Stenogramm der Pressekonferenz Aussenministers der Russischen Foederation Sergej Lavrov zu aussenpolitischen Ergebnissen des Jahres 2004 im Pressezentrum Aussenministeriums Russlands (Moskau, 19.Januar 2005)
Sergej Lavrov: Guten Tag!
Ich freue mich, Sie auf dieser Pressekonferenz begruessen zu koennen. Ich gratuliere allen, wem ich noch nicht gratuliert hatte, zum Neujahr, und wuensche ihnen erfolgreiche Arbeit. Wir schaetzen offene und freundliche Beziehungen ein, die sich zwischen uns und Journalisten entwickelt haben, und moechten sie auch ferner so gestalten.
Das vergangene Jahr war nicht einfach sowohl fuer Russland als auch fuer die ganze Weltgemeinschaft. Es wurde durch tragische Geschehnisse in unserem Land und in anderen Laendern gezeichnet. Jedoch halten wir die Jahresergebnisse fuer unser inneres Leben, unsere wirtschaftliche Entwicklung und Aussenpolitik fuer produktiv. Wir waren bestrebt, unsere Aussenpolitik auf die Loesung von Fragen der sozial-wirtschaftlichen Entwicklung Russlands einzustellen, alles, was wir auf dem internationalen Schauplatz tun, Interessen und Beduerfnissen der Menschen naeher zu bringen.
Die stabil wachsende Wirtschaft Russlands staerkt seine internationalen Positionen. Heute gibt es mehr Moeglichkeiten den politischen Dialog mit anderen Laendern zu entwickeln sowie diesen Dialog durch konkrete Projekte der wirtschaftlichen und investitionellen Zusammenarbeit zu untermauern. Dies bezieht sich auf die Beziehungen mit unseren naechsten Partnern, ich meine Unabhaengige Staaten. Dies bezieht sich auch auf die Beziehungen Russlands zu den meisten europaeischen Staaten. Zu Asiatisch-Pazifischen Staaten, zum Nahen Osten, zu Lateinamerika und natuerlich zu Vereinigten Staaten. Unsere Politik ist in verschiedene Richtungen gerichtet. Sie stuetzt sich auf reale Moeglichkeit des Landes, geht von dessen Interessen sowie Interessen unserer Partner in allen Regionen der Welt aus.
Unsere internationalen Kontakte zeugen davon, dass die ueberwiegende Mehrheit der Staaten weltweit daran interessiert ist, dass Russland auch ferner in internationalen Angelegenheiten eine aktive Rolle spielt. Es gibt sicherlich auch solche, die auf Russland misstrauisch schauen und sogar die anderen auffordern, Russland gegenueberzustehen, sich russischen Aktivitaeten auf dem internationalen Schauplatz entgegenzustellen. Es wird sie sicher kaum ueberraschen, dass ich dieses Herangehen als Aufruf zu einer neuen Konfrontation beurteile. Wir werden nicht nachgeben. Sie koennen uns nicht provozieren. Unsere aussenpolitischen Prinzipien bleiben fest. Wir werden unsere Interessen auch ferner behaupten, fest, konsequent, jedoch konstruktiv und verantwortungsvoll, ohne uns auf die Konfrontation einzulassen. Wir sind ueberzeugt, dass es einfach keinen anderen Weg gibt, denn die Groesse und das Wesen der vor der Weltgemeinschaft stehenden Probleme erlauben uns nicht, in die Konfrontation abzugleiten und multilaterale kollektive Partnerschaft bei der Abwehr der vor uns allen stehenden Drohungen und Herausforderungen aufzugeben. Gerade davon gehen wir bei der Vorbereitung auf bevorstehende grosse Veranstaltungen in den naechsten Monaten des laufenden Jahres aus. Ich meine unter anderem das russisch-amerikanische Gipfeltreffen in der Slowakei, Feierlichkeiten anlaesslich des 60.Jahrestages des Sieges ueber dem Faschismus, den Gipfel Russland-EU sowie den G8-Gipfel und viel andere aussenpolitische Massnahmen, die fuer das Jahr 2005 geplant sind.
Die neuliche Tragoedie in Sued- und Suedostasien hat es wiederholt gezeigt, dass es fremde Not nicht gibt. Der weltweite Beistand zeigt, dass wir unsere Anstrengungen zur Bekaempfung des Terrorismus, Verhinderung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen sowie zur Abwehr sonstiger Drohungen und Herausforderungen, Voraussage von Naturkatastrophen sowie Zusammenarbeit bei der Bekaempfung deren Folgen vereinigen muessen.
Ich beschraenke mich auf diese Ansprache und schlage vor, die restliche Zeit zu nutzen, um auf die fuer sie interessanten Fragen zu antworten.
Frage: Bei der Einschaetzung des vergangenen Jahres fuer Russland auf dem internationalen Schauplatz unterscheiden sich Meinungen von Experten. Einige halten es fuer erfolgreich, anderen sind einer anderen Meinung. Wie sieht es in Wirklichkeit aus?
Und die zweite Frage. Am Donnerstag findet die Inauguration des US-Praesidenten George Bush statt. Wie will Russland Beziehungen zu diesem Land in den naechsten vier Jahren gestalten? Welche konkreten Beschluesse werden auf dem Gipfeltreffen in Bratislava erwartet, und was denken sie ueber die gestrige Ankuendigung von Condoleezza Rice, USA wollen den innenpolitischen Problemen in Russland mehr Aufmerksamkeit schenken, z.B. der Entwicklung der Demokratie in unserem Land?
Sergej Lavrov: Ich habe schon gesagt, dass das vergangene Jahr fuer Russland und andere Staaten nicht einfach war. Ich will die Ereignisse des letzten Jahres nicht aufzaehlen. Sie sind bekannt und erforderten schnelle Erwiderungen und ungewoehnliche Loesungen. Aber ich gehoere zu denen, wer Jahresegebnisse fuer Russland bzw. seine Aussenpolitik als positiv einschaetzt. Russische Aktivitaeten auf dem internationalen Schauplatz waren in verschiedene Richtungen gerichtet, und die Richtigkeit solcher Politik hat sich bestaetigt. Sie geht vom Pragmatismus, von der Wahrnehmung der nationalen Interessen aus, vor allem von der Sicherheit des Landes, von der Schaffung guenstiger Bedingungen fuer die Entwicklung der Wirtschaft und Erhoehung des Wohlstandes russischer Buerger. Auf allen genannten Richtungen wurden bedeutende Ergebnisse erzielt: Die voelkerrechtliche Grundlage unserer Beziehungen zu den Nachbarn sowie zu anderen Staaten wurde staerker. Dies drueckt sich unter anderem in der Verteidigung und Pflege der russischen Grenze aus. Einen wichtigen Aspekt stellt die Sicherheit dar. Gerade gestern wurde ein weiterer Schritt unternommen: Grenzvertrag mit Kasachstan wurde unterzeichnet. Unsere Grenze mit Kasachstan ist die groesste bilaterale Grenze in der modernen Welt!
Auch unsere Wirtschafts- und Handelsbeziehungen sowie militaer-politische Beziehungen mit den Partnern und Verbuendeten im GUS-Raum wurden staerker. Da will ich das Abkommen ueber den Einheitlichen Wirtschaftsraum der vier Laender erwaehnen - Russlands, der Ukraine, Weissrusslands und Kasachstans - sowie Gruendung und Entwicklung der Organisation des Vertrags ueber kollektive Sicherheit (OVKS), Errichtung eines neuen Militaerstuetzpunkts in Tadschikistan (neben dem Stuetzpunkt in Kirgisien). Diese Stuetzpunkte sichern die Wirksamkeit der OVKS, denn sie gehoeren zum Mechanismus der schnellen Reagierung auf Drohungen und Herausforderungen. Auch das Interesse fuer die Staerkung der Wirksamkeit der GUS waechst. GUS wird umgestaltet, um gemaess ihrer Charta, Integrationsprozesse je nach dem Bereitschaftsgrad der Mitgliedsstaaten zu jeweiligen Integrationsformen - wirtschaftlichen oder militaer-politischen - zu entwickeln. Da moechte ich neben OVKS und dem Einheitlichen Wirtschaftsraum die Eurasiatische Wirtschaftsgemeinschaft erwaehnen. Die GUS-Staaten betrachten die Gemeinschaft als einen wichtigen Forum, um Meinungen auszutauschen, strategische Bereiche des Zusammenwirkens unserer Staaten zu bestimmen, wo ihre Interessen zusammenfallen.
Wir haben uns um die Konfliktbeilegung im GUS-Raum bemueht. Als positiven Faktor betrachte ich den Umstand, dass heute kaum jemand mit der Moeglichkeit rechnet, diese Konfikte mit Militaergewalt zu loesen. Versuche, bei der Loesung einiger Konflikte im GUS-Raum zur Militaergewalt zu greifen, die im verlaufenen Jahr unternommen wurden, sind gescheitert und haben ihre Gegenproduktivitaet gezeigt. Das ist ein wichtiger Schluss fuer die Zukunft. Heute treten alle in solche komplizierten Konflikte verwickelten Staaten fuer deren Loesung mit diplomatischen, friedlichen Mitteln auf. Das ist das wichtigste Ergebnis des Jahres und die wichtige Schlussfolgerung fuer das laufende Jahr.
Unser Zusammenwirken mit Vereinigten Staaten wurde auch enger. Bei der Bekaempfung des Terrorismus muessen wir zusammen sein. Einen anderen Ausweg gibt es nicht. Unsere Staaten spielen in der globalen Anti-Terror-Koalition fuehrende Rollen. Im vergangenen Jahr haben wir zusaetzlichen Beitrag zu ihrer Festigung geleistet. Auf Grund des russisch-amerikanischen Projekts hat der Weltsicherheitsrat eine wichtige Resolution – die Resolution Nr.1540 – angenommen, in der ein neues wichtiges Prinzip fuer die gesamte internationale Gemeinschaft zur Bekaempfung des Terrors festgelegt ist. Dazu gehoert verantwortliches Handeln im Nuklearbereich, damit Massenvernichtungswaffen Terroristen nicht in die Haende kommen. Alle Staaten muessen dagegen sichere Sperren errichten, wobei Moeglichkeiten regionaler Einrichtungen genutzt werden koennen. Auch diesen Aspekt halten wir fuer aeusserst wichtig.
Russland und die USA sowie fuehrende europaeische und andere Laender sind vollberechtigte Mitglieder der Sicherheitsinitiative zur Verhinderung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen.
Unser Land entwickelte einen nuetzlichen Dialog mit Vereinigten Staaten ueber die strategische Stabilitaet. Beide Staaten verfuegen ueber einen von den beiden Praesidenten gebilligten Aktionsplan fuer alle Sicherheitsbereiche, fuer die Entwicklung das wirtschaftlichen Zusammenwirkens sowie Zusammenwirkens in anderen Bereichen unserer bilateralen Beziehungen.
Auch unsere Beziehungen zur Europaeischen Union haben sich entwickelt. Zwar moechten wir, dass dieser Prozess intensiver ist. Aber wir sind der Schwierigkeiten bewusst, mit denen EU-Laener bzw. Europaeische Union wegen der Erweiterung der Gemeinschaft zusammenstossen, und wegen deren tiefgreifenden Reformen, einschl. den Prozess der Einfuehrung der neuen EU-Verfassung.
Unsere Beziehungen zu Lateinamerika und zur Asiatisch-Pazifischen Region sind auch wesentlich fester geworden. Wir entwickeln bilaterale Beziehungen zu den Staaten dieser Regionen und stellen Beziehungen zu deren subregionalen Gemeinschaften her. Wir schliessen uns an die Integrationsprozesse, die da schnell vor sich gehen. Dabei tun wir es nicht, um unsere Beziehungen auf bestimmte Laender bzw. Regionen zu erweitern, sondern weil diesen Prozessen zugrunde gegenseitiges Interesse liegt. Wir fuehlen dieses Interesse seitens unserer Partner und erwidern es unter Bertuecksichtigung unserer eigenen Interessen. Im Wirtschaftsbereich und beim Zusammenwirken in globalen und regionalen Sicherheitsproblemen fallen sie zusammen. Wir spueren es bei unseren Kontakten mit Lateinamerika und der Asiatisch-Pazifischen Region.
Das vergangene Jahr hat wiederholt gezeigt, dass UNO (dabei geht es um konsequente Haltung Russlands) bei der Koordinierung des Vorgehens und der praktischen Schritte aller Staaten, bei der Beilegung von Konflikten, bei der Bekaempfung des Terrorismus und Verhinderung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen einen unersetzlichen Forum darstellt. Ich habe die wichtige Resolution des Weltsicherheitsrates ueber die Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen schon erwaehnt. Jetzt will ich noch eine UN-Resolution erwaehnen – die Resolution Nr. 1566 des Weltsicherheitsrates – die auf Russlands Initiative nach der Beslan-Tragoedie angenommen wurde. Darin wurden die Anforderungen an alle Staaten im antiterroristischen Kampf praezisiert. Dazu gehoeren u.a. einheitliche Standarde bei der Beurteilung der Taetigkeit von Personen, die der terroristischen Taetigkeit beschuldigt werden. Wir meinen, dass in diesem Bereich, also bei der Festigung der Multilateralitaet in der Weltpolitik, russische Haltung sehr produktiv war.
Zu ihrer zweiten Frage. Ich habe das Gipfeltreffen in Bratislava einen der wichtigsten Ereignisse der naechsten Zukunft genannt. Auf diesem Treffen werden Russlands Praesident Wladimir Putin und US-Praesident George Bush koennen, Meinungen und Einschaetzungen zur Umsetzung der von ihnen frueher erreichten Vereinbarungen auszutauschen. Wie ich betont habe, sind diese Vereinbarungen ganz konkret und wurden als Auftraege an jeweilige Behoerden der beiden Laender zusammengefasst. Es gibt auch deren Aktions- und Zeitplaene. Beide Praesidenten werden pruefen, wie diese Vereinbarungen in der Praxis umgesetzt werden. Das wird ein sehr umfassender Dialog sein. Sie werden bilaterale Fragen behandeln, die sich auf Wirtschafts- und Handels- sowie auf die Investitionszusammenarbeit beziehen. In diesem Bereich wurde im vergangenen Jahr viel gemacht. Amerikanische Unternehmen steigern ihre Praesenz auf dem russischen Markt, und russische Unternehmen erschliessen den amerikanischen Markt. Es gibt auch andere Gespraechsthemen in bilateralen Angelegenheiten, da gibt es auch umfassende Plaene. Neben bilateralen Beziehungen sind internationale Probleme von grosser Bedeutung. Sie werden auf dem Gipfeltreffen in Bratislava stark zum Ausdruck kommen. Dazu gehoeren Bekaempfung des Terrorismus, Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen, Kampf gegen Drogentraffic und organisierte Kriminalitaet – dies sind Themen des internationalen Dialogs, bei denen Russland und die USA auf Grund ihrer Moeglichkeit und ihrer Interessen auf dem internationalen Schauplatz fuehrende Rollen spielen muessen. Es soll auch auf die Fragen eingegangen werden, die sich auf die Notwendigkeit beziehen, Bereitschaft der internationalen Gemeinschaft gegen Naturkatastrophen – wie die Flutkatastpophe in Sued- und Suedostasien - zu staerken. Solche Gespraeche werden seit langem gefuehrt. Russland hat auf der Ebene des Notfallministeriums schon mehrmals vorgeschlagen, globale Agentur zur Vorhersage von Naturkatastrophen zu errichten. Und unter den gegenwaertigen Umstaenden koennte diese Initiative weiter entwickelt werden. Denn im weltweiten System des Zusammenwirkens von Staaten auf diesem Gebiet wurden viele Schwachstellen festgestellt. Bestimmt werden wir mit unseren amerikanischen Kollegen auf dem Gipfel in Bratislava Meinungen zu regionalen Konflikte in verschiedenen Regionen der Welt austauschen. Kraft verschiedener Gruende gehoeren Russland und die USA zu den Mitgliedern der Regelungsmechanismen praktisch aller dieser Konflikte. Ausser einigen kleinren Ausnahmen haengt die Entwicklung im Nahen Osten und in anderen Krisenherden auf unserem Planeten in grossem Masse von unseren Staaten ab.
Was meine Stellung zu den Worten der neuen US-Staatssekretaerin Condoleezza Rice betrifft, sie werde der innenpolitischen Lage in Russland mehr Aufmerksamkeit schenken, beispielsweise der Demokratie und der Situation mit den Menschenrechten, so kann ich sagen, dass es da fuer uns nichts neues gibt. US-Staatsdepartement publiziert regelmaessig Berichte ueber die Menschenrechte in verschiedenen Laendern. Nicht immer fallen diese Urteile mit den Einschaetzungen anderer Staaten, u.a. Russlands, zusammen. Es geht naemlich um die amerikanische Tradition. Auch wir verfolgen aufmerksam, wie andere Staaten ihre internationalen Verpflichtungen im Bereich der Menschenrechte einhalten. Da sollen unsere Kriterien identisch sein, denn sie stuetzen sich auf Dokumente, die Russland, die USA und andere Staaten unterzeichnet hatten. Die innenpolitische Lage ist unsere innere Angelegenheit. Das Leben in Russland entwickelt sich auf Grund der russischen Verfassung und der Beschluesse, die die russische Fuehrung gemaess dieser Verfassung trifft. Falls Beschluesse auf der nationalen Ebene im Widerspruch zu internationalen Verpflichtungen stehen, erregt es Besorgnis der internationalen Gemeinschaft. Ich glaube nicht, dass dieses Interesse Russlands Verhalten bzw. Innenpolitik sonst beeinflussen kann. Wenn wir die an uns gerichtete konstruktive Kritik vernehmen, hoeren wir darauf. Falls unsere innere Lage analysiert wird, um uns in den „Kalten Krieg" abgleiten zu lassen, so stimmen wer dem nicht zu. Ich zweifle, dass diejenigen, wer in den letzten Monaten in den Medien das Geschehen in Russland etwa als Rueckkehr zum Totalitarismus darzulegen versucht, es mit uns gut meint. Einen gefaellt es nicht, dass Russland staerker wird, den anderen, dass Russland politisch und finaziell immer selbstaendiger wird. Ich bin jedoch ueberzeugt, solche Versuche einzelner Menschen Medien zur Propaganda ihrer Ansichten zu nutzen, von ernsten Politikern nicht unterstuetzt werden. Und Condoleezza Rice kennen wir als eine ernste Politikerin. Ich glaube nicht, dass amerikanische Fuehrung den Kurs aufgibt, den beide Praesidenten zur Entwicklung der Partnerschaft zwischen unseren Laendern festgelegt haben. Da haben wir keine Zweifel.
Frage: Welche konkreten Ergebnisse haben wir im Kampf gegen das groesste Uebel – den internationalen Terrorismus – erreicht? O. bin Laden versteckt sich irgendwo, im Irak und in Afghanistan wird gesprengt, und in Europa und den USA verkehren solche Typen wie Sakajew.
Sergej Lavrov: Ich habe schon einige konkrete Ergebnisse im Kampf gegen Terrorismus im vergangenen Jahr genannt. Das sind wichtige Resolutionen des Weltsicherheitsrates, die Anforderungen an alle Staaten bei der praktischen Erfuellung von Beschluessen zur Staerkung der globalen Anti-Terror-Koalition, zur Verhinderung des Einsatzes von Massenvernichtungswaffen und deren Befoerderungsmittel durch Terroristen erhoehen. Das sind Staerkung der Sicherheitsinitiative im Bereich der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, Kooperation Russlands und der Nato bei Anti-Terror-Problemen, einschl. Unterzeichnung des gemeinsamen Aktionsplans zur Bekaempfung des Terrorismus im Dezember des vergangenen Jahres in Bruessel innerhalb des Russland-Nato-Rates, der einen vertraulichen Informationsaustausch, gemeinsame Manoever und Uebungen, Entwicklung von Sprengmitteldetektoren sowie andere konkrete Massnahmen vorsieht, die unsere Partnerschaft im Anti-Terror-Bereich innerhalb des Russland-Nato-Rates auf eine neue Ebene heben. Das ist auch die Teilnahme Russlands an der Operation „Aktive Anstrengungen" im Mittellaendischen Meer, die Schmuggel von Stoffen verhindern soll, die Terroristen fuer ihre Zwecke gebrauchen koennen. Das ist auch der Beschluss der Schwarzmeereslaender, den vorhandenen Mechanismus der Zusammenarbeit, den sogenannten „Blackseafor" im Kampf gegen Terrorismus und zur Verhinderung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen einzusetzen. Diese Entscheidungen wurden getroffen. Sie werden realisiert, z.B. ueber kollektive Streifenschiffkontrolle der Blackseaforstaaten des Schwarzmeeresbeckens. Das sind gemeinsame Manoever mit unseren Nato-Partnern in Russland: „Havarie - 2004" und „Kaliningrad - 2004". Das ist auch die steigende Bedeutung der Antiterrorprobleme beim Dialog Russlands mit den USA, der Europaeischen Union und anderen Staaten. Es wurden strategische Gruppen zur Verbesserung der bilateralen Zusammenarbeit im Anti-Terror-Kampf gebildet. Sie arbeiten, sie beraten, und an ihrer Arbeit nehmen Vertreter der Aussenministerien, Sonderdienste und anderer Behoerden teil, die mit solcher Taetigkeit beschaeftigt sind. Sehr nuetzlich ist der Informationsaustausch. In vielen Faellen ist es gelungen, Vorbereitung bzw. Veruebung von Terroranschlaegen zu verhindern. Ich sehe auf diesem Gebiet also grosse Erfolge. Die terroristische Drohung besteht, niemand hat aber gesagt, dass der Kampf gegen Terrorismus schnell sein wird. Damit er erfolgreich ist, muss man natuerlich Doppelstandarde aufgeben und all die, wer Terroristen schult, unterstuetzt, und Terroranschlaege veruebt, mit einem Mass messen. In diesem Zusammenhang erwarten wir, dass die der terroristischen Taetigkeit verdaechtigten Personen an die Laender ausgeliefert werden, die es beantragen. In der nach Beslan angenommenen Resolution Nr.1566 des Weltsicherheitsrates, ueber die ich schon gesprochen habe, wird es direkt betont, dass man solche Menschen von einheitlichen Positionen beurteilen muss. Im Idealfall sollte man eine einheitliche Liste der Personen zusammenstellen, die der Terrortaetigkeit beschuldigt werden. Diesen Vorschlag hat Russland in den Weltsicherheitsrat eingebracht. Z.Z. wird er geprueft, und zur Erforschung dieser Frage wurde eine Spezialgruppe gebildet.
Frage: Ist die GUS-Struktur aus Ihrer Sicht wirksam? In der letzten Zeit wird diese Gemeinschaft haeufig kritisiert, beispielsweise von georgischen Behoerden. Funktioniert alles in dieser Gemeinschaft gut? Vielleicht soll sie reformiert werden?
Und die zweite Frage. Werden solche akute Fragen eroertert wie Errichtung der gemeinsamen Anti-Terror-Zentren in Georgien und Unterzeichnung des Grossen Rahmenabkommens im Laufe ihres Aufenthalts in Georgien? Erwarten Sie einen Durchbruch in den Beziehungen nach ihrem Besuch bzw. Verbesserung der russisch-georgischen Beziehungen?
Sergej Lavrov: Was die Unabhaengigen Staaten betrifft, so wie ich schon kurz erwaehnt habe, wollen alle GUS-Staaten, diese Struktur wirksamer zu machen. Diese Wuensche sind begruendet. Viele Beschluesse, die nach der Gruendung der GUS gefasst wurden sind nur auf Papier geblieben. Sie hatten einen rein deklarativen Charakter. Es gibt auch Probleme wegen der zu breiten Tagesordnung auf den Sitzungen des Rates der Staatschefs und Rates der Regierungschefs. Der Haupttrend bei der GUS-Umreformierung waere die Entlastung des Rates der Staatschefs und des Rates der Regierungschefs, damit sich unsere Fuehrer auf ihren den Treffen auf strategischen Fragen der Zusammenarbeit, auf der Bestimmung der Bereiche, wo ihre Interessen zusammenfallen und es reale Moeglichkeit fuer gemeinsames Vorgehen gibt, konzentrieren koennen. Wir erkennen, dass Fachfragen, die regelmaessig den Staatschefs zur Behandlung vorgelegt wurden, auf der Ebene jeweiliger Ministerien geloest werden koennen, ob des Aussenministeriums, Innenministeriums, Verteidigungsministeriums, der Spezialdienste oder Rechtsschutzorgane. Alle diese Ministerien haben ihre Strukturen innerhalb der GUS. Wie die Praxis - z.B. die letzte Sitzung des Innenministerrates – zeigt, arbeiten diese Mechanismen fuer die Loesung der fuer alle Laender wichtigen Aufgaben erfolgreich. Unter den gegenwaertigen Bedingungen ist es vor allem im Rechtsschutzbereich spuerbar. Dabei gibt es auch Fachbehoerden, die nur ab und zu zusammenkommen oder uebrhaupt nicht zusammenkommen und angeblich keine Fragen zur gemeinsamen Behandlung haben. Solche Behoerden sollten lieber aufgeloest werden. Daran wird z.Z. gearbeitet. Im Kontakt mit allen GUS-Mitgliedern pruefen wir die Liste der GUS-Hilfseinrichtungen und werden entsprechende Vorschlaege zum naechsten Gipfeltreffen der Staatsoberhaeupter vorbereiten.
Einige Bereiche sind an der tieferen GUS-Aufgliederung interessiert. Zu diesen Bereichen gehoert humanitaere Zusammenarbeit im breiten Sinne, einschl. Kultur, Kunst, Film, Theater, Bildung, Wissenschaft, Sport und Touristik. Fuer einige diese Bereiche gibt es extra Rahmendokumente, und es ist wohl hoechste Zeit, zu pruefen, ob sie vielleicht konkretisiert werden muessen. Moeglicherweise muessen Vereinbarungen getroffen werden, die Austausch im Bildungsbereich, Zusammenarbeit zur Unterstuetzung von Sprachen der GUS-Laender im GUS-Raum, Veranstaltung von Film- und Theaterfestspielen sowie Sportwettkaempfen erleichetrn koennen. GUS-Fussballcup, der z.Z. in Moskau durchgefuehrt wird, ist sehr populaer. Vielleicht koennte man aehnliche Wettkaempfe in anderen Sportarten veranstalten. Darueber denken wir nach. Die ersten Schluesse, die wir auf Grund der ersten Kontakte zu unseren Partnern ziehen koennen, zeugen davon, dass wir Reformen durchfuehren muessen, GUS-Grundprinzipien jedoch erhalten koennen, naemlich Freiwilligkeit, verschiedene Integrationszeit. Dabei werden wir sicher einiges finden, womit das Leben unsere Laender zur engeren Zusammenarbeit anspornt.
Was meinen Besuch in Georgien betrifft, so, wenn ich mich nicht irre, haben wir ihn fuer den 18.Februar geplant. Hoffentlich werden Verhandlungen ueber den Grossvertrag und andere Fragen der bilateralen Beziehungen, einschl. Errichtung von Anti-Terror-Zentren unter Nutzung der Infrastruktur gegenwaertiger russischer Militaerstuetzpunkte noch davor wiederaufgenommen. Leider werden die Verhandlungen zum Grossvertrag seit einigen Monaten nicht gefuehrt. Aber wir hoffen, dass es noch vor meinem Besuch zu zusaetzlichen Kontakten mit der georgischen Seite kommen wird, bei denen der gesamte Komplex unserer bilateralen Beziehungen fortgesetzt wird. Dadurch kann die Arbeit am Vertrag schneller wiederaufgenommen werden.
Frage: Sergej Viktorowitsch, Sie haben gesagt, es werde keinen „Kalten Krieg" mehr geben. Ich lebe in Russland seit 13 Jahren und sehe, dass die Beziehungen zwischen unseren Laendern unter Putin und Bush nicht so warm wie unter Jelzin und Clinton sind. Meinen Sie nicht, dass die Beziehungen doch kaelter geworden sind, und Menschen in einander nicht Freunde sondern eher Feinde sehen?
Und die zweite Frage. Wie wirken sich politische Wandlungen der letzten Monaten in Russland, ueber die Russlands Praesident Wladimir Putin gesprochen hat, auf Russlands Image im Ausland aus?
Sergej Lavrov: Ich glaube nicht, dass die Beziehungen zwischen den Praesidenten Putin und Bush kaelter sind als zwischen Jelzin und Clinton. Ausserdem muessen wir im Klaren sein, was wir unter Waerme verstehen. Es koennen ganz warme bzw. heisse Beziehungen sein, die nichts konkretes beinhalten. Andereseits koennen es freundschaftliche, normale, gute Beziehungen sein, nicht „zu warm", die gleichberechtigte Partnerschaft, den Dialog und Zusammenarbeit in konkreten Angelegenheiten foerdern.
Nach unserer Beurteilung entsprechen die Beziehungen zweier Praesidenten dem zweiten Modell, es geht also um gegenseitigen Respekt zweier Fuehrer, die auf einander gut zu sprechen sind. Sie kommen zusammen, koennen alle Fragen behandeln, darauf Antworten bekommen und achten die Stellung des Partners. Sie koennen abstimmen, wie sie ihre Beziehungen weiter gestalten. Diese Vereinbarungen koennen zwar nicht immer voll realisiert werden, so wie die Praesidenten es wollten. Manchmal gelingt es auch der Buerokratie, darin einiges zu aendern. Wir halten es fuer falsch und werden konsequent daran arbeiten, dass die von unseren Praesidenten getroffenen Entscheidungen genau verwirklicht werden. Darum wird es auch in Bratislava gehen.
Ich habe nicht gehoert, dass ein bedeutender Teil der oeffentlichen Meinung in Russland Vereinigte Staaten als Feind betrachtet. Auch in den schwersten Jahren, als nach dem Zweiten Weltkrieg der „Kalte Krieg" ausbrach, betrachteten wir die USA nicht als Feind. Beide Staaten nutzten den Begriff „eventueller Gegner". Das war dadurch bedingt, dass die USA und die UdSSR ueber riesige Raketen- und Nuklearwaffenarsenale verfuegten, aber in ihrem Bewusstsein hielten die meisten einfachen Menschen in Russland die Vereinigten Staaten nicht fuer ihren Feind.
Was unsere innenpolitischen Reformen betrifft, so wurde mehrmals betont - und davon kann sich jeder Beobachter ueberzeugen - dass sie gemaess der Verfassung der Russischen Foederation, strikt nach dem Prinzip des Foederalismus realisiert werden, der ihnen zugrunde liegt. Diese Reformen entsprechen dem Prinzip des Foederalismus, das wurde vor kurzem vom Venediger Ausschuss des Europarates bestaetigt. Es gibt gibt auch diesbezuegliche Urteile der aussenstehenden Beobachter.
Nun zu Russlands Image bzw. Ruf. Natuerlich wollen wir alle, dass man uns weltweit respektiert. Es ist ganz natuerlich. Jedes Land will normal aufgenommen werden. In diesem Fall stellen Reformen nicht unser Selbstzweck dar. Reformen dienen dazu, unser Land zu staerken und auf die Herausforderungen an die Einheit unseres Landes gemaess seinem Platz in der Welt zu reagieren, die wir deutlich spueren. Sie sind notwendig, damit die Macht effizienter arbeitet und die Wirtschaft foerdert, und zwar nicht nur Brennstoff- und Energiewirtschaft, sondern auch den hochtechnologischen Bereich. Da muss der Staat auf allen Ebenen, einschl. regionale Ebene, wirklich grosse Aufmerksamkeit schenken. Damit die Macht die Beduerfnisse der Menschen besser beruecksichtigt, wird eine Oeffentliche Kammer gebildet. Die Welt braucht ein starkes Russland, denn das liegt in aller Interessen, dadurch wird der Kampf gegen Terrorismus, Massenvernichtungswaffen und neue Herausforderungen gefoerdert. Und wenn diejenigen, die es erkennen, in diesen Reformen positive Entwicklung fuer unser Land und fuer die Weltgeschicke sehen, so halten wir diese Einschaetzung fuer richtig. Diejenigen, die meinen, starkes Russland sei nicht in ihrem Interesse, haben wohl ein anderes Bild von uns. Es ist aber nicht unser Problem.
Frage: Wie schaetzen Sie den bevorstehenden Besuch des Praesidenten Syriens Bashar Assad ein? Nehmen Sie Stellung zum Laerm um den Verkauf von Raketen an Syrien.
Sergej Lavrov: Syriens Praesident Bashar Assad wird Russland zum ersten Mal besuchen, nachdem er 2000 das Amt angetreten hat. Syrien gehoert zu unseren wichtigsten Partnern im Nahen Osten. Mit diesem Land verbinden uns lange und gute Beziehungen. Wir legen viel Wert auf diesen Besuch im Hinblick auf den gesamten Komplex unserer bilateralen Zusammenarbeit. Wir hoffen, einige Wirtschafts- und Handelsabkommen zu unterzeichnen, die vertragsrechtliche Grundlage unserer Beziehungen staerken werden, sowie Abkommen, die unsere Zusammenarbeit im Energiebereich, Verkehr, in der Metallurgie und Bergbauindustrie foerdern werden.
Sicherlich werden wir auch auf die Lage im Nahen Osten eingehen. Syrien gehoert zu den Schluesselstaaten bei der Regelung der Nahostlage. Diese Regelung soll nicht nur palaestinensisch-israelische umfassen, sondern auch syrisch-israelische und libanesische Richtungen. Russland wie Syrien tritt gerade fuer ein umfassendes Herangehen an die Nahostregelung konsequent auf, um Einzelaspekte nicht aus den Augen zu lassen. Diese Rergelung muss komplex sein, und alle Versuche, einzelne Bestandteile aus dem Gesamtbild zu loesen, erschweren bzw. verzoegern die Regelung.
Was den „Raketenlaerm" betrifft, so habe ich zu dieser Situation Stellung genommen, wie auch Verteidigungsminister Sergej Iwanow. Unsere Zusammenarbeit mit Syrien ist breit und umfassend. Dazu gehoert auch die militaer-technische Zusammenarbeit. Nie haben wir jedoch in diesem Bereich gegen unsere internationalen Verpflichtungen verstossen, nie haben wir Waffen geliefert, die durch unsere internationalen Verpflichtungen verboten sind bzw. in konkreten Mengen die Lage in einigen Regionen destabilisieren koennen. All diese Prinzipien sind in der russischen Gesetzgebung verankert, und wir halten sie in unseren Beziehungen zu allen Staaten, einschl. Syrien, strikt ein.
Frage: Wenn ich in der letzten Zeit mit deutschen Investoren sprach, hatte ich den Eindruck, die Bedingungen haben sich geaendert, und sie zweifeln an Investitionsmoeglichkeiten in Russland. Was koennen Sie als Aussenminister sagen, um diesen Eindruck zu aendern?
Welche Beziehungen wollen Sie mit dem neuen Praesidenten der Ukraine aufbauen?
Sergej Lavrov: Ehrlich gesagt habe ich von meinen deutschen Kollegen nicht gehoert, dass ihre Unternehmer an Investitionsmoeglichkeiten in die Russischen Foederation zweifeln. Im Gegenteil, Plaene und Wuensche einiger deutschen Unternehmen im Investitionsbereich in Russland bleiben erhalten. Das bestaetigte sich beim Aufenthalt des Praesidenten der Russischen Foederation Putin im Dezember des vergangenen Jahres in der BRD. Wenn ich mit meinen Kollegen aus anderen Laendern bzw. mit amerikanischen, europaeischen, asiatischen, lateinamerikanischen Unternehmern spreche, sehe ich, dass ihr Interesse fuer Investitionen in Russland nicht einfach bleibt, sondern steigt. Die Hauptfaktoren dieses Interesses sind: Das seit einigen Jahren anhaltende Profizit des Haushalts. In diesem Jahr betraegt das Profizit des Haushalts rund 4% vom BIP. Einen wichtigen Faktor stellt auch staendiges Wachstum der Stabilisierungsfonds, was eine der Garantien der Stabilitaet der russischen Wirtschaft ist. Ausserdem wurde der neuliche Vorschlag Russlands an unsere Partner im Pariser Klub, einen wesentlichen Teil der russischen Schuld vorfristig auszuzahlen, von den Klub-Mitgliedern als ein weiteres Zeugnis dessen aufgenommen, dass russische Wirtschaft sich stabil entwickelt. Ich sehe, dass all diese Faktoren Interesse fuer Investitionen in Russland steigern. So beurteile ich den Stand der Dinge. Ich wiederhole, ich habe von meinen deutschen Kollegen andere Einschaetzungen nicht gehoert. Wir lesen in den Medien viele Publikationen im Sinne der Besorgnisse, ueber die Sie gesprochen haben. Ich habe solche Publikationen schon beruehrt und glaube nicht, dass sie aus guten Beweggruenden geschrieben werden. In diesem Sinne wollen wir sie auch betrachten.
Was die Ukraine betrifft, so hat Russlands Praesident Wladimir Putin mehrmals betont, er werde die Wahl des ukrainischen Volkes respektieren. Dies bezieht sich in vollem Masse auch auf den die letzte Praesidentschaftswahl in der Ukraine gewonnenen Wladimir Juschtschenko. Er hat mehrmals gesagt, er wolle seinen ersten Besuch als Praesident der Ukraine in die Russische Foederation abstatten. Russland bzw. dessen Praesident werden diesem Wunsch bestimmt nachkommen.
Die Beziehungen zwischen unseren Laendern sind viel tiefer und breiter als die Konjunktur, die bei der langen Wahlkampagne in der Ukraine zugegen war. Diese Beziehungen sind von der Geschichte, Geografie, Wirtschaft, Kultur und den Geschicken der Menschen bestimmt. Und unsere Voelker werden diese Beziehungen in allen Bereichen entwickeln, andere Moeglichkeit gibt es nicht. Ich weiss, dass es in der Ukraine kaum einen Politiker gibt, der Beziehungen zu Russland anders gestalten will. Und in Russland gibt es kaum einen Politiker, der sich zur Entwicklung der Beziehungen zur Ukraine und zum ukrainischen Vokl anders verhaelt als partnerschaftlich, freundschaftlich, nachbarschaftlich. Ich gehe also davon aus, dass diese objektiven Interessen auch in Zukunft unseren Beziehungen zugrunde liegen werden.
Frage: Ihre Stellung zu den Worten des amerikanischen Praesidenten Bush, er schliesse Militaerhandlungen im Iran nicht aus. Was wird Russland unternehmen, um solche negative Entwicklung zu verhindern?
Sergej Lavrov: Was den Iran betrifft, so will ich betonen, dass alle festen Teilnehmer der Verhandlungen und Kontakte, die auf die Regelung des Nuklearproblems in diesem Land gerichtet sind, davon ausgehen, dass sie mit politischen und diplomatischen Methoden gefuehrt werden muss. Das ist moeglich. Das hat die Sitzung des IAEA-Verwalterrates im November des letzten Jahres bestaetigt, wo die zwischen drei europaeischen Staaten (Frankreich, Grossbritanien und Deutschland einerseits und dem Iran andererseits) erreichte Vereinbarung behandelt wurde. Sie wurde auch von Russland unterstuetzt, das Kontakte mit der europaeischen Drei und dem Iran parallel unterhielt. Es geht um die Vereinbarung ueber das Einfrieren des Progamms der Uran-Bereicherung im Iran und ueber die Fortsetzung der Zusammenarbeit zwischen dem Iran und IAEA ohne jegliche geschlossene Themen. Wenn alle Seiten sich an die erreichten Vereinbarungen halten - und sie sehen Entwicklung der Zusammenarbeit und des Dialogs im Energiebereich und in der Wirtschaft sowie Regelung der Lage in der Region vor - so werden wir das noetige Resultat erreichen, dessen bin ich ueberzeugt. Ich halte es fuer unnuetz, auch hypothetisch ueber die Situationen zu sprechen, die entstehen koennen, falls jemand zu anderen Methoden ausser diplomatischen und politischen greifen werden will. Ich bin ueberzeugt, dass Iran-Problem auf Grund der erreichten Vereinbarungen, der gegenseitigen Beruecksichtigung von Interessen und gegenseitigen Achtung mit friedlichen politischen Mitteln geregelt werden kann. Russland wird alles moegliche tun, damit diese Vereinbarungen praktisch realisiert werden.
Frage: Herr Minister, ich habe gehoert, dass Sie im Februar nach Aserbaidshan reisen werden. Welche Fragen sollen da behandelt werden? Werden Sie mit der aserbaidshanischen Fuehrung das Problem Bergkarabachs behandeln?
Sergej Lavrov: Mein Besuch in Aserbaidshan ist fuer den 2.Februar geplant. Wir werden den Stand unserer bilateralen Zusammenarbeit behandeln. Es geht um sehr breite Zusammenarbeit, die alle Lebensbereiche umfasst: Handel, Wirtschaft, Investitionen und Kulturbeziehungen. Grosse Aufmerksamkeit werden wir der Vorbereitung des Besuches des Praesidenten Aserbaidshans I.Alijew in Russland Mitte Februar schenken. Wir werden die Vorbereitung von Reformen der Unabhaengigen Staaten behandeln. Die Karabach-Regelung soll sicherlich auch beruehrt werden. Russland gehoert zu den Vorsitzenden der Minsker OSZE-Gruppe, die Mandat auf die Loesung des Problems um Bergkarabach hat. In den letzten Monaten nach dem Treffen des Praesidenten Aserbaidshans Alijew mit dem Praesidenten Armeniens R.Kotscharjan in Astana im September des vergangenen Jahres und nach ihren Treffen mit Russlands Praesidenten Putin haben sich meiner Meinung nach einige positive Aenderungen abgezeichnet (ich sage es mit vorsichtigem Optimismus). Die Sprecher Armeniens und Aserbaidshans, u.a. Aussenminister unterhalten Kontakte miteinander, und die Vorsitzenden der Minsker Gruppe leisten ihnen dabei Beistand. Nach unserer vorsichtig-optimistischen Einschaetzung, geht der Prozess in die richtige Richtung vor. Wir werden sicherlich auch in Baku Meinungen ueber den Verlauf dieses Prozesses austauschen und wie wir ihn foerdern koennen.
Frage: Sergej Viktorowitsch, Russlands Praesident Putin hat die Durchfuehrung der demokratischen Wahl im Irak unter Besatzungsbedingungen in Zweifel gestellt. Wie werden Sie auf die Kommentare der Beobachter erwidern, u.a. in der arabischen Welt, Russland habe die Moeglichkeit der Durchfuehrung der demokratischen Wahl in Zweifel gestellt. Bedeutet es, dass Sie die Wahlergebnisse im voraus nicht anerkennen?
Sergej Lavrov: Wir beurteilen Informationen, die wir haben. Wir sind ueberzeugt, dass sie allen zugaenglich sind. Die Situation im Sicherheitsbereich im Irak verschlechtert sich mit der Annaeherung an den Wahltag – 30.Januar 2005. Im Land ist ein riesiger internationaler Kontingent stationiert, der es versucht, die Lage zu kontrollieren und zahlreiche auftauchende Probleme zu loesen. Im Irak wurde der ausserordentliche Zustand ueber den 30.Januar verlaengert. Diese Bedingungen koennen kaum normale Wahlbedingungen genannt werden. Sie koennen sogar als ausserordentlich genannt werden. Deshalb kann man nicht sagen, dass diese Wahl den internationalen Normen vollstaendig entspricht. Wenn jedoch Iraks Provisorische Regierung trotz dieser Umstaende die Notwendigkeit dieser Wahl bestaetigt und sie stattfinden wird, so wird das irakische Volk und nicht Aussenbeobachter bzw. Gruppen ueber die Legitimitaet der Wahl selbst entscheiden. Wir gehen davon aus, dass die Wahl eigentlich notwendig ist, um realen Prozess der Herstellung der Souveraenitaet des irakischen Volkes ueber seinem Land zu starten. Das Land braucht ein Machtorgan, das wenn auch nicht unter idealen Bedingungen, trotzdem von Irakern gewaehlt wurde. Es wird eine neue Stufe in der Herstellung der Souveraenitaet sein. Jetzt stockt dieser Prozess. Da es nicht gelingt, den irakischen Dialog aufzunehmen, gelingt es auch nicht, den Prozess der nationalen Versoehnung zu starten. Die Provisorische Regierung im Irak muss mit allen politischen, religioesen, ethnischen Gruppen zusammenwirken, einschl. die Opposition. Wir haben schon vor einem Jahr auf die Notwendigkeit verwiesen, diesen irakischen Dialog aufuzunehmen und den Prozess der nationalen Versoehnung zu starten, noch vor der Bildung der Provisorischen Regierung. Auf dieser Stufe haben viele diese Idee unterstuetzt. Die Provisorische Regierung wurde jedoch anders gebildet, nicht auf Grund des Dialogs. Dennoch ist die Idee dieses Dialogs und die Notwendigkeit der nationalen Versoehnung in der Resolution 1546 des Weltsicherheitsrat verankert.
Leider ist reale positive Entwicklung nicht zu verzeichnen, obwohl auf der Konferenz in Scharm-al-Scheich im November des vergangenen Jahres alle Ihre Teilnehmer, einschl. Iraks Nachbarn und G8-Laender, China, den UN-Generalsekretaer, sich dafuer ausgesprochen haben, diesen Dialog noch vor dem Wahlbeginn zu starten. Aus verschiedenen Gruenden ist es nicht gelungen, also wenn die Wahl jedoch stattfindet, muss ihre Legitimitaet wie gesagt das irakische Volk selbst bestimmen, nicht aber jemand von aussen. Aber wir gehen davon aus, dass es fuer den Irak auf jeden Fall keine Alternative ausser der nationalen Versoehnung gibt. Und je schneller der reale Prozess in dieser Richtung beginnt, desto besser. Wir sind bereit, dabei allen Beistand zu leisten.
Frage: Nachdem W.Kaluschnij zum russischen Botschafter in Lettland ernannt wurde und nach seinen Erklaerungen, wird die Meinung ausgesprochen, russische Interessen in Lettland seien vor allem wirtschaftlichen Charakters, vor allem gehe es um den Ventspilser Hafen. Stimmt es? Und die zweite Frage: Wann wird der Grenzvertrag mit Lettland unterzeichnet?
Sergej Lavrov: Unsere Interessen in den Beziehungen zu Lettland sind den Beziehungen zu allen unseren Nachbarn identisch, eigentlich auch zu jedem Land. Wir wollen, dass es normale gute nachbarschaftliche Beziehungen sind, dass sie auf allgemein akzeptierten Normen beruhen, auf den internationalen Verpflichtungen, die unsere Laender uebernommen haben.
Sicherlich gehoert Wirtschaft zu den wichtigsten Bestandteilen der bilateralen Beziehungen. Wir sind an der Entwicklung der gegenseitig vorteilhaften Zusammenarbeit interessiert. Wir sind auch daran interessiert, alle Probleme zwischen Russland und Lettland zu loesen, u.a. Unterzeichnung des Grenzvertrages und ueberhaupt die Abstimmung von Prinzipien unserer Beziehungen. Praesident Putin hat vorgeschlagen, den Grenzvertrag am 10.Mai in Moskau zu unterzeichnen. An diesem Tag findet auch das Gipfeltreffen Russland-Europaeische Union statt. Da die Grenzvetraege mit Lettland und Estland seit langem vorbereitet sind und unsere EU-Kollegen schon mehrmals ihr Interesse fuer die Unterzeichnung dieser Vertraege bekundeten, so ist der Tag des Gipfeltreffens Russland-EU ein guter Anlass auch die Grenzvetraege mit Lettland und Estland zu unterzeichnen. Wir haben auch vorgeschlagen, gleichzeitig mit diesen Vertraegen russisch-lettische und russisch-estnische Deklaration ueber die Grundlagen der Beziehungen anzunehmen. Das aehnliche Dokument haben wir mit Litauen schon vor vielen Jahren unterzeichnet. In diesen Deklarationen wuerden alle wichtigsten Prinzipien bestimmt, auf denen unsere Beziehungen beruhen werden, u.a. das Problem der Menschenrechte und nationalen Minderheiten. Wir haben Projekte jeweiliger Dokumente unseren Kollegen aus Lettland und Estland uebergeben. Wir hoffen, in Kuerze ihre Stellungnahme dazu zu bekommen, um diese Dokumente abzustimmen, und in Moskau am 10.Mai anzunehmen.
Frage: Sergej Viktorowitsch, die letzte Erklaerung des Aussenministeriums Georgiens ueber den Abschluss des Monitorings der russisch-georgischen Grenze durch OSZE-Mission rief heftige Beschuldigungen der russischen Seite gegen Georgien wegen der angeblichen Unterstuetzung von Terroristen und deren Anwesenheit im Pankissi-Tal hervor. Erlaeutern Sie bitte die neuste Stellung des Aussenministeriums.
Sergej Lavrov: Russland schlug der OSZE vor, Monitoring der russisch-georgischen Grenze abzuschliessen. Diese Mission hat ihre Rolle gespielt, wenn die beiden Seiten diese Grenze nicht gut genug kontrollieren konnten. Sie war von einer grossen politisch-psychologischen Bedeutung, obwohl im praktischen Sinne die Zahl der Verletzungen der Grenze leider nicht vermindert werden konnte. OSZE-Mission machte Streifendienst zur genau bestimmten Zeit auf genau bestimmten Routen, die allen gut bekannt waren, wer diese Grenze verletzen wollte. Dabei musste zur Unterhaltung der Mission viel Geld ausgegeben werden, ueber 15 Mio. Euro. Im Hinblick darauf, dass OSZE nicht besonders reich ist, glauben wir, dass dieses Geld viel nuetzlicher ausgegeben werden kann, beispielsweise fuer die Beduerfnisse Georgiens, z.B. fuer die Staerkung der Grenzdienste dieses Landes. Wir waren an unserer Seite der Grenze besser bereit, sie mit unseren Grenzleuten zu kontrollieren. Also darf man darin keine politische Diversion sehen. Es geht um eine rein pragmatische Betrachtungsweise, und unsere OSZE-Kollegen mindestens in privaten Gespraechen geben zu, dass diese Mission nicht mehr notwendig war und es hat sich nicht gelohnt, dafuer Geld auszugeben. Was Terroristen und den Pankissi-Tal betrifft, in dem es sie angeblich gibt, so wurde im vergangenen Jahr die Zusammenarbeit zwischen den Grenz- und Rechtsschutzdiensten Russlands und Georgiens fortgesetzt. Sie fuehrte einige positive Ergebnissen herbei. Aber das gesamte Problem ist noch nicht geloest. Wir hoffen, dass dieses Zusammenwirken innerhalb von bilateralen Vereinbarungen zwischen jeweiligen Sicherheits- und Grenzschutzdiensten beider Staaten fortgesetzt wird, um den Terroristen die Moeglichkeit zu nehmen, den Pankissi-Tal zur Erholung und als Umschlagplatz usw. zu nutzen.
Frage: Wie beurteilen Sie die Ergebnisse des neulichen Besuches des Aussenministers Japans Matimura in Moskau? Sie haben gesagt, unsere Laender muessen ueberbrueckt werden. Wie stellen Sie sich diese Bruecke vor, was will Russland machen und was moechten Sie beim Bau dieser Bruecke von Ihren japanischen Kollegen bekommen? Was muss zur Festlegung der Frist des Besuches des russischen Praesidenten Putins in Japan gemacht werden?
Sergej Lavrov: Ich hatte die Moeglichkeit, die Ergebnisse der Verhandlungen mit Aussenminister Matimura einzuschaetzen, als er in Moskau war. Ich werde mich kurz fassen. Ich beurteile die Verhandlungen als sehr nuetzlich. Wir haben die Notwendigkeit bestaetigt, unsere Beziehungen auf Grund des 2003 vom russischen Praesidenten Putin und Premierminister Japans Koizumi genehmigten „Aktionsplans", der Entwicklung der umfassenden und gegenseitig vorteilhaften Zusammenarbeit in allen Bereichen zwischen unseren Laendern vorsieht unter gleichzeitiger Fortsetzung der Verhandlungen zum Problem des Friedensvertrags. Die Ergebnisse der Verhandlungen zeigen, dass die Seiten die Notwendigkeit erkennen, diesen von unseren Fuehrern gezeigten Weg zu gehen.
Vor der Festlegung der Frist des Besuches des russischen Praesidenten Wladimir Putin in Japan, muss man verstehen, was er beinhalten soll. In russisch-japanischen Beziehungen gibt es viele Ideen, die bei ihrer Realisierung die Beziehungen auf eine qualitativ neue Ebene heben werden. Das sind solche Bereiche wie Energie, Weltraum, Hohe Technologien und viele andere.
Es gibt Vereinbarungen, die abngeschlossen werden koennten, um unseren Beziehungen ernste Anstoesse zu geben, um ihre vertragsrechtliche Grundlage zu festigen. Wir haben mit meinem japanischen Kollegen Projekte der Dokumente ausgetauscht, die aus unserer Sicht zum Besuch vorbereitet werden koennen. Wir haben vereinbart, dass wir gegenseitige Vorschlaege studieren werden. Einige Vorschlaege fallen in einigen Fragen zusammen. Einige Vorschlaege muessen noch abgestimmt werden. Nach der Pruefung der gegnseitigen Vorschlaege werden wir unsere Einschaetzungen austauschen und schauen, welches Vereinbarungspaket beim Aufenthalt des Praesidenten Putin behandelt werden kann. Dann kann man die fuer beide Seiten akzeptable Frist bestimmen.
Frage: Was koennen Sie ueber die Beziehungen zwischen Russland und der EU sagen? Ist vielleicht aktivere Politik gegenueber EU notwendig? Was soll Russland machen und was EU?
Sergej Lavrov: Ich rechne damit, dass es uns in den naechsten Monaten gelingen wird, die Vereinbarung zu erfuellen, die auf dem Gipfel Russland-EU in den Haag im November des letzten Jahres erreicht wurde. Wie damals Premierminister der Niederlande J.Balkenende gesagt hat, koennen wir in Kuerze „Roadmaps" fuer die vier Raeume zwischen Russland und der EU abstimmen und abschliessen. Wir gehen davon aus, dass es sehr wichtig ist, diese Arbeit bis zum naechsten Gipfel mit der Europaeischen Union in Moskau am 10.Mai zu verrichten, aber ich wiederhole, Premierminister der Niederlande drueckte die Hoffnung aus, dass es moeglicherweise auch frueher gemacht werden kann. Auf dieser Stufe ist es ein konkretes Ziel in unseren Beziehungen zur EU. Was die allgemeinphilosophische Frage betrifft, was Russland und was EU zur Entwicklung unserer Partnerschaft zu machen hat, so sind wir an der Entwicklung dieser Partnerschaft interessiert. Wir halten sie fuer einen selbstaendigen wichtigen Faktor der Weltpolitik. Vielleicht sollte man davon sprechen, dass wir an die Schaffung der vier gemeinsamen Raeumen auf der Gleichberechtigungsbasis herangehen muessen. Da wuerde ich sogar ein Parallel mit der Zusammenarbeit im Rahmen des Russland-Nato-Rates ziehen, wo es keine Bloecke, sondern Laender gibt, die als Nationalstaaten auftreten. Innerhalb des Russland-Nato-Rates wird an der Bestimmung von gemeinsamen Fragen gearbeitet, bei denen alle Laender am Zusammenwirken interessiert sind. Die Arbeit wird auf Grund der gemeinsamen Problemanalyse und gemeinsamen Entwicklung von Mechanismen zur Loesung dieser Probleme gefuehrt. Ausgerechnet so wollen wir auch mit der EU arbeiten, obwohl unsere europaeischen Kollegen oefters anders vorgehen. Zuerst stimmen sie etwas unter einander ab und erst dann laden sie Russland ein, damit es sich den in der EU abgestimmten Bedingungen fuegt. Das entspricht kaum den Anforderungen von heute. Wir wollen unsere Beziehungen auf der Grundlage der Gleichberechtigkeit und des gegenseitigen Vorteils entwickeln. Hoffentlich werden die „Roadmaps" gerade so formuliert und ausgerechnet so wird sich unsere Zusammenarbeit in uebersehbarer Zukuft entwickeln.
Frage: Am 9.Mai wird der 60.Jahrestag des Sieges gefeiert. Sie und Ihre Regierung haben viele Fuehrer eingeladen, u.a. den Fuehrer der KdVR und den Fuehrer Suedkoreas. Am vorigen Sonntag wurde in Korea bekannt, dass unser Praesident Roh Moo-Hyun an dieser Feier teilnehmen wird. Ich moechte wissen, ob Sie eine Antwort aus Nordkorea bekommen haben. Und ob ein Gipfeltreffen der Fuehrer Nord- und Suedkoreas in Moskau moeglich waere? Und die letzte Frage, sie bezieht sich auf die sechsseitigen Verhandlungen. Wie schaetzen Sie sie und deren Perspektiven ein?
Sergej Lavrov: Zur Feier anlaesslich des 60.Jahrestags des Sieges am 9.Mai in Moskau sind viele Fuehrer der Staaten eingeladen, die am Zweiten Weltkrieg teilgenommen haben. Die meisten von ihnen haben unsere Einladung schon angenommen, auf einige Antworten warten wir noch. Ich hoffe, dass wir sie bald bekommen, um uns auf diese Feier gut vorzubereiten.
Zu eventuellen Kontakten unserer Gaeste.
Wenn es am 9.Mai in Moskau zu Kontakten ohne unsere Teilnahme kommen soll, so sollten Sie diese Frage an die Fuehrer stellen, die solche Kontakte hier aufnehmen koennen.
Was die sechsseitige Verhandlungen betrifft, so hoffen wir, dass es uns bald gelingen wird, sie wiederaufzunehmen. Es werden Schritte in dieser Richtung unternommen. Die G6-Laender bleiben staendig im Kontakt, und ich hoffe, dass diese Verhandlungen bald wiederaufgebommen werden.
Frage: Welche Haltung hat Russland zu den neusten Ereignissen in der Serbischen Republik und zu der Rolle der internationalen Gemeinschaft bei den Versuchen den Daytona-Vertrag zu vereiteln?
Sergej Lavrov: Wir sind ueberzeugt, dass das Daytona-Abkommen Grundlage der Regelung in Bosnien bleiben soll. Vor allem was das gleichberechtigte Verhaeltnis allen Parteien gegenueber. Dieses Abkommen kann natuerlich verbessert werden. Es darf nicht starr bleiben. Aber das Grundprinzip: Ausgewogenheit zwischen den drei ethnischen Gruppen muss dabei das Grundprinzip sein. Nach den Beschluessen, die der „Hohe Vertreter" gefasst hat, haben wir uns mit ihm in Kontakt getreten und ihm unsere Haltung erlaeutert, die fest darauf beruht, dass dieses Gleichgewicht keinesfalls gestoert werden darf. Er hat unsere Bemerkungen in Betracht gezogen. Wir hoffen auf die Fortsetzung des Dialogs mit ihm. Mindestens bekundete er sein Interesse dafuer. Wir haben vereinbart, in Zukunft oefter mit allen zu beraten, wer am Anfang des Daytona-Prozesses gestanden hat, und natuerlich mit dem Weltsicherheitsrat, der es genehmigt hat. Wir gehen also davon aus dass Dayton nicht vereitelt wird.
Frage: Ich moechte nach den Verhandlungen mit dem Iran zum Problem der Nukleartechnologien fragen, die Deutschland, Frankreich und Grossbritannien fuehren. Wie sieht die Position Russlands auf dem Energiemarkt des Iran aus, denn Irans Botschafter in Russland hat vor kurzem gesagt, die Zusammenarbeit zwischen Russland und dem Iran haengen von der Haltung Russlands und von dessen Offenheit ab. Das ist meine erste Frage. Und die zweite bezieht sich auf den Terrorismus. Alle Unabhaengigen Staaten haben russische Initiativen ueber die Bekaempfung des Terrorismus unterstuetzt, aber in einigen Republiken faellt der Kampf gegen Terrorismus mit den Kampf gegen politische Opposition zusammen. Ist Russland als Fuehrer fuer diese Handlungen verantwortlich?
Sergej Lavrov: Russland arbeitet mit dem Iran im Energiebereich und in anderen Wirtschaftsbereichen zusammen. Wir arbeiten mit dem Iran im Bereich der Atomwirtschaft zusammen im Rahmen der Realisierung des Projekts des Baus des AKW „Busher" zusammen. Dieses Projekts ist ganz transparent und ist unter vollstaendiger IAEA Kontrolle. Wir sind an der Weiterentwicklung dieser Zusammenarbeit mit dem Iran interessiert. Wir haben einige Plaene und Wuensche der iranischen Seite. Wir bleiben im engen Kontakt mit europaeischen Laendern, die sie erwaehnt haben. Wir unterhalten Kontakte mit der Iranischen Fuehrung. Unsere europaeischen Partner wollen, dass wir unser Vorgehen bei der Zusammenarbeit mit dem Iran abstimmen. Ich kann jedoch sagen, dass wir gegen alle Versuche auftreten, die Entwicklungen um das Iranische Nuklearprogramm zur Untergrabung der russischen Positionen auf dem iranischen Energiemarkt mit nicht marktwirtschaftlichen nicht rechtsmaessigen Methoden. Wir haben den Grund solche Versuche zu befuerchten. Wir fuehren Verhandlungen offen und sind bereit zu konkurieren, aber fair, ohne politische Verhandlungen zur Untregrabung der geschaeftlichen Positionen des Wettbewerbers zu nutzen.
Zu Ihrer zweiten Frage. Ich weiss nicht, welche Massnahmen in der GUS sie meinen. In der Organisation der Mittelasiatischen Zusammenarbeit wurde die Vereinbarung erreicht, eine Liste von Personen und Organisationen zusammenzustellen, die der terroristischen Taetigkeit beschuldigt werden. Das eine gemeinsame Arbeit, und es geht nicht um die rein mechanische Summe der nationalen Listen. Also in der Gus beruht der Kampf gegen Terrorismus auf der Ermittlung der terroristischen Organisationen und Personen.
Frage: Sehen Sie Zeichen der Waermung in den Beziehungen zwischen Estland und Russland im Hinblick auf die neulichen Konsultationen der Aussenministerien, bei denen Russland erklaert hat, dass es bereit ist den Grenzvertrag zu unterzeichnen sowie dass Sie bereit sind, dieses Land zu besuchen?
Sergej Lavrov: Ich habe schon gesagt, welche Vorschlaege die russische Fuehrung dem Fuehrer Estlands gemacht hatte. Es geht um die Unterzeichnung des Grenzvertrags und der Deklaration ueber die Grundlagen der Beziehungen.Diese Vorschlaege werden geprueft. Wir warten auf die Reaktion unserer estnischen Kollegen. Im Zusammenhang mit dieser Reaktion werden wir moeglicherweise zusaetzliche Arbeit durchfuehren muessem, u.a. an der Deklaration ueber die Grundlagen der Beziehungen, und wir koennen dann besprechen, auf welcher Ebene solche Arbeit gefuehrt werden muss. Ich bin bereit, die estnische Hauptstadt zu besuchen, um mit meinem Kollegen zusammenzukommen. Was die Fristen betrifft, so erwarten wir jetzt die Antwort auf unserer Vorschlaege.
Frage: Herr Minister, welche Bedeutung hat fuer Russland die Teilnahme an den Feierlichkeiten anlaesslich des 60.Jahrestages der Befreiung des KZ Auschwitz-Birkenau? Ob neben der Teilnahme des Praesidenten Putin an diesen Feierlichkeiten Verhandlungen zu den Fragen der polnisch-russischen Beziehungen geplant werden?
Sergej Lavrov: Auschwitz-Birkenau wurde von der Roten Armee befreit. In diesem KZ waren und wurden bis zum Tode gefoltert Millionen Menschen aus der Sowjetunion. Das Andenken an sie ist uns heilich. Es ist auch unser gemeinsames Schmerz. Unsere gemeinsame Aufgabe ist es neue „Holocauste" nicht zuzulassen. Gerade davon ging Praesident Putin aus, als er die Einladung des polnischen Praesidenten Kwasniewski angenommen hat. Genauer gesagt, beide Praesidenten haben zusammen beschlossen diese Feierlichkeiten zu veranstalten. Ich glaube, dass Praesident Putin, wenn er in Poen weilen wird, Kontakte mit Praesident Kwasniewski haben wird und sie koennen Fragen eroertern, die sie fuer wichtig halten.
Sergej Lavrov: Ich habe mehrmals im vergangenen Jahr der Entwicklung der russisch-italienischen Partnerschaft hohe Einschaetzung gegeben. Italien ist ein Land, mit dem uns sehr enge man koennte sagen besondere Beziehungen verbinden. Es bezieht sich auf die bilateralen Beziehungen, auf das Zusammenwirken auf dem internationalen Schauplatz sowie in der UNO. Im Kontext unserer Beziehungen zur Nato initiierte Italien die Gruendung des Russland-Nato-Rates, der erfolgreich arbeitet und immer mehr seine Wichtigkeit zeigt. Das betrifft sich auch unsere Beziehungen innerhalb des Dialogs Russland-EU. Italien, Deutschland, Frankreich, Belgien und Luxembourg tun alles, damit sich dieser Dialog richtig entwickelt. In den bilateralen Beziehungen wird immer mehr Wert auf den Investitionsbereich gelegt, worueber wir erfreut sind. Zweimal war Premierminister Italiens Berlusconi in Russland: Einmal mit dem Arbeitsbesuch und einmal mit dem offiziellen Besuch. Die beiden haben konkrete Resultate ergeben. Wir haben grosse Plaene fuer das naechste Jahr. Unsere Fuehrer werden bestimmt im laufenden Jahr mehrmals zusammenkommen und sie werden unsere Beziehungen auf ein noch hoeheres Niveau heben. Wir sind daran interessiert, wir sehen die Sicherheit Italiens als Partners. Unsere Stellungen fallen in vielen Bereichen zusammen. Unsere Ansichten ueber die Entwicklung der Zusammenarbeit in der Wirtschaft, im Energiebereich, in der Kultur und Kunst fallen auch zusammen. Die Ausstellung „Russland-Italien: Ueber Jahrhunderte" wurde im Herbst vorigen Jahres in Rom eroeffnet, im Februar dieses Jahres kommt sie nach Moskau und wird am 7.Februar im Puschkin-Museum eroeffnet. Das ist ein bedeutendes Ereignis im Kulturleben Russlands und in den Kulturbeziehungen zwischen Russland und Italien.
Frage: Welche Rolle spielt Russland im Nahen Osten, u.a. im Irak, im Hinblick darauf, dass Russland den Friedensprozess sponsert und Mitglied des Nahostquartetts ist? Welche Rolle kann der bevorstehende Besuch des syrischen Praesidenten Assad bei der Staerkung der bilateralen Beziehungen spielen?
Antwort: Das stimmt, Russland ist Mitglied des Nahost-Quartetts, das sich mit der Nahostregelung befasst. Wir nahmen am letzten Treffen der Aussenminister des Quartetts in Scharm-ash-Scheikh teil, wo gute Vereinbarungen ausgearbeitet wurden, wie wir im Nahostprozess weiter vorgehen sollen und vor allem bei der palaestinensisch-israelischen Regelung. Russland wird die Erfuellung dieser Vereinbarungen aktiv anstreben. Diesem Problem waren auch die Reisen des russischen Aussenministers und seiner Stellvertreter in den Nahen Osten gewidmet sowie Verhandlungen mit der israelischen und palaestinensischen Fuehrung in den letzten Wochen und Monaten. Aus unserer Sicht gibt es keine Alternative fuer die vom „Quartett" angenommene und vom Weltsicherheitsrat genehmigte „Roadmap". Dises Dokument ist auf die palaestinensisch-israelische Regelung gerichtet. In diesem Kontext ist es aeusserst wichtig, dass es sich nicht auf die palaestinensisch-israelische Regelung beschraenkt, sondern dass auch die syrische und libanesische Richtungen Bestandteil der allgemeinen Loesung des Nahostkonflikts bleiben. Ausgerechnet darauf sind alle Beschluesse des Weltsicherheitsrates gerichtet. Wir begruessen den Auszug Israels aus dem Gaza-Streifen. Wir und alle Quartett-Mitglieder treten dafuer auf, dass auf der Roadmap reale Bewegung begonnen hat. Wir haben allen Grund anzunehmen, dass die palaestinensische und israelische Fuehrung bereit sind, in der naechsten Zukunft direkte Verhandlungen zwischen Palaestineser und Israelis wiederaufzunehmen. Dazu muss jedoch mit der Gewaltanwendung aufgehoert werden, und bei unseren Kontakten mit den Parteien unternehmen wir alle noetigen Schritte und koordinieren sie mit unseren Partnern aus Vereinigten Staaten, der Europaeischen Union und den Vereinten Nationen.
Zum Irak und Besuch des Praesidenten von Syrien habe ich mich schon ausgesprochen, werde mich also nicht wiederholen.
Frage: Sergej Viktorowitsch, Sie haben schon erwaehnt, und wir alle wissen, dass in den letzten Monaten die amerikanische Verwaltung Russland in einigen Fragen kritisierte. Ich meine Yukos, die Ukraine, innenpolitische Reformen usw. Gefaellt Russland denn alles in der Taetigkeit der amerikanischen Verwaltung? Und wenn nicht, dann was?
Sergej Lavrov: Wenn sie wollen, dass diese Prozesse weitergehen, dass wir danach suchen, was uns am Verhalten des Partners nicht gefaellt, und das auf Pressekonferenzen behandeln, so ist es falsch. Nicht weil es da Geheimnisse gibt, sondern weil es um einen anderen Format geht, bei dem gemeinsame Besorgnisse behandelt werden. Wie ich gesagt habe ist das Vertrauensniveau zwischen den beiden Praesidenten Putin und Bush gross genug, also koennen sie auf ihren Treffen an einander beliebige Fragen stellen, auf diese Fragen ehrliche und vertrauliche Antworten geben und diesen Antworten vertrauen und sie respektieren. Deshalb gehe ich davon aus, dass diese Fragen auf solche Weise auch in Zukunft behandelt werden sollen.
Frage: Geehrter Sergej Viktorowitsch, wie schaetzen Sie die Arbeit der OSZE ein? Auf welche Weise moechte Russland diese Organisation reformieren?
Sergej Lavrov: Das Thema.ist nicht neu. Wir moechten sie so reformieren, das sie zu ihren Urspruengen zurueckkommt und das sie dass wird, was sie urspruenglich war, als sie gegruendet wurde. Also eine Organisation, die all ihre Mitglieder vereint, die auf Grund der Gleichberechtigung, gegenseitigen Achtung und Beruecksichtigung von Interessen, auf Grund von Konsens wirken, und die gegenseitiges Zusammenwirken auf der ausgewogenen Grundlage im Bereich der Sicherheit, Wirtschaft und im humanitaeren Bereich entwickelt. In den letzten Jahren kommt eine deutliche Unausgewogenheit in der Taetigkeit der OSZE zum Vorschein. Die Bereiche
Sicherheit und Wirtschaft sind praktisch in Vergessenheit geraten. Der humanitaere Bereich wird von vielen OSZE Mitgliedern als Mittel betrachtet, dass ihnen erlaubt, ohne die fuer die anderen Mitglieder interessanten Fragen zu besprechen,die ganze Aufmerksamkeit auf Kontrolle ueber die Entwicklung der Demokratie und des Standes im Bereich der Menschenrechte in den ehemaligen Sowjetrepubliken zu konzentrieren. Das ist bestimmt nicht das Herangehen,das in der Akte von Helsinki gegruendet wurde und nicht das Herangehen, das bei derVerwandlung dieser Beratung in eine Organisation festgelegt wurde. Wir wollen mehr Klarheit darueber verschaffen ,wie diese Organisation funktioniert. Wie sie zum Beispiel an den Monitoring der Wahlen in verschiedenen Laendern herangeht. Auf dem Tisch in
der OSZE liegen seit langem Vorschlaege Russlands und einiger anderen Staaten, um allgemeine Vorstellung und konkrete Kriterien bei der Durchfuehrung des Monitoring der Wahlen und der Einschaetzung deren Ergebnisse auszuarbeiten, damit diese Einschaetzungen verstaendlich sind, damit es nicht dazu kommt, dass einerseits eine kleine Beobachtergruppe - zwei Dutzende Menschen - auf einmal ein positives Urteil
faellt, ohne die Moeglichkeit zu haben, die ganze Situation zu uebersehen. Und andererseits faellen aehnliche kleine Gruppen ein negatives Urteil. Dabei kann die Liste eventueller Verletzungen in beiden Faellen gleich sein. Wir muessen Subjektivitaet vermeiden, man muss wirklich objektive Kriterien haben, die fuer alle Mitglieder der Organisation klar sind. Ausserdem waere es interessant, das Wahlverfahren der OSZE-Laender zu analysieren. Dadurch koennte man Versuche vermeiden, wenn ein Land erklaert: Ihr Wahlverfahren unterscheidet sich von unserem, deshalb sind wir ein demokratisches Land, sie aber nicht. Solche Analyse waere nuetzlich. Aber aus irgendeinem Grunde weichen die Partner diesem Dialog aus wie sie auch unserem Vorschlag, das OSZE-Verfahren auszuarbeiten ausweichen. Die Organisation arbeitet ohne Prozedurregeln, ohne des auf einer festen Grundlage genehmigten Haushalts. Der OSZE-Haushalt stellt heute einen Einzelhaushalt dar. Vor einigen Jahren wurde er ad hoc festgelegt und auf der selben Grundlage wird er jedes Jahr genehmigt. Es ist wohl auch falsch, wenn wir wollen, dass es eine richtige Organisation ist, nicht etwas obskures und unklares. Wir moechten, dass OSZE, die eine wichtige Rolle bei der Gewaehrleistung der europaeischer Sicherheit gespielt
hat, ihre Funktion auch in diesem Bereich uebernimmt. Wir schlagen vor, dass OSZE die naechste Vergleichsanalyse der Militaerdoktrinen der Mitglieslaender durchfuehrt. Diese Analyse wurde innerhalb OSZE vor ueber zehr Jahren durchgefuehrt. Sie waere heute nuetzlich, wenn die Nato erweitert wird und die USA die Form ihrer Militaerpraesenz im Ausland pruefen. Solche Analyse der Milirtaerdoktrinen waere sehr nuetzlich im Hinblick auf die Staerkung des Vertrauens in diesem aeusserst wichtigen Bereich. Also liegt unserer Haltung in Bezug auf OSZE der Wunsch zugrunde, sie auf den Grundlagen zu staerken nach denen sie aufgebaut wurde.
Frage: Neulich hat das Aussenministerium Russlands zu den Ereignissen in Suedserbien Stellung genommen. Es verwies darauf, dass im Kosovo die Lage kompliziert sei. Ist Russland bereit, die Frage nach der Erfuellung der Forderungen seitens Kosovoer Behoerden strenger zu stellen? Und die zweite Frage: Ihre Stellungnahme zu den letzten Forderungen aus den Haag zu Belgrad, die Generale auszuliefern.
Sergej Lavrov: Man muss verstehen, was gemeint wird, ob Russland bereit ist, die Frage nach der Notwendigkeit die Beschluesse der internationalen Gemeinschaft zur Kosovo-Regelung zu erfuellen, haerter zu stellen. Wenn es darum geht, dass wir etwaige Erklaerungen gemacht haben, und verlangten, dass diese Beschluesse erfuellt werden, so haben wir solche Erklaerungen gemacht. Aber ich meine, dass es besonders wichtig ist nicht Fragen zu stellen, sondern alles zu tun. damit die Beschluesse erfuellt werden, die die UNO, ihr Sicherheitsrat zur Kosovo-Regelung annehmen. Die Verantwortung ist sehr gross, denn die Entwicklung im Kosovo unterscheidet sich von der vom Weltsicherheitsrat geplanten. Die Sicherheit der nationalen Minderheiten wird nicht gewaehrleistet. Nur sehr wenige Serben und andere Minderheiten kehren zurueck. Provisorische Behoerden der Selbstverwaltung im Kosovo bereiten praktisch ganz offen die Erklaerung der Unabhaengigkeit vor. Die Gespraeche einiger Mitglieder der Weltgemeinschaft ueber die Notwendigkeit moeglichst schnell die Uebersicht der Einhaltung von Standarden durchzufuehren, ist immer aehnlicher dem Versuch die Loesung des Problems des Status vom Kosovo kuenstlich zu beschleunigen, bevor diese Standarde wirklich erfuellt sind. Das erregt unsere Besorgnis. Wir haben mehrmals die Aufmerksamkeit auf die Risiken gelenkt, die in der Eile stecken, um so mehr der Versuch den Prozes der Bestimmung des Status vom Kosovo vorwegzunehmen. Sicherlich ist der Dialog zwischen den provisorischen Selbstverwaltumgsorganen im Kosovo und allen Minderheiten wichtig. Sicherlich ist auch der Dialog mit Belgrad wichtig. Sonst koennen langfristige stabile Entscheidungen kaum ausgearbeitet werden. Wir werden konsequent danach streben, dass die Beschluesse des Weltsicherheitsrates darueber, wie das Kosovo-Problem geregelt werden muss und welche Bedingungen dazu geschaffen bzw. erfuellt werden muessen.
Russland meint, dass die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Gericht fuer das ehemalige Jugoslawien notwendig ist. Dazu verpflichten sie die Beschluesse des Weltsicherheitsrates. Das ist unser Standpunkt. Zugleich gehen wir davon aus, dass es kaum richtig ist die Entwicklung der Zusammenarbeit zwischen Europa und Serbien in Zusammenhang mit der Loesung der Frage nach der Suche bzw. Festnahme eines Generals zu stellen.
Frage: Sergej Viktorowitsch, wie bekannt ist fuer Mitte Februar Ihr Besuch in Armenien geplant. Was sind die wichtigsten Fragen, die bei Ihrem Aufenthalt behandelt werden sollen? Und die zweite. Seit 14 Jahren hat der wichtigste strategische Partner Russlands im Kaukasus – Armenien – kein Eisenbahnverkehr mit Russland. Wie kann dieses Problem geloest werden?
Sergej Lavrov: Der Besuch wird uebrigens offensichtlichen Fragen der Entwicklung
unserer bilateralen Beziehungen gewidmet, die wirklich sehr umfassend sind. In
Russland leben und arbeiten viele Armenier. Es gibt auch Kongress der
Armenier Russlands sowie auch z.B. Kongress der in Russland lebenden
Aserbaidshaner. Im Laufe meines Aufenthalts werden wir den ganzen Komplex der bilateralen Beziehungen behandeln. Wir werden bestimmt Fragen der Teilnahme unserer Laender an der GUS, OVKS, alle Fragen der Reformierung der GUS in Weriterfuehrung der Beratungen zwischen Vertretern des Aussenministeriums Russlands in Jerewan mit der armenischen Fuehrung eroertern. Ueber die Karabach-Regelung habe ich schon gesprochen, als ich auf die Frage nach meiner Reise nach Aserbaidshan antwortete. Russland ist eines der Vorsitzenden der Minsker OSZE-Gruppe und ist daran interessiert, dass die Seiten gegenseitig akzeptablen Loesungen dieser Frage finden um diesen Krisenherd von unserer Tagesordnung zu nehmen.
In Bezug auf das Eisenbahnverkehr. Wie bekannt haengt es vor allem nicht von Russland ab, sondern von einigen unseren Nachbarn. Wir hoffen, dass im Kontext der allgemeinen Entwicklung unseres Dialogs mit Georgien wir die Frage nach der Wiederherstellung des Eisenbahnverkehrs zwischen Sotschi und Tbilissi loesen werden und somit die alte berechtigte Besorgnis Armeniens aufheben koennen.
Frage: In der letzten Zeit hoeren wir viel ueber Terroranschlaege in Saudi Arabien und in den letzten Tagen in Kuweit. Gibt es Vereinbarungen oder Protokolle mit arabischen Laendern ueber den Kampf gegen Terrorismus und wie schaetzen Sie die Massnahmen ein, die von arabischen Staaten zur Bekaempfung des Terrorismus getroffen werden?
Sergej Lavrov: Wir haben wirklich Dokumente mit einigen Laendern sowie Aktionsplaene im Bereich der Bekaempfung des Terrorismus. Wir verspueren das Interesse seitens arabischer Laender, einschl. Staaten des Persischen Golfes, mit uns Zusammenwirken in diesen Fragen zu entwickeln. Den Dialog zu diesem Thema fuehren wir praktisch mit allen Staaten dieser Region, eischl. Saudi-Arabien. Er umfasst Probleme der Sicherheit im allgemeinen und darunter Probleme der Bekaempfung des Terrorismus. Wir fuehlen, dass unsere Partner in der Region, im Persischen Golf, in der ganzen arabischen Welt Schritte zur Bekaempfung des Terrorismus unternehmen, um die Nutzung ihres Territoriums zum Sammenln von Mitteln nicht zuzulassen, welche dann zur Finanzierung der terroristischen Taetigkeit genutzt werden. Solche Massnahmen werden getroffen. Wir sehen es, und hoffen auf ihre Fortsetzung.