Rede des Außenministers Russlands, Sergej Lawrow, auf dem Treffen mit Mitgliedern der Association of European Businesses in der Russischen Föderation am 31. Oktober 2017 in Moskau
Sehr geehrter Herr Sterzel,
Sehr geehrter Herr Schauff,
Meine Damen und Herren,
Ich freue mich über die Möglichkeit, vor den Mitgliedern der Association of European Businesses erneut Rede zu halten. Unser Moderator hat bereits gesagt, dass das meine achte Rede in Ihrem Kreis ist. Wenn diese Treffen für Sie nach wie vor von Interesse sind, so freue ich mich, Ihre Einladungen zu erwidern. Ich glaube, dass das ein sehr nützlicher entpolitisierter Dialog, ein offenes Gespräch, das hilft, nach zusätzlichen Berührungspunkten unserer Interessen zu suchen, und das gegenseitige Verständnis festigt.
Wir wissen die Treue der Teilnehmer für den Ausbau der Zusammenarbeit mit Russland, ihre Bereitschaft, gemeinsame Projekte auf den verschiedensten Gebieten – von Energie bis Spitzentechnologien umzusetzen, sehr zu schätzen. Für Sie sind wir stets Anhänger und gute Freunde, die Ihnen zu helfen wünschen, Geschäfte in Russland bequem zu betreiben. Darüber wurde vor kurzem in Sotschi auf dem Treffen des Präsidenten Russlands, Wladimir Putin, mit den „Kapitänen“ des deutschen Unternehmertums ausführlich gesprochen. An diesem Treffen nahm auch der Präsident Kasachstans, Nursultan Nasarbajew teil.
Wenn wir über die Situation in der Welt sprechen, so ist es in letzter Zeit banal geworden, festzustellen, dass sie nicht einfacher wird. Ungeregelt bleiben alte Krisen und Konflikte, es erscheinen neue Herausforderungen der Sicherheit. Eine besondere Bedrohung stellt für alle der präzedenzlose Ausbruch des internationalen Terrorismus dar. Bislang ist der Weltgemeinschaft nicht gelungen, eine breite wahrhaftig globale Anti-Terror-Koalition unter der UN-Ägide ins Leben zu rufen, wozu Russland bereit ist und mehrmals dazu aufrief. Ernste Besorgnis rufen manchmal unberechenbare Handlungen der Regierung der USA in der faktischen Desavouierung der Teilnahme Washingtons am Gemeinsamen umfassenden Aktionsplan zum iranischen Nuklearprogramm hervor, sowie immer öfter ertönende US-Drohungen, das nukleare Problem der Koreanischen Halbinsel ausschließlich auf militärischem Wege, mit Gewaltanwendung zu lösen.
Nach unserer Einschätzung ist einer der wichtigsten Gründe für gestiegene Instabilität in der Welt die Nicht-Bereitschaft einer kleinen Gruppe der Länder unter Leitung von den USA zu einer kollektiven Arbeit auf Grundlage der Gleichberechtigung, gegenseitigen Achtung und Berücksichtigung der gegenseitigen Interessen. Wir beobachten die systematische Missachtung von grundlegenden Prinzipien der US-Charta, darunter die Gewaltanwendung unter Umgehung ihres Sicherheitsrats, was den ernsten Schaden gegen globale und regionale Stabilität angerichtet und zur Verbreitung der extremistischen und terroristischen Ideologie beigetragen hat. Das, was wir derzeit beobachten, - die Unterminierung der Staatlichkeit vieler Länder des Nahen Ostens und Nordafrikas und das dort herrschende Chaos – ist eine direkte Folge von den Abenteuern im Irak, in Libyen und jetzt in der Arabischen Republik Syrien.
Einen negativen Einfluss auf den Welthandel üben unverhohlene Versuche aus, einseitige Sanktionen als Mittel der Schmutzkonkurrenz unter Verletzung der WTO-Normen und zahlreichen Resolutionen der UN-Generalversammlung, die einseitige illegitime Zwangsmethoden verurteilen, zu nutzen.
Vor diesem Hintergrund entwickeln sich die Beziehungen zwischen Russland und der Europäischen Union ungleichmäßig. Einerseits sind Fortschritte in mehreren Gebieten zu beobachten. Nach dem mehr als doppelten Rückgang des Warenumsatzes in den letzten drei Jahren beobachten wir jetzt das Wachstum des gegenseitigen Handels in den acht Monaten dieses Jahres, das sich auf 25 Prozent beläuft. Das ist ein solides Ergebnis, sogar trotz der Tatsache, dass es die niedrige Vergleichsbasis widerspiegelt. Der politische Dialog wurde intensiviert. Im Juli fand am Rande des G2-Gipfels in Hamburg ein Treffen des Präsidenten Russlands, Wladimir Putin, mit dem Vorsitzenden der EU-Kommission, Jean-Claude Juncker, statt. Wir unterstützen die regelmäßigen Kontakte mit der Hohen Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini. Es werden Expertenberatungen zu den Fragen durchgeführt, die das gegenseitige Interesse darstellen, insbesondere strebt Brüssel aus verständlichen Gründen an, mit uns über Migrationsprobleme und Rücknahmen zu sprechen. Wir sind dazu bereit, aber wir halten es für richtig, alle unsere sektoralen Dialoge, die von unseren EU-Kollegen einseitig eingestellt wurden, umfassender wiederherzustellen.
Gleichzeitig muss man natürlich feststellen, dass man die Rückkehr der Russland-EU-Beziehungen auf den Weg einer nachhaltigen Entwicklung zu verhindern versucht. Wir sehen, wer das macht. Wir beobachten eine destruktive Linie einer ziemlich kleinen, aber sehr aggressiven und russophob eingestellten Gruppe europäischer Staaten. Sie versuchen innerhalb der Europäischen Union gegen Russland zu hetzen, um ihre gewinnsüchtigen geopolitischen Aufgaben zu lösen. Ohne jeglichen Beweis, wie Sie wissen, wird uns die Einmischung in die Wahlen nicht nur in den USA, sondern auch in den europäischen Staaten vorgeworfen. Vor kurzem wurde uns auch vorgeworfen, dass in Moskau Beschlüsse gefasst werden, welchen Minister wir in der Republik Südafrika ernennen werden. Die Phantasie kennt keine Grenzen.
Für den Widerstand gegen die erfundene Gefahr seitens Moskaus entstehen verschiedene Strukturen der antirussischen Ausrichtung, wie die „Gruppe für strategische Kommunikation – Osten“, die im Bestande vom Europäischen Auswärtigen Dienst funktionieren wird, sowie das multinationale „Exzellenzzentrum“ auf dem Gebiet des Kampfes gegen „hybride Bedrohungen“ in Helsinki. Ich habe mich vor kurzem mit dem Außenminister Finnlands, Timo Soini, getroffen und ihn gefragt, welche Aufgaben dieses Zentrum haben wird. Er sagte, dass sich das Zentrum wahrscheinlich mit allen hybriden Bedrohungen beschäftigen wird und dass sie sich freuen würden, wenn Russland mit diesem Zentrum zusammenarbeiten würde. Das war ein mündlicher Kontakt, uns hat niemand dort eingeladen. Wenn wir eingeladen werden, wird es dann vielleicht interessant sein. Solch eine Einladung haben wir jedoch noch nicht erhalten. Diese Schritte zur Schaffung verschiedener Strukturen, dem Kampf gegen hybride Bedrohungen und Medien erinnern an die Jagd auf Andersdenkende, und das wird kaum zur Wiederherstellung des Vertrauens beitragen.
Besorgnis rufen die Versuche dieser gewinnsüchtigen Kräfte in der EU hervor, den Energiedialog zwischen der Europäischen Union und der Russischen Föderation zu politisieren und zu unterminieren. Es ertönen die Vorwürfe, dass die EU von den russischen Energieträgern sehr abhängig wurde, und das trotz der Tatsache, dass der Anteil des russischen Gases auf dem europäischen Markt mit dem norwegischen Anteil von etwa 1/3 des Gesamtvolumens absolut identisch ist. Es werden Versuche unternommen, gemeinsame Projekte, wie Nord Stream 2 zu diskreditieren, obwohl seine Umsetzung die Transitrisiken verringern, die Energiesicherheit der Europäischen Union festigen und zur Entwicklung der Wirtschaften der EU-Länder beitragen soll. Denn selbst in der Bauphase der Nord Stream 2 kommen etwa 200 Unternehmen aus 17 Mitgliedsstaaten zum Einsatz.
Erstaunen ruft auch das Vorhaben einiger Mitglieder der EU-Kommission hervor, ihr die Beschlüsse über die Notwendigkeit des Erhalts eines Verhandlungsmandats für den Schluss eines Sonderabkommens zur Nord Stream 2 mit Russland aufzuzwingen. Dies ist absolut unbegründet. Darauf, dass es keine Gründe für eine exterritoriale Rechtsanwendung der EU in der Wasserfläche der Ostsee gibt, verwies deutlich der juristische Dienst der EU-kommission. Zu dieser Schlussfolgerung kam auch vor kurzen der juristische Dienst des EU-Rates. Wir sind der Ansicht, dass die Einführung von neuen Rechtsnormen ausschließlich für die Nord Stream 2 die Investoren dieses Projektes nach politischen Motiven diskriminiert. Übrigens hält man das in Dänemark nicht mehr geheim, wie ich verstehe, und sie haben sogar das entsprechende Gesetz bereits gebilligt. Ich glaube, dass das Gesetz in der Gesetzgebungspraxis in Bezug auf Wirtschafts- und Energieprojekte einzigartig ist.
Mit der Verlängerung des zweiten Abschnitts der Turkish-Stream-Pipeline auf das Territorium der Europäischen Union könnte der wachsende Bedarf der Staaten Süd- und Südosteuropas an Energieträgern gedeckt werden. Wir sehen ein großes Interesse daran seitens einer ganzen Reihe der Regierungen der EU-Länder. Wir sind dazu bereit, aber angesichts der schlechten Erfahrung mit dem South-Stream-Projekt werden wir mit der Arbeit zur Verlegung der Turkish-Stream-Pipeline durch das Territorium der Europäischen Union erst nach Erhalt von festen juristischen Garantien von Brüssel beginnen.
Ich hoffe immerhin, dass der gesunde Menschenverstand Oberhand gewinnen wird, denn im Energiebereich sind wir normale und gegenseitig abhängige Partner. Die mehrjährigen ununterbrochenen Lieferungen des russischen Kohlenwasserstoffs nach Europa sichern den Wirtschaften der EU-Länder bedeutende Konkurrenzvorteile, geschweige denn, dass im letzten Jahr der Export der russischen Energieträger nach Europa ein historisches Rekordvolumen erreicht hat.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Ich brauche Ihnen, aufgeklärten Menschen, wohl nicht ausführlich davon zu erzählen, dass die Versuche, Russland zu isolieren, es für seinen selbständigen außenpolitischen Kurs zu bestrafen und ihn zwangsweise zu ändern, scheiterten und niemals mit einem Erfolg enden konnten. In der Wirtschaft sind positive Tendenzen zu beobachten, was aus den jüngsten Berichten der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds hervorgeht.
Vor dem Hintergrund des wachsenden Wirtschaftswachstums eröffnen sich neue Möglichkeiten für ausländische Geschäfte in Russland, darunter für die Unternehmen, die Sie repräsentieren. Das wichtigste Hindernis auf diesem Weg bleibt derzeit die von den Amerikanern aufgezwungene Sanktionsspirale. Wir wurden zudem darauf aufmerksam, dass Herr Schauff bei seiner Rede im Ausschuss für internationalen Handel des EU-Parlaments den Sanktionsschaden für die Industrie der EU-Länder hervorgehoben hat, da in den russischen Markt die Produzenten aus anderen Regionen der Welt eintreten. Das sind objektive Tatsachen, hier muss man sogar darüber nicht streiten.
Unter dem Deckmantel des Kampfes gegen russische Bedrohung versucht man in Washington nicht nur die sogenannte „transatlantische Solidarität“ „zusammenzuflicken“, die Europäer dazu zu zwingen, die Verteidigungsausgaben zu erhöhen, sondern auch die Positionen in Wirtschaft und Energie in Europa voranzubringen, unsere gemeinsamen Projekte im Energiebereich und Russland auf dem Rüstungsmarkt zurückzudrängen, worauf sich die vor kurzem bekannt gegebene Portion von Sanktionen richtet. Wie der Präsident Russlands, Wladimir Putin, bei seiner Rede auf der Sitzung des internationalen Waldai-Diskussionsklubs hervorgehoben hat, sagen einige „sogar ganz offen, dass sie auf politische Vorwände und Anlässe zurückgreifen, um ihre eigenen rein kommerziellen Interessen voranzubringen“.
Inwiefern die Antagonisierung von Russland für Europäer notwendig ist – das sollen sie selbst entscheiden. Wir wissen, dass in politischen und besonders Geschäftskreisen der EU-Länder die Unzufriedenheit mit dieser Situation immer weiter wächst. Über die Notwendigkeit der Wiederherstellung des Dialogs mit Russland sprach mehrmals der Vorsitzende der EU-Kommission, Jean-Claude Juncker, darunter auf der Konferenz, die Anfang Oktober in Luxemburg stattfand. Ich glaube, dass diese Wörter früher oder später praktisch umgesetzt werden.
Vor dem Hintergrund dieser Ereignisse hört man Spekulationen davon, dass Russland an einer schwachen Europäischen Union interessiert ist und anstrebt, sie zu spalten. Das entspricht nicht der Wirklichkeit. Wir wollen (und wir sagten das immer) die EU - unser Nachbar und Schlüsselpartner in Handel und Wirtschaft – als einen starken, einheitlichen und unabhängigen internationalen Akteur sehen, der dazu fähig ist, selbständig seine Prioritäten auf Grundlage eines nachhaltigen Gleichgewichts der nationalen Interessen aller seiner Mitglieder zu bestimmen und nicht nur auf Grundlage der Position der aggressiven Minderheit, was die Politik auf der russischen Richtung betrifft.
Wir werden unsererseits gegenüber der Entwicklung des Zusammenwirkens in dem Tempo und auf der Stufe offen sein, zu denen unsere Kollegen aus der Europäischen Union bereit sein werden. Dabei werden wir natürlich unseren außenpolitischen Multivektorenkurs auf die Festigung einer vielseitigen Zusammenarbeit mit den Staaten fortsetzen, die auf ideologische Scheuklappe in ihren Wirtschaftsbeziehungen mit den ausländischen Partnern verzichtet haben, und diese Länder machen in der Welt eine überwiegende Mehrheit aus. Wir werden die euroasiatische Integration vertiefen, die praktische Arbeit im SOZ-, BRICS-Rahmen sowie im Rahmen anderer Vereinigungen, die auf den Prinzipien der Suche nach allgemein annehmbaren Vereinbarungen funktionieren, ohne Diktat, ausbauen. Übrigens zähle ich zu diesen Vereinigungen auch die G-20.
Wie sehen wir die Zukunft der Beziehungen zwischen Russland und der EU? Das schöpferische Potential der Kooperation – vom Handel bis zum Kampf gegen neue Herausforderungen und Bedrohungen – ist wahrhaftig riesig. Es ist wichtig, darüber richtig zu verfügen. Russland tritt für die Schaffung eines gemeinsamen Raumes des Friedens, der Sicherheit und Partnerschaft konsequent ein. Von der Notwendigkeit des Aufbaus eines großen Europas ohne Trennlinien sprachen viele Europäer, darunter Charles de Gaulle und Helmut Kohl.
Ich bin überzeugt, dass man heute über die Unteilbarkeit nicht nur der Sicherheit, sondern auch der wirtschaftlichen Entwicklung sagen muss.
Die EAEU ist dieser objektiven Realität bewusst und baut deshalb aktiv den Dialog mit Dutzend von Ländern und Vereinigungen auf allen Kontinenten aus. Es läuft weiter die Arbeit zur Kupplung von Prozessen der euroasiatischen Integration und chinesischen Initiative "Ein Gürtel, eine Straße“. Es wächst das Interesse an der Schaffung der „Großen euroasiatischen Partnerschaft“, wie Präsident Wladimir Putin es bezeichnet hat, mit der Teilnahme der Staaten, die der EAEU, SOZ, ASEAN angehören. Wir werden den Beitritt der Europäischen Union zu dieser Arbeit nur begrüßen. Wir haben einen gemeinsamen Kontinent. Zuallererst hoffen wir eine Antwort auf den Vorschlag zu erhalten, die Kontakte zwischen der Euroasiatischen Wirtschaftsunion und der Europäischen Union aufzunehmen. Zum ersten Mal wurde dieser Vorschlag vor zwei Jahren gemacht, seit dieser Zeit erinnerten wir daran regelmäßig. Es gab zaghafte Versprechen, diese Arbeit auf einer technischen Ebene zu beginnen. Wir sind zu der Arbeit auf verschiedenen Ebenen bereit. Wir halten es für konterproduktiv, wenn zwei benachbarte Integrationsvereinigungen keinen direkten Kontakt miteinander haben.
Nach wie vor gehen wir von einem langfristigen, nicht konjunkturellen, an sich wertvollen Charakter der Beziehungen zwischen Russland und der EU aus. Denn von ihrem Zustand hängt vieles im Leben unserer Bürger ab, aber auch in der Welt. Ich bin der Ansicht, dass wir das angesammelte Kapital der EU-Russland-Partnerschaft bewahren müssen. Wir sind dazu bereit. Wir werden auch weiter die europäischen Unternehmer in ihrem Streben unterstützen, ihre Präsenz in unserem Land auszubauen, beiderseitig vorteilhafte Projekte mit den russischen Partnern umzusetzen.
Frage: Ich werde sicher die Meinung der Mehrheit der europäischen Investoren in Russland äußern: Europa braucht Russland, Russland braucht Europa. Das europäische Unternehmertum ist in die russische Wirtschaft sehr tief integriert. Zum Beispiel hat unser Unternehmen „Siemens“ hier 7000 Mitarbeiter. Das sind nicht nur Repräsentationsfunktionen, sondern auch Funktionen der Integration in die Wirtschaft, im Unterschied zu vielen Vertretern der US-Unternehmen. Gleichzeitig sehen wir, dass die Verstärkung der US-Sanktionen eine „giftige Wolke“ für das europäische Unternehmertum, das in Russland arbeitet, schafft. In diesem Zusammenhang habe ich eine Frage: Sehen Sie die Möglichkeit für einen bilateralen Dialog zwischen Russland und Europa, die Verbesserung der Beziehungen zwischen dem russischen und europäischen Unternehmertum, die Lockerung der Sanktionen, auf die wir als Vertreter der europäischen Investoren sehr warten?
Sergej Lawrow: Wenn Sie über einen bilateralen Dialog sprechen, muss man verstehen, dass wir diesen Dialog nicht eingestellt haben. Von allen Außerpartnern hatten wir mit der EU das wohl breitgestreute Mechanismus des Zusammenwirkens. Über zwei Zehner sektorale Dialoge, Gipfeltreffen zweimal im Jahr, jährliche Treffen des Ständigen Partnerschaftsrats auf Ebene des Außenministers Russlands und der Hohen EU-Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik, Beratungen zu internationalen Fragen, Menschenrechten. Alles wurde auf Eis gelegt, wie ich erwähnt habe. Es gibt Versuche, einen Dialog zur Migration wiederaufzunehmen, es fand eine Runde statt (es ist schon unmöglich, sich zu gedulden und nicht über dieses Thema zu sprechen, das für uns alle sehr wichtig ist). Das gehört auch zum Dialog zur Rückübernahme, der mit dem Dialog zur Migration in direkter Verbindung steht. Nach der großen Pause gab es die ersten Kontakte zur Terror- und Drogenbekämpfung.
Übrigens hat der estnische Vorsitz, der in diesen sechs Monaten die Europäische Union Monate leitet, Maßnahmen zur Terror- und Drogenbekämpfung, aus irgendeinem Grund nicht ins Programm des Vorsitzes aufgenommen, obwohl das geplant worden war. Ich bin aber etwas bestürzt, wie die aktuelle Rolle der Landesvorsitze unter den Bedingungen, wenn nach dem Lissaboner Vertrag ihnen nicht erlaubt ist, bei sich Gipfeltreffen mit den ausländischen Partnern (nur in Brüssel) durchzuführen, zu verstehen ist. Es sieht also aus, dass Gipfeltreffen weggenommen wurden, aber die Tagesordnung können sie nach ihren eigenen Interessen erstellen. Dabei werden die Positionen der ganzen EU ignoriert. Das ist ihre innere Angelegenheit, aber ich will nur sagen, dass die Drogen und der Terrorismus die Themen sind, über die man doch reden soll.
Sie sind sicherlich vor allem an einem Geschäftsdialog interessiert. In den letzten dreieinhalb Jahren gab es viele bilateralen Geschäftsplattformen. Vor kurzem waren in Sotschi „Kapitäne“ des deutschen Unternehmertums (wie sie genannt werden), die sich mit dem Präsidenten Russlands, Wladimir Putin, und Kasachstans, Nursultan Nasarbajew, unterhielten. Es gab ähnliche Treffen, darunter auf meiner Ebene, in Deutschland, als Sigmar Gabriel das Wirtschaftsministerium leitete. Diese bilateralen Treffen fanden mit den französischen, italienischen und österreichischen Geschäftsleuten statt. Aber ich habe schon seit langem nicht gehört, dass sich ein Geschäftsdialog Russland-EU etablieren würde, der immer einer der wichtigsten Bestandteile war, darunter bei der Vorbereitung auf Gipfeltreffen. Obwohl diese Unternehmer, die ihn unsererseits leiten, sicher dazu bereit sind.
Das ist eine gute Frage. In dieser Zeit habe ich mich schon abgewöhnt, dass es zwischen Russland und der Europäischen Union einen Geschäftsdialog gab. Fragen Sie da in Brüssel danach, und ich frage bei unseren Geschäftsleuten, wer auf Kontakte verzichtet.
Was die Sanktionen betrifft (ich habe sie in meiner Rede erwähnt, um alle Faktoren zu zeigen, die auf unsere Beziehungen Einfluss nehmen), so können und werden wir nicht darum bitten, sie aufzuheben, erst recht, wenn sie uns sagen, dass wir dafür „etwas gut tun“ sollen (vom Gesichtspunkt des Westens), und dann werden wir für die Aufhebung der Sanktionen einen Vorwand haben. Mit anderen Wörtern (und so sagen uns ziemlich viele) enthält dieser Vorschlag das Verständnis, dass die Sanktionen eine sinnlose Beschäftigung sind, die niemandem etwas Gutes bringt, und dass es eine absolut politisierte Position derjenigen ist, die Russland „bestrafen“ und sich Konkurrenzvorteile verschaffen wollen. Denn über einen Vorwand zu sprechen, um die Sanktionen aufzuheben, ist schon an sich „interessant“.
Ich werde daran erinnern, dass vor allem die USA bereits seit langer Zeit auf Sanktionen als Mittel für Führung eines Konkurrenzkampfes zurückgreifen. Nach meinen Angaben mussten private europäische Unternehmen von 2008 bis 2016 mehr als 200 Mrd. US-Dollar Geldstrafe zahlen. Wenn ich mich nicht irre, so war es „Volkswagen“, dem 2016 eine Geldstrafe von 14,5 Mrd. US-Dollar auferlegt wurde. Es gab auch Strafen für „Total“ wegen „Vorteilsannahme“, für „BNP Paribas“ - weil sie die Beziehungen mit Kuba, dem Sudan und Iran hatten. „Alstom“ litt wegen gewissen Korruptionsschemen in Indonesien. „Credit Agrikole“ – dafür, dass sie mit dem Sudan, Kuba und Iran zusammenarbeitete. Die Schweizer „UBS“– wegen der Verheimlichung von Angaben über die US-Bürger. Viele Fälle gibt es.
Wie Sie verstehen, hatte und hat das alles nichts damit zu tun, was Russland macht. Das hat nichts mit der Krim zu tun, die die russische Zugehörigkeit wiederhergestellt hat, nachdem sich in Kiew der Staatsstreich ereignet hat und die Krim-Einwohner diesen verbrecherischen Akt einfach nicht akzeptiert haben. Das hat alles nichts damit zu tun, was derzeit im Donezbecken geschieht. Sowohl das Donezbecken, als auch die Krim sind einfach ein bequemer Anlass für unsere US-Kollegen, damit diese einen unlauteren Konkurrenzkampf betreiben und die Positionen der Konkurrenten unterminieren.
Deshalb läuft dieses Thema nicht darauf hinaus, um sich zu vereinbaren, welche Friedensmission der UNO zum Donezbecken geschickt werden soll oder nicht darauf hinaus, dass, sobald wir uns vereinbart haben, die Europäer einen Vorwand (wieder Vorwand!) erhalten, mit der Lockerung der Sanktionen zu beginnen. Die Frage ist viel umfangreicher. Man muss das ganze Bild sehen, das mit dem schärfsten Konkurrenzkampf verbunden ist, in dem Amerikaner (und ich verstehe sie) erfolgreicher als alle anderen sein wollen. Ich verstehe den Wunsch, aber die Methoden sind nur sehr schwer zu rechtfertigen.
Frage (Übersetzung aus dem Englischen): Drei kurze Momente. Erstens bin ich der Ansicht, dass es unrealistisch ist, zu behaupten, Business sei Business und Politik sei Politik. Zweitens muss man damit aufhören, schlecht voneinander zu reden, wenn wir die Beziehungen verbessern wollen. Drittens will die EU auch ein starkes Russland, das seine Interessen auf Grundlage des Völkerrechtes verteidigt.
Schließlich sagen Sie, dass Russland die EU nicht spalten will, aber im nächsten Satz behaupten Sie, dass mehrere EU-Länder schlecht sind. Die Politik der EU wird mit 28 Ländern abgestimmt. Was die Umsetzung der Minsker Abkommen angeht, so weiß ich, dass Deutschland, Frankreich, aber auch die USA derzeit mit der russischen Seite daran zusammenzuarbeiten, die Resolution des UN-Sicherheitsrats zu den Friedensstiftern im Donezbecken zu vereinbaren. Wir müssen uns auf solche „Inseln“ der Zusammenarbeit, wie Business, Bildung und Wissenschaft stützen. Wir müssen mehr über positive uns vereinigende Aspekte der Beziehungen sprechen.
Sergej Lawrow: Genau. Ich beginne zuerst damit, was uns vereinigt und nicht damit, was uns trennt. Wir versuchen eben, über den Energiebereich zu sprechen. Denn er soll uns ja vereinigen. Jedoch passiert das Gegenteil: er trennt uns. Nicht durch unsere Schuld oder die Schuld Deutschlands, oder der überwiegenden Mehrheit der Mitgliedsländer der Europäischen Union, sondern durch die Schuld einiger Länder, die man auf einer Hand abzählen kann. Sie sind überzeugt, dass es besser ist, anderthalbmal mehr für das US-Flüssiggas zu zahlen, als das vorteilhafte Gas aus Russland zu kaufen. Das ist alles.
Übrigens zur Frage, Wirtschaft sei Wirtschaft und Politik sei Politik. In diesem Fall ist für diese Länder die Politik eine Wirtschaft, und die Wirtschaft eine Politik ist.
Dass ihr in der Europäischen Union Beschlüsse auf Grundlage der Position aller 28 Länder fasst, das habe ich schon erläutert. Wenn 28 Länder sagen, dass sie ein beliebiges Problem auf Grundlage des Konsensprinzips und der Solidarität lösen müssen, so verstehe ich, dass bei widersprüchlichen Herangehensweisen unter den 28 Staaten eine mittlere zwischen den äußersten Positionen als gemeinsame Position gewählt wird. Bei allem Respekt muss ich jedoch feststellen, dass in der Politik in Bezug auf Russland die Position und die Solidarität der EU nicht auf Grundlage der mittleren Vereinbarungen, sondern auf Grundlage der Positionen der aggressiven Minderheit, die auf einer Hand abgezählt werden kann, bestimmt wird.
Markus, ich sehe, Sie sind nicht einverstanden. Ich fasse keine Beschlüsse innerhalb der EU, aber ich spreche darüber, wie wir das von außen sehen, nicht auf Grundlage irgendwelcher Spekulationen, sondern, ich sage das ehrlich (ich hoffe, ich werde hier keinen enttäuschen), auf Grundlage der bilateralen vertrauensvollen Verhandlungen mit sehr vielen EU-Ländern.
Dass die gegenseitige Rhetorik verringert werden muss, so bin ich mit zwei Händen nur dafür.
Ebenso wie wir eine starke Europäische Union brauchen, braucht die EU ein starkes Russland. Ich unterstütze das Gesagte hundertprozentig, dass dies auf Grundlage des Völkerrechtes gemacht werden soll, das die Nicht-Akzeptanz der verfassungswidrigen antidemokratischen Methoden des Machtwechsels vorsieht.
Bei unseren jüngsten Kontakten (ich verstehe, dass auf das Thema Ukraine nicht verzichtet werden muss) sagen wir unseren deutschen und französischen Kollegen (würde auch polnischen sagen, aber mit ihnen haben wir keinen Kontakt) ganz offen, dass, als diese drei Länder im Namen ihrer Außenminister unter dem Abkommen zwischen Wiktor Janukowitsch und der Opposition am 20. Februar 2014 ihre Unterschrift gesetzt haben, so haben sie für die Umsetzung dieses Abkommens Verantwortung übernommen. Als am nächsten Morgen die Opposition ihre Verpflichtungen zertreten hat, hat sie volle Missachtung gegenüber Deutschland, Frankreich und Polen gezeigt. Es ist Tatsache. Weder Deutschland, noch Frankreich und Polen konnten als Antwort auf unsere Fragen, warum sie die Opposition nicht zur Ordnung aufrufen, nichts sagen. Sie sagten nur, dass der Präsident Wiktor Janukowitsch aus Kiew geflohen sei. Erstens war er in der Ukraine. Zweitens floh etwa zum gleichen Zeitpunkt aus Jemen der Präsident Abed Rabbo Mansur Hadi. Und nach diesen drei Jahren seit seiner Flucht nach Saudi-Arabien, wo er auch jetzt lebt, wünscht die ganze progressive westliche Menschheit ihn zurück. Warum ist man gegenüber Jemen anders als gegenüber der Ukraine eingestellt? Die beiden Länder regierten gewählte Präsidenten, von allen anerkannt, das sind die Mitgliedsländer der UNO. Jedoch in der Ukraine fuhr Wiktor Janukowitsch aus Kiew nach Charkow, und nach der Logik unserer europäischen Kollegen kann man sofort einen Staatsstreich begehen. Und in Jemen sind es drei Jahre vergangen, und man fordert, die Vollmachten des legitimen Präsidenten wiederherzustellen. Das ist zur Frage, dass wir auch Geschäfte auf Grundlage der Achtung des Völkerrechtes in seiner ganzen Fülle und ohne doppelte Standards führen wollen.
Übrigens war das Abkommen vom 20. Februar 2014, über den ich spreche, nicht über Wladimir Janukowitsch. Im ersten Punkt dieses Dokumentes stand geschrieben, dass sich die Seiten dazu verpflichten, die Regierung der nationalen Einheit ins Leben zu rufen, die die Verfassung, Wahlen usw. vorbereiten wird. Und Herr Arsenij Jazenjuk, den ihr in seiner Vereinbarung mit Wladimir Janukowitsch unterstützt habt, ging kurz nach dem Staatsstreich zum Platz und sagte den Demonstranten, dass er sie gratuliert, und schlug vor, ihn auch dazu zu gratulieren, dass sie das Land der Sieger geschaffen haben. Der Unterschied ist meiner Meinung nach groß: die Regierung der nationalen Einheit und die Regierung der Sieger. Ihr – Deutschland, Frankreich und Polen – habt eure Unterschrift unter der Regierung der nationalen Einheit gesetzt und wurdet ignoriert. Das wurde einfach von denjenigen ignoriert, die zusammen mit euch diese Vereinbarung erreicht haben. Aber das ist nun Geschichte. Jedoch ist es sehr gefährlich, es nicht im Gedächtnis zu behalten, weil weder die Krim noch das Donezbecken die andere Ukraine angriff, als sich in Kiew der Staatsstreich ereignet hat. Sie sagten einfach, dass ein verfassungswidriger Akt begangen wurde, mit dem sie nichts zu tun hatten und von dem sie sich distanziert haben, und haben gebeten, sie in Ruhe zu lassen, um zu verstehen, was geschieht. Jedoch gab es die Forderung seitens des größten Inspirators des Maidan, des Nationalisten Dmytro Jarosch, die Krim von Russen zu befreien. Das alles gibt es in den Dokumenten. Das Donezbecken wurde zum Terrorgebiet erklärt und anschließend mit einem Anti-Terror-Einsatz begonnen. Es war nicht das Donezbecken, das die Ukraine angriffen hat, sondern das war die Ukraine, die ihr eigenes Territorium angriffen hat, indem sie es zum besetzten Gebiet erklärt hat. Das sind wichtige Dinge, von denen man leider vergisst. Wir haben den guten Willen gezeigt, indem wir die Präsidentschaftswahlen anerkannt haben (was der Präsident Russlands, Wladimir Putin, erneut vor kurzem bestätigt hat), obwohl wir verstanden haben, dass die Grundlage dieser Regierung der radikale Nationalismus ist. Das wird mehrmals bewiesen, jede Woche.
Was die Vorwärtsbewegung in Bezug auf die Minsker Vereinbarungen angeht, so sind wir auf die Besorgnisse eingegangen, die auch unsere deutschen und französischen Kollegen, andere Europäer und die Ukrainer äußersten und zwar, dass die Sonderbeobachtungsmission der OSZE in der Ukraine sehr oft Bedrohungen und Sicherheitsrisiken ausgesetzt ist, und sie muss irgendwie verstärkt werden. Noch vor etwa einem Jahr waren wir bereit, zu einer Entscheidung zu kommen, dass diese Mission für ihre Selbstverteidigung Bewaffnung bekommen soll. Damals haben Deutschland, Frankreich und die ganze EU darauf verzichtet, wie auch die OSZE, weil es ihnen an Erfahrung und Praxis der Durchführung von Einsätzen, die bewaffnete Beobachter vorsahen, gefehlt hat. Bei den erneuten Aufrufen, die Sicherheit der Mission der OSZE zu stärken, schlug der Präsident Russlands, Wladimir Putin, das vor, was er nun vorgeschlagen hat. Einer der Anlässe für die Wiederaufnahme der Gespräche über die Sicherheit der OSZE-Mission war der durch eine Landmine in die Luft gegangene Streifenwagen der Organisation im Gebiet Lugansk auf dem Territorium der Demarkationslinie. Es wurde ein Sonderbericht angefertigt, es wurde ermittelt. Aus den Ermittlungen geht hervor, dass es nicht die Volkswehr aus Lugansk war, die diese Mine gelegt hat. Aus diesem Bericht geht hervor, dass sich die ukrainische Macht geweigert hat, die Videoaufzeichnung dieses Zwischenfalles zur Verfügung zu stellen. Niemand fing damit an, dieses Thema aufzubauschen. Wir auch wollen nicht nach Straftätern suchen, obwohl hier alles meiner Meinung nach auf der Hand liegt. Wir sind daran interessiert, die Minsker Vereinbarungen umzusetzen. Dafür schlug der Präsident Russlands, Wladimir Putin, vor, eine bewaffnete UN-Mission für den Schutz der OSZE-Beobachter einzuschalten. Frankreich und Deutschland haben ein Interesse daran gezeigt. Die Bundeskanzlerin Angela Merkel fragte den Präsidenten Russlands, Wladimir Putin, bei einem Telefongespräch, warum nur die OSZE-Mitarbeiter geschützt werden sollen, die sich an der Demarkationslinie befinden werden. Frau Merkel hob auch hervor, dass OSZE-Beobachter auch in anderen Teilen des Territoriums der Ukraine auf beiden Seiten der Demarkationslinie arbeiten: sie patrouillieren, fahren mit Wagen, sehen, sprechen mit den Einheimischen. Der Präsident Russlands, Wladimir Putin, stimmte zu, dass das eine absolut logische Erwähnung ist, und unser Vorschlag, der in den Sicherheitsrat der UNO eingebracht wurde, sieht vor, dass bei der Umsetzung aller dieser Funktionen durch die Beobachter der OSZE sie stets von bewaffneten Friedensstiftern der UNO geschützt werden sollen.
Ich werde wiederholen, Deutschland und Frankreich sehen darin die Möglichkeit, Vereinbarungen zu erreichen. Der Resolutionsentwurf liegt „auf dem Tisch“ im Sicherheitsrat der UNO, aber die Verhandlungen fangen nicht an, weil die Ukraine gesagt hat, dass das ihr nicht passt, und was ihr passt, sie hat versprochen, zu zeigen, aber bis dahin hat sie das nicht gemacht (mehr als ein Monat ist vergangen). Wir sehen, was man jetzt zu machen versucht: der neue US-Sondergesandte für die Ukraine, Kurt Volker, besuchte bereits Berlin, Paris und aus irgendeinem Grund auch London, mehrmals Kiew, in dem er ganz vor kurzem mehrere signifikante Erklärungen gemacht hat, aus denen klar wurde, welche Alternative zu unserem Projekt die US-amerikanischen Mentoren den ukrainischen Behörden vorbereiten (das einzige Land, das die ukrainische Regierung, die Opposition und Radikale beeinflussen kann, sind die USA).
Herr Kurt Volker sagte, dass es in der erster Linie notwendig ist, dass die Friedensstifter (er hat ein anderes Wort benutzt, aber mit dem gleichen Sinn) das ganze Donezbecken besetzen, indem sie es umzingeln, und erst dann werden die USA die Handlungen des Präsidenten der Ukraine, Petro Poroschenko, zur Umsetzung seiner Verpflichtungen unterstützen, darunter die Erklärung der Amnestie, das Verleihen eines Sonderstatus an das Donezbecken nach der Formel von Frank-Walter Steinmeier (sie wird übrigens zwei Jahre lang von Petro Poroschenko und seiner Regierung sabotiert) sowie die Durchführung der Wahlen. Für uns liegt das auf der Hand, dass, sobald die Besatzungskräfte das ganze Donezbecken besetzen, Petro Poroschenko keinen Finger rühren wird, um etwas aus dem Versprochenen zu erfüllen. Das versteht man auch meiner Meinung nach in allen europäischen Hauptstädten.
Kurt Volker hat noch eine bemerkenswerte Anmerkung gemacht, indem er gesagt hat, dass das die Angelegenheit Europas, der Ukraine und Russlands ist und das Donezbecken mit den Verhandlungen nichts zu tun hat. Wenn man in Berlin das für angemessen hält, was geschehen soll, so ist es zum Bedauern. Jedoch bin ich damit absolut einverstanden, dass es einen Weg nach vorne gibt, und es handelt sich hier um eine strikte und gewissenhafte Umsetzung der Minsker Vereinbarungen. Damit beschäftigen sich bereits seit langem und sorgfältig die Helfer unserer Anführer im Normandie-Format, indem sie eine Roadmap vereinbaren, die die Schritte, die die Sicherheit erhöhen, mit den Schritten, die zur politischen Regelung führen, zeitlich abstimmen würde. Diese Arbeit wird geführt, und ich hoffe sehr, dass die Erklärung von Herrn Kurt Volker, die direkt dem widerspricht, was Deutschland, Frankreich, Russland und die Ukraine im „Normandie-Format machen, nicht die Vorbereitung dieser Roadmap behindern wird.
Frage: Vor kurzem ernannte der Präsident Russlands, Wladimir Putin, unseren Freund Alexej Meschkow zum Botschafter in Paris. Da er hier ist, möchte ich ihm zu dieser wichtigen Ernennung gratulieren. Wie ist die „Reisekarte“ von Alexej Meschkow für die kommende Zeit? Welche Ratschläge haben Sie ihm gegeben? Wie sehen Sie die Entwicklung der französisch-russischen Beziehungen?
Sergej Lawrow: Die Information über die Roadmap ist nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Ich glaube, dass alle Minister, die ihre Mitarbeiter zu Botschaftern ernennen, ihnen inhaltlich allgemein strategische Anweisungen geben, und diese Dokumente können nicht publik gemacht werden. Jedoch kann ich Ihnen ganz offen sagen, in welcher Richtung Alexej Meschkow arbeiten wird - das ist die Richtung für die Festigung unserer strategischen privilegierten Partnerschaft (wie sie unsere Vorgänger genannt haben). Er wird daran arbeiten, dass sich die heutige Konjunktur nicht in die Prozesse der Gewährleistung der langfristigen nationalen Interessen der russischen und französischen Völker einmischen. Wir sehen, dass es Versuche gibt, diese Konjunktur in das Alltagsleben zu implementieren. Wir hoffen, dass dank unserer gemeinsamen Geschichte die Beziehungen zwischen Russland und Frankreich nicht beschädigt werden können. Wir haben sehr gute Pläne, unsere Präsidenten trafen sich bereits zweimal – der Präsident Russlands, Wladimir Putin, hat Frankreich besucht, der französische Präsident Emmanuel Macron hat die Einladung angenommen, Russland zu besuchen, darunter im Kontext der Teilnahme am Petersburger Wirtschaftsforum im Mai 2018. Es gibt eine Vereinbarung über die Schaffung einer neuen großen Struktur des öffentlichen Dialoges - des sogenannten „Trianon- Dialoges“.
Ich halte es für wichtig, dass gerade dieser Initiative die Präsidenten ihre Aufmerksamkeit auf ihrem ersten Treffen gewidmet haben, weil das breite Zusammenwirken zwischen den verschiedensten Vertretern der Zivilgesellschaft wohl die beste Herangehensweise ist, das Fundament unserer Beziehungen zu festigen und unseren Regierungen und Ämtern auf die Richtung hinzuweisen, in der sich die Bürger beider Länder bewegen wollen.
Frage: An diesem Freitag beginnt die längste Reise der USA in die Länder des Fernen Ostens: Japan, China, Vietnam und andere. Im Großen und Ganzen wird das für die Länder zu den Fragen des Atomproblems Nordkoreas beschwichtigend wirken. Gleichzeitig versammelt Papst Franziskus am 10. und 11. November elf Nobelpreisträger, um Wege für die Fortsetzung des Dialoges zwecks einer friedlichen Lösung der entstandenen Probleme zu finden. Wie ist Ihre Meinung zu dieser Frage?
Sergej Lawrow: Zum Thema, was derzeit auf der Koreanischen Halbinsel und um Nordkorea geschieht, ist bereits viel gesagt worden. Auch der Präsident Russlands, Wladimir Putin, hat sich dazu ausführlich geäußert. Natürlich treten wir eindeutig und alternativlos für die friedliche Regelung ein. Es sind dafür gegenseitige Schritte und der Verzicht auf die Rhetorik in Bezug auf die Beziehungen zwischen Russland und der EU vonnöten. In einem beliebigen Konflikt, einer beliebigen Krise (unsere Beziehungen will ich nicht als solche bezeichnen) und Situation, wenn es kein Einverständnis gibt, muss man die Rhetorik etwas verringern und besser ganz darauf verzichten und nach politischen gegenseitigen Schritten zu suchen. Bis jetzt sehen wir keine solche Bereitschaft weder seitens der USA, noch seitens Nordkoreas, obwohl, wie ich schon sagte, derjenige, der klüger und stärker ist, den ersten Schritt machen soll.
Parallel mit den fehlenden politischen Herangehensweisen und Fortschritten auf dem politischen Weg, die Reaktion auf die russisch-chinesische Initiative über das „doppelte Einfrieren“, wenigstens für eine Zeitlang, und den abenteuerlichen Handlungen in Nordkorea, Militärmanövern der USA mit der Republik Korea ist die Rhetorik sehr groß (manchmal auch mit Beleidigungen), was natürlich nicht dazu verhilft, die Atmosphäre zu schaffen, die die Situation entschärfen könnte.
Aus Washington ertönen immer mehr Erklärungen darüber, dass dieses Problem eine militärische Lösung hat. Gestern oder heute hat der Vorsitzende des Vereinigten Generalstabs der US-Streitkräfte, General Joseph F. Dunford, sagte, dass wenn es einen Befehl geben wird, die Gewalt auf der Koreanischen Halbinsel anzuwenden, so schließt er nicht aus, dass das auch ohne Absprache mit dem Kongress gemacht wird. Das ist eine sehr besorgniserregende Erklärung. Wir haben mit unseren südkoreanischen und japanischen Nachbarn gesprochen, und von ihrer Seite gibt es Besorgnis diesbezüglich. Sie verstehen ganz gut, dass, wenn das Militär-Szenario umgesetzt wird, so werden sie als erste zu den leicht verwundbaren Zielen. Der Präsident Südkoreas, Moon Jae-in, sagte uns, dass die USA keine Gewalt anwenden können, ohne vorher mit Südkorea Rücksprache genommen zu haben. Ich höre andere Erklärungen aus Washington, die überhaupt nicht davon überzeugen, dass es eine Vereinbarung oder einen Rat geben wird, ganz abgesehen von einer Erlaubnis. Ganz vor kurzem sagte der Ministerpräsident Japans, Shinzō Abe, dass er mit dem Präsidenten der USA, Donald Trump, einverstanden ist, dass eine militärische Lösung des Problems nicht auszuschließen ist. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als die Situation vor einem Monat kurz vor einer gefährlichen Wendung stand. Der Verteidigungsminister der USA, James Mattis, kommentierte die Möglichkeit eines Militär-Szenarios auf der Koreanischen Halbinsel: er sagte, dass die Opferzahlen gewaltig sein werden. Wie dort die Politik zu dieser und anderen Fragen betrieben und koordiniert wird, können wir uns noch nicht gut vorstellen. Wir streben an, dass die russisch-chinesische oder andere friedliche Initiative, die eine Chance auf die Umsetzung haben wird, aufmerksam behandelt wird. Bisher ist das jedoch nicht der Fall.
Frage: Wie sind wir zur Situation gekommen, als zwischen der EU und Russland das Vertrauen verloren wurde? Was geschah in der Zeit seit 2003, als der gemeinsame Wirtschaftsraum zwischen der Europäischen Union und Russland vereinbart wurde, was von einem hohen Vertrauen zeugte, und 2014? Was kann man unternehmen, um in der Zukunft diese Situation zu vermeiden?
Sergej Lawrow: Eine sehr richtige Beobachtung, und ich bin mit Ihnen vollkommen einverstanden, dass Probleme in unseren Beziehungen lange vor dem Staatsstreich in der Ukraine begonnen haben. Dafür gibt es viele Bestätigungen. Es ist wahr, dass es 2003 viele Erwartungen nicht nur in Bezug auf den gemeinsamen, sondern auch einen humanitären Raum gab.
Romano Prodi, der damalige Vorsitzende der EU-Kommission, sagte 2003 bei seiner Rede auf der Pressekonferenz nach dem Russland-EU-Gipfeltreffen, dass er keine Zweifel daran hat, dass in fünf Jahren Russland und die EU das Abkommen über den visafreien Reiseverkehr unserer Bürger unterschreiben werden. 2008 war da, es gab damals keine globalen Probleme, aber die Arbeit zur Vorbereitung dieses Abkommens zog sich in die Länge. Als die Vorbereitung fast fertig war, das Abkommen behandelt und die Formulierungen vereinbart wurden, wurde uns gesagt, dass Arbeitsgruppen zur Überprüfung der Umsetzung der Sicherheit auf den russischen Grenzkontrollpunkten ins Leben gerufen werden müssen, dass es biometrische Pässe und Verpflichtungen zur Rückübernahme geben müssen.
Wir haben alle diese Arbeitsgruppen ins Leben gerufen. Zu uns kamen die Inspektoren der EU, um zu überprüfen, was wir machen. Wir reisten in die Europäische Union, um uns anzusehen, wie es bei ihnen alles organisiert ist. 2011 und 2012 hat es in der Tat nichts daran gehindert, das Abkommen zu unterschreiben, aber es hat sich herausgestellt, dass diese Minderheit, über die ich bereits sagte, auf das Solidaritätsprinzip in der EU zurückgegriffen hat, damit die Europäische Union diese Stellung genommen hat: Russland hat alle technischen und juristischen Forderungen erfüllt, die EU und Russland war vollkommen bereit, den visafreien Reiseverkehr einzuführen, aber politisch wird es falsch sein, diesen Reiseverkehr mit Russland einzuführen, solange dieser für die Ukraine, Georgien und Moldawien nicht eingeführt wird. Das war 2012. Da hat es angefangen. Das ist nur ein Beispiel, und es gab viele solche Beispiele. Mit meiner Kollegin, Catherine Ashton, konnten wir damals keinen normalen ständigen Partnerschaftsrat abhalten, den das Abkommen über die Partnerschaft und Zusammenarbeit vorsah und der jede sechs Monate auf der Ebene der Außenamtschefs zusammengerufen werden musste, um die Übersicht aller Richtungen der sektoralen Zusammenarbeit zwischen Russland und der EU durchzuführen. Noch lange vor der Ukraine waren unsere Treffen der Erörterung Syriens, vor Syrien – des Iraks und der Nahost-Regelung gewidmet, aber bis zur Koordination der Tätigkeit nach allen Richtungen der Partnerschaft kam es seit langem nicht mehr. Ich muss zum Problem der Herausbildung der Position der EU zurückkehren: wenn die aktuelle Praxis weiter bestehen wird, wenn jeder einen konstruktiven Beschluss, der den Interessen aller entspricht, blockieren werden kann, so werden wir wahrscheinlich eine Zeit lang Probleme darin haben, das Potential unserer Partnerschaft, das sehr groß ist, in vollem Umfang anzuwenden. Ich habe keine Zweifel daran, dass der gemeinsame Wirtschaftsraum, der Bau von Brücken zwischen der eurasischen Integration und der EU, die Förderung des Großen eurasischen Projektes und die Teilnahme der SOZ, der Staaten des Projektes „Ein Gürtel, eine Straße“, der ASEAN-Staaten, aber auch der EU daran – das ist der beste Weg sowohl für euch, als auch für uns, die eigenen Positionen in der Welt, die immer konkurrenzfähiger wird und in der neue Zentren des Wachstums und Einflusses entstehen, zu sichern. Da wir uns auf einem großen Teil der Erde befinden, müssen wir unsere komparativen Vorteile nutzen, sonst widersprechen wir den eigenen nationalen Interessen. Hier ist die Hoffnung auf vernünftige und weitsichtige Anführer. Ich hoffe, dass Europa noch reich an diesen Anführern ist.
Frage: Es ist unfair zu sagen, dass Estland, das im EU-Rat den Vorsitz hat, nicht an einer Förderung der Dialogformate zwischen der Europäischen Union und Russland interessiert ist. Wir bleiben den fünf grundlegenden Prinzipien der Beziehungen zwischen Russland und der Europäischen Union, die im vergangenen Jahr festgelegt wurden, ganz treu, darunter dem Prinzip der selektiven Partnerschaft und der Einbeziehung in die Bereiche, in denen beide Seiten ihren Nutzen ziehen können. Sie haben zudem Aufmerksamkeit der Tagesordnung der „Östlichen Partnerschaft“ gewidmet. Ich kann nur versichern, dass die Diskussionen zu diesem Thema in Brüssel weiter laufen. Estland, das in der EU den Vorsitz hat, spielt eine aktive Rolle in der Bestimmung der Tagesordnung und der Ausarbeitung der Deklaration des „Gipfels der Östlichen Partnerschaft“, der im November dieses Jahres stattfinden soll. Ich hoffe, dass er unseren Partnern eine klare Botschaft darüber geben wird, dass diese Politik weiter betrieben und praktische Dividenden unseren Partnern bringen wird. Wichtig ist heute, dass wir die „Östliche Partnerschaft“ so entwickeln können, damit keiner von ihren Teilnehmern vor einer schweren Wahl zwischen der EU und Russland stehen würde.
Sergej Lawrow: Ich habe nur festgestellt, dass es unter dem estnischen Vorsitz keine Mechanismen gab, die meiner Meinung nach regelmäßig eingesetzt werden müssen. Bitte, nehmen Sie mir das nicht übel. Was die fünf Prinzipien angeht, die, wie Sie gesagt haben, den Beziehungen zwischen Russland und der Europäischen Union zugrunde liegen, so wissen alle, dass Russland an deren Vorbereitung nicht teilnahm. Ich werde nicht ausführlich darauf eingehen, wie sich die Kontakte zwischen mir und der Hohen Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik der EU, Federica Mogherini, entwickelten. Ich weiß genau, dass ihr eine sehr lange Zeit nicht erlaubt wurde, nach Russland zu reisen, obwohl ich mit ihr Vereinbarungen hatte. Der Dialog litt darunter. In einer beliebigen Situation, wenn man zueinander Fragen hat, ist es besser, sich zu treffen, sie zu stellen und Antworten bekommen, von Angesicht zu Angesicht.
Federica Mogherini konnte nach Russland nur dann fahren, als, wie Sie erwähnt haben, die EU ihre fünf einseitigen Prinzipien festgelegt hat.
Erst dann durfte sie zu uns kommen, obwohl dieses Dokument ihr ziemlich viel nicht erlaubt hat. Ich dachte, dass unsere Beziehungen doch nicht von den fünf Prinzipien bestimmt werden, die jetzt erwähnt und einseitig erarbeitet wurden, sondern von den Prinzipien, die im Abkommen über die Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen Russland und der Europäischen Union verankert sind. Das Abkommen ist 2010 abgelaufen, aber funktioniert immer noch, weil das neue Abkommen, an dem wir begonnen haben, zu arbeiten, noch nicht fertig ist. Die Arbeit zog sich noch lange davor in die Länge, als sich der Staatsstreich in der Ukraine ereignet hat. Sie erwähnten die „Östliche Partnerschaft“ und waren damit zufrieden, dass ich angeblich darüber sagte. Aber ich sagte nichts darüber, obwohl ich weiß, dass Sie den Gipfel vorbereiten, diesmal mit der Teilnahme der Anführer aller sechs Fokusländer. Das ist auch ein Schritt nach vorne. Wir haben mit unseren Kollegen früher darüber gesprochen, als sich die „Östliche Partnerschaft“ erst in der Entstehungsphase befand. Wir wurden sozusagen als Beobachter eingeladen, später dann zu einigen Projekten eingeladen, danach aber wurde uns kein einziges Projekt vorgeschlagen. Ich hoffe, dass die Worte, die in der Entstehungsphase der „Östlichen Partnerschaft“ manchmal ertönten, nicht die Position der EU widerspiegeln. Diese Worte forderten von einem Partnerland zu wählen: entweder mit Europa oder mit Russland. Etwa so, wie jetzt in Serbien der Assistent des Außenministers der USA, Hoyt Brian Yee, bei seiner Rede gesagt hat, dass Serbien zwischen Russland und der Europäischen Union wählen soll, weil es unmöglich ist, mit beiden gleichzeitig befreundet zu sein. Die USA unterstützen natürlich die Wahl Serbiens zugunsten Europas. Ist das nicht etwa die Einmischung in die inneren Angelegenheiten? Diese Worte haben wir auch von den Mitgliedern der EU gehört. Noch während des ersten ukrainischen Maidans von 2004 sagte der damalige Außenminister Belgiens und nachher EU-Kommissar, Karel de Gucht, öffentlich, dass das ukrainische Volk wählen soll, ob es mit Russland oder mit Europa ist. Ich erinnere mich an den US-Politikwissenschaftler Zbigniew Brzeziński, der neben vielen seinen Werken das Buch „Das große Schachbrett“ verfasst hat. Als er von der Zukunft Eurasiens und den Interessen des Westens sprach, brachte er die Aufgabe vor, dass es wichtig ist, nicht zuzulassen, dass sich „Barbaren“ in Eurasien vereinigen. Das ist ein Zitat. Dort gibt es sehr interessante philosophische Überlegungen, die damals als Phantasie wahrgenommen wurden. Er ist klug und belesen, weiß viel. Alles, was er damals empfehlen hat, ins Visier zu nehmen, nimmt jetzt leider Gestalt an.
Frage: Wenn wir, Geschäftsleute, einen Fortschritt zu erreichen versuchen, so bemühen wir uns, bestimmte Prinzipien zu befolgen. Aber wenn sich nichts entwickelt, ist der Unwillen, nach einem Kompromiss zu suchen, nicht ganz der richtige. Wenn wir mit den russischen Partnern sprechen, bekommen wir den Eindruck, dass die Zeit zur Suche nach Kompromissen und nicht zum Befolgen von feststehenden Prinzipien gekommen ist. Alle sind dazu bereit. Welche weisen Schritte kann Russland in dieser Richtung unternehmen? Gibt es Bewegung zu einem Fortschritt bei der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen? The Association of European Businesses (AEB) agiert im Interesse einer großen Einigkeit und Zusammenarbeit mit der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAEU). Unsere Reise nach Brüssel war in vieler Hinsicht darauf gerichtet. Wie sehen Sie die Zukunft dieses Bündnisses? Ist die Entwicklung der Partnerschaft zwischen der EU und EAEU möglich?
Sergej Lawrow: Ich verstehe Ihre Unzufriedenheit und sogar die Enttäuschung anlässlich dessen, dass sich unsere Beziehungen ganz nicht in jenem Zustand befinden, in welchem sie in Anbetracht des Potentials der Europäischen Union und Russlands sowie des EAEU-Potentials sein sollen. Auf Ihre Frage haben Sie die Antwort selbst gegeben, dass dennoch es durch die Umsetzung der Minsker Abkommen geschehen soll. Hier die kurze Vorgeschichte: Als die Minsker Abkommen abgestimmt wurden, nahm der Prozess 17 Stunden in Anspruch. Wir haben das Paket erreicht, das im Sicherheitsrat der UNO einstimmig gebilligt wurde, ohne irgendwelche Veränderungen, darunter die Unterschriften, die unter dem Minsker „Maßnahmenkomplex“ von den Leitern der zwei nicht anerkannten Republiken – Lugansk und Donezk – Alexander Sachartschenko und Igor Plotnizki gesetzt wurden. Damals bestand der Präsident der Ukraine, Petro Poroschenko, darauf, dass diese zwei Menschen persönlich nach Minsk kommen und unter diesem Dokument ihre Unterschrift setzen. Jetzt sagt er, dass sie sich von den Vereinbarungen, wie das umgesetzt werden soll, fernhalten müssen. Der US-Sondergesandte für die Ukraine, Kurt Volker, sagte, dass sie dort nichts zu suchen haben. Wir wollen vertragsfähige Partner. Aber es wurde klar, dass Petro Poroschenko mit allen Mitteln die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen sabotieren wird, weil er vor Radikalen Angst bekommen hat, die ihm Verrat vorgeworfen haben. Er konnte seine Autorität nicht einsetzen, um zusammen mit der ihn unterstützenden Europäischen Union, der USA und des Sicherheitsrats der UNO die Radikalen zurechtzuweisen und darauf zu bestehen, dass man die Minsker Vereinbarungen erfüllen muss. Ihm, wenn Sie wollen, fehlte am Charakter. Alle nachfolgenden Beratungen und Gipfeltreffen des „Normandie-Quartetts“ haben sich darum gedreht, wie wir die Minsker Vereinbarungen erfüllen. Der Präsident Russlands, Wladimir Putin, sagte, dass dort alles klar ist – in einem Monat muss man so machen, das Gesetz über das Verleihen eines Sonderstatus für das Donezbecken vorbereiten und abstimmen. Es klappte aber nicht. Und Petro Poroschenko hat begonnen, darüber zu reden, dass das Gesetz erst nach den Wahlen verabschiedet werden muss, denn bevor dieses Gesetz über die Wahlen und den Sonderstatus des Donezbeckens zu vereinbaren, muss er, wie er sagt, erstmal Bescheid wissen, wer das Donezbecken leiten wird. Anders gesagt, wenn die Menschen gewählt werden, die ihm gefallen, wird er den Sonderstatus gewähren. Wenn aber solche gewählt werden, die ihm nicht gefallen, wird er über diesen Status vergessen.
Diese absolut futuristische Diskussion dauerte sehr lange, bis der damalige Vizekanzler und Außenminister und heute der Bundespräsident, Frank-Walter Steinmeier, eine Formel vorgeschlagen hat, die jetzt auch so heißt – „Steinmeier-Formel“, die besagt, dass sich das Gesetz über einen Sonderstatus verabschiedet wird, in der vorläufigen Ordnung am ersten Tag der Wahlen in Kraft tritt und schließlich endgültig dann in Kraft tritt, wenn die OSZE den Bericht über die Wahlbeobachtung verbreitet. Ein Jahr ist vergangen, nichts wurde gemacht. Diese Formel hat keinen juristischen Status erhalten. Sie wurde sogar schriftlich nicht verankert. Man hat angefangen, daran Interesse zu zeigen, wo das Problem liegt. Petro Poroschenko hat damals gesagt, dass der Abschlussbericht der OSZE enthalten kann, dass die Wahlen ungerecht und nicht demokratisch waren. Ein Jahr ist vergangen, um sich daran erinnern zu müssen. Dann sagte der Präsident Russlands, Wladimir Putin, dass sie aufschreiben sollen, dass das Gesetz vorläufig am Tag der Abstimmung in Kraft tritt und dann endgültig am Tag, wenn die OSZE ihren Bericht, dass die Wahlen frei, legitim sind und den Kriterien der OSZE entsprechen, verbreitet. Alle haben zugestimmt. Das war bereits das zweite Zugeständnis, obwohl es in den Minsker Vereinbarungen nichts zu diesem Thema gibt. Dort heißt es, dass man das Gesetz vor den Wahlen verabschieden muss, damit diejenigen, die abstimmen werden, wussten, welche Vollmachten die Menschen erhalten werden, für die sie stimmen. Das dritte Zugeständnis, das auch über die Minsker Vereinbarungen hinaus gemacht wurde – der Vorschlag, die Beobachter der OSZE auszurüsten. Das war für Europäer unannehmbar. Jetzt sind wir am Sicherheitsrat der UNO stecken geblieben, wo man unseren Resolutionsentwurf anscheinend besprechen will, aber es tut sich nichts. Die Ukrainer samt den Amerikanern sagen, dass eine andere Resolution vonnöten ist, aber selbst schlagen sie nichts vor. Wenn man Vorwände gebraucht hat, auf die rusophobe Politik in der Europäischen Union zu verzichten, so gab es solche Vorwände in Hülle und Fülle. Ich will nicht antiamerikanisch wirken, wir stellen das einfach fest. Die Amerikaner wollen ihre dominierende Lage in der Weltwirtschaft, Politik und Militärangelegenheiten beibehalten. Es ist vielleicht schwierig, das als Streben einer größten Macht abzustreiten. Aber in ihren Handlungen, ein Ziel zu erreichen, greifen sie auf eine unsaubere und unlautere Konkurrenz zurück. Wir haben heute bereits viele Beispiele angeführt. Aber, wenn man das europäische Innenleben beobachtet, also was unter Mainstream verstanden wird, so entsteht in den letzten Jahren der Eindruck, dass es den Amerikanern gelang, so zu machen, dass man fast alle negativen Ereignisse in der Europäischen Union von den Protesten in Bezug auf die Politik der Behörden bis hin zu den Insolvenzen der Unternehmen, auch vielleicht was technogene Katastrophen angeht, Russland, seinem „bösen Willen“ und unserem Missbrauch des Informationsraums in die Schuhe schieben kann. Irgendwo habe ich auch gelesen, dass wir uns nicht nur in sämtliche Wahlen einmischen, sondern auch die Umwelt manipulieren werden, um zum Beispiel Überschwemmungen zu erzeugen.
Zu den Wahlen möchte ich sagen, dass wir weder in Bezug auf die USA, noch in Bezug auf Deutschland und Großbritannien (dort wurde uns auch vorgeworfen, dass wir den Brexit angezettelt haben), in Bezug auf Frankreich (dort gab es auch Vorwürfe, und der Präsident hat sogar zwei russische Medien, „Russia Today“ und „Sputnik“, von seiner Konferenz ausgeschlossen - jetzt versucht man sie in den USA als ausländische Agenten einzustufen, nichts gemacht haben.
Zurück zum Thema Europa: die Schweden haben gesagt, dass sie fast überzeugt sind, dass wir uns in ihre Wahlen einmischen werden. Ich habe schon die Republik Südafrika erwähnt. Aber keiner hat Beweise vorgelegt.
Was Deutschland betrifft, so war das Abhören des Mobiltelefons der Bundeskanzlerin Angela Merkel von allen festgestellt und dokumentiert. Weder der Bundesnachrichtendienst Deutschlands, noch andere befassen sich mit dieser Tatsache. Alle bevorzugen darüber zu sprechen, was sie von den Handlungen der Russen wissen, aber Tatsachen vorlegen können sie nicht, weil es vertraulich ist.
Die Geheimnisse sind eine interessante Sache. Alexander Litwinenko kam tragisch in London ums Leben, es gab Vermittlungen, wir bestanden darauf, dass sie transparent sein müssen, aber sie liefen geheim und mit Teilnahme von Sonderdiensten. Die Ermittlungen haben sie als öffentlich bezeichnet, aber in Wirklichkeit waren sie geheim und bis heute weiß niemand, welche Vorwürfe erhoben und welche Beweise vorgelegt wurden.
Die Katastrophe der malaysischen „Boeing“ im Jahr 2014 in der Ukraine wird hinter verschlossenen Türen ermittelt. Die Materialien, die wir zur Verfügung gestellt haben, werden nicht behandelt, jedenfalls nicht erwähnt. Noch vor zwei Jahren wollten wir das Tribunal ins Leben zu rufen, beeilten sich. Wir haben zuerst vorgeschlagen, die Ermittlung zu beenden. Die Ermittlung ist bis heute nicht abgeschlossen, sie wurde um ein weiteres Jahr vertagt. Es gibt keine Beweise dafür, aber die Vorwürfe gibt es immer noch. Auf die Frage, warum keine Beweise erhoben werden, antwortet man, dass es vertraulich ist. Die gleiche Antwort auf meine Frage, wo die Beweise unserer Einmischung in ihre Wahlen sind, erhalte ich auch von unseren US-Partnern. Sie sagen, dass es unwiderlegbare, aber geheime Beweise gibt. Bereits neun Monate lang läuft diese Gerichtsverhandlung im US-Senat, es wurde sogar ein spezieller Staatsanwalt eingeschaltet, aber es gibt keine Fakten. Und das bei der Tatsache, dass in der US-amerikanischen politischen Kultur Datenleaks die Normalität des Alltags ist. Wenn es dort sogar einen wenig bedeutenden Fakt gäbe, so gäbe es ein Datenleak, denn es werden so viele Menschen bei Hearings im Kongress, in der Arbeit des speziellen Staatsanwalts und so weiter eingesetzt. Deshalb sind die Ausreden zur Geheimhaltung ehrlich gesagt lächerlich für die Menschen, die die diese seriösen Vorwürfe gegen uns erheben.
Ich will erneut sagen, dass man von uns auf einen Vorwand wartet, um zu sagen, dass die Russen sich jetzt bekehrt haben, und mit uns man normal zusammenarbeiten und Sanktionen aufheben kann. Wir machen das, was wir machen. Ich habe die Beispiele für sehr konstruktive Herangehensweisen zum Prozess der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen angeführt. Wenn jemand Vorwände braucht, da sind sie. Diese Vorwände wurden von uns nicht deswegen geschaffen, um Ihre Regierung um irgendwelche Gefallen zur Aufhebung der Sanktionen zu bitten, sondern einfach so, weil wir die Minsker Vereinbarungen erfüllen wollen. Ich habe keine Zweifel daran, dass unsere Partner des „Normandie-Formats“ (Deutsche und Franzosen), die sich damit ständig befassen, sehr gut verstehen, wer die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen blockt.
Hier ein Beispiel. Die Staats- und Regierungschefs haben bereits vor einem Jahr in Berlin vereinbart, die Schaffung von Sicherheitszonen an der Demarkationslinie zu fördern. Als Pilotzone haben wir mehrere Gebiete gewählt, in den zwei wurden schwere Waffen abgezogen, und das dritte Gebiet, das von allen vereinbart wurde, heißt die Siedlung Luganskaja. Dort konnte man nicht mit dem Abzug von schweren Waffen beginnen, da die Ukrainer sagten, dass sie das wegen anhaltender Schießerei nicht tun können. Dann haben sie eine Bedingung gestellt, dass sie zum Abzug von schweren Waffen bereit sind, wenn es eine Woche lang Waffenstillstand geben wird. Seit dieser Zeit, Sie können auch beim Vertreter der OSZE nachfragen, stellte die Sonderbeobachtungsmission der Organisation sogar insgesamt acht Wochen Waffenstillstand fest. Jedes Mal, nachdem die OSZE darüber berichtet und vorgeschlagen hat, mit dem Abzug von schweren Waffen zu beginnen, sagten die Ukrainer, dass es unsere Statistik sei, und sie hätten hundert Schüsse gehört. Das ist alles.
Jetzt wird erneut versucht, mit diesem Abzug am 4. November zu beginnen. Das ist dann bereits die neunte Woche Waffenruhe, die, hier habe ich keine Zweifel, aber ich will mich irren, die Ukrainer bestreiten werden, indem sie ihre Statistik vorlegen. Das ist ja auch ein Vorwand. Nur von uns wartet ihr auf positive Vorwände, und ich habe jetzt ein Beispiel angeführt, und dieser Vorwand ist negativ, um von denjenigen, die in Kiew derzeit gute Beziehungen mit Berlin, Paris, Washington und anderen westlichen Hauptstädten missbraucht, zu fordern, mit diesen Spielen aufzuhören und ihren Verpflichtungen nachzugehen.
Frage: Was kann von der Business-Community unternommen werden, um mit euch am Kampf gegen diese antirussische Hysterie zusammenzuarbeiten, die, wie wir wissen, nicht auf Fakten beruht?
Sergej Lawrow: Das Unternehmertum weiß selbst nicht, was in seinem Interesse ist. Wenn es einfach seine Position, die darin besteht, dass es eine andere Atmosphäre braucht, an unsere und eure Leiter kommuniziert, so wird es wohl am richtigsten sein. Ich gestehe, ich bin kein großer Optimist, dass man auf die Business-Community hören wird. Ich weiß und sah, darunter im Verlauf des jüngsten gemeinsamen Treffens des Präsidenten Russlands, Wladimir Putin, und Kasachstans, Nursultan Nasarbajew, mit den deutschen Unternehmern in Sotschi, dass, wie auch im Fall mit den Franzosen und Italienern, kein Unternehmen vom russischen Markt ging. Wir sahen, inwiefern das deutsche, das französische, italienische, österreichische Unternehmertum und andere Vertreter der Geschäftswelt daran interessiert sind, die Politik nicht mit der Wirtschaft zu vermischen. Aber ich erinnere mich auch an die Zeit, als die EU zum ersten Mal nach den USA Krim-Sanktionen eingeführt hat, und dann nach Donbass, ich las die Polemik, in deren Lauf das Unternehmertum die Regierung dazu aufrief, die Wirtschaft nicht mit der Politik zu verwechseln. Darüber wurde heute auch gesprochen. Aber damals hat die Bundeskanzlerin Angela Merkel (zumindest so wurden ihre Wörter in Medien ausgelegt) gesagt, dass in diesem konkreten Fall die Politik über die Wirtschaft dominieren muss. Das heißt, dass die Wirtschaftsinteressen der Politik bewusst zum Opfer fallen. Es ist hier schwierig, etwas zu sagen.
Was die Hysterie betrifft. Der Staatsanwalt Robert Mueller in Washington legte die ersten Ergebnisse seiner mehrmonatigen Arbeit vor – den zwei ehemaligen Mitarbeitern des Wahlkampfteams von Donald Trump wurde vorgeworfen, dass sie etwas mit dem Präsidenten Wiktor Janukowitsch gemacht haben. Sie suchten dabei nach der russischen Spur. Ich will mich nicht einmischen, aber alle wissen, dass die aktuelle ukrainische Führung die Tätigkeit des Wahlkampfteams von Hillary Clinton bezahlte. Der Wunsch fehlt ja, und den Anlass, etwas zu verderben und so zu machen, was für die anderen schwer umsetzbar wäre, oder normal die Beziehungen wiederherzustellen, gibt es.
Frage: Jetzt helfen wir 700 Russen, die aus diplomatischen Vertretungen der USA in Russland entlassen wurden, bei der Arbeitssuche. Diesen Mitarbeitern wird gesagt, dass es eine gewisse inoffizielle „schwarze Liste“ gibt, und wie stark wir uns auch versuchen, können wir ihnen bei den russischen Behörden oder Organisationen mit staatlicher Beteiligung keine Stelle verschaffen. Was kann man tun, um diesen Menschen zu helfen?
Sergej Lawrow: Ich bin kein großer Experte im nationalen Recht der USA und der führenden westlichen Länder, aber ich kann mir die Situation vorstellen, wenn, sagen wir, in der russischen Botschaft in Washington die amerikanischen Bürger nicht die technischen Stellen besetzen würden, weil im Fall mit der Botschaft der USA in Russland die Menschen, die als technische Mitarbeiter eingestellt wurden, die Funktionen erfüllten, die in den Wiener Konventionen ausschließlich für diplomatische Mitarbeiter verankert sind. Sie fuhren durch das Land, führten Treffen durch, fanden die öffentliche Meinung heraus – das ist die Arbeit der Diplomaten. Wir zogen daraus keine negativen Konsequenzen, nur vielleicht sehr selten. Stellen Sie sich vor, dass mehrere Hundert Bürger der USA im Generalkonsulat Russlands in San Francisco, das frech und grob die Vertreter der FBI und Sicherheitsdienste geschlossen haben, sie kramten in den Archiven. Und diese Mitarbeiter (US-Bürger) wären sofort gefeuert und hätten versucht, bei den Staatsbehörden der USA eine Stelle zu finden. Was denken Sie, wären sie sofort eingestellt? Ich glaube, nein. Wahrscheinlich muss jede Bürokratie entsprechend ihren Regeln entscheiden. Es gibt Ordnungen auch in den europäischen Ländern, wie man sich gegenüber den Personen verhält, die ausländische Verwandten haben, die eine Ehe mit einem Ausländer eingingen. Ich bin überzeugt, dass, wenn sie talentiert (und sicher ist das der Fall, da die Amerikaner irgendjemand nicht einstellen werden) sind, so werden sie eine Arbeit finden. Warum müssen sie unbedingt in staatlichen Behörden arbeiten? Unser privater Sektor hat einen hohen Bedarf an begabten und talentierten Menschen. Was insgesamt diese Situation betrifft, so bereitet sie uns keine Freunde. Wir mussten uns für diesen Schritt entscheiden, um die Zahl der Diplomaten und Mitarbeiter in diplomatischen Einrichtungen Russlands in den USA und der USA – in Russland anzupassen. Dabei haben wir den Amerikanern ein sehr großes Zugeständnis gemacht, da wir aus der höchstmöglichen Anzahl der russischen Mitarbeiter in Auslandseinrichtungen der USA und der US-amerikanischen in Russland 170 Mitarbeiter, die bei unserer Ständigen UN-Vertretung arbeiten, aufgenommen haben. Sie haben mit der bilateralen Parität nichts zu tun, sind durch das Abkommen zwischen den USA und der UNO (Abkommen über den Amtssitz der Vereinten Nationen) geschützt und im Idealfall, wenn wir über eine volle Parität sprechen, hätten sie nicht in diese Zahl aufgenommen werden müssen. Wir haben sie beibehalten, in der Hoffnung, dass es in irgendwelcher Weise helfen wird, diese ganz wahnsinnige Spirale zu stoppen, die vom Nobelpreisträger im Dezember 2016 begonnen wurde. Es ist traurig, dass Obamas Leidenschaft, die russisch-amerikanischen Beziehungen zum Scheitern zu bringen, diese Trägheit vorgegeben hat, die viele Menschen unter den Demokraten und leider einige Republikaner aufgegriffen haben. Wobei jede dieser Gruppen das ausschließlich für das Erreichen der innenpolitischen Ziele im inneren Kampf in den USA macht. Leider kann die Administration von Donald Trump diese Trägheit bis jetzt nicht stoppen, obwohl der Präsident der USA Interesse an der Normalisierung der Beziehungen mit Russland hat und daran, dass sie gut und beiderseitig vorteilhaft sind sowie Nutzen für die ganze andere Welt bringen würden. Ich hoffe, dass seriöse Beobachter verstehen, wie das alles angefangen hat, und die Gesetze der Diplomatie, wenn die Gegenseitigkeit eine obligatorische Regel ist. Wenn Sie die Handlungen vergleichen, die von Barack Obama eingeleitet und von Donald Trump fortgesetzt wurden, der mit diesem Strom mit einem nicht sehr reinen Wasser schwimmen musste, damit, was wir als Antwort gemacht haben, so werden Sie verstehen, dass wir uns bemühen, möglichst zurückhaltend zu sein, indem wir die Anstandsnorm der diplomatischen Beziehungen wahren.