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STENOGRAMM DER REDE DES AUSSENMINISTERS DER RUSSISCHEN FOEDERATION S.V.LAWROW AUF PRESSEKONFERENZ ZU ERGEBNISSEN DER VERHANDLUNGEN MIT DEM AUSSENMINISTER DER NIEDERLANDEN B.BOT, DEM AUSSENMINISTER LUXEMBURGS J.ASSELBORN, KOMMISSAR DER EUROPAEISCHEN UNION C.PATTEN UND DEM GENERALSEKRETAER DES RATES DER EUROPAEISCHEN UNION/ HOHEN VERTRETER FUER GEMEINSAME AUSSEN- UND SICHERHEITSPOLITIK DER EU JAVIER SOLANA, DEN HAAG, DEN 19.OKTOBER 2004

2253-20-10-2004

S.V.Lawrow: Ich moechte meinem Amtskollegen B.Bot fuer einen ausseroerdentlich guten Empfang, fuer Gastfreundschaft und eine stattgefundene fruchtbare Diskussion danken. Wir moechten, dass sich unsere strategische Partnerschaft mit der Europaeischen Union zu all den Fragen, die mein Kollege erwaehnte, aufsteigend eintwickelt, dass konkrete Sachen bei gemeinsamer Einstellung zu jedem von vier Raeumen, die waehrend des vorigen Gipfeltreffens Russland –EU in Moskau am 21. Mai dieses Jahres abgestimmt wurden, geloest werden. Unser Herangehen zu diesen Aufgaben, zur Ausarbeitung der "Road maps" besteht darin, konkrete Vereinbarungen in konkreten Bereichen des Zusammenwirkens, mit konkreten Daten, mit Bestimmung der Ausfuehrer von jeder Seite zu erzielen. Das Wichtigste dabei ist das Zusammenwirken, dem eine gleichberechtigte, gegenseitig respektierende Bestimmung der Kooperationsbereiche, sei es im Wirtschaftsbereich, im Bereich der inneren und auesseren Sicherheit oder im humanitaeren Bereich, die gemeinsame Interessen Russlands und der Eurounion widerspiegeln, sowie gemeinsam ausgearbeitete Handlungen beider Seiten als Antwort auf die staendig in jedem dieser Bereiche entstehenden Fragen zugrundeliegt.

Ich bin auch von einer sachlichen und fachbezogenen Diskussion zu internationalen Problemen befriedigt. Es wurde die Lage im Nahen Osten, im Iran, im Irak, auf Balkanen, einschliesslich Kosovo, im Zypern, sowie die Vorbereitung zur OSZE-Aussenministertagung in Sofia Anfang Dezember besprochen. All das wurde sehr konkret eroertert. Bei Mehrheit von Fragen sind unsere Herangehen seh nah oder sie stimmen ueberein. Wir vereinbarten gemeinsame oder gleichlaufende Schritte zu vielen von diesen Themen zwecks Konflikte zu regeln. Hinsichtlich der OSZE-Aussenministertagung verabredeten wir Entscheidungen zu treffen, die die Effektivitaet dieser Organisation in allen drei Bereichen, wo sie arbeitet, fuer die Kooperation, die das eigentliche Ziel ihrer Taetigkeit ist, erhoehen koennten. Diese drei Bereiche sind – Sicherheit, humanitaere Fragen, einschliesslich Menschenrechte und wirtschaftliche Kooperation.

Ich bin mit unseren Verhandlungen zufrieden und wie Herr B.Bot sagte, vereinbarten wir uns, alle Bemuehungen in den naechsten Wochen zu unternehmen, um ein resultatives Gipfeltreffen Russland-Eurounion, das fuer den 11. November geplant ist, vorzubereiten.

Frage: Befriedigte Sie die Antwort der Eurounion auf die von Russland gestellte Frage bezueglich des Guetertransitverkehrs nach Kaliningrad ueber das Territorium Litauens. Welche Probleme gibt es hier noch? Ist Russland daran interessiert, das Schliessen des Ingalinski Atomkraftwerkes zu verschieben?

S.V.Lawrow: Die letzte Frage hat einen bilateralen Charakter und wird im Rahmen unserer bilateralen Beziehungen mit Litauen besprochen. Sie soll auch in diesem Kontext gestellt werden.

Was aber den Guetertransitverkehr nach Kaliningrad anbetrifft, so wurde diese Frage heute behandelt. Wir wurden versichert, dass die in unserem Dokument, das Herrn Bot waehrend seiner Reise nach Moskau im Juli dieses Jahres ueberreicht wurde, gestellten Fragen, eroertert werden. Es wird erwartet, dass zu einigen von ihnen konkrete Vorwaertsbewegung erzielt wird. Das sind sehr wichtige Fragen, die mit einem normalen Funktionieren des Kaliningrader Gebietes der Russischen Foederation zusammenhaengen und angehaeufte sozial-oekonomische Probleme zu loesen helfen. Wir erklaerten unseren Kollegen die Besorgnis, die die russische Seite noch hat. Ich hoffe, dass sie es verstanden und dass diese Probleme im Dreieck Eurounion-Litauen-Russland geloest werden. Meines Erachtens nach waere es unter Beruecksichtigung der Vereinbarung ueber die Notwendigkeit, ein Abkommen ueber den Gueterverkehr nach Kaliningrad abzuschliessen, die in Moskau am 21. Mai auf dem Gipfel Russland-EU erzielt wurde, eine einzig richtige Entscheidung.

Unsere Besorgnisse sind sehr einfach. Wir wollen, dass die Gueterlieferung nach Kaliningrad aus dem uebrigen Teil Russlands nicht schlechter als bis jetzt, wuenschenswert noch einfacher, waere. Vorlaeufig aber fuehrt die Notwendigkeit neue, nach dem Beitritt Litauens zur Eurounion eingefuehrte Formalitaeten zu erfuellen, zur Verteuerung auf das anderthalbfache verschiedener Zollprozeduren, zur Verteuerung um ein Drittel verschiedener Prozeduren der Sanitaetskontrolle und zu vielen anderen Problemen. Wir beweisen auf konkreten Beispielen, dass sich die Situation nach der Erweiterung der Europaeischen Union verschlechterte und dass wir daran interessiert sind, nach Loesung zu suchen, darunter auch auf Grund des entsprechenden Abkommens, das unter Teilnahme Litauens, Russlands und der Eurounion ausgearbeitet werden soll.

Frage: Wurde waehrend des Verhandlungen das Problem der Terrorismusbekaempfung behandelt. Auf welche Formen der Zusammenarbeit koennte Russland rechnen?

S.V.Lawrow: Das Problem der Terrorismusbekaempfung wurde als eine der vorrangigen Aufgaben unseres Zusammenwirkens eroertert. Abgesehen davon, dass dieses Thema im Dialog praktisch mit jedem Land der Eurounion besprochen wurde, dass bilaterale Kanaele fuer die Loesung konkreter in diesem Zusammenhang entstehenden Probleme effektiver ausgenutzt wurden, brachten wir erneut unsere Interessiertheit an bilateralen Formen unseres Zusammenwirkens zum Ausdruck. Das bezieht sich sowohl auf die Zusammenarbeit mit dem Antiterroristischen Komitee der UN-Sicherheitsrates, als auch auf die OSZE, die ihre Aufmerksamkeit zu diesen Fragen erhoehen soll. Ich kann sagen, das es ein Verstaendnis gibt, die OSZE-Aussenministertagung in Sofia soll sich zugunsten konkreter Projekte im Rahmen der Organisation aussprechen, die das Leben der Terroristen und ihrer Handlanger erschweren. Es gibt eine Reihe von Vorschlaegen, die nicht nur von Russland und der Eurounion, sondern auch von einigen einzelnen Laendern, einschliesslich die USA, Frankreich und Bulgarien, initiiert wurden und die auf die Erhoehung der Sicherheit unseres gemeinsamen OSZE-Raumes gegen die Drohungen der Terroristen gerichtet sind. Wir stimmten auch der Notwendigkeit zu, unsere Anstrengungen zu koordinieren, um die baldigste UN-Billigung eines Konventionsprojektes der Bekaempfung der Akten des nuklearen Terrorismus, der von der Russischen Foederation vorgelegt wurde und zur Zeit auf der UN-Vollversammkung besprochen wird, zu erzielen.

Wir einigten uns auch ueber die Zusammenarbeit an der auf Initiative Russlands angenommenen Resolution des Sicherheitsrates 1566, die verlangt, Effizienz bei der Erfuellung der von der internationalen Gemeinschaft gefassten Beschluesse zur Unterbindung des Terrorismus und zur Unumkehrbarkeit der Strafe fuer die Beteiligung an terroristischen Anschlaegen, sowie fuer Mithilfe sowohl von UN-Mitgliedsstaaten, als auch von regionalen Strukturen zu steigern.

Frage: Wurde die Frage ueber die Minoritaetenrechte in Lettland angeschnitten? Welche Handlungen seitens der Eurounion erwarten Sie in bezug auf die Wahrung der Minoritetenrechte?

S.V.Lawrow: Wir erwarten von der Eurounion nicht mehr, als bereits in der Gemeinsamen Erklaerung vom 27.April 2004, die auf dem Ministertreffen Russland und der Eurounion angenommen wurde, festgeschrieben ist und die die Notwendigkeit voraussetzt, dem Problem der Menschenrechte der nationalen Minderheiten mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Praktisch geht es darum, dass Lettland und Estland die Empfehlungen der OSZE, der Parlamentarischen Vollversammlung des Europarates, der europaeischen Strukturen erfuellen.

Es ist wichtig, dass die Konvention ueber die Wahrung der Minoritaetenrechte ratifiziert wird, wie es Litauen machte. Ein Beispiel dafuer koennte der Besuch des OSZE-Referenten zu nationalen Minderheiten in Lettland R.Ekeus sein. Er bestaetigte die Empfehlungen, den Naturalisierungsprozess der Nichttitelbuerger in Lettland zu beschleunigen und zu sichern, dass die Buerger, die diesen Status noch nicht haben, die Moeglichkeit haetten, an den lokalen Wahlen teilzunehmen.

Es gibt auch eine Reihe von Empfehlungen, die frueher von R.Ekeus und H.Robless vorgelegt wurden. Russland geht davon aus, dass diese Empfehlungen erfuellt werden sollen. Wir verlangen nichts Ausserordentliches, das ueber den Rahmen der allgemeingueltigen Normen der menschlichen Beziehungen hinausgeht.

Als Ergaenzung zur Antwort meines Kollegen moechte ich hinzufuegen, dass ich das von Herrn B.Bot Gesagte unterstuetze und hoffe, dass sie verstehen, in der gegenwaertigen Welt kann es eine vollkommene Einstimmigkeit nicht geben. In einer beliebigen Periode der Entwicklung der Menschheit haben die Laender ihre Interessen, die in diesem oder jenem Aspekt nicht uebereinstimmen. Das wir aber in strategischer Hinsicht Partner der Europaeischen Union sind, unterliegt keinem Zweifel. Waehrend sich unsere Beziehungen zur Europaeischen Union weiterentwickeln, bleiben wie mit jeder anderen Organisation, mit jedem anderen Staat Fragen uebrig, die zu loesen sind. Das koennte als Misverstaendnis oder als eine Notwendigkeit, eine Eintracht zu erzielen, bezeichnet werden, aber das ist unvermeidlich und man braucht es nicht zu dramatisieren. Ich bin mit Formulierung von Herrn Bot einverstanden. Das Wichtigste ist, dass die strategische Richtung unserer Bewegung uebereinstimmt.

Ich fuege noch einiges zum Thema der Minoritaetenrechte hinzu. Wir wissen, dass es Kopenhagener Kriterien gibt, wir kennen die Einstellung der Eurounion, sowie auch, dass sie ihre Mitglieder nach diesen Kriterien einschaetzt. Es gibt aber noch Empfehlungen der OSZE und des Europarates. Alle Mitglieder der Europaeischen Union sind Mitglieder dieser Organisationen und haben wahrscheinlich Verpflichtungen, Empfehlungen, die dort angenommen werden, zu erfuellen. Bei voller Achtung der Kopenhagener Kriterien, und ohne einen Wunsch, die Reihen der Nordlaender zu spalten, erwaehne ich noch unformelle Kriterien von Helsinki. In Finnland machen die Schweden 6% der finnischen Bevoelkerung aus, trotzdem ist die schwedische Sprache dort parallel zu der finnischen Strache offiziell staatlich. Das ist ein Beispiel fuer die Laender, wo die Minderheiten 30-40% der Bevoelkerung, manchmal noch mehr ausmachen.

Frage: In ihrem Artikel, Herr Bot, wurde betont, dass die Bekaempfung des Terrorismus die Menschenrechte nicht verletzen soll. Teilt die russische Seite ihre Besorgnis ueber diese Frage?

S.V.Lawrow (als Ergaenzung zur Antwort von B.Bot): Ich habe den Artikel von Herrn Bot, der in vielen Zeitungen, darunter auch in Russland veroeffentlicht wurde, gelesen. Ich kann nicht zustimmen, dass der Sinn des Artikels auf die von ihnen gestellte Frage hinauslaeuft. Der Artikel ist darauf gerichtet, dass die Bekaempfung des Terrorismus entschieden und sogar mit effektiveren Methoden gefuehrt werden soll. Gleichzeitig ruft der Artikel auf, im Laufe dieses Kampfes den Menschenrechten mehr Aufmerksamkeit zu schenken, hier sind wir voellig einverstanden. Russland unternimmt noetige Massnahmen, um dies zu erreichen. Andererseits, muss ich ein Problem betonen, das mit der Versuchung zusammenhaengt, in ein anderes Extrem zu verfallen, wenn Menschen, die wegen ihrer Beteiligung an der Organisation oder an der Foerderung der Terroranschlaege gesucht werden, in den Massenmedien die Moeglichkeit bekommen zu sprechen, wenn sie am Bildschirm erscheinen, zu Konferenzen in Europa eingeladen werden, wo sie ihre Ansichten propagieren. Ein Zitat: „Solange die heutige Politik der russischen Leitung fortgesetzt wird, sind die grossmasstaeblichen Terrorakte unvermeidlich". Dabei sagen sich diese Leuten davon los, dass sie an der Organisation konkreter Terroranschlaege beteiligt sind. Wenn aber das, was sie vom TV-Bildschirm erzaehlen oder auf den Zeitungsseiten zum Ausdruck bringen, keine Belohnung des Terrorismus ist, so verstehe ich nichts vom Leben. Ausgehend davon, darf man bei der Wahrung der Menschenrechte der ehrlichen unschuldigen Menschen nicht zulassen, dass diejenigen, die wenigstens wegen der Organisation und der Finanzierung der terroristischen Taetigkeit verdaechtigt werden, frei in Europa verkehren.


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