Beitrag des Außenministers Russlands, Sergej Lawrow, zum Thema „Russland und Armenien – jahrhundertelange Freundschafts- und Vertrauenstraditionen: zum 25-jährigen Jubiläum der diplomatischen Beziehungen“, der in der armenischen Zeitung „Nowoje Wremja“ („Neue Zeit“) veröffentlicht wurde
Am 3. April 2017 wird ein herausragendes Ereignis begangen, nämlich der 25. Jahrestag der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen. Dieses Datum symbolisiert eine neue Etappe in den russisch-armenischen Beziehungen, die mehrere Jahrhunderte zählen.
Wir werden durch langjährige Traditionen der Freundschaft und gegenseitigen Unterstützung vereinigt, wie auch durch unsere kulturelle und geistige Verwandtschaft. Unsere Völker haben gemeinsam viele Erprobungen sehr würdig bestanden; sie unterstützten einander auf ganz scharfen „Kurven“ der Geschichte und kämpften Schulter an Schulter in den harten Jahren des Großen Vaterländischen Kriegs.
Ich kann zufrieden feststellen, dass wir in allen Zeiten nicht nur uns respektvoll zur nationalen Identität voneinander verhielten, sondern auch unsere Errungenschaften miteinander großzügig teilten. Die Namen von vielen Vertretern Armeniens sind untrennbar mit der Geschichte unserer Heimat verbunden. In Russland kennt man sehr gut den Maler Iwan Aiwasowski, die Akademiemitglieder Viktor Ambarzumjan, Jossif Orbeli und Lewon Orbeli, den Admiral Iwan Issakow, die Marschalle Iwan Bagramjan und Amasasp Babadschanjan, die Komponisten Aram Chatschaturjan und Mikael Tariwerdijew. Und das ist nur ein kleiner Teil einer ganz langen Liste. Heutzutage beteiligt sich die armenische Diaspora sehr intensiv am Gesellschafts-, Wirtschafts- und Kulturleben unseres Landes. Die Rolle des Armenier-Verbandes und anderer Strukturen, die Vertreter des armenischen Volkes vereinigen, bei dieser konstruktiven Arbeit lässt sich kaum überschätzen.
Wir haben vieles, worauf wir stolz sein dürfen. Im letzten Vierteljahrhundert konnten wir das wertvolle Kapital der russisch-armenischen Freundschaft vergrößern: unser zwischenstaatliches Zusammenwirken auf ein qualitativ neues Niveau bringen, große Erfolge in den wichtigsten Richtungen unserer Aktivitäten feiern. Unser politischer Dialog entwickelt sich nachhaltig; es werden intensive Kontakte zwischen unseren Regierungen, legislativen Organen, Ministerien und Behörden unterhalten. Unsere Regierungskommissionen für wirtschaftliche und militärtechnische Kooperation und unsere bilaterale Parlamentskommission arbeiten erfolgreich. Die gegenseitige Rechts- bzw. Vertragsbasis zählt Dutzende Dokumente.
Damit sind unsere strategischen Verbündeten- bzw. Partnerbeziehungen, die sich auf den Vertrag über Freundschaft, Zusammenwirken und gegenseitige Hilfe vom 29. August 1997 und die Deklaration über Verbündeten-Zusammenwirken für das 21. Jahrhundert vom 26. September 2000 stützen, wirklich allumfassend. In der beim Gipfeltreffen am 15. März unterzeichneten Gemeinsamen Erklärung der Präsidenten Wladimir Putin und Sersch Sargsjan wurde die Treue „dem Geist und dem Wortlaut“ der erwähnten grundlegenden Dokumente bestätigt und das Interesse an der weiteren Entwicklung der allseitigen Zusammenarbeit geäußert.
Russland ist der führende Handels- und Wirtschaftspartner Armeniens. Auf uns entfällt etwa die Hälfte aller ausländischen Investitionen in dieses Land – etwa drei Milliarden Dollar. In der Republik arbeiten etwa 2000 Unternehmen unter russischer Beteiligung. Trotz der turbulenten Situation in der Weltwirtschaft ist der gegenseitige Handelsumsatz um sechs Prozent auf 1,34 Milliarden Dollar gestiegen, unter anderem dank der größeren Lieferungen von armenischen Landwirtschaftsprodukten auf den russischen Markt. Zum weiteren Ausbau der Kooperation, zur Umsetzung von aussichtsreichen Projekten sollen die bei den Verhandlungen der Ministerpräsidenten beider Länder am 24. Januar 2017 in Moskau getroffenen Vereinbarungen beitragen.
Neue Horizonte eröffnen sich nach dem Beitritt Armeniens zur Eurasischen Wirtschaftsunion im Januar 2015. Wir arbeiten gemeinsam an der Anpassung der Wirtschaft der Republik den EAWU-Regeln und leisten unseren armenischen Freunden die nötige finanzielle und technische Hilfe.
Intensiv entwickeln sich die Kontakte zwischen einzelnen Regionen unserer Länder, an denen 70 Subjekte der Russischen Föderation und alle territorialen Einheiten Armeniens beteiligt sind. Es wird ein Programm der interregionalen Kooperation für die Jahre 2016 bis 2021 erfolgreich umgesetzt; regelmäßig finden russisch-armenische interregionale Foren statt.
Besonderes Augenmerk richten wir auf die Vertiefung unserer kulturellen bzw. humanitären Verbindungen und der Kontakte zwischen den Menschen. Dazu wird sicherlich die im Februar 2017 eingeführte neue Reiseordnung für die Staatsbürger Russlands und Armeniens beitragen, wobei sie jetzt nur ihre inländischen Pässe brauchen. Einen wichtigen Beitrag zur weiteren Annäherung unserer Völker macht auch die konsequente Entwicklung des Dialogs zwischen unseren Kirchen aus. In diesem Jahr feiern die Russische und Nowo-Nachitschewaner Diözese der Armenischen Apostelkirche ihr 300-jähriges Jubiläum.
Ein wichtiger Aspekt der vielseitigen russisch-armenischen Partnerschaft ist und bleibt das erfolgreiche Zusammenwirken unserer diplomatischen Dienste. Ich lege sehr viel Wert auf unseren intensiven und vertrauensvollen Dialog mit meinem armenischen Amtskollegen Edward Nalbandjan. Unsere Verhandlungen vom 21. bis 23. Februar 2017 in Moskau bestätigten, dass unsere Positionen zu den Schlüsselproblemen der Gegenwart übereinstimmen oder sehr ähnlich sind.
Wir arbeiten in wichtigen multilateralen Formaten eng zusammen. Gemeinsam mit Jerewan bemühen wir uns um die Entfaltung der großen Potenziale der GUS und der OVKS. Wir intensivieren unsere außenpolitische Koordinierung im Rahmen der UNO, der OSZE, des Europarats und der Organisation für Wirtschaftskooperation im Schwarzmeerraum. Wir begrüßen Armeniens Beitrag zu den gemeinsamen Bemühungen um zur humanitären Unterstützung der Bevölkerung Syriens.
Russland ist ein aktiver Teilnehmer der Konfliktregelung in Bergkarabach. Gemeinsam mit den USA und Frankreich, den beiden anderen Kovorsitzenden der Minsker OSZE-Gruppe, helfen wir den Konfliktseiten bei der Überwindung dieses Konflikts. Dieser Aufgabe war das im vorigen Sommer auf Initiative des Präsidenten Russlands organisierte dreiseitige Gipfeltreffen in St. Petersburg gewidmet. Mit der Karabach-Regelung verbundene Themen werden auch bei bilateralen Treffen Wladimir Putins mit den Präsidenten Armeniens und Aserbaidschans sowie bei den zahlreichen Kontakten der Außenminister ausführlich besprochen. Viele Momente können dabei abgestimmt werden – es bleiben nur einige Fragen ungeregelt, auch wenn die schwierigsten. Offensichtlich ist aber, dass die Ergebnisse der Arbeit in erster Linie vom politischen Willen der beiden Konfliktseiten abhängen, von ihrer Bereitschaft zur Flexibilität und zu Kompromissen.
Heute stehen vor uns umfassende gemeinsame Aufgaben zur Förderung des Gedeihens Russlands und Armeniens, zur Förderung des Friedens, der Stabilität und Sicherheit im Südkaukasus. Gemeinsam mit unseren armenischen Freunden arbeiten wir weiterhin an ihrer effizienten Lösung zugunsten unserer Völker. Das Unterpfand unseres Erfolgs sind das zuverlässige Fundament der russisch-armenischen Zusammenarbeit und die Beziehungen der aufrichtigen Freundschaft, des Respekts und gegenseitigen Vertrauens, die unsere Völker verbinden.