haben.
Ich bin von der rein klassischen Deutung der Werte abgetreten, aber meiner Meinung nach ist das ein wichtiger Aspekt der allgemein menschlichen Werte, wenn wir Frieden und Stabilität auf der Erde haben wollen.
Frage: Welche Rolle spielt die Popularisierung der kulturellen und Bildungsprojekte?
Sergej Lawrow: Natürlich eine positive Rolle. Auf dieser Grundlage treffen sich junge und auch ältere Leute viel öfter. Sie lernen gegenseitige Kultur und Geschichte, die Traditionen dieses oder jenes Volkes kennen. Ich bin nur dafür. Das ist wohl das Wichtigste, das man in der heutigen Welt machen muss, um die anomale Situation zu überwinden, wenn die erwachsenen Politiker in vielen westlichen Ländern die Beschlüsse, die für ihre Völker nachteilig sind, fassen. Man muss das Festival und andere ähnliche Veranstaltungen, den Kultur- und Bildungsaustausch nutzen, damit die neue Generation der Politiker lernt, einander zu hören und die Herangehensweise des Partners bei der Beschlussfassung zu berücksichtigen. Sie wissen, dass der Chef des Modernisierungsfonds für Moskau, Anatoli Konstantinow, erwähnte, dass hier das UN-Modell angewendet wird. Diese Initiative wird bereits längst von der MGIMO des Außenministeriums Russlands umgesetzt. Das ist ein sehr interessantes Format, wenn die Studenten, sagen wir, aus einem Land die Funktionen des Vertreters eines anderen Staates im Sicherheitsrat erfüllen. Sehr oft ist das der Staat mit einer konträren Herangehensweise an die Lösung der Probleme, im Vergleich zur Herangehensweise seines eigenen Landes. Das heißt, man wird gebeten, sich in den Opponenten hineinzuversetzen und zu bemühen, die Argumente dieses Opponenten für die Verteidigung seiner Position zu verwenden. Solche Rollenspiele bilden die Person maßgeblich. Ich hoffe sehr, dass das positiv wahrgenommen wird. Auch in Bezug auf den Kultur- und Bildungsaustausch – man versteht die Menschen von innen, mit denen man zusammenarbeiten wird.
Frage: Wie unterstützt das Außenministerium der Russischen Föderation den Initiator dieser Projekte in Russland?
Sergej Lawrow: Mit Moral und Politik, wir haben kein Geld. Das ist das, was das Außenministerium der Russischen Föderation betrifft. Aber wir haben Rossotrudnitschestwo, das entsprechende Programme hat. An diese Behörde kann man sich wenden. Es gibt auch den Gortschakow-Fonds für öffentliche Diplomatie, der Leonid Dratschewski leitet. Dort gibt es die Möglichkeit, Stipendien zu beziehen. Aber diese Stipendien muss man in den entsprechenden Anfragen begründen.
Frage: Vor dem Hintergrund der Sanktionen der europäischen Staaten sehen wir, dass sich die Außenpolitik Russlands gen Osten orientiert. Die neuesten Treffen, der Besuch des Königs Saudi-Arabiens, Salman bin Abdulaziz Al Saud, in Russland bestätigen, dass wir uns zu Recht gen Osten richten. Wie bewerten Sie die Rolle der regionalen Anführer, unter anderem die Tätigkeit des Leiters der Tschetschenischen Republik, Ramsan Kadyrow, der bei der Unterstützung des politischen Kurses des Präsidenten der Russischen Föderation, Wladimir Putin, und gemäß dem Kurs des Außenministeriums der Russischen Föderation auch entsprechende Beziehungen aufbaut? Wir sind Zeuge davon. Welche Rolle denken Sie dieser Tätigkeit zu?
Gern würde man vom Außenminister die Einschätzung der Situation in Myanmar hören. Wir beobachten, wie die Zivilisten ermordet werden, man kann sagen, aus religiösem Grund. Welche Position bezieht Russland in dieser Frage?
Sergej Lawrow: Was Myanmar betrifft, so haben wir unsere Position mehrmals geäußert. Es ist ein alter Konflikt. Viele Jahre ereigneten sich extremistische Aktionen, die unterbunden wurden. Das, was jetzt geschieht, geht über die Rahmen des humanitären Völkerrechts hinaus. Wobei es Verstöße gegen dieses Recht auch von den Seiten derjenigen gibt, die Rohingya unterstützen. Wir rufen zum Dialog und der Einstellung jeglicher Gewalt auf. Wir finden es zufriedenstellend, dass sich überwiegende Mehrheit der Länder dafür ausgesprochen hat. Die Führung Myanmars beschloss bereits vermittelnde Missionen, darunter durch den ehemaligen UN-Generalsekretär, Kofi Annan. Wir rechnen damit, dass die Rohingya bereit sein werden, einen Dialog aufzunehmen. Wir befinden uns zudem im engen Kontakt mit unseren Kollegen und Freunden aus Bangladesch, auf dessen Territorium es viele Flüchtlinge aus Myanmar gibt.
Leider gibt es viele ähnliche Konflikte in der modernen Welt. Es ist furchtbar, was in Jemen derzeit geschieht. Vor kurzem haben die UN-Vertreter die Situation in Jemen als größte humanitäre Katastrophe bezeichnet. Deshalb stehen wir in Kontakt mit den Mitgliedern der arabischen Koalition, mit dem legitimen Präsidenten Jemens, mit den Behörden in Adana, mit den Vertretern der Hussiten, den Vertretern des ehemaligen Präsidenten, Ali Abdullah Saleh. Beliebige Tragödien müssen durch den Dialog geregelt werden, und nicht durch grobe Gewaltanwendung.
Was unser Zusammenwirken mit der Tschetschenischen Republik betrifft, ist es sehr eng und nützlich. Im Außenministerium der Russischen Föderation existiert seit langem der Rat der Chefs der Subjekte der Russischen Föderation, der sich einmal pro Quartal zusammengerufen wird, zukunftsweisende Richtungen der gemeinsamen Arbeit behandelt und hilft, die Empfehlungen auszuarbeiten, die für unsere Regionen, die an außenwirtschaftlicher und internationaler Tätigkeit teilnehmen, nützlich sind. Mit der Tschetschenischen Republik haben wir eine spezifische Tagesordnung, wir arbeiten an den Problemen der Folgen der Konflikte im Nahen Osten und in Nordafrika sehr eng zusammen. Dank unseren gemeinsamen Bemühungen wurden die in Libyen festgenommenen Seeleute, die sich dort lange Zeit inhaftiert worden waren, befreit. Dank den Initiativen des Chefs der Tschetschenischen Republik, Ramsan Kadyrow, und bei unserer aktiven Unterstützung wurde das System in geregelte Bahnen gebracht. Mit diesem System können die Kinder, deren Eltern für den Kampf an der IS-Seite weggefahren sind, und die Kinder, die aus verschiedenen Gründen Waisen wurden, gefunden und nach Hause zurückgebracht werden. Die Tschetschenische Republik, Ihre Nachbarn in Inguschetien genießen in der arabischen und islamischen Welt hohes Ansehen. Wir schätzen dies als eine sehr wichtige Ressource der russischen Außenpolitik.
Als wir den König Saudi-Arabiens empfangen haben, dessen Besuch Sie erwähnt haben, wohnten der Begrüßungszeremonie und dem eigentlichen Besuch sowie den Verhandlungen die Leiter der Tschetschenischen Republik, der Republik Inguschetien, der Republik Tatarstan, der Republik Baschkortostan bei. Ich glaube, dass es wichtig ist, auf diesen Faktor – multinationaler, multiethnischer und multikonfessioneller Reichtum des russischen Volkes – auf den entsprechenden Richtungen unserer Außenpolitik zurückzugreifen. Fast alle Nachbarn der Russischen Föderation sind auf die eine oder andere Art historisch, ethnisch und konfessionell mit jedem oder diesem Gebiet unseres Landes verbunden. Das ist eine wertvolle Errungenschaft, die geschätzt werden soll.
Frage: Die Amerikaner sind daran interessiert, den Nahen Osten zu spalten, denn die einheitliche arabische Welt hat eine große Kraft. China gründete die Entwicklungsbank für BRICS-Infrastrukturinvestitionen. Der Nahe Osten steht in Flammen, und es entsteht also die BRICS-Bank. Wie ist Ihre Meinung bezüglich dessen, dass sich die BRICS-Bank mit der Entwicklung des Nahen Ostens nach seiner Zerstörung beschäftigen würde? Wie sieht die Politik Russlands zur Vereinigung der arabischen Welt im BRICS-Format aus?
Leonid Dratschweski sagt darüber, dass es CNN gibt, die wir hören und die sich auf dem Territorium der „Post-Wahrheit“ in Bezug auf Russland befindet. Es wäre auch zum Beispiel vernünftig, im BRICS-, SOZ-Format und im Format unserer Verbündeten solch ein Medienzentrum, das ähnlich CNN wäre, ins Leben zu rufen, die unsere „Post-Wahrheit“ auf den Territorien aller Kontinente ausstrahlen würde?
Sergej Lawrow: Die BRICS-Bank heißt Neue BRICS-Entwicklungsbank. Sie haben wohl die Asiatische Infrastrukturinvestmentbank gemeint, das ist eine andere Struktur, daran nehmen wir auch teil. Die Neue Entwicklungsbank wurde vor allem für die Finanzierung der Projekte zwischen den fünf Teilnehmerstaaten mit der Möglichkeit für die Umsetzung der Projekte auch in anderen Ländern ins Leben gerufen. Insbesondere wird in der Republik Südafrika eine Filiale der Neuen Entwicklungsbank für die Behandlung der zukunftsweisenden Projekte mit der Teilnahme der afrikanischen Länder ins Leben gerufen. Ich glaube nicht, dass die BRICS-Bank für den Wiederaufbau des Nahen Ostens und Nordafrikas haften soll. Das soll eine viel umfassende Operation sein, darüber sagte gestern der Präsident der Russischen Föderation, Wladimir Putin. Bereits jetzt beginnen viele daran zu denken, wie Syrien und andere Länder der Region wiederaufgebaut werden sollen. In der aktuellen Etappe steht die Lieferung der Hilfsgüter und das Entminen im Vordergrund. Wir rufen die Weltgemeinschaft, vor allem die UNO, dazu auf, ihre Teilnahme an diesen Prozessen zu stärken. Es gibt diejenigen, die diese Prozesse bremsen wollen, vor allem aus absolut politischen Gründen. Sie sagen, dass sie bereit sind, Hilfsgüter zu liefern, aber nicht an die Gebiete Syriens, wo die Regierung von Baschar al-Assad die Macht ausübt. Sie verstehen, es erfolgt Spekulation mit humanitären Werten. Solche Bedingungen versucht man auch in Bezug auf die Unterstützung für den Wirtschaftsaufbau Syriens zu stellen. Ich finde es unmoralisch und hoffe, dass christliche Werte in der Europäischen Union dominieren werden. Und das in Zusammenhang mit der Initiative, die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini, vor kurzem auf dem Treffen der potenziellen Teilnehmerländer an den Bemühungen zum Wiederaufbau der Arabischen Republik Syrien eingebracht hat.
Was CNN betrifft und wie man gegen diesen Sender vorgehen soll. Erstens zeigt er Engagiertheit und Bereitschaft, sein hohes professionelles Niveau für die momentane politische Zweckmäßigkeit zu opfern. Zweitens möchte ich hervorheben, dass auch russische Bemühungen ernsthafte Ergebnisse bringen. Das, was der Fernsehsender „Russia Today“ macht, bleibt nicht unbemerkt. Nicht zufällig werden sie derzeit einer Welle von Forderungen ausgesetzt, damit sie sich als Auslandsagenten nach dem US-Gesetz registrieren. Dieses Unternehmen hat Anwälte, und ich hoffe, sie werden alle Möglichkeiten nutzen. Aber wenn die US-Justiz diesen illegitimen Beschluss gegen die Medien trifft, so werden wir gezwungen, auf gleiche Weise auch US-Sender zu behandeln, die in Russland arbeiten und vor allem vom Geld der US-Steuerzahler finanziert werden.
Was die Möglichkeiten von BRICS betrifft, so haben Sie Recht. Den Fernsehsender der BRICS-Staaten wird es demnächst geben. Alle Organisationsschritte wurden bereits unternommen.
Frage: Jährlich führen wir ein Modell des Arktischen Rats im Rahmen unserer Universität mit der Unterstützung des Vertreters Russlands im Arktischen Rat, Wladimir Barbin, mit der Unterstützung des Rektors der MGIMO des Außenministeriums Russlands, Anatoli Torkunow, sowie mit der Unterstützung des Leiters des Internationalen Instituts für Energiepolitik und -diplomatie, Waleri Salygin, durch. Dies ist die Initiative unserer Gründerin und ehrenvollen Vorsitzenden, Valerie Rusakowa. Jedes Jahr kommen zu uns Jugendliche aus allen arktischen russischen Regionen, den USA, Kanada sowie den Ländern Skandinaviens. Vom 5. bis 7. Dezember findet erneut das Moskauer Internationale Modell des Arktischen Rates statt, und wir wollen Sie, Sergej Wiktorowitsch, und andere Mitglieder des Präsidiums herzlich einladen. Wie sehen Sie die Perspektiven der Entwicklung der Beziehungen mit den Ländern der arktischen Region und wie können solche Jugendinitiativen, wie unsere, zu diesen Beziehungen beitragen?
Sergej Lawrow: Solche Initiativen können direkt zu diesen Beziehungen beitragen. Dieses Thema ist sehr wichtig. Auf diese Region werden derzeit viele Großstaaten aufmerksam. Das ist die Region, in der die Priorität jener Länder gewährleistet werden muss, die unmittelbar in der Arktis liegen, das ist vor allem, wie Sie gesagt haben, der Arktische Rat. Das ist unsere Verantwortung dafür, dass es hier sicher ist, dass sich hier der Zustand der Umwelt verbessert, dass man für jegliche Klimaveränderungen bereit ist und dass eine normale Logistik für Verkehrswege, die immer beliebter werden, gewährleistet wird. Russland ist der Teilnehmer aller Formate, die es im Norden gibt: der Arktische Rat, der Ostseerat (nicht ganz der Norden, aber in der Nähe), die „Nördliche Dimension“ – das Zusammenwirken zwischen Russland, Island, Norwegen und der Europäischen Union, der Rat der Barents-Euroarktischen Region, der seine Ministersitzung am Mittwoch und dem Donnerstag in Archangelsk durchführt. Dahin reise ich nach meiner Teilnahme am Programm des Festivals. Wenn Sie den Arktischen Rat kennen, schauen Sie sich andere Formate an. Wenn Sie eine Initiative haben, eine Jugendbewegung ins Leben zu rufen, so werde ich das aktiv unterstützen.