Rede und Antworten des Außenministers der Russischen Föderation, Sergej Lawrow, während des Besuchs in der Demokratischen Volksrepublik Algerien, Algerien, 10. Mai 2022
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich möchte dem Präsidenten Algeriens, Abdelmadjid Tebboune, Außenminister Ramtane Lamamra, allen unseren algerischen Freunden nochmals unseren aufrichtigen Dank für die traditionelle Gastfreundlichkeit und hervorragende Organisierung unserer Arbeit zum Ausdruck bringen.
Wir haben lange gute aufrichtige Freundschaftsbeziehungen, die in diesem Jahr 60 Jahre sind. Das fällt fast mit dem Datum der Erklärung der Unabhängigkeit Algeriens zusammen.
Im Interesse der Entwicklung unserer Verbindungen sowie im Sinne des politischen Dialogs, im Rahmen der handelswirtschaftlichen, militärtechnischen, kulturellen, humanitären Zusammenarbeit wurde heute die Einladung an Präsident Algeriens, Abdelmadjid Tebboune, im Namen des Präsidenten Russlands, Wladimir Putin, zu einem offiziellen Besuch in die Russische Föderation zu kommen, bestätigt.
Das Basisdokument in bilateralen Beziehungen ist die Deklaration über strategische Partnerschaft 2001. Wir bestätigten unser gegenseitiges Interesse an der Vorbereitung eines neuen zwischenstaatlichen strategischen Dokuments, das den Ausstieg auf ein qualitativ neues Niveau für unser Zusammenwirken fixieren wird.
Wir drückten unsere Zufriedenheit damit aus, dass unser Handelsumsatz trotz der Covid-19-Pandemie 2021 auf über drei Milliarden US-Dollar stieg. Es gibt gute Aussichten zur Fortsetzung dieser Tendenz. Viele russische Unternehmen sind an der Umsetzung gemeinsamer Projekte zusammen mit algerischen Partnern in solchen Bereichen wie Energie, Mineralressourcen, geologische Erkundung, Pharmazie interessiert. Diese Fragen werden im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der weiteren Sitzung der Gemischten Russisch-Algerischen Kommission für handelswirtschaftliche und wissenschaftstechnische Zusammenarbeit, die in den nächsten Monaten in Algerien stattfinden soll, stehen.
Wir sprachen über die weitere Entwicklung der militärtechnischen Zusammenarbeit, die feste Wurzeln und gute Aussichten hat. Die Russische Föderation weiß das Vertrauen zu schätzen, das von algerischen Freunden bei der Festigung der Verteidigungsfähigkeit Algeriens uns gegeben wird.
Es wurden die weiteren Schritte bei der Erweiterung des Zusammenwirkens im humanitären Bereich, kulturelle Austausche, im Bildungsbereich abgestimmt. Wir bauen weiterhin die Zahl der Stipendien aus, die Algerien zum Erhalt der Ausbildung in der Russischen Föderation bereitgestellt wird.
Es wurde die Situation in der internationalen Arena, die Koordinierung unserer Handlungen in Bezug auf die Hauptprobleme der heutigen Zeit, darunter in der UNO sowie in solchen Foren wie GECF und OPEC plus besprochen.
Es ist prinzipiell wichtig, dass Russland und Algerien zu der vor kurzem gebildeten Gruppe der Freunde zum Schutz der UN-Charta gehören. Sie hat gute Aussichten zum Ausbau ihrer Aktivität. Es wurde über das in der UN-Charta gefestigte Prinzip der souveränen Gleichheit der Staaten, das für Algerien und die meisten anderen Länder der Welt am wichtigsten ist, aber von den USA und ihren Verbündeten kontinuierlich ignoriert wird, gesprochen.
Unsere algerischen Freunde wurden ausführlich über die Entwicklung der militärischen Sonderoperation der Russischen Föderation zusammen mit den Aufständischen von Donbass in der Ukraine ausführlich informiert.
Wir wissen eine ausgewogene objektive Position, die Algerien bei der Ukraine-Frage in internationalen Organisationen und in seiner Außenpolitik einnimmt, zu schätzen.
Frage: Wie verhält sich Moskau zum Vorschlag Algeriens, eine Vermittlungsrolle zwischen Russland und der Ukraine zu spielen? Und wie schätzen Sie die Position Algeriens über die Gaslieferungen und solche internationalen Fragen wie Mali ein?
Sergej Lawrow: Was die Position Algeriens zur Ukraine-Frage betrifft, habe ich dazu schon kommentiert. Es wurde das Verständnis der algerischen Freunde für den ganzen Komplex der Probleme um die jetzige Situation in der Ukraine besonders hervorgehoben.
Algerien ist Mitglied der Kontaktgruppe der Arabischen Liga, die vor kurzem in der Russischen Föderation zu Besuch war und sich dann mit dem Außenminister der Ukraine traf. Unsere arabischen Freunde richteten sich nach den Beschlüssen, die in der Arabischen Liga auf der Ministerebene getroffen wurden, die wir für objektiv und nützlich halten.
Wir sind von der Notwendigkeit überzeugt, alle Seiten in Mali bei der Aufnahme eines inklusiven, politischen Dialogs zur Wiederherstellung der nationalen Einigung zu fördern. Wir denken, dass eine gute Grundlage dazu das Friedensabkommen von Algerien 2015 ist. Wir halten es für kontraproduktiv, die Probleme von Mali via Ausrufung der Sanktionen gegen die jetzige Führung zu lösen.
Was die Fragen der Gaslieferungen auf den Weltmarkt betrifft, halten wir und Algerien, andere Teilnehmer des Forums der gasexportierenden Länder an die erreichten Vereinbarungen fest. Ich bin sicher, dass es auch weiter so sein wird.
Frage: Wie schätzen Sie die Initiative von Josep Borrell ein, die eingefrorenen russischen Aktiva als „Entschädigung“ zu nutzen? Kann man sagen, dass „die Masken endgültig gefallen sind“ und der Westen zu einer offenen Ausplünderung übergeht?
Sergej Lawrow: Man kann sagen – der Diebstahl, den man nicht versucht zu verheimlichen.
Für den Westen wird es zur Gewohnheit – in den USA wurde das Geld, das Afghanistan (der Zentralbank dieses Landes) gehört, eingefroren. Man will es nicht für Bedürfnisse der afghanischen Einwohner, die von den Folgen der 20 Jahre langen Präsenz der Nato-Länder betroffen wurden, sondern für gewisse andere Ziele, die nicht mit der Wiederherstellung der Wirtschaft Afghanistans verbunden sind, fließen lassen.
Josep Borrell ist nicht nur mit dieser Aussage und Ideen im Bereich Beschlagnahmung des fremden Eigentums bekannt. Er sagte vor kurzem, dass der ukrainische Konflikt ausschließlich auf dem militärischen Wege gelöst werden solle. Er sollte nicht daran vergessen werden, wie sein Amt heißt. Er ist Chefdiplomat und nicht der militärische Leiter in der EU.
Vielleicht werden wir bald sehen, dass das Amt des Chefdiplomaten der EU aufgehoben wird, weil die EU fast keine eigene Außenpolitik hat, indem man sich vollständig mit Herangehensweisen, die von den USA aufgedrängt sind, solidarisiert.
Wir werden den Versuchen, eine unipolare Weltordnung aufzustellen und Prinzipien, auf denen die UNO gegründet wurde, zu zerstören, kontinuierlich Widerstand leisten.