la República de Eslovenia
Rede und Antworten des Außenministers Russlands, Sergej Lawrow, auf Medienfragen auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Vizepremier und Außenminister Sloweniens, Karl Erjavec, am 21. Februar 2018 in Ljubljana
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir fühlen uns hier sehr gut – wie zu Hause, unter Freunden. Vielen Dank für die Einladung, die Organisation unserer Arbeit und die traditionelle slowenische Gastfreundlichkeit.
Heute haben wir traditionell sehr offen unsere gegenseitigen Beziehungen besprochen, vor allem unter Berücksichtigung der Vereinbarungen, die im Rahmen des Besuchsaustauschs der Präsidenten Russlands und Sloweniens, Wladimir Putin und Borut Pahor, vor zwei Jahren getroffen worden waren.
Wir hoben den wesentlichen Anstieg des Handelsumsatzes, die positiven Tendenzen und die Ergebnisse im Investitionsbereich hervor. Wir halten das für einen wichtigen zwischenzeitlichen Erfolg der Arbeit der bilateralen Regierungskommission für Handels- bzw. Wirtschafts- und wissenschaftlich-technische Kooperation, deren Co-Vorsitzenden der Vizepremier und Außenminister Sloweniens, Karl Erjavec, und der Kommunikationsminister Russlands, Nikolai Nikiforow, sind. Die Arbeit dieser Kommission wird durch die Aktivitäten der Geschäftsräte und durch die Verbindungen russischer Regionen mit ihren slowenischen Partnern gefördert. Derzeit wird an einer ganzen Reihe von aussichtsreichen Investitionsprojekten unter Beteiligung von russischen slowenischen Unternehmen sowohl in Slowenien als auch in Russland gearbeitet.
Wir pflegen traditionell sehr enge humanitäre Kontakte, die wir heute ausführlich besprochen haben, unter anderem im Rahmen des auf unsere gemeinsame Initiative gebildeten Forums slawischer Kulturen in Ljubljana. Das Zentrum, dessen Filiale vor anderthalb Jahren auch in Moskau eröffnet wurde, bemüht sich um die Annäherung er slawischen Völker und um die Aufrechterhaltung der slawischen Kultur. Wir halten das für eine sehr wichtige humanitäre Richtung unserer gemeinsamen Arbeit.
Sehr erfolgreich verlaufen unsere gegenseitigen Kultursaisons, in deren Rahmen in Ljubljana viele russische Kollektive auftraten, insbesondere das Orchester des Mariinski-Theaters unter der Leitung Valeri Gergijews und das Akademische Gesangs- und Tanzensemble der russischen Armee „Alexander Alexandrow“. Der Außenminister Sloweniens, Karl Erjavec, erwähnte eben ein weiteres kennzeichnendes Ereignis: Im November des vorigen Jahres wurde auf Basis der Primorska-Universität in der Stadt Koper die erste in der ganzen EU Filiale der Moskauer Universität „Michail Lomonossow“ eröffnet.
Wir haben die Initiative erörtert, die die Gesellschaft der Freundschaft „Slowenien-Russland“ und die russische Gesellschaft der Freundschaft und kulturellen Verbindungen mit Slowenien geäußert hatten, die nämlich in der Gründung des Russisch-Slowenischen Gesellschaftsforums bestand. Wir begrüßten diese Initiative.
Ein besonderes Augenmerk richteten wir auf Probleme, die mit Kriegsgedenkstätten verbunden sind. In Russland legt man viel Wert darauf, wie man in Slowenien die Friedhöfe und Denkmäler unserer Soldaten behandelt. Heute legten wir Kränze zum Denkmal der Söhne Russlands und der Sowjetunion nieder, die auf dem slowenischen Boden während des Ersten und Zweiten Weltkriegs gefallen sind. Wir halten es für wichtig, die Errichtung einer Gedenkstätte zu Ehren der auf dem Territorium Russlands gefallenen Slowenen zu unterstützen.
Heute werden wir ein Memorandum über Zusammenwirken im Rahmen der Arbeit des Internationalen Zentrums für Erforschung von Problemen des Zweiten Weltkriegs unterzeichnen, das auf Basis eines Museums in Maribor funktioniert, wo einst ein deutsches KZ-Lager für sowjetische Kriegsgefangene lag. Wir halten dieses Forschungsprojekt für sehr wichtig. Wir werden verschiedene Behörden daran teilnehmen lassen, vor allem das Verteidigungsministerium, das Kulturministerium und das Bildungs- und Wissenschaftsministerium Russlands. Ich denke, das Ergebnis könnte sehr positiv sein, und es wäre prinzipiell wichtig für die richtige Wahrnehmung der Ergebnisse des Zweiten Weltkriegs durch junge Generationen.
Bei der Behandlung von internationalen Problemen schätzten wir die Position Sloweniens zu den Beziehungen Russlands mit der Europäischen Union und der Nato sehr hoch ein. Diese Position besteht darin, dass die Mitgliedschaft in diesen Strukturen nicht unbedingt vorsieht, dass die jeweiligen Länder alle Kontakte mit allen anderen Mitgliedern der Weltgemeinschaft einstellen müssen, auch wenn jemand das gerne hätte. Russland und Slowenien sind bereit, mit jedem anderen Staat zusammenzuwirken, der für gleichberechtigte, beiderseitig nützliche Kontakte offen ist.
Wir halten es für absolut falsch und schädlich, diese oder jene Länder vor die falsche Wahl zu stellen: „Entweder geht Ihr in den Osten oder in den Westen“. Leider folgen einige von unseren westlichen Kollegen ausgerechnet dieser Logik in den Beziehungen mit den westlichen Balkanländern – und nicht nur dort. Dasselbe „Entweder-oder“-Prinzip wird auch gegenüber einigen Ländern im postsowjetischen Raum angewandt. Das war einer der wichtigsten Gründe, warum die Ukraine von einer beispiellos tiefen Krise getroffen wurde. Wir bestehen darauf, dass es für die Minsker Vereinbarungen zwecks Regelung der Situation in der Ukraine keine Alternativen gibt.
Wir rechnen damit, dass man im Westen, vor allem in Berlin und Paris – in den anderen Mitgliedsländern des so genannten "Normandie-Formats" - versteht, dass die jüngsten Aktivitäten der ukrainischen Führung einen Versuch ausmachen, die Minsker Vereinbarungen zu durchkreuzen. Ich meine vor allem das so genannte „Gesetz zur Reintegration der Donbass-Region“, das Gewaltanwendung zwecks Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine vorsieht und sogar begrüßt. Wir halten das für absolut unzulässig. Die Versuche zur Ignoranz der Minsker Vereinbarungen, die vom UN-Sicherheitsrat befürwortet wurden, werden von Versuchen begleitet, auch andere Völkerrechtsdokumente zu verletzen, vor allem im Bereich der Gleichberechtigung der Minderheits- und regionalen Sprachen. Auf die Verletzung dieser Verpflichtungen ist auch das bereits in Kraft getretene Gesetz „Über Bildungswesen“ ausgerichtet. Wir bestehen darauf, dass die Empfehlungen der Venezianischen Kommission des Europarats in Bezug auf dieses Gesetz unverzüglich erfüllt werden sollten.
Wir sind überzeugt, dass man in Europa den äußerst gefährlichen Aufschwung von nationalistischen, xenophoben und neonazistischen Stimmungen in der Ukraine sieht, die immer öfter praktisch umgesetzt werden. Ich meine den Versuch zur Verbrennung einer ungarischen Kirche und Transkarpatien, die jüngste Attacke gegen das Russische Wissenschafts- und Kulturzentrum in Kiew und die Versuche zu Angriffen gegen Abteilungen russischer Banken. Selbst in ukrainischen Medien (und in Russland kann man im Unterschied zur Ukraine Medien unseres Nachbarlandes lesen) gibt es viele Hinweise darauf, dass die ukrainischen Behörden diese Aktionen, insbesondere die Angriffe auf das Russische Wissenschafts- und Kulturzentrum und die Verbrennung der russischen Staatsflagge, nicht nur passiv beobachten, sondern auch fördern. Wir erwarten entsprechende Reaktionen der UNO, der OSZE, des Europarats und natürlich der EU und der Nato, denn die beiden letzteren Strukturen machen sich immer besonders große Sorgen über das Schicksal des ukrainischen Staates und der Ukraine-Regelung.
Wir besprachen auch andere außenpolitische Fragen, insbesondere die Situation in verschiedenen Konfliktherden im Nahen Osten und in Nordafrika. Trotz der Versuche, die Syrien-Regelung zu behindern, wird Russland gemeinsam mit dem Iran und der Türkei im Rahmen des „Astanaer Formats“ sowie gemeinsam mit der UNO im Rahmen des „Genfer Prozesses“ alles Mögliche dafür tun wird, dass die Resolution 2254 des UN-Sicherheitsrats erfüllt wird.
Natürlich darf man im Kontext der Probleme in vielen Ländern der Region (neben Syrien sind das auch Libyen, Jemen und der Irak) die Regelung zwischen Palästina und Israel nicht vergessen. Diese Frage ist prinzipiell wichtig für das Schicksal der Nahost-Region. Wir plädieren für direkte Verhandlungen zwischen Israel und Palästina, zwischen dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und dem Präsidenten Palästinas, Mahmud Abbas, ohne jegliche Vorbedingungen. Wir halten das für einen sehr wichtigen Schritt in der aktuellen schwierigen Situation.
Ich möchte mich abermals bei dem Vizepremier und Außenminister Sloweniens, Karl Erjavec, und seinem ganzen Team, bei unseren slowenischen Freunden für die Gastfreundlichkeit bedanken. Wir werden damit rechnen, dass wir sie auch gastfreundlich empfangen können. Ich lade Herrn Erjavec ein, Russland wieder zu besuchen.
Frage: Sie erwähnten gestern, dass die Türkei das Problem ihrer Sicherheit im Kontext der Situation in Afrin durch einen direkten Dialog mit Damaskus lösen könnte. Wäre Moskau bereit, einen solchen Dialog zu fördern – oder tut es das vielleicht?
Sergej Lawrow: Wir sagten schon öfter, dass jegliche Probleme, die es jetzt in Syrien gibt, nur mit Respekt für die Souveränität und territoriale Einheit dieses Landes gelöst werden könnten. Dieses Kriterium ist universal. Es ist wichtig, dass absolut alle äußeren Akteure, besonders diejenigen, die in Syrien präsent sind, begreifen, dass der Dialog mit der syrischen Regierung im Rahmen des vom UN-Sicherheitsrat mehrmals bestätigten Prinzips der Souveränität und territorialen Einheit Syriens nötig ist. Dass man die territoriale Einheit Syriens und alle dort lebenden ethnischen, konfessionellen und anderen Gruppen respektieren sollte.
Keine positive Rolle für die Regelung spielte die Tatsache, dass ein Teil der kurdischen Bevölkerung im Norden Syriens die Autonomie ausrief. Auch die Aktivitäten der von den USA angeführten Koalition zur Unterstützung der kurdischen Behörden in einigen Regionen, die sich Damaskus nicht unterstellen, blieben nutzlos für die Regelung. Und auch die syrische Regierung sollte sich nach dem Prinzip der Souveränität über das ganze Territorium des Landes richten. Das bedeutet, dass man mit Vertretern aller ethnischen und konfessionellen Gruppen, auch mit den Kurden, verhandeln sollte. Ausgerechnet auf dieser Basis arbeitet Russland mit allen Teilnehmern der Ereignisse in Syrien. Unseres Erachtens könnte man nur auf dieser Basis das Blutvergießen stoppen und den Regelungsprozess voranbringen, wobei die Interessen nicht nur des ganzen syrischen Volkes, sondern auch aller äußeren Akteure berücksichtigt werden könnten.
Frage: In letzter Zeit wird in Slowenien und auch außerhalb des Landes die Politik Ljubljanas viel kritisiert, das die Beziehungen mit den USA vernachlässigt und sich um die Festigung der Beziehungen mit Russland bemüht. Wie können Sie diese Situation kommentieren? Was lässt sich in den Beziehungen zwischen Russland und Slowenien erwarten?
Sergej Lawrow: Ich habe dieses Thema schon in meinen Einführungsworten kommentiert, als ich davon sprach, dass man das absolut falsche Prinzip „Entweder mit dem Westen oder mit Russland“ aufgeben sollte. Ich denke an die Ereignisse der letzten Jahre und kann mich an keine Beweise dafür erinnern, dass Slowenien eine Politik ausüben will, die eher prorussisch als prowestlich wäre. Ich will jetzt nicht für Karl sprechen, aber ich habe den Eindruck, dass Slowenien eine solche Außenpolitik ausüben will, dass es mit den Staaten kooperieren könnte, von denen es möglichst profitieren könnte – im Handels-, Wirtschafts- und Investitionsbereich usw. Natürlich wollen die Slowenen, wie auch jedes andere normale Volk, ihre kulturelle und geistige Identität aufrechterhalten. Auch in diesem Aspekt sehe ich absolut keinen Affront. Wir respektieren diese vielseitige Vorgehensweise. In unserer außenpolitischen Doktrin ist auch die vielseitige Vorgehensweise verankert, was nämlich bedeutet, dass allseitig nützliche Projekte umgesetzt werden sollten, und dass es dumm wäre, darauf zu verzichten. Wenn Slowenien uns etwas vorschlägt, betrachten wir solche Angebote aus der Sicht unserer Interessen. Wenn die Interessen übereinstimmen, werden solche Angebote umgesetzt. Auch wir bieten Slowenien diese oder jene Projekte an, und Slowenien reagiert darauf in Übereinstimmung mit seinen Interessen.
Ich will jetzt nichts sagen, was antiamerikanisch klingen würde, aber erst gestern sagte die Offizielle Sprecherin des US-Außenministeriums, Heather Nauert, offen und stolz, dass alle US-Botschafter den Auftrag haben, jeden Tag zu verlangen, dass die jeweiligen Staaten mit Russland nicht zusammenwirken, weil die USA gegen uns Sanktionen verhängt haben. Ich denke, es genügt, das zu erfahren, um zu verstehen, auf welche Prinzipien sich die Amerikaner bei ihren Beziehungen mit anderen Staaten stützen.