United States of America
Interview des Botschafters Russlands in den USA, Anatoli Antonow, mit der Zeitung "Kommersant", das am 31. August 2017 veröffentlicht wurde
Frage: Mit welchen Gefühlen reisen Sie nach Washington? Fühlen Sie sich bekümmert, dass ihr Vorgänger Sergej Kisljak, der in Washington sogar als toxic ambassador bezeichnet wird, seitens US-Establishment und Medien im Fokus steht?
Antwort: Ich reise nach Washington mit einer Arbeitseinstellung. Die Hauptaufgabe eines Botschafters ist die Gewährleistung und der Schutz der Interessen seines Staates. Er soll bereit sein, den Schutz unter beliebigen Bedingungen zu gewährleisten, unabhängig davon, wie sich die Situation im zwischenstaatlichen Dialog mit dem Land des Aufenthaltes entwickelt.
In den letzten Jahren haben sich die russisch-amerikanischen Beziehungen leider gravierend verdorben. Und das wegen der Handlungen der früheren US-Regierung, die das lange Zeit entstehende Fundament der Zusammenarbeit zielgerichtet zerstörte. Wie der Präsident der Russischen Föderation, Wladimir Putin, mehrmals sagte, ist das nicht unsere Wahl. Wir waren immer am konstruktiven Zusammenwirken mit Washington bei der bilateralen und internationalen Tagesordnung interessiert.
Die Einstellung des neuen Präsidenten der USA Donald Trump auf eine Gesundung der russisch-amerikanischen Beziehungen, die er noch im Laufe seiner Wahlkampagne zum Ziel setzte, wurde in Moskau natürlich positiv wahrgenommen. Aber eine Verbesserung der Atmosphäre und natürlich der Qualität der bilateralen Beziehungen ist nur dann möglich, wenn auf Basis der grundlegenden Prinzipien der Gleichberechtigung, der realen Achtung der Interessen und der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten kooperiert wird. Und das auch ohne Erpressungsversuche und Fremdbestimmung.
Frage: Warum gelingt man immer noch nicht, mit der neuen US-Regierung, einen Dialog aufzubauen? Das trotz den Erwartungen vieler.
Antwort: Es ist kein Geheimnis, dass der Dialog mit der aktuellen US-Regierung sehr schwer läuft. Einerseits liegt das Problem in der Erblast, die das Team von Barack Obama hinterlassen hat. Andererseits liegen die beharrlichen Versuche bestimmter Kräfte im Washingtoner Establishment vor, die russische Karte im innenpolitischen Kampf zu spielen, darunter die ewigen Unterstellungen wegen unserer angeblichen „Einmischung" in die US-Wahlen im Vorjahr und andere verleumderische Anschuldigungen.
Das beeinträchtigt natürlich das Zusammenwirken und schafft Störfaktoren für die Arbeit der russischen Auslandsbehörden in den USA. Man kann die Situation nicht als normal bezeichnen, wenn gewöhnliche Routine-Kontakte der Führung und der Mitarbeiter der Botschaft von Massenmedien als Spionagetätigkeit eingestuft werden. Unsere Diplomaten werden ohne Anspruchserhebung massenweise aus dem Land ausgewiesen. Unter Verletzung des Völkerrechtes werden unsere diplomatischen Objekte enteignet.
Eine Widerspiegelung der „überhitzten“ politischen Lage in den USA und der Hyperaktivität des russlandfeindlichen Lobby ist auch das in den USA verabschiedete Gesetz, dass den Sanktionsdruck auf Russland verstärken soll. Es ist ein ernster Schlag gegen bilaterale Beziehungen, gegen Möglichkeiten für eine produktive Kooperation.
Unsererseits wurde mehrmals bekanntgegeben, dass wir den Emotionen nicht nachgeben und trotz aller Schwierigkeiten zurückhaltend sind. Wir sind offen für die Suche der Berührungspunkte und Fortbewegung mit dem Intensitätsgrad, die für die Regierung der USA annehmbar ist.
Am 28. Juli wurde den Amerikanern bekanntgegeben, bis zum 1. September die Anzahl der Mitarbeiter der diplomatischen Institutionen in Russland, darunter der vor Ort eingestellten russischen Bürger, mit der Zahl unserer Diplomaten und technischen Mitarbeiter, die sich auf den langfristigen Dienstreisen in den USA befinden, in Übereinstimmung zu bringen. Das heißt, sie müssen das Personal von über 1200 Menschen auf 455 verringern. Nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit haben wir zudem ab dem 1. August die Nutzung der Wochenendhäuser in Serebrjany Bor und Lagerräume in der Doroschnaja Straße durch die US-Botschaft eingestellt.
Bedauern und Erstaunen ruft der Beschluss der USA vom 21. August über die Auferlegung von Beschränkungen zur Erteilung von Nicht-Immigrationsvisen hervor. Deutlich und inhaltsreich äußerte sich diesbezüglich am selben Tag der Außenminister Russlands, Sergej Lawrow. Als Hauptgrund dieses Beschlusses nannte er nicht die technischen Schwierigkeiten, auf die der hochqualifizierte und gut ausgestattete amerikanische Konsulardienst stieß. Es ist offensichtlich, dass es sich um einen politisch motovierten Schritt handelt.
Es ist höchste Zeit, Halt zu machen, denn man kann nicht unendlich den Weg der Vervielfältigung der antirussischen Handlungen gehen. Ihrerseits setzen die Auslandsbehörden ihre Arbeit wie gewöhnlich fort. Sie erfüllen den ganzen Funktionsumfang.
Wir rechnen damit, dass in Washington der gesunde Menschenverstand und das Verständnis einer Perspektivlosigkeit der Versuche eines Druckes auf unser Land letzten Endes doch die Oberhand gewinnen. Man darf nicht vergessen, dass Russland und die USA, die über die größten nuklearen Potentiale verfügen, für die globale Stabilität und Sicherheit besondere Verantwortung tragen. Wenn wir zusammen auf der Weltarena agieren, wird die Welt ruhiger und sicherer.
Aktuell bleibt die bilaterale Zusammenarbeit in den wichtigsten Fragen der internationalen Tagesordnung, darunter der Terrorkampf und die Bekämpfung des Drogenhandels, der organisierten Kriminalität und von Cyber-Attacken.
Im Großen und Ganzen wäre es unseren Ländern identisch vorteilhaft, solch ein Modell des Zusammenwirkens aufzubauen, das die Voraussagbarkeit gewährleisten, unangenehme Überraschungen ausschließen, minimale Konjunkturschwankungen gewährleisten würde. Mit diesem Modell könnten auch Maßnahmen zur Verhinderung der Spannung ergriffen werden.
Was die Botschaft in Washington und andere russische Auslandsbehörden in den USA betrifft, so würde es den Diplomaten übel anstehen, vor etwas Angst zu haben oder sich vor etwas fürchten, welche Arbeitsbedingungen wir auch hätten. Wir werden konsequent die Umsetzung des außenpolitischen Kurses Russlands und der Zielvorstellungen des Landes gewährleisten.
Frage: Sie haben den Ruf als einen harten Unterhändler, der die Interessen des Landes entschieden verteidigt. Soweit wir verstehen, wurden Sie auf den Posten des Botschafters noch in der Zeit bestätigt, als in Russland und den USA alle überzeugt waren, dass Hilary Clinton Barack Obama ersetzen wird. Die Tatsache, dass Moskau nach dem Sieg von Donald Trump nicht weiter nach Kandidaten suchte, spricht davon, dass für diesen Posten auf jeden Fall solch ein Diplomat wie Sie geeignet ist?
Antwort: Laut der russischen Gesetzgebung sind die Ernennung und die Abberufung des Botschafters die Prärogative des Präsidenten. Es gibt klare Verfahrensweisen – entsprechende Vorschläge unterbreitet der Außenminister. Vorzusehen sind zudem Konsultationen mit den Fachkomitees der Kammern der Föderalen Versammlung und das Erhalten des Agréments des Empfangsstaates. In meinem Fall wurden alle notwendigen Formalitäten bereits nach den amerikanischen Wahlen erledigt.
Ich werde ruhig, professionell, transparent arbeiten, zusammen mit den Kollegen in Moskau und Washington versuchen, die russisch-amerikanischen Beziehungen zu stabilisieren und sie dann in geregelte Bahnen zu bringen. Es ist wichtig, zu erzielen, dass unsere Beziehungen gleichberechtigt, pragmatisch, gegenseitig respektvoll und vorteilhaft sein werden. Ich werde versuchen, Amerikanern zu wissen verstehen, dass wir keine Feinde, sondern Partner zum Wohl der Interessen Russlands und der USA sein sollen.
Frage: Können sich die bilateralen Beziehungen auch ohne Aufhebung der von den USA eingeführten Russland-Sanktionen dennoch verbessern?
Antwort: Die Führung Russlands kommentierte dieses Thema bereits mehrmals. Vor allem muss man sagen, dass die einseitigen Einschränkungen ein Verstoß gegen Völkerrecht ist und dazu einen wechselseitigen Charakter haben. Die Restriktionen in mehreren Bereichen beeinträchtigen uns, aber nicht stärker, als sie dem amerikanischen Export schaden, mit dessen Förderung sich Donald Trump zwecks Schaffung der Arbeitsplätze derzeit befasst.
Vor dem Hintergrund der ungünstigen Konjunktur und Sanktionen fiel der bilaterale Warenumsatz auf fast ein Drittel – von 29 Mrd. US-Dollar im Jahr 2014 auf 20 Mrd. Dollar im Vorjahr. Einbußen erleiden aber hauptsächlich die amerikanischen Exporteure, und nicht die russischen Konsumenten. Wir haben sogar Vorteile aus der entstandenen Situation durch die Stimulierung der inneren Produktion und Entwicklung der Handelsbeziehungen mit anderen Staaten gezogen. Besonders viel verloren jene US-Unternehmen, die eigene Behörden gezwungen haben, die zukunftsweisenden Projekte in Russland, wie zum Beispiel die Pläne von Exxon Mobil zur Ölförderung auf dem arktischen Festlandsockel (in das Projekt wurde 10 Mrd. Dollar investiert) einzustellen.
Es ist auch beispielhaft, dass das amerikanische Business trotz des Druckes der vorigen Führung des Weißen Hause unseren Markt nicht verlassen hat.
Die Delegation der US-Unternehmer-Community, die 140 Unternehmen repräsentierte, war auf dem St. Petersburger Internationalen Wirtschaftsforum 2017 die zahlreichste.
Russland hat nie darum gebeten, Sanktionen aufzuheben und wird das auch in der Zukunft nicht tun. Obwohl es auf der Hand liegt, dass es sich um ein unfreundliches Verhalten gegenüber unserem Land handelt.
Wie dem auch sei, liegt es auf der Hand, dass Russland und die USA nur dann eine effektive Zusammenarbeit aufbauen können, wenn im Dialog auf keine Druckinstrumente mehr zurückgegriffen wird, wenn es keinen Platz für die Erpressung und die Versuche geben wird, ihren eigenen Willen aufzudrängen. Der Ball ist in diesem Fall auf der Seite Washingtons.
Frage: Vor einiger Zeit wurde in der US-Presse über den „Dreistufenplan“ des US-Außenministers Rex Tillerson zum Aufbau der Beziehungen mit Russland diskutiert. Was halten Sie davon?
Antwort: Die Informationen darüber, dass solch ein Geheimdokument existiert oder im Außenministerium vorbereitet wird, wurden von den US-Medien Ende Juni verbreitet – kurz vor dem Treffen der Präsidenten in Hamburg. Im Dokument gab es angeblich eine Forderung an Russland, keine „aggressiven Handlungen gegen die Interessen der USA zu unternehmen", Washington dabei zu helfen, das Syrien-Problem so zu lösen, wie das das Weiße Haus will, Nordkorea „ruhigzustellen“, das Erreichen der „gegenseitigen politischen Ziele“ im Bereich der strategischen Stabilität zu gewährleisten.
Ich glaube, dass es hier nichts zu kommentieren und zu bewerten gibt. Die Diplomaten arbeiten nicht mit Leaks und Spekulationen, sondern mit offiziellen Informationen, ganz gleich ob sie in einer mündlichen Form bei Treffen und Verhandlungen oder im Format verschiedener Dokumente erhalten werden. Wir haben keinen „Dreistufenplan“ zur Normalisierung der Beziehungen aus Washington erhalten.
Unsererseits haben wir übrigens noch im März der amerikanischen Seite das Dokument mit unseren Gedanken über die möglichen Schritte zur Verbesserung der Atmosphäre der Beziehungen im Kontext der Vorbereitung eines Präsidententreffens übergeben. Der Akzent in dem Dokument lag auf den Richtungen, in denen sich unsere Interessen explizit überschneiden, und man kann praktische Ergebnisse schneller erzielen. Neben dem offensichtlichen Anti-Terror-Bereich ist die Koordination der Bemühungen Russlands und der USA im Kampf gegen andere gefährliche Herausforderungen, darunter gegen den Drogenhandel, den Vertrieb von Massenvernichtungswaffen und die Cyber-Kriminalität.
Bei der gegenseitigen konstruktiven Einstellung könnten wir zusammen für die Regelung der regionalen Krisen - palästinensisch-israelischen, jemenitischen, libyschen, afghanischen und syrischen - vieles tun. Es ist wichtig, alles Künstliches und Schadensträchtiges loszuwerden, was das Zusammenwirken erschwert, darunter die zahlreichen Reizerreger bei bilateralen Beziehungen zu entfernen.
Wir erörtern diese Fragen mit den amerikanischen Partnern, aber es ist kein Geheimnis, dass die Herangehensweisen der neuen Washingtoner Mannschaft zu vielen Themen des internationalen Dossiers noch nicht ganz erarbeitet wurden. Man muss auch die komplizierte innenpolitische Situation in den USA berücksichtigen. Auf jeden Fall können die Beziehungen nur dann in geregelte Bahnen gebracht werden, wenn der Dialog von beiden Seiten auf den Prinzipien der Gleichberechtigung und realen Berücksichtigung der gegenseitigen Interessen aufgebaut werden wird.
Frage: Gibt es irgendwelche Beschränkungen auf ihre professionelle Tätigkeit, aufgrund der Tatsache, dass Sie in der Sanktionsliste der EU und Kanadas sind?
Antwort: Wegen dieses Umstandes fühle ich mich nicht unwohl. Ich gehe davon aus, dass ich in meiner neuen Position keine Notwendigkeit habe, nach Ottawa oder zum Beispiel nach Brüssel zu Arbeitszwecken zu fliegen. Es ist interessant, dass trotz meiner Arbeit als Vizeverteidigungsminister Russlands ich beauftragt wurde, unsere Handlungen in Zusammenhang mit den ukrainischen Ereignissen, unter anderem mit der Tragödie mit dem malaysischen Passagierflugzeug zu erklären. Meine Rede traf offenbar empfindliche Elemente der Position der EU-Länder und Kanadas, die so unangemessen und schmerzvoll auf meine Interviews reagiert und gegen mich Sanktionen eingeführt haben.
In Brüssel und Ottawa hofft man wohl, dass ich den „Schwanz einziehe“ und die außenpolitische Linie des russischen Staates nicht mehr verteidigen werde.
Immerhin bestätigt dieser nicht weitsichtige Schritt, dass der Westen die russischen Diplomaten zu schlecht kennt.
Frage: Sie befassen sich seit Jahren mit den russisch-amerikanischen Beziehungen. Wie Sie persönlich die Tatsache erklären, dass die Seiten seit dem Ende des Kalten Krieges bereits mehrere Male versucht haben, die Beziehungen in geregelte Bahnen zu bringen (gewöhnlich beim Machtwechsel), aber jedes Mal waren diese Versuche gescheitert, da sich die Seiten voneinander enttäuscht fühlten?
Antwort: Zu diesem Thema sind bereits Hunderte Dissertationen geschrieben, und Geschichtswissenschaftler sowie Experten werden über die Gründe der Höhen und Tiefen in den russisch-amerikanischen Beziehungen sicher noch viele Jahre streiten. Eins kann man genau sagen: Russland strebte seinerseits nie eine Konfrontation an.
Als vor 25 Jahren der Kalte Krieg vorbei war, hofften viele, dass sich mit dem Ende des bipolaren Widerstands die Möglichkeiten für den Übergang zu einer qualitativ neuen Etappe der beiderseitig vorteilhaften Zusammenarbeit zwischen Russland und der USA eröffnen werden. Unsererseits arbeiteten wir konsequent in dieser Richtung, wir schlugen Washington vor, ein ehrliches Zusammenwirken auf den Prinzipien der Gleichberechtigung, der realen Berücksichtigung der Prioritäten und gegenseitigen Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten aufzubauen.
Dabei richteten wir uns natürlich nicht nach irgendwelchen altruistischen Gründen, sondern gingen davon aus, dass solche pragmatische Kooperation den Interessen beider Völker entsprechen würde. Ihre Aktualität begründet sich durch die objektiven Realitäten der mehrpolaren Welt. Vor 25 Jahren begann sich die Kooperation erst zu entwickeln, aber schon damals war es klar, dass gefährliche Herausforderungen und Bedrohungen nur auf Basis kollektiver Herangehensweisen und allgemeiner Bemühungen der Schlüsselakteure überwunden werden können.
Im amerikanischen Establishment gewannen aber die kurzsichtige Logik der Sieger im Kalten Krieg sowie die falsche Überzeugung, dass die USA in der Rolle eines Hegemonen im Alleingang über alle internationalen Angelegenheiten entscheiden kann, die Oberhand.
Aggressiv – mit Gewaltanwendung – bei der Umsetzung dieser Zielvorstellung ignorierte man in Washington nicht nur die Interessen anderer Länder, sondern auch verletzte man die grundlegenden Prinzipien des Völkerrechtes, was oftmals zu den tragischen Folgen geführt hat – in Jugoslawien, dem Irak, Libyen.
Auf dem Gebiet der russisch-amerikanischen Beziehungen demonstrierten die USA ständig ihre Unwilligkeit, Russland als gleichberechtigten Partner wahrzunehmen und seine Meinung zu berücksichtigen. Außerdem fingen die USA an, bei der Festigung unserer Positionen auf der Weltarena und der von uns fördernden Konzeption einer polyzentrischen Welt eine ernst zu nehmende Herausforderung zu spüren, die die bekannten Postulate über die „Ausschließlichkeit Amerikas“ ins Wanken bringen kann. Das generierte die Spannung in den Beziehungen und führte wiederholend zu Krisen und Fehlverhalten.
Der 2009 eingeleitete Neustart mit der Administration von Barack Obama führte nicht zur kardinalen Änderung der Situation. Und die vielversprechenden Signale gab es – das sind der Vertrag über die strategischen Offensivwaffen und die Erfolge auf dem Gebiet der Regelung der Situation um das iranische Nuklearprogramm.
Nichtsdestoweniger gab Washington nicht die Versuche auf, bei jeder passenden Gelegenheit, uns zu bestrafen und demonstrativ zurechtzuweisen. Mit diesem Ziel verabschiedete Washington im Jahr 2012 (noch lange vor den ukrainischen Ereignissen) das ominöse Magnitski-Gesetz, baute Hindernisse für unsere Wirtschaftsbeteiligten, begann russische Bürger weltweit zu jagen, wie im bekannten Fall um Wiktor But.
In Zusammenhang mit der Krise in der Ukraine ging das Weiße Haus noch weiter – es rief offen den Kurs auf eine „systematische Eindämmung“ Russlands aus. Neben der Einstellung der meisten Dialogkanäle, darunter der Tätigkeit aller Arbeitsgruppen der bilateralen Präsidentenkommission, griffen sie auf Wirtschaftssanktionen und andere Druckmaßnahmen zurück, darunter Militärs. Im Laufe der Wahlkampagne im Vorjahr fing das Weiße Haus damit an, eine russlandfeindliche Hysterie zu verbreiten, um dem Kandidaten zu helfen, auf den es gesetzt hatte. Diese Schritte versetzten nicht nur einen Schlag gegen das gegenseitige Verständnis zwischen unseren Völkern, sondern auch wirkten sich in der negativsten Weise auf das ganze System der internationalen Beziehungen aus.
Frage: Was meinen Sie, wer die USA für Russland sind: ein Wunschfreund ein schwieriger Partner oder ein Konkurrent?
Antwort: Bei der Wahl einer einzigen Antwort werde ich brandmarken, und in der Diplomatie ist das nicht üblich, so zu tun. In den russisch-amerikanischen Beziehungen gibt es offensichtliche und sehr ernsthafte Probleme, aber auch gibt es ein großes Potential für die beiderseitig vorteilhafte Zusammenarbeit auf den verschiedensten Gebieten. Wir möchten diese Möglichkeiten umsetzen und zusammen mit den USA bei einem normalen nachhaltigen Dialog und der Suche nach kollektiven Antworten auf die gemeinsamen Bedrohungen und Herausforderungen Erfolge erzielen. Dafür muss auf Basis der grundlegenden Prinzipien der Gleichberechtigung, der realen Achtung von gegenseitigen Interessen und der gegenseitigen Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten gehandelt werden.
Frage: Das Ansehen Russlands in den USA ist derzeit äußerst negativ. Die Amerikaner sind überzeugt, dass sich die russischen Geheimdienste in ihre Wahlen eingemischt haben, dass Russland den „blutigen syrischen Diktator“ Baschar al-Assad unterstützt und das Donezbecken von der Ukraine abtrennen will. Halten Sie es für möglich, das Image Russlands in den USA vor diesem Hintergrund zu verbessern?
Antwort: Natürlich muss man berücksichtigen, dass Washington in letzter Zeit eine russlandfeindliche Hysterie künstlich ankurbelt. Den Amerikanern wird eingeredet, dass Russland Feind und Quelle allen Übels ist. Sie werden mit russischen Hackern und Spionen eingeschüchtert. Zudem vervielfältigt Washington jegliche erfundenen Geschichten über unser Land.
Das wirkt sich negativ auf das bilaterale Zusammenwirken auf verschiedenen Gebieten aus. Ich bin jedoch überzeugt, dass eine absolute Mehrheit der Bürger der USA gegen solche grobe Propaganda immun ist und die Versuche, ihnen Stereotype und Ängste in Bezug auf Russland aufzudrängen, die nichts mit der Realität zu tun haben, adäquat bewertet.
Im Rahmen der bei der Botschaft vorhandenen Möglichkeiten werden wir natürlich objektive Informationen über unser Land und seine Außenpolitik den Amerikanern geben. Große Bedeutung in diesem Kontext haben auch die russisch-amerikanischen kulturellen-humanitären Beziehungen und die Kontakte auf Gesellschaftsebene, die dabei helfen, das gegenseitige Verständnis und das Vertrauen zwischen unseren Bürgern zu festigen. Dieser Bereich hängt von den Schwankungen der politischen Konjunktur am wenigsten ab und soll eindeutig an die Positivität in den Beziehungen gerichtet sein.
Eines der Themen, das die beiden Völker näher bringt, ist unsere gemeinsame Geschichte. Wir haben dieses Jahr beispielsweise eine ganze Reihe an Gedenktagen – im Dezember den 210. Jahrestag seit der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen Russlands und der USA, den 200. Jahrestag der Ankunft eines russischen Geschwaders auf Hawaii, den 150. Jahrestag seit der Schießung des Vertrags über Alaska, 80 Jahre seit dem legendären Tschkalow-Flug von Moskau-Vancouver (US-Bundesstaat Washington).
Vor kurzem wurde im Außenministerium eine ressortsübergreifende Arbeitsgruppe für die Erhaltung des russischen historischen und Kulturerbes in den USA ins Leben gerufen, der die Vertreter der Fachministerien und fast aller Organisationen und Institutionen, die in dieser Richtung arbeiten, angehören. Bei der Unterstützung dieser Arbeitsgruppe fanden in unserem Land bereits eine Runde des bilateralen Forums der gesellschaftspolitischen Geschäftskreise „Fort Ross Dialogue (Pskow, Isborsk, 28-30. Mai) und die Feierlichkeiten, die dem Jahrestag des transpolaren Fluges von Waleri Tschkalow gewidmet waren (Fort Vancouver des US-Bundestaates Washington, 24 Juni).
Eine ganze Reihe der zukunftsweisenden Initiativen in verschiedenen Segmenten des kulturell-humanitären Gebiets werden in der Arbeitsgruppe erarbeitet. Darunter sind die Suche und Digitalisierung der Archivmaterialien für die russische Teilnahme an der Erschließung des nordamerikanischen Kontinentes, die Entwicklung der Museumsexpositionen, die „Russisch-Amerika“ gewidmet sind, die Erhaltung der kulturellen Werte aus den persönlichen Sammlungen der berühmten russischen und sowjetischen Kulturschaffenden (Nicholas Roerich, Wladimir Majakowski, Sergej Rachmaninow), und der angesehenen Emigranten in den USA. Natürlich werden diese Projekte bei einem engen Zusammenwirken mit den interessierten amerikanischen Partnern und unseren Landsleuten, die für das gemeinsame Erbe großes Interesse zeigen.
Frage: Hat die russische Seite konkrete Ideen, wie die Beziehungen mit den USA normalisiert werden können?
Antwort: Wir sind im Großen daran interessiert, dass die Normalisierung der bilateralen Beziehungen stattfindet. Russland und die USA sind starke Mächte, ständige Mitglieder des US-Sicherheitsrats. Wir berücksichtigen auch die Rolle der USA im Welthandel, ihr großes Industriepotential. Unsere Völker haben viel Gemeinsames. Wir sind einfach verpflichtet, die Vorteile des konstruktiven Zusammenwirkens im Interesse Russlands, der USA und der internationalen Sicherheit maximal zu nutzen.
Es ist wichtig, dass die Kollegen in den USA eine volle Perspektivlosigkeit der Konfrontation mit uns verstanden haben.
Beim Widerstand gibt es keine Sieger. Nur wenn man das Potential der bilateralen Zusammenarbeit nutzt, können bedeutsame Ergebnisse in den russisch-amerikanischen Beziehungen erzielt werden.
Schon heute könnte man sich über den Aufbau eines Zusammenwirkens zwischen dem Sicherheitsrat der Russischen Föderation und dem Rat der US-Staatssicherheit, darunter für die Behandlung der Themen wie Terrorkampf, Cyber-Bedrohungen und Bedrohungen für die strategische Stabilität Gedanken machen.
Als Ergänzung zu den regelmäßigen Treffen der Minister für auswärtige Angelegenheiten, Sergej Lawrow und Rex Tillerson, wäre es von Vorteil, die Arbeitskontakte zwischen den Verteidigungsministern Russlands und der USA, Armeegeneral Sergej Schoigu und John Mattis, in geregelte Bahnen zu bringen. Es ist Zeit für die Wiederaufnahme der Praxis von gemeinsamen Beratungen der Außen- und Verteidigungsminister Russlands und der USA im Format „zwei Plus zwei“.
Im Kontext des internationalen Anti-Terror-Kampfes sind die Treffen der Leiter von FSB und SWR Russlands und FBI und CIA der USA mehr denn je von Bedeutung. Streng genommen, solche Kanäle des Zusammenwirkens gibt es viele. Je mehr wir zusammenarbeiten, desto näher sind unsere Länder, die internationale Sicherheit wird gestärkt. Ich bin überzeugt, dass das alles im Interesse der russischen und amerikanischen Völker ist. Wir dürfen keine Zeit verlieren. Es ist höchste Zeit, sich umzusehen und sich nicht mit den erfundenen Bedrohungen zu beschaffen, sondern mit realen Sicherheitsproblemen der beiden Länder, darunter am wichtigsten ist der internationale Anti-Terror-Kampf.