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Interview des Außenministers der Russischen Föderation, Sergej Lawrow, für serbische Medien, Moskau, 28. März 2022

Frage: Wie Sie Wissen, schloss sich Serbien nicht den Sanktionen an. War es für Sie eine Überraschung, dass sich die Balkanstaaten den Sanktionen gegen Russland anschlossen, die noch vor kurzer Zeit gute Beziehungen zu Russland hatten? Wie ist Ihre Prognose in Bezug auf die Normalisierung der Beziehungen zu diesen Balkanstaaten?

Sergej Lawrow: Wir beobachten einen präzedenzlosen Druck im Rahmen der „allgemeinen“ Kampagne, die von einigen westlichen Politikern als „totaler Krieg“ gegen Russland, bei dem sich alle Mittel eignen, bezeichnet wird. Das begann bei weitem nicht jetzt.

In den vergangenen zehn Jahren beginnt die EU im Rahmen ihrer Beziehungen zu den Ländern, die der Union beitreten wollen, von sie zu fordern (Serben wissen das sehr gut), sich allen ihren außenpolitischen Initiativen anzuschließen, die in der letzten Zeit zunehmend antirussischer sind. Hier gibt es schon nichts Gemeinsames mit dem einheitlichen Wirtschaftsraum, Implementierung der Normen der Rechtshoheit u.a. Es gibt nur ein ideologisiertes Herangehen, das auf die Fortsetzung des Drucks auf Russland bei Unterdrückung seiner Selbstständigkeit in der internationalen Arena und Unterordnung ihrer Werte, die Europa seit ziemlich langer Zeit trotz ihrer christlichen „Wurzeln“ implementiert hat.

Ich möchte daran erinnern, dass noch als die Verfassung der EU geschrieben wurde (sie wurde dann nicht verabschiedet, stattdessen wurde der Vertrag von Lissabon verabschiedet), begann sie in der ersten Fassung mit den Worten über christliche Wurzeln Europas. Europäische „Grandes“ weigerten sich, diese Feststellung zu unterstützen, wobei die eigene Herkunft und religiöse Traditionen gestrichen wurden. Sie können kaum beanspruchen, dass die Traditionen anderer Glauben respektieren werden.

Wir sehen, welchem Druck die Balkanländer, Serbien in Bezug auf den Beitritt zu antirussischen Sanktionen, die fast alle Bereiche der Wirtschafts-, Kultur, humanitären, politischen und anderer Tätigkeit ausgesetzt werden. Darüber sprach ausführlich der Präsident Serbiens, Aleksandar Vucic, als er mehrmals öffentlich auftrat und betonte, dass sich Serbien nach seinen Interessen richten wird. Es gibt nicht wenige solche Länder auch in der EU. Ich würde den jüngsten Auftritt des Premiers Ungarns Viktor Orban erwähnen, der sagte, dass Ungarn die ungarischen Interessen verteidigen wird.

Diese multinationale Bürokratie, die sich selbst reproduziert und sich in Brüssel befindet, versucht ausnahmslos alle Staaten unterzuordnen, alle Handlungen zur Aufstellung der Normen im EU-Hauptquartier zu konzentrieren und den Mitgliedstaaten möglichst viele Handlungen wegzunehmen, die sie selbst unternehmen können. Dieser Kurs ist nachteilig. Er zeigt erneut, dass die EU in ihrem Wesen eine bestimmte Tendenz zur Festigung der Autokratie in Gestalt Brüssels gegenüber allen Mitgliedstaaten hat.

In den Sanktionskrieg wurden Montenegro, Nordmazedonien hineingezogen. Sie wurden mit Versprechen einer schnellen Annäherung zur EU angelockt. Dazu ist nicht bekommen, sie wurden in die Nato, in antirussische Handlungen, antirussische Kampagnen hineingezogen. Dann wurde gesagt – brav, machen sie es so weiter. Das ist ein ernsthaftes Problem. Auf dem Spielfeld steht der Ruf der EU und die wahren Ziele ihrer Politik auf dem Balkan. Nach meinen Beobachtungen brachten die USA den Balkan der EU in die Hand. Ihnen passt absolut ihr aggressiver antirussischer Kurs, den die EU durchführt.

Erinnern sie sich an eine Aussage der Vorgängerin Josep Borrells, Federica Mogherini, die Russland eine zu große Aktivität auf dem Balkan zur Last legte und betonte, dass da die EU auf dem Balkan zu arbeiten begann, ist es dort kein Platz für Andere. Ungefähr gleiche Ideen werden von Mogherinis Nachfolger, Josep Borrell, vorangetrieben, der immer dazu aufrief, die Festigung der Beziehungen Russlands zu den Ländern, wo die EU sich als Herr der Lage betrachtet, nicht zuzulassen.

Wir sehen den Versuch der USA, EU, Nato, ihre Hegemonie nicht nur auf dem Balkan, sondern auch in anderen Regionen der Welt, fast überall aufzudrängen. Ich bin überzeugt, dass die meisten Länder der Welt verstehen, dass es ein Weg in eine Sackgasse ist. Daraus soll man dann nach einem Ausweg suchen. Es gibt nicht so viele Länder auf dem europäischen Kontinent, die sich als souverän und selbstständig betrachten können. Jene, die wegen ihrer nationalen Interessen sich weigern, sich Sanktionen im Interesse anderer Staaten anzuschließen, können absolut zu Recht selbständige Staaten genannt werden, unabhängig von ihrer Größe.

Frage: Hat Russland damit gerechnet, dass es solche Isolation und Verluste in der Armee, von denen wir selten genaue Angaben bekommen, geben wird?

Sergej Lawrow: Die Sanktionen gegen Russland hörten nie auf. In der Sowjetzeit lebten wir unter Sanktionen des Koordinierungsausschusses für Exportkontrolle. Demnach verhinderte der Westen umfassend die Ankäufe, Lieferungen von High-Tech-Anlagen. Seit vielen Jahren existierte das Jackson-Vanik-Amendment. Damit wir der WTO beitreten können, woran die USA und andere westliche Länder interessiert waren, wurde dieses Amendment aufgehoben. Sofort, ohne jegliche Pause wurde ein „Ersatz“ gefunden – der „Magnitski Act“, der die Traditionen des Sanktionsdrucks gegen die Russische Föderation fortsetzte. Bis 2014 funktionierten diese Sanktionen.

2015 kam es wider die Garantien, die seitens der EU und bei direkter Unterstützung Washingtons gegeben wurden, zu einem Staatsstreich in Kiew. Nun bestehen darin keine Zweifel. Dieser Staatsstreich führte zur Empörung sowohl auf der Krim, als auch im Osten der Ukraine. Die Krim-Bewohner führten zum Schutz vor den sich auf die Halbinsel begebenen bewaffneten Extremisten ein Referendum und kehrten in die Russische Föderation zurück. In der Ostukraine wurden auch Republiken ausgerufen, die sich weigerten, den verfassungswidrigen Staatsstreich zu akzeptieren. Dann wurde wieder die Russische Föderation für alles verantwortlich gemacht. Der Westen war darüber enttäuscht, dass sein Plan zur endgültigen Erschließung der Ukraine für eigene antirussische Bedürfnisse, scheiterte. Die eingeführten Sanktionen bedeuteten einfach Verärgerung für den Westen. Russlands Präsident Wladimir Putin sagte mehrmals, dass die EU und USA seit der Zeit uns mit Sanktionen beinahe jeden Monat belegten. Zumindest zwei bzw. dreimal pro Jahr. Ich denke, dass immer ein Anlass gefunden werden kann. Das Ziel der Sanktionen ist nicht irgendein konkretes Problem zu lösen, sondern die Entwicklung Russlands strategisch, geopolitisch abzuschrecken. Die Fähigkeit des Westens, nach Anlässen zu suchen, ist uns sehr gut bekannt.

Das Einzige, was uns auf der jetzigen Etappe beeindruckte, ist der Ausbruch, die Explosion eines beispiellosen, höllischen Russlandhasses, der fast in allen westlichen Staaten zu erkennen ist. Die Anführer dieser Staaten fördern und unterstützen ihn aktiv. Ich weiß, dass es vernünftige Vertreter in EU-Ländern gibt, die die ganze Nachteiligkeit der Entfachung solchen Russlandhasses sehen. Sie erinnern daran, dass es vor mehr als 80 Jahren, in Europa bereits solches Verhalten zu einer bestimmten Nationalität gab und sie wissen, womit das endete. Diese Besessenheit ergriff fast alle Länder Europas gegenüber allem Russischen – Kultur, Kunst, Bildung, russische Staatsbürger (sobald sie ihre Sprache auf den Straßen vieler Länder Europas sprechen beginnen). Das erstaunte mich, weil das das höllische Wesen des Russlandhasses aufdeckte. Es stellte sich heraus, dass es lange lebte. Es ist unmöglich, solche Gefühle, an einem Tag zu bekommen. Es heißt, dass sie sorgfältig verheimlicht wurden. Wir werden daraus entsprechende Schlussfolgerungen machen.

Was die Isolation betrifft, es gibt sie nicht. Über die Isolation sprechen jene, die sich mental, ideologisch mit der Unvermeidlichkeit der Diktatur des Westens in der Weltarena abfanden. Diese Diktatur wird vor allem von ihm selbst aufrechterhalten. Er will nicht seine Positionen verlieren. Der Westen war ein dominierender Akteur in der Welt im Laufe von mehr als 500 Jahren. Jetzt ist eine andere Epoche gekommen – Bildung einer multipolaren Weltordnung. Es sind Länder aufgestiegen, die Zentren der globalen Wirtschaftsentwicklung sind, eine national ausgerichtete Politik durchführen, nicht irgendwelche neoliberale Werte, die vom Westen in der ganzen Welt aufgedrängt werden, wahrnehmen wollen. Sie wollen sich nach eigener Geschichte, eigenen Traditionen und eigenen Werten, darunter religiösen, richten. Sie sind eigentlich bei allen Weltreligionen gemeinsam.

Russland hat sehr viele Partner in der Asien-Pazifik-Region, in Asien, Afrika, Lateinamerika. Wir haben gute Beziehungen zu der überwiegenden Mehrheit der Organisationen, die von Entwicklungsländern geschaffen wurden. Unter diesen Organisationen ist Afrikanische Union, Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten, ASEAN u.v.m. Ich würde daran erinnern, dass in der wichtigen, sich strategisch entwickelnden Region – Eurasien – Organisationen unter Teilnahme der Russischen Föderation: GUS, EAWU, OVKS, SOZ geschaffen wurden und erfolgreich funktionieren. Beim Zusammenwirken mit ASEAN fördern diese Strukturen aktiv die Arbeit untereinander, entwickeln ein Netz der Kooperationsprojekte in Ankopplung unter anderem an die chinesische One-Belt-One-Road-Initiative. Wir bauen Große Eurasische Partnerschaft auf. Mit China haben wir die besten Beziehungen in der ganzen Geschichte ihrer Existenz. Bei Russland entwickelt sich eine besonders privilegierte Partnerschaft mit Indien. Es gibt Verbindungen mit einer überwiegenden Mehrheit der Länder des Nahen Ostens, Lateinamerikas, Afrikas.

Der Westen versucht die so genannte Isolation, in der sich die Russische Föderation angeblich erwies, via Vorlegen der arithmetischen Ergebnisse der Abstimmung in der UNO zu zeigen. Wir wissen, wie diese Ergebnisse erreicht werden, welchem unverhohlenen Erpressung die Entwicklungsländer ausgesetzt werden, welche Drohungen gegen Vertreter dieser Länder in der UNO und anderen Organisationen zu hören sind. Für uns bedeutet das nur eins – die USA und die Länder des Westens, die solcher groben, unverhohlenen Erpressung in die Hände spielen, haben selbst Angst, sich in Isolation zu erweisen. Wenn sie von ihren Idealen, ihren Werten, die selbst den Weg zu den Herzen der Staatsbürger aller Länder der ganzen Welt finden werden, so überzeugt sind, mögen sie ihre Positionen darlegen und es den Ländern erlauben, die Wahl zu machen. Diese Länder kennen die Position des Westens, Russlands, Chinas und anderer großer globaler Akteure. Mögen sie selbst, ohne jeglichen Druck wählen.

US-Präsident Joe Biden sagte vor kurzem, als er in Europa war, dass wir in eine Epoche einer langen Konfrontation zwischen Demokratie und Autokratie eintreten. Sehen Sie, wie der moderne Westen, die Länder  funktionieren, die sich zum Vorbild der Demokratie erklärten. Die USA unterwerfen ganz Europa und lenken nicht nur die Nato, sondern de facto auch die EU, indem sie, ihre Infrastruktur, Potenziale im Interesse der Festigung der militärischen, politischen Positionen der USA auf dem „alten“ Kontinent nutzen. Wenn man über Demokratien und Autokratien spricht, ist diese „Gemeinschaft der Demokratien“ in Gestalt der USA, Nato und der EU ein Einheitliches (so wurde es unter US-Kommando) gegenüber anderen Vertretern der Weltgemeinschaft, ist eine offene Autokratie, wenn nicht Diktatur.

Unsere westlichen Kollegen riefen uns lange dazu auf, dass wir wie auch andere Länder die Rechtshoheit, Demokratie in der Form, wie die USA sie verstehen, gewährleisten. Doch sobald wir ihnen vorschlugen, über Demokratie in der internationalen Arena zu sprechen – nein, es kann keine Demokratie in der internationalen Arena geben. Die Westler hoben sogar den Begriff „Völkerrecht“ auf, der den Respekt der Prinzipien der UN-Charta und vor allem des Prinzips der souveränen Gleichheit der Staaten vorsieht. Unsere westlichen Kollegen pfeifen (Entschuldigung für ein grobes Wort) auf die souveräne Gleichheit der Staaten und darunter auch das Völkerrecht. Sie gebrauchen diesen Begriff nicht mehr, sie sagen jetzt, dass alle Länder den Gesetzen der auf Regeln beruhenden Weltordnung folgen sollen. Die Regeln bedeuten nur eins – sie werden vom Westen aufgestellt. Alle anderen sollen sich unterordnen. Das ist ein typisches Beispiel der Autokratie, Diktatur, die Ultimatum benutzt.

Wir fühlen uns nicht in Isolation. In Isolation fühlen sich jene, die sich ihr Leben nicht ohne so genannte „westliche Werte“ und ohne davon, dass sie mit weit ausgestreckten Armen oder mehr oder weniger positiv im Westen empfangen werden, vorstellten. Es gibt in diesem Leben viel wichtigere Dinge. Danach richtet sich eine überwiegende Mehrheit der Länder und Zivilisationen auf diesem Planeten.

Man soll einander respektieren, statt versuchen allen, mit groben Methoden ihre eigenen nagelneuen Pseudowerte aufzudrängen. Sie tauchten auf, als sich Neoliberalismus entwickelte, und man versucht, mit ihnen die seit Tausenden Jahren geschaffenen Kulturen und Zivilisationen zu unterdrücken. Das ist ein Weg in Sackgasse. Diese Versuche werden noch einige Zeit dauern. Doch historisch ist dieser Kurs verurteilt. Gerade er wird sich strategisch in vollständiger Isolation erweisen.

Frage: Ich weiß, dass Russland jetzt wichtigere Dinge hat, um die man sich kümmern soll, doch der „eigene Hemd ist näher zum Körper“. Jetzt muss Serbien seine Außenpolitik harmonisieren. Es führt keine Sanktionen gegen Russland ein. Für uns ist Russland der wichtigste außenpolitische Partner, wenn es um die Verteidigung unserer Souveränität in internationalen Organisationen geht. Wie sehen Sie ein mögliches Lavieren Serbiens zwischen zwei geopolitischen Polen und ob diese Erscheinung Zeitrahmen hat?

Sergej Lawrow: Wir antworten nicht auf die Beschlüsse, die Serbien, die serbische Führung, das serbische Volk treffen. Wir sind Brudervölker. Uns vereinigen gemeinsame Geschichte, Siege gegen gemeinsame Feinde. Wir spüren, wie tief diese Gefühle in der Seele des serbischen Volkes, in seinem historischen Gedenken wurzeln. Wir beobachten es heute. Wie drängen nie etwas mit Gewalt auf. Der Westen versucht, Serbien seinen Kurs, Interessen gerade mit dem Wirtschaftsdruck, Drohungen, Erpressung, Ultimaten in Bezug darauf – wenn sie in die EU wollen, sollen sie einen antirussischen Kurs einschlage -  aufzudrängen. Das ist unanständig.  Man kann sich so weder in der Gesellschaft, noch zu Hause, mit Freunden, in der internationalen Arena verhalten. Zumal wenn versucht wird, allen die „Hände zu brechen“. Präsident Aleksandar Vucic wandte sich mehrmals zu diesem Thema. Er sagte ehrlich, dass Serbien kein großes Land ist, doch es hat seinen eigenen Stolz, Interessen. Jetzt wird versucht, es einfach unter Druck zu setzen und es zum Instrument der Politik des Westens zu machen. So war es bei Nordmazedonien, Montenegro - und es wird versucht, mit Bosnien und Herzegowina es auch so zu machen.

Wir respektieren tief das serbische Volk, seine Anhänglichkeit an seine Traditionen, Geschichte und historische Freunde. Wir sind überzeugt, dass das serbische Volk weiterhin eine weise Wahl in jeder Situation machen wird, indem man sich nach eigenen indigenen Interessen richtet.

Frage: Ist Präsident Wladimir Putin bereit, sich an den Verhandlungstisch mit Präsident Wladimir Selenski zu setzen?

Sergej Lawrow: Russlands Präsident Wladimir Putin kommentierte mehrmals dieses Thema. Vor kurzem wurde es wieder angeschnitten, als die Fragen der ausländischen Kollegen, mit denen er in einem regelmäßigen Dialog steht, darunter bei Fragen der Situation in der Ukraine, beantwortet wurden.

Wladimir Putin sagte, dass er nie auf Treffen mit Präsident Wladimir Selenski verzichtete. Das Einzige, er hält es für prinzipiell wichtig, dass diese Treffen gut vorbereitet sein sollen. Jetzt ist die Situation so, dass die Krisenlage in der Ukraine, der innenukrainische Konflikt, der in allen diesen Jahren lange heranreifte, sehr viele Probleme es nicht zulassen, sich einfach zu treffen und zu sagen – „was meinst du, und was meine ich“. Das wird kontraproduktiv sein. Als die ukrainische Seite nach Beginn der militärischen Sonderoperation vorgeschlagen hat, Verhandlungen aufzunehmen, stimmten wir zu. Diese Verhandlungen dauern an. Heute bzw. morgen werden sie in Istanbul nach einer ganzen Reihe Videokonferenzen schon im Präsenzformat fortgesetzt. Wir sind daran interessiert, dass sie mit Ergebnis enden, das die für uns prinzipiellen Ziele erreichen wird – Einstellung des Mordes an friedlichen Einwohnern im Donbass, die lange acht Jahre dauerten. Die ganze fortgeschrittene westliche Gemeinschaft schwieg, machte kein einziges Mal kritische Kommentare, obwohl alle sahen, wie im Donbass es zu Bombenangriffen gegen die zivile Infrastruktur kommt – Krankenhäuser, Kindergärten, Polikliniken und Wohnhäuser. Tausende friedliche Einwohner kamen ums Leben. Doch der aufgeklärte Westen schwieg, rief nur zur Erfüllung der Minsker Abkommen auf. Als Kiew sagte, dass er sie nicht erfüllen wird, sagte der Westen, dass Russland sie dann erfüllen soll. Das ist Verzerrung des gesunden Verstandes, des Völkerrechts, Menschenrechts u.a.

Wenn wir Verhandlungen mit der ukrainischen Seite führen, müssen wir so machen, dass Menschen im Donbass nie mehr am Kiewer Regime leiden, dass die Ukraine nicht mit dem Westen, Nato im militärischen Sinne als physische, militärische Drohungen für die Russische Föderation kokettiert. Dass die Ukraine nicht mehr ein Land ist, das ständig militarisiert wird und es wird versucht, dort Angriffswaffen, die die Russische Föderation bedroht, zu stationieren. Dass in der Ukraine Anstrengungen zur Förderung der neonazistischen Ideologie. Praxis stoppen.

Gut bekannt sind Beispiele solcher Erscheinungen. Sie stützen sich auf die Gesetzgebung der Ukraine. Ich würde absolut diskriminierende Gesetze, die der Verfassung der Ukraine und allen internationalen Verpflichtungen widersprechen, über das Verbot der Nutzung der russischen Sprache im Bereich Bildung, Medien nennen. In der letzten Zeit wurden Gesetze verabschiedet, die die Nutzung der russischen Sprache im Alltagsleben verbieten. Demilitarisierung und Entnazifizierung der Ukraine sind ein obligatorischer Bestandteil der Vereinbarungen, die wir anstreben. Ich hoffe, dass es auf der ukrainischen Seite ein Verständnis der Schädlichkeit der Erscheinungen, die dort „blühen“, nachdem die Ukraine unabhängig wurde und wie dort Tendenzen der Vergöttlichung der Naziverbrecher Schuchewitsch, Bandera wiederbelebten, verstehen. Im Rahmen der Entkommunisierung wurden Denkmäler für große Personen, die die Ukraine vor Nazis befreiten, demontiert, mit Hilfe der westlichen Instrukteure wurden nationale Bataillone gebildet, die nicht nur Nazi-Symbole an der Uniform trugen, sondern auch in der Praxis Nazi-Methoden der Kriegsführung erschlossen. Wenn sie gesehen haben, wie jetzt ukrainische Nazis aus Bataillonen Asow und Aidar mit russischen Kriegsgefangenen umgehen, denke ich, dass ihnen alles klar sein wird. Das Treffen in notwendig, sobald wir Klarheit in Bezug auf die Lösung bei allen diesen wichtigsten Fragen bekommen werden.

Wir machten seit vielen Jahren auf diese Probleme aufmerksam. Der Westen hörte uns nicht – jetzt hat er gehört. Zumindest etwas. Jetzt ist es am Wichtigsten, damit aufzuhören, den Ukrainern in die Hände zu spielen, die nur den Schein der Verhandlungen und Beschlüsse schaffen wollen. Daran haben sie Erfolg erreicht, als die Minsker Vereinbarungen sofort nach ihrer Unterzeichnung im Februar 2015 sabotiert wurden. Im Ergebnis wurde gesagt, dass sie nicht erfüllt werden. Wir kennen sehr gut ihre Fähigkeit den Prozess nachzuahmen. Diesmal wird es nicht geschafft, so davon abzukommen. Man braucht ein Ergebnis nach den Verhandlungen, das von Präsidenten festgeschrieben wird.

Frage: Meine Frage betrifft die Söldner in der Ukraine. Jetzt wird darüber nicht nur in Russland, sondern auch in der Welt gesprochen. In Syrien kämpften auf der Seite der Islamisten hunderte Staatsbürger des Kosovo und Bosnien und Herzegowinas. Der Westen kritisierte dafür weder Pristina noch Sarajewo. Jetzt wollen solche Menschen in der Ukraine kämpfen, zusammen mit ihnen auch kroatische Freiwillige. Die kosovarisch-albanische Führung und Strukturen Pristinas unterstützten Kiew. Man möchte Ihren Kommentar dazu hören.

Sergej Lawrow: Wir waren unter jenen, die die westlichen Partner seit vielen Jahren warnten, dass in mehreren Ländern auf dem Balkan aktiv Anwerber des Islamischen Staates und anderer Terroreinheiten vorgehen. Wir warnten vor Folgen, die solche Nachsicht für Europa selbst haben kann. Die Statistik ist bekannt: Pristina verfügt über eine Rekordzahl von Extremisten nach Pro-Kopf-Verhältnis, die nach Syrien und in den Iran kämpfen gingen. Niemand wollte uns hören. Dann waren unsere westlichen Kollegen darüber erstaunt, woher Kopfschneider kamen, die Terroranschläge und Massaker in europäischen Städten organisierten. Söldner werden sich nicht mit der Ukraine beschränken, wenn ihre ruhmlose Präsenz auf dem ukrainischen Territorium endet. Es ist absolut klar, dass sie dann in europäische Städte ziehen und dort ihre so genannte Arbeit fortsetzen werden. Wissen sie, dabei wird sowohl in Kroatien, als auch in Bosnien und Herzegowina und im Kosovo die Teilnahme an Kampfhandlungen in ausländischen Staaten per Gesetz verfolgt. Gegenüber einigen Personen, die in Syrien oder Irak kämpften und zurückehrten, wurden einst sogar keine Strafmaßnahmen getroffen. Doch jetzt ist es in Europa verbreitet, anders vorzugehen. Es dominiert die Politik der Doppelstandards, wenn es um die Ukraine geht. Darauf setzte der Westen im Interesse der Abschreckung Russlands. Alle Mittel eignen sich.

Wir sehen keine Reaktion darauf. Wir machten westliche Partner sowie Kollegen anderer Länder, Regionen der Welt darauf aufmerksam, dass ukrainische Botschaften auf ihren Webseiten Dienstleistungen zur Abfertigung der Dokumente für Söldner zu ihrer Entsendung in die Ukraine anbieten und damit die Anforderungen des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen grob vernachlässigen, den Status der diplomatischen Vertretung diskreditieren. Einige von diesen Söldnern traten in Sozialen Netzwerken auf, ihre Erklärungen wurden in einigen TV-Sendern ausgestrahlt. Es ist klar, dass sie keine Freiwilligen sind. Sie gingen, fürs Geld kämpfen. Sie haben dort keine Rechte in Bezug auf den Schutz gemäß dem humanitären Recht. Sie sind keine Kombattanten, auf sie dehnen sich die Schutzmaßnahmen nicht aus.

Was die Unterstützung Kiews durch Pristina betrifft, ist hier alles klar. Es handelt sich nicht darum, dass Kosovo als selbstausgerufener krimineller Quasi-Staat, sich um das Völkerrecht kümmert. Er will einfach die Situation nutzen, um die Anerkennung ihrer Pseudounabhängigkeit zu erreichen und sich beinahe als Hauptverbündeter der USA und Nato auf dem Balkan positioniert.

Unsere Position dazu ist gut bekannt. Wir warnten vor der Unzulässigkeit der Förderung unannehmbarer Handlungen Pristinas, traten immer dafür ein, dass das Kosovo-Problem in strikter Übereinstimmung mit der Resolution 1244 des UN-Sicherheitsrats gelöst werden sikk. Wenn die UN-Generalversammlung 2010 der EU ein Mandat eines Vermittlers zwischen Pristina und Belgrad verlieh, bekamen wir irgendwelche Hoffnung. 2013 konnte die EU die Unterzeichnung eines Abkommens über die Schaffung einer Gemeinschaft serbischer Munizipalitäten des Kosovo zwischen Pristina und Belgrad erreichen. Das Dokument, das die Garantien der Sprach-, Kulturrechte der Serben, Rechte im Bereich Organisierung der lokalen Selbstverwaltung und besonderer Verbindungen mit Serbien garantierte. Bislang wurde diese Gemeinschaft serbischer Munizipalitäten des Kosovo nicht geschaffen. Wenn wir daran unsere westlichen Kollegen erinnern, schweigen sie beschämend und sagen, dass alles auf dem Tisch bleibe, doch man soll die Erfüllung dieses Beschlusses geduldig anstreben. Ich denke, dass die EU ihre vollständige Haltlosigkeit als Garant gewisser Vereinbarungen zeigte.

Im Februar 2014 garantierte die EU das Abkommen über die Regelung der Situation in der Ukraine zwischen Präsident Viktor Janukowitsch und der Opposition. Am nächsten Morgen, als die Opposition dieses Abkommen brach, schwieg die EU einfach und berief sich beschämend auf irgendwelche demokratischen Prozesse.

2015 unterzeichneten Frankreich und Deutschland zusammen mit uns mit den Ukrainern ein Abkommen, das Minsker Vereinbarungen genannt wurde. Alle diesen Jahren erfüllte Kiew sie nicht. Kiew sagte öffentlich, dass sie es nicht machen werden.

Jetzt sagt Albin Kurti, dass er nicht die Vereinbarungen über die Gemeinschaft serbischer Munizipalitäten des Kosovo erfüllen wird. In allen diesen Fällen garantierte die EU die Vereinbarungen und scheiterte vollständig dabei. Ich bin überzeugt, dass die EU keinen Druck auf Pristina ausüben wird, um es dazu zu zwingen, etwas zu erfüllen, was erneut Europa initiierte. Was das Problem der Söldner betrifft, wird auf Pristina seitens der EU und der USA kein Druck ausgeübt. Die USA fühlen sich sehr gut. Sie schufen verdeckt den größten Militärstützpunkt auf dem Balkan – Camp Bondsteel.  Pristina stellt die Aufrechterhaltung dieses Stützpunktes nicht infrage und ist hingegen daran interessiert. Ich denke, dass Pristina alles erlaubt und verziehen wird.

Frage: Das Endziel ihrer Sonderoperation ist nicht ganz klar. Von Anfang an wurde über Entnazifizierung, Schutz der Donbass-Bevölkerung gesagt. Jetzt scheint es, zumindest aus dem Ausland, dass es nicht das Einzige ist, was Russland anstrebt. Viele Russen können nicht sagen, worin diese Ziele bestehen. Einige können der Begründetheit dieses Konfliktes nicht zustimmen.

Sergej Lawrow: Jeder Mensch hat das Recht, seine Position zu bestimmten Ereignissen, die in seinem Land und in anderen Ländern vor sich gehen, zu wählen und zu bestimmen.

Was unsere Ziele betrifft – ist es natürlich die Beseitigung der Bedrohungen, die in diesen langen acht Jahren der Grund des Todes von Tausenden Menschen und Zerstörungen der Zivilobjekte in der Ukraine: Schulen, Krankenhäuser, Werke, Fabriken u.a. wurden. Das ist, was das Kiewer Regime gegen die Bevölkerung von Donbass bei stillschweigender Zustimmung des Westens machte. Wenn der Westen jetzt von der Notwendigkeit, das internationale humanitäre Recht zu respektieren und die Menschenleben zu retten, besorgt ist, werde ich das begrüßen, doch man soll so vorgehen, um die Gründe, Wurzeln zu sehen, in der wir uns heute erwiesen.

Die Wurzeln bestehen darin, dass aus der Ukraine gleich nach ihrer Unabhängigkeitserklärung, nach dem Ausstieg aus der Sowjetunion „Anti-Russland“ gemacht wurde. Sie können sich darin vergewissern, wenn sie die Gesetze des Kiewer Regimes ansehen, wo de facto die russische Sprache vollständig verboten ist, Gesetze und Programme der Entwicklung von offen nazistischen Strukturen angenommen wurden.

Die nazistische Ideologie und Praxis wurzeln tief in der ukrainischen Gesellschaft. Die Armee und die Streitkräfte der Ukraine sind von Offizieren der nationalen Freiwilligenbataillonen durchdringt, die öffentlich nazistischen Ideen folgen, den Ideen von Adolf Eichmann folgen aufrufen, der in Europa in der Nazi-Zeit bekannt ist. Sie haben sogar Symbole, Tattoos – alles widerspiegelt Embleme der nazistischen SS-Bataillone. Wenn wir europäischen Werten folgen werden, denke ich nicht, dass es Platz für solche Ideologie und Praxis gibt. Europa soll das beenden, wenn es sich tatsächlich nicht erneut in einer Situation erweisen will, wenn es von solcher Welle – braunen oder einer anderen Farbe, die Neonazis vertreten, überflutet wird.

Es geht um etwas viel Größeres als um die Lösung irgendeines einzigen Problems. Russland kann nicht akzeptieren, dass man aus der Ukraine einen Nato-Vorposten machen wollte, wo es von Schlagwaffen wimmeln würde, die gegen unser Land gerichtet wären. Wir können nicht akzeptieren, dass der Westen die Ausrottung von allem Russischen (der Sprache und Kultur)in der Ukraine förderte. Wo blieben denn unsere westlichen Kollegen, als Kiew russische Massenmedien, TV-Sender und Verbreitung nicht nur von Druckmedien, sondern auch von in unserem Land gedruckten Büchern verbot? Dort wurden drei russischsprachige Fernsehsender geschlossen, die ukrainischen Staatsbürgern unmittelbar gehörten.

Sie haben erwähnt, dass manche Bürger Russlands mit den aktuellen Ereignissen nicht einverstanden sind und ihre Besorgnisse äußern. Manche von ihnen äußern sie nicht, sondern befassen sich mit ihren Sachen: Journalisten, Kulturschaffende, Sportler. Die ukrainische Seite setzte sie hundertweise auf Sanktionslisten. Erst gestern wurden weitere 46 Namen von russischen Kulturschaffenden, Künstlern, Sportlern und Journalisten auf die „schwarzen Listen“ des ukrainischen Regimes gesetzt. Alle halten das für normal. Ein Russe im heutigen Europa zu sein, bedeutet sich einem kolossalen Risiko auszusetzen, und zwar dem Risiko, zusammengeschlagen zu werden. Solche Präzedenzfälle gab es schon.

Unsere Aufgabe ist, eine langfristige Sicherheit in Europa zu gewährleisten. Das ist unmöglich, wenn man Versuche nicht unterbindet, die Ukraine in die Nato einzubeziehen, ohne die Sicherheitsgarantien abzusprechen, die die Interessen Russlands, der Ukraine und der europäischen Länder berücksichtigen würden. Wir haben uns davon überzeugt, als wir 2021 versuchten (leider erfolglos), ein ernsthaftes Gespräch mit den USA und der Nato über die Sicherheitsgarantien zu beginnen, insbesondere für die Ukraine – ohne eine Erweiterung der Nordatlantischen Allianz. Aber niemand hörte uns zu.

Man hatte uns häufiger, die Nato nicht mehr zu erweitern – beispielsweise als es um die Wiedervereinigung Deutschlands handelte, als die UdSSR und der Warschauer Vertrag sich ihrem Ende näherten. Damals log man uns ins Gesicht. Als wir an die damaligen Versprechen erinnerten, sagte man uns, man hätte uns nie so etwas versprochen. Später, als wir entsprechende Fakten vorlegten, sagte man, man hätte das „mündlich“ versprochen. Damals musste man uns angeblich „beruhigen“, und es gab wichtigere Aufgaben: die Sowjetunion sollte „sich ohne Folgen für Europa schließen“.

Als sich die Situation nach Einschätzung des Westens „beruhigte“, konnte man weiter gehen. Jetzt sagt man, wir brauchen keine Angst zu haben, weil die Nato „ein Verteidigungsbündnis“ sei. Das war aber ein Verteidigungsbündnis, als es gegründet wurde. Man erläuterte uns weiter: „Die Nato verteidigt ihr Territorium“. Wir verstanden, wo ihr Territorium lag, als es die Berliner Mauer gab – aus Beton und auch die imaginäre Mauer: zwischen der Nordatlantischen Allianz und dem Warschauer Vertrag. Als es aber den Warschauer Vertrag und die Sowjetunion nicht mehr gab, beschloss die Nato, sich weiter im Osten zu verteidigen, und dann rückte sie noch etwas nach Osten usw. Was ist das aber für ein Verteidigungsbündnis, das seine Verteidigungslinie selbst bestimmt? Und dabei nimmt es neue Länder auf, die niemand überfallen oder einmal bedrohen will!

Jens Stoltenberg (die norwegische Zentralbank wird lange auf ihn warten müssen – er steht nach wie vor an der Spitze der Allianz) erklärt, die Nato müsste die Verantwortung für die globale Sicherheit übernehmen. Das ist gerade die Verteidigungsgrenze, und dann verwandelt sich Demokratie in Autokratie und Diktatur. Er sagt, die Rolle der Allianz sollte auch im Indopazifischen Raum erhöht werden – so wird der Asien-Pazifik-Raum genannt. Dabei deutet er direkt auf das Südchinesische Meer. Dort soll offensichtlich die Verteidigungslinie verlegt werden.

Wir wollen, dass die Nato zur Vernunft zurückkehrt. Es bestehen Gründe, zu glauben, dass Russlands sehr große Besorgnisse, die unsere legitimen Grundinteressen betreffen, jetzt gehört worden sind. Man begreift sie allmählich. In diesem Fall wird man auch das Kiewer Regime beeinflussen, das zuhören und in Wirklichkeit alles tun wird, was man ihm im Westen sagt. Ich hoffe, dass die ukrainischen Unterhändler sich konstruktiv zeigen, so dass wir irgendwann die nötigen Ergebnisse erreichen werden.

Dass diese Unterhändler, wie auch das Kiewer Regime, unselbstständig sind, hat meine Amtskollege, die britische Außenministerin Elizabeth Truss, unglaublich blauäugig geschildert. Sie sagte nämlich, dass der Westen den Ukrainern bei der Erarbeitung ihrer Verhandlungsposition helfe. Aber wer kennt denn die Situation in unserer gemeinsamen Region besser als London?! Dann sagte sie, der Westen sollte Russland weiterhin unter Druck setzen und die aktuellen Sanktionen verdoppeln. Und wenn die Verhandlungen beginnen, sollte Großbritannien das Land werden, das die nötigen Auswege sichern würde. Das ist ja eine unglaubliche „Offenheit“! Da muss man eigentlich nichts kommentieren.

Ich sehe, dass es Chancen auf eine Vereinbarung gibt. Man sieht langjährige äußerst grobe Fehler unserer westlichen Partner ein. Aber aus verständlichen Gründen wird man das nie offen zugeben.

Frage (übersetzt aus dem Englischen): Wäre Belgrad aus Ihrer Sicht der ideale Ort für Verhandlungen über diese Situation?

Sergej Lawrow: Belgrad ist eine hervorragende Stadt aus der Sicht seiner Lage und seines Status. Es würde für Verhandlungen auf jeder Ebene durchaus passen.

Es geht darum, dass der Verhandlungsort für beide Teams passend sein sollte. Drei Runden von Offline-Verhandlungen fanden in Weißrussland statt. Dann wurde aus technischen Gründen eine Pause eingelegt. Es war schwierig, sich direkt zu treffen, und es wurden mehrere Videokonferenzen durchgeführt. Jetzt wurde die Vereinbarung zum Treffen in Istanbul getroffen. Das ist ein geografischer Ort, bezüglich der die Möglichkeiten beider Seiten übereinstimmen. Wir sind bereit, auch andere Orte zu erwägen, auch Belgrad.

Frage (übersetzt aus dem Englischen): Die Serben erinnern sich gerade an die Nato-Bombardements. Viele sagen, die Argumente Präsident Putins für den „Angriff“ auf die Ukraine seien den damaligen Argumenten der Nato für die Aggression gegen Jugoslawien identisch. Was können Sie auf diese Behauptungen sagen?

Sergej Lawrow: Unsere westlichen Kollegen sind dafür bekannt, dass sie Fakten entstellen, ohne sich dafür zu schämen. Sie bemühen sich immer darum, ihre Position und ihre Forderungen mit der Entstellung der wahren Situation zu begründen.

Wir sprachen vom Staatsstreich in der Ukraine im Februar 2014, als die von der EU gegebenen Regelungsgarantien zertreten wurden. Die Neonazis, die an die Macht kamen, verlangten sofort, den Status der  russischen Sprache in der Ukraine abzuschaffen, von der Krim „abzuhauen“, und schickten auf die Krim ihre Kämpfer los, die das Haus des Obersten Sowjets stürmen sollten. Erst dann standen die Krim-Einwohner gegen solche Angriffe auf, und es wurde das Referendum organisiert. Jetzt schildert der Westen die damalige Geschichte nicht vom Scheitern der Europäischen Union an, deren Unterschrift für die Opposition, die den Staatsstreich vorangebracht hat, nichts wert war, und auch nicht von den Angriffen der Putschisten auf die russische Sprache und auf Russen an. Der Westen schildert die damaligen Ereignisse von dem Zeitpunkt an, als es zur so genannten „Annexion“ der Krim kam. In Wahrheit war das aber keine Annexion, sondern eine freie Willensäußerung, zu der es nach dem Staatsstreich gekommen war, den der Westen unterstützt hatte. Aber der Westen streicht aus dieser  Geschichte diese mehrere Wochen vor dem Referendum auf der Krim. Man sagt, es sei zur „Annexion“ der Krim gekommen, und deshalb seien die Sanktionen verhängt worden. Aber in Wahrheit wollte man Russland für seine eigenen Fehlschläge und für seine eigene Unfähigkeit, das Wort zu halten, bestrafen.

Alles, was gerade in der Ukraine vorgeht, zählt der Westen seit 24. Februar, als Präsident Putin die militärische Sonderoperation verkündete. Dass in der Ukraine jahrelang Russen, die russische Sprache und Kultur schikaniert wurden, dass Russlands Appelle an die Nato und die USA, die „Erschließung“ der an die Russische Föderation grenzenden Territorien wäre unzulässig, dass ein Nato-Beitritt der Ukraine verhindert werden sollte, dass man aufhören sollte, die Ukraine mit Waffen „vollzupumpen“, dass es dort keine Marinestützpunkte und (wie sich herausgestellt hat) militärische Biolabore geben dürfte – dass all das ignoriert wurde, erwähnt jetzt kaum jemand. Man sagt, Russland hätte seinen Sondereinsatz gegen den ukrainischen Staat unbegründet begonnen. Aber dass der ukrainische Staat acht Jahre lang auf die Minsker Vereinbarungen pfiff und Städte und Dörfer mit Bomben bewarf und friedliche Menschen tötete – das alles liegt jenseits der Grenze, von der der Westen seine zornige und prinzipielle Positionierung zählt.

Ich habe gehört, dass Präsident Selenski in seinem Interview für einige russische Medien auf die Frage über die Biolabore gesagt hatte, das wären alles Lügen und es würde sie nicht geben. Wenn der Westen bereit ist, solche Kommentare zu „schlucken“, dann heißt das, dass unsere Eindrücke von der modernen westlichen Politik nur noch fester werden. Es gibt etliche Seiten von Dokumenten, die wir im UN-Sicherheitsrat präsentiert haben, und der ukrainische Präsident Wladimir Selenski sagt, das wären alles Lügen.

Ich darf erinnern, wie sich die Aggression im Jahr 1999 entwickelte. Denn jetzt erinnert sich kaum jemand daran, wie die OSZE-Mission im Kosovo mit dem Amerikaner William Walker an der Spitze ausgenutzt wurde. Damals besuchte er das Dorf Racak, wo mehrere Dutzende Leichen (vor allem Leichen von Albanern) in ziviler Kleidung entdeckt worden waren. Er erklärte sofort (obwohl er dazu gar nicht bevollmächtigt war), es würde sich um einen Völkermord handeln. Jetzt, wenn Hunderte ethnische Russen im Donbass acht Jahre lang offenbaren Völkermord-Aktionen ausgesetzt wurden, sagt man uns, wir dürfen nicht die Situation bezeichnen, die im UN-Sicherheitsrat behandelt werden sollte. Die Ukraine hat sich sogar gegen Russland an den Internationalen Gerichtshof gewandt und erklärt, wir würden diesen Begriff missbrauchen. Aber damals sprach der Amerikaner William Walker an der Spitze der OSZE-Mission nach der Entdeckung von Leichen in ziviler Kleidung vom Völkermord, und zwar nicht im Namen irgendeines Staates, sondern in seinem eigenen Namen. Dabei hatte er als Leiter der OSZE-Mission kein Recht auf solche Erklärungen. Die westlichen Länder stützten sich aber auf diese rechtswidrige Erklärung und sagten, ihr Kragen wäre geplatzt, und sie begannen die Bombenangriffe auf Belgrad. Wie Sie wissen, verlangte der damalige US-Senator Joe Biden, dass die Bombardements gestartet werden, dass Brücken über den Fluss Drina gebombt werden, und das wurde auch getan. Es ist allgemein bekannt, dass später eine Sonderkommission „die Situation in Racak“ untersuchte und feststellte, dass die meisten entdeckten Leichen Kämpfern der „Befreiungsarmee Kosovos“ gehört hatten. Nachdem sie in einem Feuergefecht getötet worden waren, wurden sie in Zivilkleidung bekleidet. Doch das interessierte schon niemanden, denn die Sache war erledigt – der Vorwand war gefunden, genauso wir das „Reagenzglas  Colin Powells“, das als Vorwand für den Einsatz im Irak wurde. So war auch William Walkers Erklärung bezüglich Racaks.

Und man begann, Belgrad mit Bomben zu bewerfen. Wenn zivile Objekte angegriffen wurden, erklärte niemand, dass die Koalition Informationen über die Besetzung dieser zivilen Objekte durch die serbischen Streitkräfte gehabt hätte. Nein. Es wurden einfach Brücken bombardiert, wenn Passagierzüge über diese Brücken fuhren. Es wurde das TV-Zentrum gebombt. Als man sich über die Unzulässigkeit  solcher Behandlung von Massenmedien empörte, wurde erwidert, das wären keine Massenmedien gewesen, sondern eine Struktur der serbischen Propaganda, die den Kampfgeist der serbischen Armee aufrechterhalten hätte.

Das ähnelte teilweise der Situation, als man in Frankreich Journalisten von RT und Sputnik die Akkreditierung für Beleuchtung von Veranstaltungen im Élysée-Palast verweigerte. Auf die Frage, warum die Franzosen so vorgehen und warum es zu solcher Diskriminierung gekommen war, sagte man, das seien keine Massenmedien, sondern Instrumente der russischen Propaganda. Solche Maschen sind längst bekannt, und sie bedeuten nur eines: Der Westen darf alles. Genauer gesagt, der Westen glaubt, alles zu dürfen – Fakten entstellen, selbst wenn diese Fakten in verschiedenen Fällen einander widersprechen. 

Was die Ereignisse in Belgrad angeht, so war der Westen bei dem damaligen Blutvergießen sehr konsequent, wobei jede Menge Zivilisten sterben musste. Genauso passierte das später auch im Irak, wo Hunderttausende Zivilisten getötet wurden. Später erklärten die westlichen Ideologen und Inspiratoren dieser aggressiven Kriege, die Etablierung der Demokratie dort wäre dieser Kriege wert gewesen. Das Magazin „Time“ erschien damals mit der Schlagzeile, die Bombenangriffe auf Belgrad hätten den Frieden gebracht. So wurde das alles geschildert. Die Scheinheiligkeit unserer westlichen Kollegen ist allgemein bekannt. Dennoch plädierten wir all diese Jahre für Absprache von Sicherheitsnormen und -regeln, die für die ganze OSZE-Region gleich sein sollten.

Vor 13 Jahren plädierten wir für einen Vertrag über die europäische Sicherheit, der politische Erklärungen auf höchster Ebene, dass niemand seine Sicherheit auf Kosten der Sicherheit anderer festigen dürfte, kodifizieren würde. Aber man sagte uns, die Nato würde einen solchen Vertrag nicht diskutieren, denn juristische Sicherheitsgarantien wären nur im Rahmen der Nato möglich. alle anderen sollten selbst daran denken, wie sie sich schützen könnten. Diese unverhohlen autokratische Vorgehensweise zeigten unsere Kollegen noch im Jahr 2009.

Frage: Wir alle sind Augenzeugen einen brutalen Informationskriegs – es gibt ja jede Menge von Fakes und Gerüchten. Die Hauptaufklärungsverwaltung des ukrainischen Verteidigungsministeriums verbreitete unlängst das Gerücht, dass russische Oligarchen, die mit der politischen Führung Präsident Putins unzufrieden seien, seine Entmachtung diskutieren würden. Es wurden Gerüchte über seine grausame Isolation verbreitet, obwohl wir alle seine hohen Aktivitäten sehen. Es gab auch Gerüchte über den Gesundheitszustand des Verteidigungsministers Sergej Schoigu. Sie sind einer der nächsten Mitarbeiter Präsident Putins und haben gute Beziehungen mit dem Verteidigungsminister Schoigu. Wie können Sie das kommentieren?

Sergej Lawrow: Ich will solchen Unsinn, denn die ukrainischen Geheimdienste und auch unsere russischen Neoliberalen, die sich im Ausland aufhalten, verbreiten, gar nicht kommentieren. Sie verteilen offenbar Materialien, die verbreitet werden müssen – und das tun sie auch. Das sind alles unverhohlene Lügen. Alle sind gesund und munter – und alle arbeiten. Man kann das alles im TV und in sozialen Netzwerken sehen. Die ganze Regierung, das ganze Präsidialamt – alle arbeiten, indem sie sich an den Interessen unseres Landes sowie an ihren Dienstpflichten orientieren.

Frage (übersetzt aus dem Englischen): Wir sehen nicht mehr, dass jemand versuchen würde, „Pendeldiplomatie“ auszuüben, oder dass jemand die Rolle des internationalen Vermittlers übernehmen würde. Ist das ein Beweis für das Scheitern der Diplomatie?

Sergej Lawrow: Diplomatie haben wir all diese Jahre beobachtet. Ich muss abermals daran erinnern, dass die EU im Februar 2014 als Garant der Vereinbarungen zwischen dem Präsidenten der Ukraine und der Opposition auftrat. Das war der Höhepunkt der Diplomatie. Aber schon am nächsten Morgen pfiff die Opposition auf diese Diplomatie, und die EU musste diese Situation „schlucken“. Dann erreichte die Diplomatie neue Höhen: im Februar 2015 in Minsk. Es wurden die Abkommen unterzeichnet, die dem Krieg in der Ostukraine ein Ende setzen und den Weg zur Wiederherstellung der territorialen Einheit der Ukraine räumen sollten, indem der Donbass einen Sonderstatus bekommen würde. Ungefähr denselben Status, der im Abkommen über Bildung der Gemeinschaft serbischer Munizipalitäten im Kosovo verankert wurde. Und in beiden Fällen beteiligte sich die Europäische Union unmittelbar an den diplomatischen Ergebnissen. Und in beiden Fällen hat sich die EU völlig untauglich als Organisation  gezeigt, die dazu fähig wäre, vereinbarte Dinge zu erfüllen.

Jetzt sagen viele, man sollte der Diplomatie eine Chance geben. Natürlich wollen wir der Diplomatie diese Chance geben. Gerade deshalb haben wir den Verhandlungen zugestimmt, die jetzt in Istanbul wiederaufgenommen werden. ich habe eben Beispiele angeführt (in Wirklichkeit gibt es viel mehr solche Beispiele), wenn Errungenschaften der Diplomatie von unseren westlichen Kollegen zerstört wurden. Wir können ihnen jetzt nicht glauben. Ich will jetzt keine „Pendler“ sehen, die unsere westlichen Kollegen vertreten würden. Sie haben ihre Fähigkeiten schon im Februar 2014 in der Ukraine und im Februar 2015 in Minsk gezeigt.

Frage (übersetzt aus dem Englischen): Die Zeitung „Politika“ hat neulich die Rubrik „Thema der Woche“ der Suche nach einer Antwort auf die Frage: „Ob Nazismus 1945 besiegt wurde?“ – gewidmet. Warum verstehen die meisten europäischen Länder diese Rolle Russlands in der Ukraine nicht?

Sergej Lawrow: Das ist eine philosophische Frage, und sie sollte nicht an mich gestellt werden. Dass der Neonazismus in Europa noch lange vor den aktuellen Ereignissen reanimiert wurde, ist Fakt. Dass in Lettland jedes Jahr im März der Marsch von Waffen-SS-Veteranen organisiert wird, dass die Regierung diese Veranstaltung aktiv unterstützt, ist auch Fakt. Dass in der Ukraine und in Polen Denkmäler für Soldaten abgerissen werden, die den Faschismus bezwungen haben, dass in anderen EU-Ländern Denkmäler für Helden des Großen vaterländischen Kriegs bzw. des Zweiten Weltkriegs geschändet werden – das sind auch Fakten. Und auch dass in der Ukraine Denkmäler für Bandera und Schuchewitsch aufgestellt werden, die im Grunde Figuranten des Nürnberger Tribunals waren, ist auch allgemein bekannt. Und das alles dauert seit vielen Jahren an.

Ich hoffe sehr, dass das europäische Bewusstsein sich jetzt rüttelt. Denn in der Ukraine zeigte sich diese Tendenz zur Wiederbelebung der Nazi-Ideologie besonders klar. Dort gab es nicht nur Fackelzüge und Märsche, wie das in den Baltischen Ländern und einigen anderen Ländern der Fall war. Dort wurden vorsätzlich Kampfformationen aus Neonazis gebildet. Dafür gibt es dokumentarische Beweise: Fotos und Videos. Diese neonazistischen Militärs drangen in die Reihen der ukrainischen Streitkräfte ein, um dort Kommandostellen zu übernehmen. Das ist auch allgemein bekannt.

Ich bin sicher, dass sich Europa unsere Forderungen zur Verhinderung der Nazifizierung der Ukraine gut überlegen sollte (jedenfalls ist die Ukraine unser Nachbar, und es entsteht eine unmittelbare Gefahr für die Russische Föderation). Und zwar nicht nur Europa, sondern die ganze Welt. Es ist kennzeichnend, dass wir jedes Jahr einen Resolutionsentwurf über Unzulässigkeit der Heroisierung des Nazismus in die UN-Vollversammlung einbringen, und die ganze EU entzieht sich verschämt der Stimme, und die USA samt der Ukraine seit Jahren dagegen stimmen. Das war schon lange vor den aktuellen Ereignissen so. Die USA rechtfertigen sich damit, dass bei ihnen die Meinungsfreiheit gesetzlich verankert ist. Und das ist ja die ganze Antwort. Und dass es den Nürnberger Prozess gab, dessen Urteile verbindlich waren, interessiert inzwischen niemanden mehr.

Frage (übersetzt aus dem Englischen): Wird jetzt auf offizieller Ebene die Frage besprochen, dass die serbischen Behörden russische Unternehmen übernehmen sollten? Wenn die serbische Ölindustrie von den EU-Sanktionen nicht befreit werden sollte, wäre Russland bereit, den restlichen Anteil Serbien zu überlassen? Und unter welchen Bedingungen wäre das möglich?

Sergej Lawrow: Ich bin sicher, dass diese Frage gelöst werden wird. Wir haben gute Beziehungen. Sie wissen ja, welche Rolle die serbische Ölindustrie in der Wirtschaft unseres Landes spielt, welche Rolle dieses Unternehmen für den serbischen Haushalt spielt.

Ich bin überzeugt, dass diese Lösung auf Basis von Vereinbarungen unserer Länder und unserer Unternehmen gefunden wird. Da gibt es keine Zweifel.

 

 

 

 

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