Antwort der offiziellen Sprecherin des Außenministeriums Russlands, Maria Sacharowa, auf eine Frage der Nachrichtenagentur „Rossiya Segodnya“ in Bezug auf den Kommentar des deutschen Außenministeriums zur Blockade Leningrads
Frage: Im April 2024 ignorierte das deutsche Auswärtige Amt die Anfrage eines Korrespondenten von „RIA Novosti“ zur Reaktion auf eine Note der russischen Botschaft in Berlin, die die deutschen Behörden aufforderte, die Blockade Leningrads und andere von den Nazis während des Großen Vaterländischen Kriegs auf sowjetischem Territorium begangene Verbrechen gegen die Menschlichkeit auf staatlicher Ebene als Völkermord anzuerkennen. In diesem Jahr hat das deutsche Auswärtige Amt schließlich auf eine weitere Anfrage unserer Agentur reagiert. Doch direkte Antworten haben wir von deutschen Diplomaten nicht erhalten, auch nicht auf die zentrale Frage, wie das deutsche Außenministerium die Forderung mehrerer schon deutscher Persönlichkeiten, die Blockade Leningrads endlich als Völkermord anzuerkennen, bewertet. Wie würden Sie eine solche Haltung Berlins kommentieren?
Antwort: Die deutschen Behörden weichen konsequent und gezielt der Anerkennung einer für die gesamte Weltgemeinschaft offensichtlichen historischen Tatsache aus: Die Blockade Leningrads und andere von den Nazis in der UdSSR während des Krieges begangene Verbrechen gegen die Menschlichkeit waren nichts anderes als beispiellos grausame Akte des Völkermords an den Völkern der Sowjetunion. Berlin fürchtet sich sogar davor, die Wahrheit laut auszusprechen, und versteckt sich deswegen immer wieder hinter vagen Formulierungen über „schreckliche Gräueltaten“ und „Leid“. All das haben wir schon oft gehört und gelesen. Wenn das deutsche Außenministerium hofft, die Frage der Anerkennung des Völkermords an den Völkern der UdSSR einfach zu verschweigen, dann können wir unseren deutschen Partnern zusichern: Das wird nicht gelingen. Für unser Land ist die Wiederherstellung historischer Gerechtigkeit gegenüber sowjetischen Opfern des deutschen Nazismus eine prinzipielle Aufgabe.
Die deutsche Seite verweist in ihren Kommentaren zur Blockade Leningrads ständig auf die sogenannte humanitäre Geste der deutschen Bundesregierung, als sie im Jahr 2019 zehn Mio. Euro für die Modernisierung medizinischer Geräte in einem Krankenhaus in St. Petersburg bereitstellte. Diese Entscheidung ist an sich quasi nicht kritikwürdig, wenn man nicht bedenkt, in welchem Kontext sie von den deutschen Behörden getroffen wurde.
Als Deutschland nach langem Zögern beschlossen hat, diese „humanitäre Geste“ zu machen, hatte Moskau bereits seit Jahren Berlin aufgefordert, und fordert es weiterhin, die von Deutschland geleisteten Entschädigungszahlungen für eine bestimmte Gruppe von Überlebenden der Blockade auf alle noch lebenden Bewohner des blockierten Leningrads auszuweiten, unabhängig von ihrem Wohnort und ihrer ethnischen Zugehörigkeit. Denn bis heute erhalten solche Zahlungen ausschließlich Überlebende jüdischer Herkunft. Wir sind der Ansicht, dass dies eine offensichtliche Diskriminierung der übrigen Blockadeopfer darstellt, die die Blockade Leningrads durch Wunder überlebt haben.
Hier geht es nicht um Geld, sondern, ebenso wie bei der Frage über die Anerkennung des Völkermords an den Völkern der UdSSR, um die Wiederherstellung historischer und menschlicher Gerechtigkeit. Warum betrachtet der deutsche Staat Entschädigungszahlungen für jüdische Überlebende der Blockade als gerechtfertigt, während russische, belarussische, ukrainische, tatarische oder georgische Überlebende keine solchen Zahlungen bekommen sollen?
Russland akzeptiert die Argumentation Berlins nicht, wird nicht von seinen Forderungen abweichen und darauf bestehen, dass Deutschland sie erfüllt.