ONU
RIA-"NOWOSTI"-INTERVIEW DES AMTLICHEN SPRECHERS DES AUßENMINISTERIUMS DER RUSSISCHEN FÖDERATION, ALEXANDER JAKOWENKO, ANLÄSSLICH DES BEVORSTEHENDEN BESUCHS VON US-AUßENMINISTER COLIN POWELL IN MOSKAU
FRAGE: Was sind Prioritäten des bevorstehenden Besuchs von US-Außenminister Colin Powell in Moskau?
ANTWORT: US-Außenminister Colin Powell wird vereinbarungsgemäß am 14./15. Mai Moskau einen Arbeitsbesuch abstattten. Geplant sind einige Runden von Verhandlungen Powells mit dem Außenminister der Russischen Föderation, Igor Iwanow.
Die beiden Seiten gehen vor allem davon aus, dass die Aufgabe der weiteren Festigung der Partnergrundlagen in den Beziehungen zwischen den USA und Russland im Interesse ihrer konsequenten und berechenbaren Entwicklung als eines wichtigen Faktors der Gewährleistung der Stabilität und Sicherheit in der Welt Priorität erlangt.
Die Hauptaufgabe der Verhandlungen Igor Iwanows mit Colin Powell ist die Vorbereitung russisch-amerikanischer Kontakte auf höchster Ebene im Rahmen der bevorstehenden Feierlichkeiten anläßlich des 300. Gründungstages von St. Petersburg und eines turnusmäßigen G8-Gipfels in Evian (Frankreich), die dem bilateralen Zusammenwirken in allen Richtungen einen Impuls verleihen sollen. Zu diesem Zweck werden die Minister den gesamten Komplex von Fragen der aktuellen russisch-amerikanischen Tagesordnung zur Sprache bringen, einschließlich der Festigung der strategischen Stabilität und der Regimes der Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen, der Bekämpfung des internationalen Terrorismus, des Zusammenwirkens bei der Beilegung regionaler Konflikte wie auch der Entwicklung bilateraler Beziehungen und der gegenseitig vorteilhaften ökonomischen Kooperation. Natürlich wird die Rolle der UNO und der gesamten internationalen Gemeinschaft beim Nachkriegswiederaufbau im Irak viel Raum einnehmen.
FRAGE: Werden beim turnusmäßigen Treffen der Außenamtschefs von zwei Großmächten auch globale Probleme behandelt?
ANTWORT: Ja. Erstrangige Aufmerksamkeit gilt unter anderem Problemen der strategischen Stabilität, der Nichtweiterverbreitung und Sicherheit. Eine der wichtigsten Fragen ist der Abschluss des Prozesses der Ratifizierung des Moskauer Vertrages über den Abbau strategischer Offensivpotenziale. Der Vertrag wurde vom USA-Senat im März dieses Jahres ratifiziert. Wir rechnen damit, dass die Staatsduma dieses Dokument im Mai ratifiziert. Dann werden Wege und Mechanismen der vom Vertrag vorgesehenen Reduzierungen strategischer Kernwaffen zur Sprache gebracht. Fortgesetzt wird auch die Erörterung von Fragen, die die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Raketenabwehr betreffen.
Geplant ist ein substantielles Gespräch über Stand und Perspektiven der Zusammenarbeit bei der Verhinderung der Weitergabe von Massenvernichtungswaffen. Für uns ist die Festigung der völkerrechtlichen Nonproliferation-Mechanismen, deren Wirkung nicht auf einseitige Schritte angewiesen sein soll, eine der wichtigsten Fragen.
Erörtert wird die Verwirklichung der bei einem G8-Gipfel in Kananaskis unterbreiteten Initiative der Globalen Partnerschaft gegen die Verbreitung von Massenvernichtungsmaterial und -waffen. Die beiden Seiten sind sich über die Bedeutung eines Erfolgs dieser Initiative für die Lösung miteinander verbundener Probleme der Ausbreitung von Massenvernichtungswaffen und der Bekämpfung des internationalen Terrorismus im klaren. Unsere Prioritäten in diesem Bereich wurden von Präsident Wladimir Putin präzise bestimmt. Das sind die Verschrottung ausgemusterter Atom-U-Boote und die Vernichtung chemischer Kampfstoffe. Der wichtigste Aspekt ist die weitere Verwirklichung des bilateralen Nunn-Lugar-Programms, in dessen Rahmen Russland bereits im Laufe von zehn Jahren bei der Vernichtung und Verschrottung von Massenvernichtungswaffen und strategischen Trägermitteln gefördert wird, die Moskau in übereinstimmung mit seinen internationalen Verpflichtungen zu reduzieren hat.
Geplant ist auch eine Diskussion über die Realisierung der auf höchster Ebene erzielten Vereinbarungen über den neuen Charakter der Beziehungen zwischen Russland und der Nordatlantischen Allianz, darunter im Hinblick auf eine in Madrid geplante Sitzung des Russland-NATO-Rates auf der Ebene von Ministern.
FRAGE: Unter welchem Blickwinkel werden bei Verhandlungen Igor Iwanows mit Colin Powell „heiße Themen" der internationalen Tagesordnung behandelt?
ANTWORT: Eines der akuten Themen ist die Situation um das nukleare Programm der KDVR. Russland tritt konsequent für eine politische und diplomatische Lösung, deren Endziel darin besteht, einen kernwaffenfreien Status der koreanischen Halbinsel wie auch eine sichere Entwicklung der beiden koreanischen Staaten zu gewährleisten. Wir rechnen mit einem umfassenden Meinungsaustausch, vor allem im Kontext der in Peking begonnenen Konsultationen im Format USA-KDVR-VRCh, die zum Ziel haben, nach Wegen für eine friedliche Beilegung der Krise zu suchen. Russland ist zu Verhandlungen bereit und kann sich jederzeit den Gesprächen anschließen.
Die Seiten werden auch Meinungen zu wichtigen internationalen und regionalen Problemen austauschen, darunter auch zur Situation um den Irak nach Beendigung der Militäroperation der Koalitionskräfte. Was den Wiederaufbau im Irak nach dem Konflikt betrifft, plädiert die russische Seite dafür, dass das die Lösung des Irak-Problems schnellstmöglich in die völkerrechtliche Bahn zurückkehrt, wobei die UNO und der Weltsicherheitsrat die führende Rolle spielen. Erörtert werden soll auch die gegenwärtige humanitäre Lage im Irak. Wir gehen davon aus, dass die Abstimmung allgemein anerkannter Parameter der Teilnahme der UNO an der Lösung verschiedener Fragen, die die Situation im Irak betreffen, den Interessen aller Mitglieder der internationalen Gemeinschaft Rechnung trägt.
Fortgesetzt wird die Erörterung des Zusammenwirkens in Fragen der Nahostregelung, einschließlich der schnellstmöglichen Verwirklichung der vom Nahost-Quartett der internationalen Vermittler veröffentlichten „Roadmap" und des Einsatzes eines internationalen Mechanismus der Kontrolle über die Erfüllung dieses Dokuments.
Eine wichtige Frage der internationalen und der regionalen Tagesordnung ist die Situation in Afghanistan, so Fragen des Zusammenwirkens Russlands und der USA im Kampf gegen die Drogengefahr, die aus diesem Land (Afghanistan) ausgeht.
Erörtert werden Fragen, die den weiteren Ausbau des Zusammenwirkens Russlands und der USA beim Kampf gegen den internationalen Terrorismus und andere neue Herausforderungen sowohl auf bilateraler Ebene als auch in einem multilateralen Format, aber auch eine engere Koordinierung der Anstrengungen bei der Suche nach adäquaten Antworten auf terroristische Drohungen betreffen, Massenvernichtungswaffen einzusetzen. Es geht auch darum, Finanzierungskanäle für Terroraktivitäten dichtzumachen.
FRAGE: Inwieweit werden bei den Verhandlungen Fragen der bilateralen Beziehungen erörtert?
ANTWORT: Auch zu Fragen der bilateralen ökonomischen Zusammenarbeit wird ein substantielles Gespräch geführt. Im Mittelpunkt stehen die Entwicklung des Energie- und des Bankendialogs, die Zusammenarbeit im Hi-Tech-Bereich, darunter auch bei der friedlichen Erschließung des Weltraumes. Geplant ist, Perspektiven der Verhandlungen über den Beitritt Russlands zur WTO und zur Organisation für wirtschaftlich Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), über die Vollmitgliedschaft (Russlands) in der Internationalen Arbeitsgruppe zur Bekämpfung der Geldwäsche (FATF) und über die endgültige Abschaffung des gegen Russland verhängten berüchtigten Jackson-Vanik-Amendements zur Sprache zu bringen.
Natürlich werden Igor Iwanow und Colin Powell auch einige andere aktuelle laufende Fragen der bilateralen Beziehungen erörtern.