09:27

Interview des Vizeaußenministers Russlands, Gennadi Gatilow, der Nachrichtenagentur TASS, 21. September 2017

1774-22-09-2017

Frage: In diesem Jahr findet am Rande der 72. Tagung der UN-Vollversammlung kein Treffen der Internationalen Gruppe zur Unterstützung Syriens stat. Bedeutet das etwa, dass dieses Format seine Aktualität verloren hat?

Antwort: Nein, diese Gruppe besteht weiter. Sie wurde in Übereinstimmung mit der entsprechenden Resolution des UN-Sicherheitsrats gebildet und arbeitete im Laufe dieses Jahres durchaus produktiv. In ihren Rahmen wurden zwei Untergruppen gebildet: für humanitäre Frage und für Förderung des Regimes der Einhaltung der Kriegshandlungen. Sie setzt ihre Arbeit fort. Wir nutzen dieses Format ziemlich effizient, um die Mitglieder der Untergruppen darüber zu informieren, was die Russische Föderation für die Förderung der Waffenruhe und für die Lieferung von humanitären Hilfsgütern für die Zivilbevölkerung unternimmt.

Frage: Frankreich trat mit der Initiative zur Bildung eines neuen Formats ein, und zwar einer Kontaktgruppe für Syrien. Was hält Russland davon?

Antwort: Was neue Formate angeht, so sind sie eigentlich gar nicht neu. Schon vor einiger Zeit hatte es Treffen in engeren Formaten gegeben, an denen sich die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats, der Syrien-Beauftragte des UN-Generalsekretärs, Staffan de Mistura, und Vertreter einiger regionaler Länder beteiligten.  Was die Franzosen jetzt initiieren, ist dieser Idee ziemlich ähnlich.

Inwieweit dieses Format nützlich wäre, ist vorerst schwer zu sagen. Laut der Idee der Franzosen wäre es für die Lösung von gewissen Fragen nötig. Vorerst fand nur ein Treffen in diesem Format statt – in New York vor drei Tagen. Es wurde über die Regelung und einen neuen Ansporn des Verhandlungsprozesses in Genf gesprochen.

Es geht die Suche nach optimalen Handlungsformen weiter. Grundsätzlich haben wir nichts dagegen, aber man sollte eine klare Vorstellung davon haben, wofür das neue Format nötig wäre, welche Ziele es verfolgen würde. Wir glauben, dass die ganze wichtigste Arbeit im Sine der politischen Regelung in Genf geführt werden sollte. Soweit wir verstehen, muss sich Herr de Mistura in der nächsten Zeit darüber entscheiden, wann die nächste Runde der Genfer Gespräche einberufen werden soll.

Es fand erst jüngst ein neues Treffen in Astana statt, und es war ziemlich erfolgreich. Dort wurde eine ganze Reihe von Dokumenten vereinbart, die die Syrien-Regelung betreffen. Diese Dokumente sind aus der Sicht der Festigung der Waffenruhe, der Einrichtung von Deeskalationszonen sowie anderer Fragen äußerst wichtig, die mit der Implementierung dieser Vereinbarungen verbunden sind. Jetzt soll eine Brücke nach Genf „errichtet“ werden, wo der politische Prozess fortgesetzt werden soll.

Frage: Könnte an der nächsten Gesprächsrunde in Genf eine einheitliche Delegation der Opposition teilnehmen?

Antwort: Wir hoffen darauf sehr  - wir plädierten dafür von Anfang an. Das war einer der Steine des Anstoßes für den Beginn der konkreten Arbeit an der Syrien-Regelung. Dass die Opposition keine einheitliche Plattform hat, behindert die Fortschritte.

Jetzt sehen wir Merkmale dafür, dass die syrischen Oppositionellen sich gewissermaßen die Mühe geben, um ihre Verhandlungsplattform und ihre Delegation zu konsolidieren. Ein Teil der radikalen Elemente tritt zur Seite – und das ist gut, denn ausgerechnet diese Personen waren zunächst gegen die Verhandlungen mit der syrischen Regierung aufgetreten, bevor das Schicksal des Präsidenten Baschar al-Assad entschieden worden ist. Und sie verlangten, dass er unbedingt geht. Und jetzt gibt es diese Forderung nicht mehr.

Ich hoffe, dass die Teilnehmer der nächsten Verhandlungsrunde in Genf konstruktiver handeln werden, so dass diese Runde wesentlichere Erfolge bringen wird.

Frage: Könnte man in diesem Fall von direkten Verhandlungen zwischen der Opposition und der Regierung sprechen?

Antwort: Das wäre ideal, denn nur nach direkten Verhandlungen könnte man Fortschritte erwarten. Aber das hängt unter anderem von Herrn de Mistura ab, der Vermittler sein sollte, und unter seiner Ägide geht dieser Prozess fort.

Falls direkte Verhandlungen vereinbart werden, wäre das ein Durchbruch. Dann könnte man mit wichtigen Fortschritten bei der Regelung rechnen. Natürlich hängt das mit der Veränderung der Situation innerhalb Syriens zusammen. Der Terrorismus verliert dort – es werden immer neue Territorien befreit. Diese neue Situation schafft eine völlig neue Atmosphäre für politische Verhandlungen.

Frage: Ist das eine Hilfe oder ein Hindernis? Die Position Damaskus‘ wird immer stärker, und die Oppositionellen können sich schon seit zwei Jahren nicht einigen. Glauben Sie, dass es Chancen gibt, dass sie jetzt bei den Verhandlungen ernsthaft vorgehen werden?

Antwort: Ich denke, dass diese Situation den politischen Prozess fördert, denn die Opposition muss sich immer wieder überzeugen, dass sie mit der Regierung direkt verhandeln sollte.

Frage: Der ukrainische Präsident Pjotr Poroschenko hat im UN-Sicherheitsrat den russischen Resolutionsentwurf zur Unterbringung einer UN-Mission im Donezbecken kritisiert. Wie könnten die weiteren Schritte bei der Behandlung des Resolutionsentwurfs sein?

Antwort: Wir haben unsere Initiative allen Mitgliedern des Sicherheitsrats präsentiert. Noch mehr als das: Wir sind ihnen dabei entgegengekommen und haben sie etwas korrigiert.

Ursprünglich handelte es sich dabei um die Einsätze der Beobachter gemeinsam mit der OSZE-Mission nur an der Trennungslinie, und jetzt geht es schon darum, dass diese UN-Vertreter bzw. UN-Friedenskräfte auch die OSZE-Missionen begleiten werden, die sich auf gewissen Routen bewegen. Früher war das Problem mit der mangelhaften Sicherheit der OSZE-Mission verbunden, und jetzt plädieren wir dafür, dass es durch die Beteiligung der UN-Friedensstifter gelöst wird, also der Kräfte, die ihre Sicherheit real gewährleisten könnten. Unsere Partner sagten, sie seien vorerst nicht bereit, diese Frage konkret zu besprechen, dass jetzt gerade die so genannte „Ministerwoche“ geht, und alle sehr beschäftigt seien, und sie wären bereit, sich damit nach der „Ministerwoche“ zu beschäftigen. Na ja, wir hoffen darauf.

Frage: Die Ukraine erklärte bereits, an der Schutzmission sollten sich keine Vertreter Russlands beteiligen. Können wir so etwas akzeptieren?

Antwort: An der Komposition dieser Mission, falls die prinzipielle Entscheidung dafür getroffen wird, wird das UN-Sekretariat arbeiten, wie das in allen Fällen passiert, wenn Friedensmissionen entfaltet werden. Die nationale Zusammensetzung, die zahlenmäßige Stärke, alle Fragen, die mit der Tätigkeit dieser oder jener Mission verbunden sind – das alles bestimmt das UN-Sekretariat. In diesem Fall sollte das, soweit ich verstehe, gemeinsam mit der OSZE und auf Zustimmung aller Seiten, darunter der Volksrepubliken Donezk und Lugansk, erfolgen. Nur dann könnte die UN-Mission effizient arbeiten, ohne dass den Seiten diese oder jene Entscheidungen aufgezwungen werden.

Frage: Und die Bemerkungen der westlichen Partner im Sicherheitsrat sind damit verbunden, dass sie den ukrainischen Resolutionsentwurf abwarten und nicht mit dem russischen Text arbeiten wollen, stimmt das?

Antwort: Die Ukrainer haben eine andere Herangehensweise: Soweit wir verstehen, wollen sie, dass UN-Vertreter auf dem ganzen Territorium der Ukraine stationiert werden, auch an der russisch-ukrainischen Grenze. Russland ist aber keine Seite dieses Konflikts, und deshalb wäre es sinnlos, die Friedensstifter an der Grenze zu unterbringen.

Wir alle stützen uns auf die Minsker Vereinbarungen, und da gibt es jede Menge Fragen, die gelöst werden sollten, bevor es sich um die russisch-ukrainische Grenze handelt. Die Ukrainer stellen alles auf den Kopf und wollen als erstes die russisch-ukrainische Grenze sperren und erst dann die Fragen lösen bzw. nicht lösen, die mit anderen Aspekten der Regelung verbunden sind. Wir können eine solche Vorgehensweise nicht befürworten, denn sie widerspricht den Minsker Vereinbarungen.

Frage: Könnten die Minsker Vereinbarungen in der Situation, wenn die meisten von ihren Punkten nicht erfüllt werden, korrigiert werden?

Antwort: Nein. Die Minsker Vereinbarungen wurden nach sehr schwierigen Verhandlungen getroffen. Das ist ein Produkt des Kompromisses, das von allen Teilnehmern des Minsker Prozesses befürwortet wurde. Deshalb wären die möglichen Forderungen der Ukraine nach der Korrektur der Minsker Vereinbarungen unbegründet.

Frage: Lassen Sie uns jetzt das Thema Korea besprechen. Was wäre aus Ihrer Sicht für Fortschritte bei der Korea-Regelung nötig? Könnte zu diesem Zweck eine Konferenz unter der Schirmherrschaft der UNO unter Beteiligung Nord- und Südkoreas organisiert werden?

Antwort: Das wäre eine durchaus sinnvolle Idee. Die jüngste Entwicklung der Situation zeigte, dass wir mit der Verabschiedung der Resolution, die Sanktionen gegen Nordkorea vorsieht, die Grenze erreicht haben, wo dieses Instrument so gut wie erschöpft ist. Die Sanktionen funktionieren nicht mehr,  und ihre einzige Aufgabe ist, die Einwohner Nordkoreas zu „erwürgen“. Aber wenn es um die Einstellung der Raketentests geht, funktionieren sie nicht.

Deshalb sprechen wir davon, dass man nach neuen Formen suchen müsste. Davon sprechen auch die meisten Gesprächspartner. Ich hatte an diesen Tagen Treffen mit unseren Partnern im UN-Sicherheitsrat, die sich ebenfalls große Sorgen über diese Situation machen und verstehen, dass weitere Resolutionen aussichtslos wären, und dass nach neuen Formen gesucht werden müsste.

Die wichtigste Aufgabe ist, nach politischen bzw. diplomatischen Regelungswegen zu suchen. Sie wissen ja, dass wir mit China ein gemeinsames Dokument haben, das am 4. Juli verabschiedet wurde. Darin sind politische bzw. diplomatische Mittel vorgesehen: die doppelte „Einfrierung“ und diverse durchaus vernünftige Vorschläge, die unsere Partner, vor allem aus den USA, leider nicht wahrnehmen wollen.

Dann plädierten wir dafür, dass das Potenzial des UN-Generalsekretärs möglichst intensiv eingesetzt werden sollte. Unter anderem sollte er Kontakte mit den Konfliktseiten aufnehmen und nach möglichen Varianten der Anknüpfung des politischen Dialogs suchen sollte. Der Generalsekretär hat diese Idee zur Kenntnis genommen, obwohl er auch sagte, man müsste sich das nochmals gründlich überlegen. Andere Vorschläge seitens unserer Partner haben wir leider vorerst nicht gehört.

Frage: Könnte Russland vielleicht seine Dienste als Vermittler anbieten?

Antwort: Wenn wir durch die UNO handeln wollen, müssten wir den UN-Generalsekretär daran teilnehmen lassen – oder wenigstens versuchen, das zu tun.

Frage: Aber wieso denn sagt der Generalsekretär auf die direkte Frage, warum er nicht als Vermittler handelt, dass er auf die entsprechende Entscheidung des UN-Sicherheitsrats warten würde? Denn in der verabschiedeten Resolution ist der Aufruf enthalten, den Generalsekretär als Vermittler handeln zu lassen.

Antwort: Er antwortet richtig. In diesem Sinne geht er vorerst vorsichtig vor, denn er versteht, dass nicht alle mit dieser Idee einverstanden sind.

Frage: Denken Sie nicht, dass es an der Zeit wäre, intensiver zu handeln? Denn die USA gehen nicht gerade sehr vorsichtig vor.

Antwort: Wissen Sie, die Rolle des Generalsekretärs ist sehr delikat, und wir selbst sagten öfter, dass er die Interessen und Positionen aller Staaten berücksichtigen sollte, vor allem die Position der Staaten, die die Schlüsselrollen spielen. Deshalb würde ich ihm aktuell nicht Nichtstuerei vorwerfen. Ich denke, diese Richtung hat gewisse Perspektiven, und daran sollte man weiter arbeiten.

Frage: US-Präsident Donald Trump gab in seiner Rede in der UN-Vollversammlung am 19. September zu verstehen, dass die USA einen Schlag gegen Nordkorea versetzen könnten, falls die Bemühungen der UNO um die Regelung der Situation erfolglos bleiben sollten.

Antwort: Das ist eine alte These der Amerikaner, dass sie alle möglichen Varianten der Entwicklung der Situation im Auge behalten, unter anderem solche, die mit der Gewaltanwendung verbunden wären. Aber unseres Erachtens würde das katastrophale Folgen sowohl für Nordkorea als auch für Südkorea und die ganze Region haben – wie auch für die internationalen Beziehungen im Allgemeinen, also wäre das keine passende Variante. Ich denke, dass unsere Partner diese Gefahr im Grunde begreifen, und deshalb wird keine solche Entscheidung getroffen. Da sollte immerhin die Vernunft die Oberhand gewinnen. Man sollte nicht an Gewaltanwendung, sondern daran denken, wie man Verhandlungen bzw. Dialog anfangen könnte.

Frage: Was noch Syrien angeht, so sagten Sie, es wird derzeit nach Formaten für die Regelung der Situation gesucht. In Genf gab es ein solches Format unter Beteiligung Russlands, der USA und der UNO. Könnten diese Gespräche fortgesetzt werden?

Antwort: Wir griffen in letzter Zeit auf dieses Format zurück, und es war ziemlich effizient, denn dabei tauschten wir Meinungen mit unseren Partnern und der UNO über zahlreiche Fragen der Syrien-Regelung aus. Wir riefen übrigens die Amerikaner zur Fortsetzung dieser Aktivitäten im Rahmen dieses Formats auf, und sie sagten, dass eine solche Möglichkeit erwägt werden sollte. Ich schließe deshalb nicht aus, dass wir in der nächsten Zeit unsere Kontakte mit den Amerikanern und der UNO wiederaufnehmen.

Übrigens plädiert Staffan de Mistura für solche Kontakte und sagte uns das öfter. Jetzt hängt alles davon ab, was unsere amerikanischen Partner davon halten. Wenn die nächste Gesprächsrunde in Genf stattfinde, könnten wir meines Erachtens am Rahmen dieser Debatte auch mit unseren US-Partnern treffen.

Frage: Will Staffan de Mistura vor der nächsten Runde der Syrien-Verhandlungen vielleicht nach Russland kommen?

Antwort: Vorerst wurde diese Frage nicht erörtert, aber für uns wäre das kein Problem, denn wir bereiten uns immer schnell darauf, ihn in Moskau zu empfangen.  Wenn er die Absicht zeigt, uns zu besuchen, empfangen wir ihn immer ohne jede Verzögerung. Also wenn er uns vor der neuen Runde der Genfer Verhandlungen besuchen möchte, werden wir wohl eine solche Möglichkeit finden.

Frage: Lassen Sie uns über die Reformierung der UNO sprechen. Die Amerikaner haben ein Forum organisiert und eine Deklaration vorbereitet, die wir aber nicht unterzeichneten. Haben wir gewisse konzeptuelle Probleme mit ihrem Wortlaut, oder lassen wir uns nicht gefallen, dass die Amerikaner ihre Initiative vorantreiben?

Antwort: Erstens gefiel uns nicht, wie das alles begann. Alles wurde nahezu heimlich getan, und es gab so einen „Hintergrund“, dass die Amerikaner ein Dokument vorbereitet haben, und falls die Russen ihn unterzeichnen, werden sie Teilnehmer dieses Prozesses, und wenn nicht dann sind sie Außenseiter.

Aber so handelt man in der UNO nicht, denn die Verabschiedung von solchen Dokumenten – und bei diesem Dokument geht es um ziemlich wichtige Fragen der Reformierung der UNO und um die Förderung ihrer Aktivitäten – sollte im Rahmen von entsprechenden Regierungsverhandlungen erfolgen. Unseres Erachtens sollten alle Staaten dabei das Wort bekommen, und ihre Interessen sollten berücksichtigt werden. Und wenn man ein Dokument präsentiert und sagt: „Akzeptiert es oder akzeptiert es nicht“ – so wollen wir nicht Geschäfte führen, und deshalb nahmen wir an dieser Veranstaltung nicht teil, obwohl wir uns ebenfalls Sorgen um die Reformierung der UNO und um die Förderung ihrer Effizienz machen.

Wir sind bereit, die Initiativen zu behandeln, die der UN-Generalsekretär vorbereitet hat, aber dabei wäre prinzipiell wichtig, dass die endgültige Entscheidung die Staaten treffen sollten, ohne dass man ihnen „fertige“ Rezepte aufzwingt. Da sind wir dagegen.

Frage: Wäre es realistisch, die Höhe der Beiträge der Länder zum UN-Haushalt zu verändern?

Antwort: Das ist eine der Aufgaben der Amerikaner. Die Beiträge und ihre Höhe werden von einem speziellen Ausschuss festgelegt, und das ist eine sehr ernste Arbeit – die Beiträge sollten auf Basis gewisser Kennzahlen in einer gewissen Zeitspanne bestimmt werden. Dabei werden das BIP und andere Koeffizienten berücksichtigt. Aber wenn sie einseitig ihren Beitrag reduzieren, würde das natürlich negative Folgen für die Arbeit der Organisation haben.

Wir denken, dass man dieses Problem pragmatisch behandeln sollte. Es gibt veraltete Programme, die ineffizient sind, und diese sollten optimiert werden. Aber das wäre wiederum keine Entscheidung eines einzelnen Staates – da müssten sehr akribische Regierungsverhandlungen her, unter anderem im Fünften Ausschuss, dessen Experten sich damit schon seit vielen Jahren beschäftigen. Also steht da viel Arbeit bevor, aber man sollte jede Situation einzeln behandeln. Das gilt auch für die Arbeit von UN-Fonds und UN-Programmen – und auch für Friedensoperationen.

Übrigens sprach der UN-Generalsekretär in seiner Rede zum Thema Friedensstiftung im Sicherheitsrat darüber. Er erwähnte vier Friedensoperationen, die beendet werden. Das wäre ebenfalls eine Art Optimierung der UN-Aktivitäten im Bereich Friedensstiftung.

Frage: Die USA bestehen außerdem auf einer unverzüglichen Reformierung des Rats für Menschenrechte. Er wurde vor etwa zehn Jahren gebildet und löste die Kommission für Menschenrechte ab. Was ist da schief gegangen?

Antwort: Die Amerikaner lassen sich nicht gefallen, wie der Menschenrechtsrat arbeitet, denn sie glauben, dass sich daran Staaten beteiligen, die dort nicht vertreten sein dürften: Kuba, Venezuela usw. Die Aufgabe ist, so zu tun, dass der Menschenrechtsrat zu einem Mechanismus für die Bedienung ihrer Interessen wird. Ich denke nicht, dass alle anderen Staaten damit einverstanden wären.

Als der Rat für Menschenrechte gegründet wurde, dachte man, er würde tatsächlich das immer effizientere Vorgehen der Staaten im Menschenrechtsbereich fördern, ihnen technische Hilfe leisten usw.

Aber in Wahrheit kam es zur Politisierung der Arbeit des Menschenrechtsrats. De facto konzentriert er sich darauf, die „ungünstigen“ Regimes der Verletzung der Menschenrechte zu beschuldigen und Resolutionen gegen diese oder jene Länder zu verabschieden und sie dadurch unter Druck zu setzen. Und dann werden diese Entscheidungen auch in den UN-Sicherheitsrat eingebracht, wo konkrete Maßnahmen gegen diese Länder verabschiedet werden.

Das ist natürlich absolut inakzeptabel und widerspricht den Zielen, die vor dem Menschenrechtsrat ursprünglich gestellt wurden. Und was die Amerikaner tun wollen… Also erstens wissen wir nicht genau, was konkret sie tun wollen, aber diesbezüglich wurden gewisse Entscheidungen in der Vollversammlung getroffen. Der Menschenrechtsrat wurde als eines von UN-Gremien gebildet, und deshalb kann man da wohl ebenfalls nicht die Meinung anderer UN-Mitglieder ignorieren.

Frage: Der Regelungsprozess im Jemen ist praktisch in eine Sackgasse geraten. Außerdem wurden die nächsten Treffen zum Thema Jemen am Rande der UN-Vollversammlung und im UN-Sicherheitsrat unter Beteiligung des Sondergesandten Ismail uld Scheich Ahmed abgesagt. Dennoch wurde sein Mandat bis Februar verlängert. Was geht denn vor?

Antwort: Im Jemen ist die Situation sehr ernsthaft, und leider steht nur Syrien im Mittelpunkt, während im Jemen wird vieles absichtlich verschwiegen, obwohl die humanitäre Situation dort nach Angaben der UNO selbst noch viel schlimmer als in Syrien ist. Dort gibt es wesentlich mehr Flüchtlinge, und die Situation um die Versorgung mit humanitären Hilfsgütern ist absolut kritisch. Wir sprechen immer darüber und werfen dieses Thema immer auf, unter anderem im UN-Sicherheitsrat.

Frage: Was wäre mit dem Jemen in dieser Situation zu tun? Der Sonderbeauftragte kann offenbar keine Fortschritte voranbringen.

Antwort: Leider hat die Weltgemeinschaft vorerst keine Antwort auf diese Frage. Wir hoffen auf die Vermittlungsbemühungen der UNO – diese sollten tatsächlich intensiviert werden. Vorerst wurde, wie wir sagten, eine Sitzung abgesagt, und die zweite gab es auch nicht. Das resultiert wohl daraus, dass niemand etwas anbieten kann.


Falsche Datumsangaben
Zusätzliche Such-Tools