United States of America
Antworten des Außenministers Russlands, S. Lawrow, auf Fragen von Medienvertretern zu den Ergebnissen des Treffens mit US-Außenminister J. Kerry am 26. Februar 2013 in Berlin
Frage: Wie verliefen Ihre Verhandlungen mit US-Außenminister J. Kerry?
S. Lawrow: Wir hatten ein sehr inhaltsreiches Gespräch, das über zwei Stunden dauerte. Wir haben praktisch alle Aspekte der bilateralen Beziehungen sowie Schlüsselfragen der internationalen Agenda behandelt, wobei Nahost und Nordafrika im Mittelpunkt standen. Meiner Ansicht nach war es ein konstruktives Gespräch. Ich spürte den Wunsch meines Kollegen J. Kerry, die Beziehungen im partnerschaftliche Sinne zu gestalten, ohne natürlich die Augen vor jenen Fragen zu verschließen, die Reizthemen sind, einschließlich der erst kürzlich entstandenen. Es wurde sowohl das Magnitski-Gesetz wie auch das Problem des Verhaltens gegenüber den aus Russland adoptierten Kindern in den USA angesprochen. Es wurde beschlossen, ohne die Augen vor den Problemen zu verschließen, doch bestrebt zu sein sie zu lösen, sich zu bemühen voranzukommen in den Bereichen, in denen unsere Interessen übereinstimmen, und davon gibt es nicht wenige. Dazu gehört die Förderung der Beziehungen in der Wirtschaft, im Investitionsbereich, in kulturellen und humanitären Fragen wie auch das Zusammenwirken bei der Schaffung günstiger Bedingungen für die Beilegung der verschiedenen Konflikte.
In diesem Kontext wurde die Situation erörtert, die allgemein als arabischer Frühling bezeichnet wird. Es geht um Syrien, um die Geschehnisse in den Nachbarländern, um unser Zusammenwirken im Hinblick auf das iranische Atomprogramm, um das Nuklearproblem auf der Koreanischen Halbinsel, um Afghanistan und um die Nahostregelung. Man hat den Eindruck, dass die zweite Obama-Administration bezüglich der außenpolitischen Aktivitäten unter der Führung von J. Kerry bestrebt sein wird, in allen aufgezeigten Richtungen eine konstruktivere Rolle zu spielen.
Ich möchte noch Folgendes bemerken. Wir haben ausführlich die Probleme mit den in den USA adoptierten russischen Kindern erörtert. J. Kerry räumte ein, dass es sich um tatsächliche und nicht um eingebildete Probleme handelt und versicherte, dass er persönlich alle Maßnahmen ergreifen wird, die notwendig sind, um in diesem Bereich vollständige Transparenz und Rechenschaftspflicht in den USA uns gegenüber sicherzustellen. Ich meine, dass dies eine sehr wichtige Zusage ist. Wir werden darauf achten, dass diesen Worten auch Taten folgen.
Frage: Was können Sie zu den in der russischen Presse aufgetauchten Meldungen über eine angeblich in Vorbereitung befindliche russisch-amerikanische Erklärung zur Raketenabwehr sagen?
S. Lawrow: Ich habe diese Meldungen gelesen und mit ihren Verfassern gesprochen. Ich weiß nicht, welche Quellen sie haben, aber es gibt keinerlei Veranlassung für derartige Berichte. Ich weiß nicht, woher diese Informationen stammen.
Wir haben unsere Position dargelegt. Russland und die USA haben wohl schon genug Erklärungen im Rahmen der OSZE und des Russland-NATO-Rates verabschiedet. Auf höchster Ebene wurde kundgetan, dass wir alle die Unteilbarkeit der Sicherheit gewährleisten werden, dass niemand die eigene Sicherheit auf Kosten der Sicherheit anderer gewährleisten will. Nach unserer tiefen Überzeugung, die auf konkreten Analysen beruht, die wir auch unseren amerikanischen und NATO-Partnern zur Kenntnis gebracht haben, bringt das Raketenabwehrsystem Probleme für die Sicherheit Russlands mit sich. Mit Erklärungen ist es hier schon nicht mehr getan. Wenn wir uns nicht über ein gemeinsames System einigen können (wie das von der russischen Seite mehrfach vorgeschlagen wurde, beginnend mit dem Besuch von Präsident W. Putin in den USA in 2007), dann muss man nicht über die nächsten Erklärungen sprechen, sondern über Garantien, dass dieses System nicht in die euroatlantische Region hinein und nicht gegen das russische Nuklearpotenzial gerichtet sein wird, über Garantien, die an objektiven militärisch-technischen Kriterien nachprüfbar sein müssen.
Frage: Wann kann man mit dem nächsten russisch-amerikanischen Gipfeltreffen rechnen?
S. Lawrow: Wir gehen davon aus, dass US-Präsident B. Obama die ihm vorliegende Einladung prüft.
Frage: Kann man nach Ihrem heutigen Treffen mit dem US-Außenminister irgendwelche Fortschritte in der Syrienfrage erwarten? Waren irgendwelche neuen Elemente zu erkennen?
S. Lawrow: Bezüglich Syrien ist das Wichtigste, dass wir unser gemeinsames Verständnis bekräftigt haben, dass es keine Fortsetzung der Gewalt geben darf, und dass wir entschlossen sind, alles zu tun, was von Russland und den USA abhängt (auch wenn nicht alles von uns abhängt, werden wir doch alles tun, was möglich ist), um die Bedingungen für die möglichst baldige Aufnahme des Dialogs zwischen Regierung und Opposition zu schaffen. Niemand kann die Probleme der Syrer für die Syrer lösen. Aber um eine solche Lösung beraten zu können, muss man sich an den Verhandlungstisch setzen.
Wir treten dafür ein, dass es möglichst bald dazu kommt. Wir haben gestern in Moskau darüber mit dem Außenminister Syriens, W. Muallem, und seiner Delegation gesprochen, die uns versicherte, dass die Verhandlungsmannschaft stehe und man zu einem möglichst schnellen Beginn des Dialogs bereit sei. Wir gehen davon aus, dass auch die Opposition, die in den nächsten Tagen in Rom mit Vertretern der westlichen Länder und einiger Staaten der Region zusammenkommt, sich ebenfalls für den Dialog aussprechen wird. Von ihren Repräsentanten waren diesbezüglich widersprüchliche Aussagen zu hören. Wir hoffen, dass sich die Opposition nicht nur für den Dialog ausspricht, sondern ihr Verhandlungsteam benennt. Darum ging es bei der heutigen Begegnung und ich denke, wir werden uns bemühen, damit der Dialog möglichst bald beginnt.
Frage: Welche Eindrücke haben Sie von der ersten Begegnung mit J. Kerry?
S. Lawrow: Sehr gute.