La République de l'Inde
Rede und Antworten des Außenministers Russlands, Sergej Lawrow, auf Medienfragen auf einer gemeinsamen Pressekonferenz nach den Verhandlungen mit dem Außenminister Indiens, Subrahmanyam Jaishankar, am 28. August 2019 in Moskau
Wir haben mit meinem indischen Amtskollegen konstruktive und nützliche Verhandlungen gehabt. Das ist unser erstes vollwertiges Treffen mit Herrn Subrahmanyam Jaishankar als neuem Leiter der außenpolitischen Behörde Indiens.
Wir haben uns heute darauf geeinigt, wie wir unsere besonders privilegierte strategische Partnerschaft entwickeln könnten, unter anderem auf dem Gebiet Außenpolitik. Diese Partnerschaft ist an sich wertvoll, hängt von keinen Konjunkturschwankungen ab und wird auf höchster Ebene intensiv unterhalten – bei regelmäßigen Treffen des Präsidenten Wladimir Putin und des Ministerpräsidenten Narendra Modi. Im vorigen Jahr haben sie sich fünf Mal getroffen, in diesem Jahr zwei Mal.
Heute wurde besonderes Augenmerk auf die Vorbereitung des baldigen Russland-Besuchs des Ministerpräsidenten Modi zwecks Verhandlungen mit Wladimir Putin und der Teilnahme am fünften Östlichen Wirtschaftsforum in Wladiwostok als Hauptgast gerichtet. Wir haben den Inhalt dieses Besuchs ausführlich besprochen und festgestellt, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden.
Wir stellten eine positive Dynamik unser Handels- und Wirtschaftsbeziehungen fest: Im vorigen Jahr ist der gegenseitige Handelsumsatz um mehr als 17 Prozent auf nahezu elf Milliarden US-Dollar gewachsen. Ein gutes Tempo wird auch in diesem Jahr aufrechterhalten. Über unser Zusammenwirken im Handels- bzw. Wirtschafts- sowie im Investitionsbereich wird Herr Jaishankar später, bei einem Treffen mit dem Vizepremier Russlands, Juri Borissow, seinem Co-Vorsitzenden der bilateralen Regierungskommission für Handels- und Wirtschafts-, wissenschaftlich-technische und kulturelle Zusammenarbeit, noch ausführlicher sprechen.
Unsere beiden Länder schätzen den Zustand und die Perspektiven der militärtechnischen Zusammenarbeit positiv ein, insbesondere die Möglichkeiten für den Ausbau der gemeinsamen Produktion von modernen Waffenarten. Wir haben vereinbart, die vielschichtige Kooperation auf Gebieten wie Weltraumforschung, Atomenergetik und in anderen High-Tech-Bereichen zu erweitern.
Auf gleichen oder sehr ähnlichen Positionen stehend, haben wir die wichtigsten Probleme der globalen und regionalen Tagesordnung erörtert. Wir sind uns einig, dass ein zwischenstaatlicher Dialog aufgrund der Prinzipien der UN-Charta gefördert werden sollte, mit Respekt für das Recht der Völker auf die selbstständige Wahl ihrer Entwicklungsmodelle. Wir pflegen eine enge Zusammenarbeit im Rahmen der UNO, der G20, der BRICS, der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit sowie im Dreieck „Russland-Indien-China“.
Wir haben auch über einige spezifische Fragen gesprochen, unter anderem über die Notwendigkeit einer Intensivierung der Arbeit im Format „Russland-Indien-Iran“ an der Einrichtung eines internationalen Verkehrskorridors „Nord-Süd“. Die zuständigen Behörden führen entsprechende Beratungen weiter.
Wir stellten fest, dass die Vertiefung der Handels- bzw. Wirtschaftskooperation mit Neu-Delhi im Mittelpunkt der Eurasischen Wirtschaftsunion steht. Stand heute wurden alle nötigen Prozeduren für den Start von offiziellen Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der EAWU und Indien durchgeführt. Der baldmöglichste Start des Verhandlungsprozesses wird zu einer wichtigen Phase auf dem Weg zum Zusammenwirken Indiens mit der EAWU.
Im Allgemeinen bestätigen die Ergebnisse unseres Treffens den von mir schon erwähnten privilegierten Charakter unserer strategischen Partnerschaft. Beide Seiten sind entschlossen, die von Präsident Putin und Ministerpräsident Modi gestellten Aufgaben zur Vertiefung unserer Beziehungen zu erfüllen.
Frage: Was halten Sie von der jüngsten Erklärung des US-Präsidenten Donald Trump, Russland und Indien müssten irgendwann gegen Terroristen in Afghanistan kämpfen?
Sergej Lawrow: Der Kampf gegen den Terrorismus und den Drogenhandel, aus dem er finanziert wird, steht im Mittelpunkt unserer Position zu Afghanistan und ist das Ziel aller unserer Bemühungen sowohl im „Moskauer Format“ als auch im Dreigespann „Russland-USA-China“, an dessen Arbeit sich unseres Erachtens auch andere Länder, darunter Indien, Pakistan und der Iran, beteiligen könnten. Alle diese Bemühungen sind darauf ausgerichtet, eine solche politische Regelung in Afghanistan zu fördern, die für alle wichtigsten ethnischen bzw. konfessionellen politischen Gruppen akzeptabel wäre, sich auf den gesamtnationalen Konsens stützen und die Gefahren des Terrorismus, Extremismus und Drogenhandels ausschließen würde, die vom afghanischen Boden ausgehen. Das ist die Position, die mit den wichtigsten Vorgehensweisen unserer indischen Freunde und der meisten anderen Länder übereinstimmt, die sich an der Arbeit zwecks einer solchen Regelung beteiligen.
Mehr gegenständlich leisten wir weiterhin Hilfe bei der Ausrüstung der afghanischen Armee, der Sicherheitskräfte Afghanistans. Bislang sind sie nicht imstande, selbstständig bei der Ausrottung der Terrorgefahr vorzugehen, weshalb diese Anstrengungen fortgesetzt werden sollen. Natürlich sollte der Antiterrorkampf ohne jegliche Doppelstandards erfolgen.
Aus mehreren Gründen, darunter die von den USA und ihren Verbündeten entfesselten Kriege im Irak, Libyen, Syrien, dehnt sich der so genannte Islamische Staat bereits auf andere Länder aus, darunter Afghanistan, wo ISIL-Extremisten versuchen, im Norden einzunisten und dort ein Aufmarschgebiet zur Projizierung ihrer Tätigkeit auf unsere Verbündete in Zentralasien zu schaffen. Es gibt beunruhigende Berichte, die seit langem erschienen und nicht verschwinden, dass einige unserer westliche Kollegen Doppelstandards zu dieser durch UN-Sicherheitsrat verbotene Terrorgruppierung anwenden, versuchen, sie zum Erreichen ihrer einseitigen geopolitischen Aufgaben in Afghanistan zu nutzen. Ich werde nicht auf Details eingehen, wir führen solche Diskussion mit entsprechenden Staaten. Ich kann nur zusichern, dass was afghanische Probleme betrifft, stimmen unsere Positionen fast vollständig mit der indischen Seite überein. Wir haben es heute vereinbart, eine enge Koordinierung zu diesem Thema fortzusetzen.
Frage (an Sergej Lawrow): Herr Lawrow, wie wird in Russland die Initiative Frankreichs zur Milderung der Sanktionen gegen die Islamische Republik Iran eingeschätzt?
Sergej Lawrow: Bezüglich der Initiativen zur Überwindung der Krise um den Gemeinsamen umfassenden Aktionsplan zum iranischen Atomprogramm, die von der französischen Führung aufgebracht wurden, gab es ein ausführliches Gespräch des Präsidenten Russlands, Wladimir Putin, und des Präsidenten Frankreichs, Emmanuel Macron, vor einer Woche in Brégancon. Präsident Wladimir Putin unterstützte den Vorschlag Emmanuel Macrons, der darauf gerichtet war, die Lebensfähigkeit des Gemeinsamen umfassenden Aktionsplans und aller Vereinbarungen wiederherzustellen, die da fixiert sind. Was konkrete Schritte in dieser Richtung betrifft (ich werde darüber nicht ausführlich sprechen, es läuft doch der Prozess der Verhandlungen und vertraulichen Konsultationen), werden sie natürlich erfolgreich sein, wenn sie für alle Teilnehmer des Gemeinsamen umfassenden Aktionsplans anwendbar sein werden, darunter Iran. Wir werden bereit sein, das Erreichen eines solchen Ergebnisses zu fördern.
Frage (an Sergej Lawrow): Während des bevorstehenden russisch-indischen Gipfels und Wirtschaftsforums wollen Sie die neuen Bereichen der bilateralen Kooperation besprechen. Haben Sie es vor, die russischen Erzeugnisse in Indien zu popularisieren? Beispielsweise, Käse, Honig, Gewürze und andere Waren, die ihren Markt in Indien finden könnten.
Sergej Lawrow: Danke, dass Sie Käse unter den Errungenschaften der russischen Landwirtschaft erwähnten. Das zeigt, dass die Politik des Importersatzes nicht nur in Russland funktioniert, sondern auch in der ganzen Welt anerkannt wurde, zumindest in einer großen Demokratie der modernen Welt.
Wir brauchen nicht speziell unsere Erzeugnisse in Indien zu popularisieren, weil indische Partner den russischen Markt sehr gut kennen. Wir haben sehr enge Kontakte zwischen entsprechenden Ministerien, Diensten, Privatunternehmen und Staatskorporationen. Der Markt voneinander ist sehr gut analysiert. Über unsere Möglichkeiten in jeweiligen Bereichen – nicht nur bei Käse- bzw. Honigproduktion, sondern auch in High-Tech-Bereichen sind die indischen Partner sehr gut informiert. Zudem wird seit mehreren Jahren eine Reihe von Projekten zur Nutzung der russischen Technologien in Indien, darunter im zivilen und militärtechnischen Bereich, umgesetzt. Wir bemühen uns, das Programm „Make in Indien“, das von Premier Narendra Modi aufgebracht wurde, in vollem Maße zu berücksichtigen. Wir arbeiten gerne konkrete Projekte durch. Ich denke, dass der Gipfel in Wladiwostok, der am Rande des Östlichen Wirtschaftsforums stattfindet, in diesem Zusammenhang weitere konkrete Ergebnisse bringen wird.