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Rede und Antworten auf Medienfragen des Außenministers Russlands, Sergej Lawrow, auf der gemeinsamen Pressekonferenz über die Ergebnisse der Gespräche mit dem Außenminister des Iran, Mohammad Javad Zarif, Teheran, 11. Dezember 2013

2503-11-12-2013

Sehr geehrte Damen und Herren!

Wir führten mit dem Außenminister der Islamischen Republik Iran, Mohammad Javad Zarif, und seinen Kollegen nützliche Gespräche. Wir bekräftigten die feste Entschlossenheit unserer Länder zur Intensivierung der Zusammenarbeit in allen Richtungen – auf bilateraler, regionaler und internationaler Ebene. Diese Linie geht aus den Abkommen hervor, welche von den Präsidenten Russlands und des Iran auf ihrem Treffen in Bischkek im September dieses Jahres, wo sie das gesamte Spektrum der bilateralen Zusammenarbeit besprachen, und während ihres folgenden Telefongesprächs erzielt wurden.

Wir sehen gute Perspektiven für die Verbesserung der bilateralen wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Wir sind übereingekommen, die Wiederaufnahme der Arbeit der Regierungskommission für Handels- und Wirtschafts- sowie wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit zu beschleunigen. Bestimmt wurden die Mitvorsitzenden sowohl von russischer als auch von iranischer Seite und wir halten es für wichtig, dass sie möglichst schnell zusammenkommen zur Besprechung der Fristen und des Inhalts für eine vollwertige Sitzung der Regierungskommission, auf welcher die mittel- und langfristigen Richtungen der russisch-iranischen wirtschaftlichen Zusammenarbeit festgelegt werden. Es erfüllt uns mit Genugtuung, dass es zwischen den Energie- und Wirtschaftsministerien Russlands und des Iran bereits Kontakte zu konkreten Entwicklungs- und Kooperationsfragen gibt. Zufrieden sind wir mit den guten Ergebnissen der Gespräche des Stellvertretenden Ministerpräsidenten der Russischen Föderation, Dmitrij Rogosin, während seines Besuchs in der Islamischen Republik Iran im November dieses Jahres. Zweifellos werden wir auch die humanitären Kontakte entwickeln. Das ist unsere lange Tradition, welche den Menschen dabei hilft, voneinander mehr zu erfahren und die zwischenmenschlichen Kontakte zu entwickeln.

Wir besprachen die Ergebnisse des Genfer Treffens der „Sechsergruppe" und des Iran, auf dem ein Abkommen erzielt wurde über das etappenweise und gegenseitige Vorgehen zur Regelung der Situation rund um das iranische Atomprogramm. Am Ende dieser Arbeit soll die Anerkennung des Rechts des Iran auf die friedliche Nutzung der Kernkraft stehen, einschließlich des Rechts auf Urananreicherung zu diesem Zweck, bei Aufklärung aller bei der IAEO bestehenden Fragen (wir möchten den Fortschritt in den Beziehungen zwischen dem Iran und der Atomenergieorganisation hervorheben) und Unterstellung dieses Atomprogramms unter vollständige Kontrolle dieser Organisation. Wir haben gemeinsames Verständnis darüber, dass das „Genfer Dokument" von allen Seiten gewissenhaft umgesetzt werden muss. Wir werden uns darum bemühen und angestrengt und zielgerichtet an der nächsten Etappe der Regelung arbeiten – der Bildung eines endgültigen Pakets, welches die vollständige Lösung dieses Problems in überschaubarer Zukunft ermöglichen wird. Wir setzten ehrgeizige Fristen und Russland und der Iran sind darauf eingestellt, diese Fristen einzuhalten. Die Verwirklichung der erzielten Abkommen wird zweifellos eine beruhigenden Wirkung auf die Lage in der gesamten Region des Nahen Ostens und Nordafrikas ausüben, einschließlich der Überwindung von in den letzten Jahren zu beobachtenden gefährlichen Tendenzen, nämlich den Überlegungen zur Anwendung von Gewaltmaßnahmen für die Beilegung des einen oder anderen Problems.

Natürlich beunruhigt uns die Situation in und um Syrien. Wir treten ein für das Ende des Blutvergießens und dafür, dass die Syrer selbst sich ohne Einmischung von außen über die Zukunft ihres Landes einigen, welches territorial ganzheitlich, souverän und unabhängig bleiben muss und in dem alle ethnischen, konfessionellen und anderen Gruppen sich gleichberechtigt und in Sicherheit fühlen und vollständig in den politischen Prozess integriert sein müssen. Gerade auf die Erreichung dieser Ziele sind die Bemühungen zur Einberufung der Konferenz „Genf-2" ausgerichtet, auf der die syrischen Parteien mit dem gesamten Spektrum der syrischen Gesellschaft vertreten sein müssen. Die äußeren Spieler müssen ebenfalls alle jene vertreten, die zur Erreichung von positiven Resultaten bei den Verhandlungen unter den Syrern selbst beitragen können. Zu diesem Kreis gehört zweifellos auch der Iran. Wir halten es für prinzipiell wichtig, den Iran zu dieser wichtigen Veranstaltung einzuladen.

Wir besprachen die Situation in und um Afghanistan, besonders im Kontext des sogenannten Faktors 2014. Wir wollen zur Herstellung einer engen regionalen Zusammenarbeit hinsichtlich Afghanistan beitragen, um dem Volk dieses Landes bei der Überwindung der vorhandenen Schwierigkeiten zu helfen. In Afghanistan geht die terroristische Bedrohung nicht zurück, mit großem Tempo wächst die Drogenindustrie. Es liegt im Interesse Russlands und des Iran, unseren afghanischen Nachbarn bei der Überwindung dieser Bedrohungen zu helfen und ein friedliches Leben herzustellen. Wir sind übereingekommen, zu diesem Zweck sowohl auf bilateraler Ebene als auch im Rahmen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit zu kooperieren.

Auf analoge Weise haben wir vereinbart, unsere Kontakte zum Irak zu aktivieren. Wir wollen mit der irakischen politischen Führung zusammenarbeiten, um zu sehen, in welcher Form Russland, der Iran und andere Länder der Region zur Stabilisierung der dortigen Situation beitragen können, besonders im Kontext der Vorbereitung zu den für April 2014 angesetzten Wahlen. Wir sind sehr beunruhigt über die terroristischen Exzesse in diesem Land. Es genügt der Hinweis, dass alleine in diesem Jahr durch die Terroristen im Irak siebentausend Menschen umkamen. Das ist mehr als die Opferzahl der Zivilbevölkerung in Afghanistan. Das darf man nicht vergessen. Wir sind mit den iranischen Kollegen an einer Mobilisierung der Bemühungen aller jener interessiert, die Einfluss auf die Lage der Staaten ausüben können zur Unterstützung der Stabilität des Irak.

Wir haben die bilaterale Zusammenarbeit in der Region des Kaspischen Meeres besprochen. Wir sind der Ansicht, dass alle kaspischen Länder die Arbeit zur Vorbereitung einer Konvention über den Rechtsstatus des Kaspischen Meeres aktivieren müssen. Darauf ausgerichtet ist unsere Arbeit zur Vorbereitung des nächsten Kaspischen Gipfels, der im Jahr 2014 in Astrachan abgehalten werden soll. Dem Gipfel wird ein Außenministertreffen zur Besprechung der Entwürfe vorangehen, welche danach den Staatsoberhäuptern zur Annahme vorgelegt werden.

Insgesamt bin ich mit den heutigen Gesprächen sehr zufrieden. Wir bekräftigten das gemeinsame Interesse an einer Vertiefung der Kooperation in allen Richtungen, einschließlich regionaler Angelegenheiten. Dabei lassen wir uns von den Interessen unserer Länder als gute alte Nachbarn leiten, die ihre Region stabil, friedlich und blühend sehen wollen. Unsere Zusammenarbeit bei regionalen Problemen ist gegen niemanden gerichtet. Im Gegenteil, wir wollen alle Länder dieser Region in die gemeinsame Arbeit miteinbeziehen zur Überwindung der Probleme auf Basis gegenseitiger Achtung, der Berücksichtigung der Interessen und berechtigten Sorgen aller und der Einhaltung der Prinzipien des Völkerrechts.

Frage: Sergej Wiktorowitsch, sie sind einer der Vertreter der „Sechsergruppe" der internationalen Vermittler. Welche Anstrengungen unternehmen Sie zur Einhaltung der Genfer Abkommen?

С.В.Лавров: Mein Besuch im Iran hat bilateralen Charakter. Ich befinde mich hier nicht als Vertreter der Gruppe „5 + 1" und ich habe keine speziellen Vollmachten von dieser Gruppe. Gegenwärtig ist das auch nicht notwendig, denn das Abkommen ist auf Papier festgeschrieben und für sein Zustandekommen auf Ministerebene bedurfte es viel Zeit. Es wurden höchst konkrete Parameter festgelegt, welche der Iran und die Länder der Gruppe „5 + 1" erfüllen müssen, vor allem jene Länder, die unter Umgehung des UNO-Sicherheitsrats einseitige Sanktionen verhängten. Diese Arbeit hat bereits begonnen. Die Inspektoren der IAEO setzen ihre Arbeit im Iran unter Berücksichtigung der in Genf erzielten Abkommen fort. Diesen Prozess wird eine zu schaffende gemeinsame Kommission, die aus der „Sechsergruppe" und dem Iran besteht, unterstützen. Darauf ausgerichtet sind auch die intensiven Konsultationen zwischen dem Iran und der IAEO über Fragen, welche die Atomenergieorganisation vollständig aufklären möchte. Das wichtigste besteht meiner Meinung nach darin, alles das zu tun, worüber Einkunft erzielt wurde, und keine Versuche zu unternehmen, die in diesem Dokument fixierten Abkommen erweitert oder eingeengt auszulegen. Sehr wichtig ist es auch, parallel dazu mit den Beratungen über die Parameter des endgültigen Pakets zu beginnen, welches alles regeln und das Problem damit lösen wird.

Frage: In Genf fand das Treffen zwischen dem Iran und der „Sechsergruppe" der internationalen Vermittler statt. Gab es während dieses Treffens auch bilaterale russisch-iranische Kontakte? Es gibt Informationen darüber, dass bei einer Teilnahme des Präsidenten Syriens, Baschar al-Assad, an der Konferenz „Genf-2" Saudi-Arabien an seiner Organisation nicht mitwirken wird. Stimmt das?

Lawrow: Zur ersten Frage kann ich sagen, dass es während des Genfer Treffens zu Kontakten mit Herrn Zarif kam. Wir haben sie nicht verheimlicht. Es waren Journalisten anwesend und alles wurde genau fixiert. Informationen darüber, dass diese Treffen tatsächlich stattfanden, können Sie im Internet präzisieren.

Bezüglich der zweiten Frage muss ich sagen, dass ich von keiner solchen Erklärung durch Vertreter des Königreichs Saudi-Arabien gehört habe. Ich gehe davon aus, dass die Initiative zur Abhaltung von „Genf-2" volle Unterstützung der internationalen Gemeinschaft erhielt und auch von der UNO-Sicherheitsratsresolution 2118 unterstützt wird, welche einstimmig angenommen wurde und gemäß UN-Charta für alle Mitglieder der Organisation verpflichtend ist. Wir hören regelmäßig, dass die eine oder andere Seite mit der bevorstehende Konferenz nicht zufrieden ist (welche, so hoffe ich, auf jeden Fall stattfinden wird). Andere wiederum halten es für weitaus produktiver und schneller, das Problem mit Gewaltanwendung oder durch Intervention von außen zu lösen. Aber ich habe von niemandem eine Bestätigung für diese Gerüchte gehört.

Ich gehe davon aus, dass die verantwortlichen Länder alles unternehmen müssen, damit die russisch-amerikanische Initiative, die - ich möchte noch einmal betonen – im UNO-Sicherheitsrat einstimmig angenommen wurde, von Erfolg gekrönt wird. Das Datum der Konferenz wurde bereits verlautbart. Versuche, diese Veranstaltung zum Scheitern zu bringen, sind eine äußerst grobe Verletzung des Willens der internationalen Staatengemeinschaft.

Frage: Die Position Russlands bezüglich der Teilnahme des Iran an der Konferenz „Genf-2" ist verständlich. Gibt es Bewegung von Seiten der westlichen Kollegen und der syrischen Opposition?

Lawrow: Ich wiederhole, wir sind davon überzeugt, dass für den Erfolg der Genfer Konferenz an ihr alle teilnehmen müssen, wer die Lage beeinflusst oder beeinflussen kann. Man muss alle diese Vertreter an einem Tisch zusammenbringen und eine Mannschaft von Gleichgesinnten schaffen, um den Einfluss, den viele Länder auf die Vorgänge in Syrien ausüben, zu nutzen für die Beendigung des Blutvergießens. Das bezieht sich auf viele Staaten. Zweifellos befindet sich der Iran unter jenen, die positiv auf die Lage in Syrien einwirken können. Herr Zarif sagte gerade den Schlüsselsatz, dass nur die Syrer selbst das Schicksal ihres Landes bestimmen können. Die äußeren Spieler müssen sie dazu auffordern und nicht versuchen, ihnen irgendwelche nicht lebensfähigen Modelle aufzudrängen. Sie dürfen sich nicht in den Dialog der Syrer einmischen, sondern müssen sie dazu bringen, damit diese am Verhandlungstisch bleiben, solange sie zu keiner Übereinkunft kommen. Das entspricht völlig dem Hauptprinzip des Genfer Kommuniqués vom 30. Juni 2012: die Entscheidung darüber, wie dieses Land weiterleben soll, muss in Verhandlungen zwischen der Regierung dieses Landes und allen Oppositionsgruppen auf Basis eines Übereinkommens getroffen werden. Darin liegt auch der Schlüssel dafür, dass die ausgearbeitete Lösung stabil und langfristig sein wird und nicht nur ein neuerlicher erfolgloser Versuch, jemandem etwas aufzuoktroyieren. Es ist grundsätzlich wichtig, dass „Genf-2" für die Realisierung des Genfer Kommuniqués und seines zentralen Prinzips einberufen wird, nämlich der Erzielung einer Übereinkunft zwischen den Syrern selbst.

Bei meinen Kontakten mit den westlichen Kollegen und aus der Region des Nahen Ostens und Nordafrikas verspüre ich ihr wachsendes Verständnis für die Wichtigkeit der Einladung zu dieser Konferenz aller wichtigen Spieler, einschließlich des Iran. In diesem Sinne äußern sich auch der Syrien-Sondergesandte Lakhdar Brahimi und der UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon. Ich hoffe, dass sich auf der Liste derjenigen, denen eine Einladung zu „Genf-2" geschickt wird (und das muss bis zum Jahresende erfolgen), sich unbedingt auch die Islamische Republik Iran befindet.

Ich möchte noch einige Worte über die russisch-iranische Zusammenarbeit sagen. Russland ist interessiert an der Fortsetzung der Zusammenarbeit mit den Iran zur Entwicklung der friedlichen Nutzung der Kernenergie. Ein solches Interesse sehen wir auch von iranischer Seite. Wir kennen die Pläne des Iran bezüglich einer zusätzlichen Errichtung von Kraftwerksblöcken analog dem Kraftwerk Buschehr, das mit einem Leichtwasserreaktor arbeitet, welcher, das möchte ich betonen, von keinerlei UNO-Sicherheitsratsresolutionen verboten ist.


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