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Rede und Antworten des Außenministers der Russischen Föderation, Sergej Lawrow, auf einer gemeinsamen Pressekonferenz nach den Verhandlungen mit dem Minister für Auswärtiges und internationale Zusammenarbeit Italiens, Luigi Di Maio, Moskau, 17. Februar 2022

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir haben Verhandlungen durchgeführt, bei denen die größte Aufmerksamkeit den Aspekten gewidmet wurde, die während der Telefonkontakten zwischen Präsident Wladimir Putin und dem Premier Mario Draghi erreicht wurden. Es besteht das Verständnis, dass unsere Anführer an der Fortsetzung solcher Kontakte interessiert sind. Wir besprechen die weiteren Möglichkeiten mit unseren italienischen Kollegen.

Wir verzeichneten eine gute Entwicklung der bilateralen Beziehungen. Im vergangenen Jahr stieg bei uns der Handelsumsatz fast um 50 Prozent (mehr als 30 Mrd. Dollar). Die Geschäftskreise wirken gut zusammen. Im Januar 2022 fand ein Treffen des Präsidenten Wladimir Putin mit italienischen Unternehmern im Videokonferenzformat statt, das von der Russisch-Italienischen Handelskammer initiiert wurde. Bei uns funktioniert das Zwischenregierungskomitee für handelswirtschaftliche Fragen, hoffentlich kann er bald wieder physisch aktiv werden.

Natürlich wurden während der Pandemie mehrere Mechanismen nicht so zu bemerken. So möchte man die Arbeit bei zwischenstaatlichen Konsultationen wiederaufnehmen, die vor kurzem aktiv genutzt wurden. 2013 fanden die letzten in Triest statt. Seit der Zeit haben die Konsultationen, die die Form der Sitzungen von zwei Anführern mit den wichtigsten Regierungsmitgliedern beider Länder haben, wurden nicht durchgeführt, obwohl dieser Mechanismus ziemlich nützlich war. Trotz Covid-19-Beschränkungen im Februar 2020 (die Zeit läuft schnell) wurde die Arbeit im 2+2-Format von Außen- und Verteidigungsministern wiederaufgenommen. Ich denke, dass man auch über die nächste Sitzung denken soll, die in Italien stattfindet.

Kulturveranstaltungen zwischen Russland und Italien sind traditionell reichhaltig, genießen sehr großes Interesse unserer Staatsbürger. Im September 2021 wurde in Mailand der Startschuss für das Jahr der Museen gegeben. Es wird das Programm für die Kulturaustausche umgesetzt.  Am Ende dieses Jahres endet es. Wir haben vereinbart, schon jetzt die Vorbereitung eines weiteren humanitären Programms 2023-2025 zu beginnen. Der 200. Geburtstag von Fjodor Dostojewski wurde in Italien würdig begangen – es wurde ein Dostojewski-Denkmal eingeweiht. Wir schätzten das als Anerkennung der gegenseitigen Abhängigkeit und Ergänzung unserer Kulturen, historischen Errungenschaften und Kulturerbes ein.

Was internationale Angelegenheiten betrifft, wurde die größte Aufmerksamkeit der Besprechung der Situation im euroatlantischen Raum im Kontext der Probleme, die die Russische Föderation in ihren Initiativen zuspitzte, die Mitte Dezember 2021 den USA und der Nato mit den Vorschlägen, Verhandlungen an konkreten rechtlichen, völkerrechtlichen und juridisch verbindlichen bilateralen und multilateralen Dokumenten gerichtet wurden, gewidmet. Wir bekamen Reaktion auf diese Initiativen.  Wir warteten übrigens anderthalb Monate. Ich rechne damit, dass sie in der nächsten Zeit darüber erfahren werden, wie sich die Situation weiterentwickeln wird. Heute werden wir diesen Brief an die US-Seite schicken. Ich sagte, dass wir diesen Brief veröffentlichen werden. Wir denken, dass es absolut notwendig ist, dass die Mitglieder der Zivilgesellschaften unserer Länder sich vorstellen, was vor sich geht, welche Positionen jede Seite vertritt. Denn sonst, wenn man das geheim hält, wie es unsere Kollegen aus Washington und Brüssel bevorzugen, dann wird die öffentliche Meinung mit der Lüge, offener Propaganda gefüllt, die jetzt den Informationsraum bei der Beschreibung davon, was in Europa vor sich geht, was an der Grenze zwischen Russland und der Ukraine vor sich geht, füllen. Sie lesen das alles.  Wie Profis verstehen sie sehr gut, inwieweit man diesen Gedanken glauben kann.

Wir berichteten darüber, wie wir die weitere Zusammenarbeit im multilateralen Format sehen. Wir wissen die Rolle zu schätzen, die Italien in verschiedenen Formaten spielt – ob die Beziehungen Russlands zur EU, als diese Beziehungen existieren, ob der Russland-Nato-Rat, als dieser Rat noch funktionierte, ob die Tätigkeit der OSZE, wo Italien traditionell für einen konstruktiven Dialog eintritt und die Versuche vieler OSZE-Teilnehmerländer nicht fördert, diese Plattform zur Entfachung der Konfrontation zu nutzen. In der Politik, die Italien heute auf dem europäischen Kontinent im Ganzen und im euroatlantischen Raum durchführt, sehen wir die Nachfolgeschaft der Rolle, die Italien 2002 spielte, als auf dem Gipfel in Pratica di Mare die Römische Erklärung, die die Gründung des Russland-Nato-Rats erklärte, angenommen wurde. Sie bestätigte, konkretisierte die wichtigsten Richtungen unserer Partnerschaft (damals hieß es noch so) - und hatte alle Chancen, eine strategische Partnerschaft zu werden.

Wir danken unserem Kollegen Luigi Di Maio und seiner Delegation für die Initiative, die Russische Föderation zur Fortsetzung des Meinungsaustausches zu besuchen. Das ist immer nützlich. Besonders in Situationen, wenn es besser ist, dass man sich möglichst eindeutig versteht, damit keine Überraschungen kommen.

Frage (übersetzt aus dem Englischen, an Luigi Di Maio): Wie wird Italien vorgehen, wenn gegen Russland neue Sanktionen eingeführt werden?

Sergej Lawrow (fügt nach Luigi Di Maio hinzu): Wir wissen, dass es eine Konsens-Regel in der EU und anderen Formaten gibt. Sie wird angewendet, wenn Beschlüsse über Sanktionen ausgearbeitet werden. Die Frage darüber, wie Italien vorgehen wird, wenn es zu neuen Sanktionen kommt, ist nicht korrekt.  Sie können nicht eingeführt werden, wenn eines der Länder dagegen sein wird. Wir wissen, dass es ein Solidaritätsprinzip gibt, wie man bei uns sagt - Vetternwirtschaft. Ich denke nicht, dass Italien an der Entfachung der Konfrontation interessiert ist. Im Gegenteil: Wir sehen die Fortsetzung der Traditionen der italienischen Diplomatie, darunter gegenüber der Russischen Föderation: nicht ständig drohen, nicht irgendwelche Bestrafungen erklären, sondern nach Vereinbarungen suchen.

Heute sprachen wir darüber, dass in den Prinzipien der Unteilbarkeit der Sicherheit (darüber laufen bei uns Verhandlungen im Kontext der nachhaltigen, langfristigen und juridisch verbindlichen Garantien), die von allen unterzeichnet wurden, es so einen Bestandteil neben den anderen wie die Unzulässigkeit für irgendein anderes Land, Gruppe der Länder bzw. Organisationen, eine dominierende Rolle im OSZE-Raum zu beanspruchen, gibt. Die Nato befasst sich gerade damit.

Ein konkretes Beispiel. Das begann nicht gestern. Bereits 2009 schlug Russland vor, das Prinzip der Unteilbarkeit der Sicherheit juridisch verbindlich zu machen, reichte einen entsprechenden Vertrag zur Erörterung des Russland-Nato-Rats ein.  Uns sagte die Nato (nach langen Versuchen, einer Diskussion auszuweichen), dass es ausgeschlossen ist, weil verbindliche Sicherheitsgarantien nur im Rahmen der Nato und nicht jemandem noch in Europa gegeben werden können. Das ist eine arrogante Position. Sie ist direkt provokativ, weil sie neutrale Länder dazu bewegen soll, sich an die „offene Tür“ der Nato zu klopfen, die nicht irgendwo gebilligt wurde. Heute haben wir darüber gesprochen.

Es gibt Artikel 10 des Washingtoner Vertrags (Präsident Wladimir Putin sagte darüber vor einigen Tagen auf einer Pressekonferenz mit Präsident Emmanuel Macron). Dort heißt es angeblich, dass jedes Land (wie Ukraine) der Nato beitreten wollen kann, und man dieses Recht anerkennen muss. Doch dort steht das Gegenteil geschrieben. Die Mitgliedsstaaten der Allianz können auf allgemeine Zustimmung, auf Grundlage von Konsens (auf Englisch „may“ – also können, müssen aber nicht) ein Land zu einem Beitritt einladen, wenn dieses Land den Kriterien dieser Organisation entspricht, und was am wichtigsten ist, wenn dieses Land der Nato mehr Sicherheit bringen wird. Es ist ganz klar, worum es geht. Wenn man sich nach einer objektiven Situation richtet und den Artikel 10 anwendet, wie er geschrieben ist, ist es ziemlich klar, wie die Antwort sein wird. Das ist unsere Position. Wir haben heute darüber gesprochen.

Frage (übersetzt aus dem Italienischen): Am 20. Februar sollen die Manöver an der Grenze zu Belarus zu Ende gehen. Bedeutet das das Ende der Eskalation? Gibt es irgendwelche Bestätigungen dafür, dass es gerade so sein wird?

Sergej Lawrow: Was die Frage betrifft, wann die Deeskalation beginnen wird, wann die Eskalation endet, das ist nicht unser Begriff. Das haben nicht wir erfunden. Das haben Propagandisten erfunden. Es ist es ein Klischee. Heute tritt kein europäischer und amerikanischer Politiker auf, ohne einen Ausdruck zu gebrauchen, wo Besorgnis wegen Eskalation zum Ausdruck gebracht und Deeskalation gefordert wird.

Die Frage über 20. Februar ist nicht an mich. Am 20. Februar enden unsere Übungen, wie es erklärt wurde. Ob am 20. Februar die Eskalation endet – das weiß ich nicht. Es sind nicht wir, die sie entfachen. „Politico“ – ein bekannter Verbreiter der Angaben darüber, was an der russisch-ukrainischen Grenze unter Berufung auf „die glaubwürdigsten Angaben“ passiert, berichtete, dass am 20. Februar das beginnen werde, was gestern nicht zustande kam, also es werde eine Invasion geben. Die vor kurzem in Moskau zu Besuch gewesene Liz Truss sagte gestern, dass die Entfachung der Spannung ihrer Meinung nach mehrere Monate dauern kann. Vielleicht planen sie es bis zur nächsten kalten Zeit. Ich weiß nicht. Das ist die Frage nicht an uns.

Frage (übersetzt aus dem Italienischen): Sie legten eine Liste der Sicherheitsgarantien, die als imperativ bezeichnet wurden, vor, doch der Westen geht nicht auf Zugeständnisse ein. Dennoch sprechen Sie von möglichen konkreten Ergebnissen? Welche sind es?

Sergej Lawrow: Es ist nicht ganz korrekt zu sagen, dass Russland eine Liste der Sicherheitsgarantien vorlegte, die es als imperativ bezeichnete. Es war nicht Russland, das eine Liste der Garantien erstellte. Das ist in den Dokumenten der OSZE und Russland-Nato-Rats festgeschrieben. Der erste solche Schritt wurde bereits 1994  unternommen, als in der OSZE der Verhaltenskodex angenommen wurde, der die militärpolitischen Sicherheitsaspekte betrifft. Dort steht direkt geschrieben: kein Teilnehmerland wird etwas machen, das die Sicherheit jedes anderen Staates bedroht. Dann gab es die Russland-Nato-Grundakte 1997, der Gipfel von Istanbul 1999, die Römische Erklärung 2002 und der OSZE-Gipfel in Astana 2010.

In der Formel, die in unseren Initiativen als Grundlage genommen wurde, heißt es: jedes Land hat das Recht, eine Allianz zu wählen, doch gleichzeitig soll kein Land etwas machen, was der Sicherheit eines anderen Landes schaden kann; übernimmt die Verpflichtung, die eigene Sicherheit nicht auf Kosten der Sicherheit der anderen zu festigen. Der dritte Bestandteil dieses Pakets – Respekt gegenüber den Ländern, die Neutralität wählten. Jetzt ist es interessant zu beobachten, wie neutrale Länder de facto aufgerufen werden, sich an die Nato mit der Bitte, aufgenommen zu werden, zu wenden. Der vierte Bestandteil besteht darin, dass kein Land, Gruppe der Länder bzw. Organisation das Dominieren im OSZE-Raum beanspruchen kann. Niemand kann Schaffung irgendwelcher Einflussbereiche beanspruchen. Das alles ist festgeschrieben, von Präsidenten, Regierungschefs gebilligt, in der UNO verbreitet. Alle waren auf diese Errungenschaften stolz.

Zu den Einflussbereichen. Wir erinnerten uns heute daran, wie EU-Anführer sagten, dass sie auf dem Balkan über alles „entscheiden“ sollen, und Russland da „nichts zu tun habe“. Der Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Josep Borrell, wiederholte wieder seine Position, dass Moskau Brüssel in Afrika störe. Also für die EU kann es Einflussbereiche geben, die EU und die Nato versuchen sogar zu den Nachbarn Russlands einzudringen. Nicht einfach „eindringen“ mit einem offenen Herz und aufrichtigen Absichten, sondern um dort gegen die Interessen der Russischen Föderation zu arbeiten.

Der US-Sondergesandte auf dem Balkan Gabriel Escobar machte Erklärungen, dass Serbien nicht mehr Gas bei Russland kaufen solle, „verpflichtet“ sei, nach einer Alternative für russisches Gas zu suchen. Ist es nicht ein Versuch, Serbien zum eigenen Einflussbereich zu machen und ihre offenen, aufrichtigen, vertrauensvollen Beziehungen zu Russland, die niemand verheimlicht, zu brechen? Die USA sagen Deutschland, auch anderen Europäern, dass sie es nicht wissen, was sie für ihre Energiesicherheit brauchen. Deswegen wird Washington sagen, ob man Nord Stream 2 in Betrieb nehmen soll oder nicht. Den Deutschen wird gesagt, dass sie es besser wissen, was sie im Winter, Sommer und Herbst brauchen. Auch uns wird gesagt: Warum bringt Moskau seine Initiativen voran? Seine Sicherheit werde nicht bedroht. Wollen wir einander respektieren. Russland wird sicher selbst darüber entscheiden, wie und mit welchen Mitteln seine Sicherheit gewährleistet wird.  Das ist ein anschauliches Beispiel.

Von der ganzen Vielfalt und Zusammenhang der Bestandteile, die auf der höchsten Ebene gebilligt und in der OSZE mehrmals wiederholt wurden, wählt der Westen nur einen Bestandteil wählt – die Freiheit der Wahl der Bündnisse. Andere Verpflichtungen werden vermieden.

Ähnliche schmutzige Methoden werden bezüglich der Minsker Vereinbarungen angewandt (das haben wir mit Luigi Di Maio auch besprochen). Diese lauten klar und deutlich: Sicherheitsmaßnahmen, Abzug schwerer Rüstungen, Amnestie, Sonderstatus für die Donbass-Region (verankert in der Verfassung im Rahmen ihrer Reform auf Basis der Dezentralisierung auf Vereinbarung mit Donezk und Lugansk). Dann sollten auf diesen Territorien (ebenfalls auf Vereinbarung mit den Volksrepublik Donezk und Lugansk) unter der OSZE-Ägide Wahlen stattfinden. Wenn das alles getan worden ist, wenn die Rechte der Menschen, die auf diesen Territorien leben und die Ergebnisse des verfassungswidrigen Staatsstreichs in der Ukraine nicht akzeptieren wollten, gesichert worden sind (und gerade deswegen wurden gegen sie die Streitkräfte dieses Landes gerichtet), kann die ukrainische Führung bzw. Armee die ganze ukrainische Grenze wieder unter ihre Kontrolle nehmen – das steht dort geschrieben. Kontrolle über die Grenze wäre der Schlussakkord.

Unsere westlichen Kollegen erklären jetzt, sie seien dem „Maßnahmenkomplex“ treu, und es gäbe für ihn keine Alternativen. Aber sie wollen die Reihenfolge der Schritte ändern. Darauf besteht seit langem Präsident Selenski, und zuvor hatte sein Vorgänger Pjotr Poroschenko darauf bestanden: Zunächst wollen sie die Grenze unter Kontrolle nehmen, und dann werden sie nach ihren Worten selbst entscheiden, wie und was weiter geht, ob der Sonderstatus nötig wäre und wie er eigentlich sein sollte, ob die Wahlen organisiert werden, ob die Menschen amnestiert oder verhaftet werden. Sie haben bereits solche Gesetzentwürfe – über eine Lustration, um hinzuschauen, wer welche Rolle gespielt hat, ob gegen jemanden Strafverfahren eingeleitet werden sollten, ob jemand befreit werden könnte. Da haben wir ziemlich ernsthafte Befürchtungen.

Luigi Di Maio sagte, er habe die Ukraine besucht. Wir legen viel Wert darauf, dass es Politiker gibt, die helfen wollen. So hat neulich der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz Moskau besucht, und zuvor hatte er in Kiew geweilt. Bei den Verhandlungen mit Präsident Putin sagte er, Wladimir Selenski hätte versprochen, in wenigen Tagen Entwürfe von Dokumenten in die Kontaktgruppe einzubringen: über den Sonderstatus, Novellen zur Verfassung, Vorschläge zur Organisation der Wahlen. Es wurde nichts getan. Diese Versprechen wurden von irgendwelchen Beamten in Kiew öffentlich widerlegt.

Gestern fand ein Telefonat Kanzler Scholls mit dem US-Präsidenten Joe Biden statt. Wie der offizielle Sprecher der deutschen Regierung mitteilte, war dabei festgestellt worden, dass sich kein Abzug russischer Truppen beobachten lässt, dass es wichtig ist, einen konstruktiven Dialog über die europäische Sicherheit zu beginnen, die Minsker Vereinbarungen umzusetzen und unter Mitwirkung Deutschlands und Frankreichs Fortschritte im „Normandie-Format“ zu erreichen. Die Mitteilung endete mit den Worten: „Der Schlüssel dafür liegt in Moskau.“  Das sind schmutzige Versuche, die Verantwortung für die Personen loszuwerden, die der Westen in der Ukraine kommandiert (die Amerikaner üben dort definitiv externe Verwaltung aus), und die ganze Schuld Russland in die Schuhe zu schieben. Diese Taktik bzw. Strategie ist uns bekannt. Sie wir jedoch erfolglos bleiben. Die Minsker Vereinbarungen müssen voll und ganz und strikt in Übereinstimmung damit umgesetzt werden, wie sie vom UN-Sicherheitsrat gebilligt wurden – in der festgelegten Reihenfolge.

Das Prinzip der Unteilbarkeit der Sicherheit sollte auf einer juristisch verbindlichen Basis umgesetzt werden – in vollem Umfang und in der Form, die in der OSZE auf höchster Ebene befürwortet wurde.

Die Verhandlungen werden über alle Aspekte der russischen Vorschläge fortgesetzt werden. Wir verwiesen darauf, dass im zweiten Teil der US-Antwort auf unsere Initiative die Zustimmung enthalten ist, die Themen bzw. Fragen zu besprechen, die wir schon seit mehreren Jahren unseren Nato-Kollegen als dringend nötige Gegenstände des Dialogs vorschlagen. Aber bisher weichten sie diesen Gesprächen immer wieder aus. Ich meine die Vereinbarungen zur Beschränkung (am besten Verhinderung) der Aufstellung von bodengestützten Mittel- und Kurzstreckenraketen in Europa; zum Verzicht auf Aufstellung von anderen Offensivwaffen in Regionen, wo sie gefährlich sein könnten; zu konkreten Vereinbarungen über Vertrauensmaßnahmen und Senkung von militärischen Risiken, insbesondere während der Übungen beider Seiten, bei Kampfjetflügen und bei Fahrten von Kriegsschiffen. Das alles sollte durch Kontakte mit Militärs geregelt werden.

In den letzten zwei, drei Jahren weigerte sich der Westen immer wieder, das alles zu besprechen. Jetzt, jedenfalls in der Antwort der USA und teilweise der Nato, wurde die Bereitschaft zum Ausdruck gebracht, diese Themen zum Gegenstand von Verhandlungen zu machen. Wir begrüßen das. Für uns ist die Hauptsache, dass an aus dem „Paket“ keine einzelnen Dinge „ausreißt“, m dann zu sagen, wir hätten alle Probleme gelöst. Wir können nichts lösen, solange wir uns auf die wichtigsten Positionen nicht einigen, von denen die Sicherheit in Europa abhängt: Nichterweiterung der Nato nach Osten, Nichtaufstellung von Offensivwaffen, Respekt für die militärpolitische Konstellation in Europa, die zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Russland-Nato-Grundakte bestand. Unseren Argumenten liegt das zugrunde, worüber ich heute und auch früher sehr ausführlich sprach: Die Formel der Unteilbarkeit der Sicherheit, die auf höchster Ebene vereinbart wurde. Der Westen will daraus nur einen Teil „ausreißen“, der ihm passt. Aber so geht das nicht.

Unsere italienischen Kollegen und auch die anderen Empfänger meines Briefs habe ich gebeten, sich nicht hinter einem ganzen Papierhaufen zu verstecken, den mir Jens Stoltenberg und Josep Borrell zugeschickt haben. Ich hatte mich an sie gar nicht gewandt. Die Dokumente, die auf höchster Ebene in der OSZE vereinbart wurden, hat weder die Nato noch die EU unterzeichnet. Man sollte nicht versuchen, mit diesen Papieren das Prinzip zu verletzen, das von allen verlangt, Versuche jedweder Organisationen zur Dominanz in Europa zu verhindern. Und das ist eben, was sie tun.

Wir werden unsere Kollegen höflich, aber beharrlich bitten, dass jeder von ihnen als Vertreter seines eigenen Landes antwortet. Wir wollen, dass sie erklären, wie sie die damals unterzeichneten Dokumente (die immerhin nie außer Kraft gesetzt wurden) verstehen und umsetzen wollen.

Frage: In welcher Form will Russland heute seine Antwort an die Amerikaner schicken? Wird das eine diplomatische Note sein?

Sergej Lawrow: Auf dem Papier und digital. Veröffentlicht wird der Text, nachdem wir ihn den Amerikanern zugeschickt haben. Wir planen, das heute zu tun.

Frage: Was denken Sie, wollen die westlichen Planen sich in irgendwelcher Form entschuldigen oder ihre lügnerischen Erklärungen hinsichtlich der angeblichen Invasion Russlands in die Ukraine dementieren? Wann könnten sie das tun?

Sergej Lawrow: Ob sich manche von unseren Partnern, die Verleumdungen und Desinformationen ausstreuen und Informationsterrorismus betreiben (mir fällt da einfach kein anderes Wort ein), dafür schämen oder nicht? Ich denke nicht, dass sie das irgendwann bereuen werden. Aber sie müssen überführt werden, und das passiert jeden Tag. Doch ihnen ist das alles egal: am 15. Februar, am 16. Februar, jetzt schon am 20. Februar. Elizabeth Truss sagt, das könnte in jedem Moment passieren. Und dann hätte sie auch Recht, weil sie eine solche Entwicklung der Situation prognostiziert habe. Es fällt mir schwer, solche Dinge zu charakterisieren, die für mich völlig unannehmbar sind, wie auch für jeden Politiker oder Diplomaten. Das ist ein Versuch, bei dem unpassende Mittel eingesetzt werden. Wenn man das, was da gemacht wird, nicht als Eskalation bezeichnet, dann befinden sich unsere Militärs ganz ruhig auf unserem Territorium; sie haben ihre Übungen durchgeführt, ihre Zelte gepackt, sind in Bahnwaggons gestiegen, haben ihre Technik verfrachtet und fahren wieder auseinander. Aber die Hysterie geht weiter. Und das ist eben Eskalation. Sie besteht in solchen Handlungen und in der permanenten „Bearbeitung“ der Öffentlichkeit, der man über alle möglichen „Gefahren“ erzählt.

Wir haben heute besprochen, wie der Sender Euronews die aktuelle Situation beleuchtet. Es ist kennzeichnend für den Sender, der immer stolz ist auf seine ausbalancierte Vorgehensweise bei der Berichterstattung. Aber da gibt es absolut keine Balance!  Jemand streut diese Lügen aus, initiiert diese Handlungen im Informationsraum, jemand begreift, worum es dabei geht, will aber wegen der „Konsens- bzw. Solidaritätspolitik“ darüber nicht sprechen. Manche von ihnen (das sehen wir ja) genießen sogar das, was gerade vorgeht. Diese Personen wollen um jeden Preis eine Rolle spielen, wenn irgendeine neue antirussische Idee entsteht. Das ist traurig. Ich hoffe, dass diese aus dem Finger gesogenen Versuche, der Öffentlichkeit Angst zu machen, nicht als Vorwand genutzt wird, dass der Westen ernsthaften Gesprächen auf Basis unserer Vorschläge  ausweicht. Wir scheuen uns nicht, unsere Argumente anzuführen. Unsere Vorschläge stützen sich darauf, dass der ganze Westen im Rahmen der OSZE darunter seine Unterschrift gesetzt hat.

Frage: Könnten Sie bitte die jüngsten Erklärungen des ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenski kommentieren, dass er gewisse Signale von möglichen Gesprächen hinter dem Rücken der Ukraine sehe, die den Spannungen zwischen dem Westen und Russland gelten. Er sagt, dass er auf diese Signale gar nicht achte, denn dahinter stecke die Wahrheit. Was halten Sie davon?

Sergej Lawrow: Es ist eigentlich nicht ganz korrekt, sich so zu äußern. Denn alle unseren westlichen Partner reden doch nur davon, dass die Minsker Vereinbarungen umgesetzt werden sollten, und ausgerechnet Russland aufrufen, das zu tun. Im Grunde rechtfertigen sie das ukrainische Regime und „übersehen“ die Verantwortung, die auf ihm liegt. Wir brauchen uns keine Sorgen um Wladimir Selenski zu machen. Vorerst haben ihn leider weder die USA noch Frankreich wirklich beeinflusst. Ich hoffe, dass sie einsehen, dass die aktuelle Linie aussichtslos ist, und alles dafür tun, dass ihre Worte von der Alternativlosigkeit der Vereinbarungen und vom Sonderstatus für das Donbass-Gebiet nicht nur auf dem Papier bleiben. Uns wurde das alles versprochen.

Was die Eskalation angeht, so wurde eben das Blatt gezeigt, das die Verteidigungsminister der Nato-Länder gestern hinsichtlich der Situation in bzw. um die Ukraine gebilligt hatten. Erstens steht in diesem Text geschrieben, dass sie darüber beunruhigt seien, dass Russlands Handlungen sehr gefährlich für die Sicherheit des gesamten Euroatlantiks seien. Um die Allianz zu verteidigen, werden im östlichen Teil der Nato zusätzliche Marine- und Luftstreitkräfte stationiert. Dabei befinden sich die russischen Militärs auf ihrem Territorium und intervenieren nirgendwo. Wir stocken nicht unsere Kräfte an den Nato-Grenzen auf, während die Allianz gerade das tut, was sie uns vorwirft. Besonders prekär ist der Anfangsteil dieser Erklärung. Die Nato-Länder sind „sehr beunruhigt“ über die nichtprovozierte und unbegründete russische militärische Präsenz und über den Ausbau dieser Präsenz in der Ukraine und in Weißrussland. Wie gefällt Ihnen das? Hier bringt die Nato das Gefühl der eigenen Überlegenheit und Unfehlbarkeit zum Ausdruck, das über alle möglichen Grenzen hinausschießt. Aber diese Grenzen sehen unsere Nato-Kollegen leider nicht.

***

Sergej Lawrow (ergänzt nach Luigi Di Maio): Ich muss hier etwas erläutern. Wir würden uns freuen, im Russland-Nato-Rat so zu arbeiten, wie das von Anfang an vereinbart wurde. Aber Jens Stoltenberg und seine Bürokraten haben zunächst uns, unseren Diplomaten und Militärs in Brüssel verboten, normal im Nato-Hauptquartier zu arbeiten (wie das alle Diplomaten und Militärs aus anderen Ländern tun), und dann verlangten sie, dass wir (unsere Diplomaten und Militärs) zwei Tage im Voraus Passierscheine beantragen. Und wenn sie sich auf dem Gelände des Nato-Hauptquartiers befanden, wurden sie permanent von jemandem begleitet. Dann verlangte Jens Stoltenberg irgendwann, dass wir unsere Präsenz dort reduzieren. Viele unsere Diplomaten und Militärs wurden von der Nordatlantischen Allianz für „überflüssig“ erklärt. Nach seiner letzten Aktion wurde unsere Präsenz auf zehn Personen reduziert (Diplomaten, Militärs, technisches Personal). Aber mit so wenigen Vertretern kann doch niemand arbeiten! Deshalb beschlossen wir, mit diesem Theater aufzuhören, und haben den Nato-Vertretern gesagt: „Solange Ihr euch nicht beruhigt und wieder zu euch kommt, legen wir unsere Präsenz bei euch und eure Präsenz bei uns auf Eis. Wenn Ihr begreift, dass dies gegen die Interessen der europäischen Sicherheit, gegen einen normalen Dialog ist, für den Ihr angeblich auftretet, sagt uns Bescheid, und dann könnte unser Zusammenwirken wiederaufgenommen werden, ob es sich um die Mitarbeiterzahl in Moskau und Brüssel oder um die Mechanismen handelt, die es im Rahmen des Russland-Nato-Rat bezüglich der Afghanistan-Probleme und der Terrorbekämpfung gab. Das alles war über Nacht durchkreuzt worden, als die Nato den verfassungswidrigen Umsturz und die Kräfte unterstützten, die das Parlament auf der Krim erobern wollten, als dieses gegen den Umsturz aufgestanden war und beschlossen hatte, ein Referendum zu organisieren. Darum geht es ja! Viele Politologe sagen, dass einer der Gründe dieser Geschichte auch damit verbunden gewesen sei, dass die Nato (vor allem die Amerikaner) selbst die Krim erobern und in einen „unsinkbaren Flugzeugträger“ verwandeln wollte.

Aber ich kann es nur begrüßen, dass Luigi Di Maio an der Wiederaufnahme der Arbeit des Russland-Nato-Rats aufrichtig interessiert ist.  Wir haben darüber gesprochen. Ich weiß, dass Italien dafür ist, dass diese Arbeit umfassend und nicht nur beschränkt wiederaufgenommen wird, wie sie geführt wurde, als die Nato ihre Maßnahmen zur Einstellung der Arbeit dieses einst wichtigen Mechanismus ergriffen hatte.

Wir wollen darauf hoffen.

 

 

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